BT-Drucksache 16/5269

Überregulierung in der Sport- und Freizeitschifffahrt verhindern

Vom 9. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5269
16. Wahlperiode 09. 05. 2007

Antrag
der Abgeordneten Patrick Döring, Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich
(Bayreuth), Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen), Birgit Homburger, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald
Leibrecht, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto
Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Überregulierung in der Sport- und Freizeitschifffahrt verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Wassersport ist als eigenständiger Wirtschaftszweig und in vielen Regionen
als Motor der Tourismuswirtschaft von großer Bedeutung. Über 1,8 Millionen
Menschen sind in Deutschland in Wassersportvereinen organisiert. Über 17 Mil-
lionen betreiben in ihrer Freizeit oder im Urlaub Wassersport. Der Umsatz – al-
lein in der Wassersportwirtschaft – liegt bei 1,75 Mrd. Euro. Eine Förderung und
Erleichterung des Wassersports ist deshalb gleich bedeutend mit einer Förde-
rung des Tourismus insbesondere in den norddeutschen Küstenregionen, aber
auch in Fluss- und Seeregionen. So hat die Einführung der Charterscheinrege-
lung in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu einem Zuwachs der
Bootscharter um 41 Prozent geführt, für die Region sind mit der Charterregelung
außerdem circa 70 000 Übernachtungen verbunden.

Vor diesem Hintergrund wurde unter anderem in der Grundlagenuntersuchung
„Wassertourismus in Deutschland“ (2003), die von allen Fraktionen in ihren Er-
gebnissen begrüßt wurde, eine Deregulierung im Wassersport gefordert, um die
Zugangshürden zu senken und dieses Hobby für Menschen aller Generationen
attraktiver zu machen.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage „Behinderung der Sport- und Freizeit-

schifffahrt“ (Bundestagsdrucksache 16/4464) hat die Bundesregierung aller-
dings deutlich gemacht, dass sie den genau gegensätzlichen Weg beschreiten
will. Statt Deregulierung sind weitere Regulierungsvorhaben vorgesehen. So er-
klärt die Bundesregierung, sie prüfe derzeit die Einführung einer Kennzeich-
nungspflicht für Sportboote im Seebereich, eine Ausrüstungspflicht mit Radar-
reflektoren, GPS-Empfängern mit MOB-Taste, UKW-Funkgeräten, Rettungs-

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westen und Sicherheitsleinen und die Begrenzung des Geltungsbereiches des
Sportbootführerscheins-See auf noch zu bestimmende Gewässer.

Als Folge dieser Maßnahme ist eine weitere Erhöhung der Zugangsschwelle zur
Sport- und Freizeitschifffahrt und damit eine Schädigung der damit verbunde-
nen Tourismuswirtschaft zu befürchten. Die Bundesregierung begründet diese
Schritte jedoch mit einer dadurch zu erreichenden Verbesserung der Sicherheit.
Dies ist aus zwei Gründen zu bezweifeln:

1. Die vorhandenen Unfallstatistiken weisen die Sport- und Freizeitschifffahrt
als bereits außergewöhnlich sicher aus. Die Zahl der Unfälle ist im Mittel der
letzten zwanzig Jahre konstant, während die Zahl der Boote von 100 000 auf
460 000 angestiegen ist. Während z. B. alleine 2003 insgesamt 83 Skifahrer
tödlich verunglückten kamen in drei Jahren (von 2003 bis 2005) in der Sport-
schifffahrt nur 27 Menschen ums Leben.

2. Auch wenn das Ziel richtig ist, die Zahl der Unglücke weiter zu senken, so
muss dies doch zielgerichtet und mit Augenmaß erfolgen. Allerdings liegen
derzeit keine differenzierten Statistiken vor, die Rückschlüsse auf die tatsäch-
liche Risikostruktur in der Sport- und Freizeitschifffahrt und damit auf die
richtige Sicherheitsstrategie erlauben. Selbst die Bundesregierung stellt in ih-
rer Antwort auf die genannte Kleine Anfrage fest, dass es über Sportunfälle
bislang „keine umfassenden eigenen Statistiken“ gibt und deshalb eine zen-
trale Unfalldatenbank sich in der Entwicklung befindet. „Eine Einschätzung
des Unfallrisikos ist ohne Unfallstatistiken nicht möglich.“

Da eine seriöse Einschätzung des Unfallrisikos in der Sport- und Freizeitschiff-
fahrt also nicht möglich ist, die vorliegenden Zahlen aber keinen Anlass zu der
Vermutung geben, dass in diesem Bereich ein großes Sicherheitsdefizit besteht,
kann die Folgerung nur lauten, dass das Vorhaben der Bundesregierung in An-
betracht der schwerwiegenden Auswirkungen auf die Sport- und Freizeitschiff-
fahrt sowie die Tourismuswirtschaft unverhältnismäßig ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– alle weitergehenden Regulierungsmaßnahmen in der Sport- und Freizeit-
schifffahrt zu unterlassen, solange eine differenzierte Analyse des Unfallrisi-
kos in der Sport- und Freizeitschifffahrt nicht möglich ist und das Sicherheits-
niveau keinen akuten Handlungsbedarf erkennen lässt,

– die Arbeit an einer differenzierten Unfallstatistik fortzusetzen, die eine prä-
zise Analyse des Risikopotentials und geeigneter Sicherheitsvorkehrungen in
der Sport- und Freizeitschifffahrt erlaubt.

Berlin, den 8. Mai 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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