BT-Drucksache 16/5105

Am Walfangmoratorium festhalten und Walschutz auf der IWC stärken

Vom 25. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5105
16. Wahlperiode 25. 04. 2007

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Volker Beck (Köln), Hans-Josef Fell, Peter Hettlich, Winfried
Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Reinhard Loske und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Am Walfangmoratorium festhalten und Walschutz auf der IWC stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– im Rahmen der Internationalen Walfang-Kommission (IWC)

● weiterhin für einen strikten Walschutz einzutreten,

● weiterhin am Walfangmoratorium festzuhalten,

● einem „Revised Management Scheme“ und etwaigen Anträgen für die
Vergabe von „Small-Type-Costal-Whaling-Fangquoten“ nicht zuzustim-
men,

● im Falle einer Mehrheit der Walschutzstaaten für einen Widerruf der
St.-Kitts-&-Nevis-Deklaration einzutreten oder alternativ für eine Gegen-
stellungnahme zu dieser, die darüber hinaus die CITES-Vertragsstaaten
und die bevorstehende 14. CITES-Vertragsstaatenkonferenz zu einem
Festhalten an der Listung von Walarten in Anhang I von CITES auffor-
dert;

– im Vorfeld der diesjährigen Tagung der IWC in Anchorage

● für den Beitritt weiterer walfreundlicher Staaten zur IWC zu werben,

● Druck gegenüber Dänemark auszuüben, mit dem Ziel, dass Dänemark als
EU-Mitgliedstaat seine Unterstützung für die Pro-Walfang-Haltung in-
nerhalb der IWC revidiert;

– sich im Rahmen der 14. Vertragsstaatenkonferenz zum Washingtoner Arten-
schutzübereinkommens (CITES) in Den Haag

● gegen die Annahme des von Japan eingebrachten Antrags zur Über-
prüfung sämtlicher in Anhang I befindlicher Walarten mit der Gefahr der
Herablistung dieser Arten einzusetzen,

● bei der Erarbeitung einer gemeinsamen EU-Position zu den Anträgen bei
der CITES-Konferenz im Rahmen der EU-Verhandlungen, aber auch

bilateral Druck auf Dänemark auszuüben, sich nicht wie in der Vergan-
genheit der Stimme zu enthalten, sondern gegen den Antrag Japans zur
Überprüfung sämtlicher in Anhang I befindlicher Walarten zu stimmen.

Berlin, den 25. April 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Drucksache 16/5105 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

Im Zentrum der Auseinandersetzungen wird auch auf der diesjährigen Jahres-
tagung der IWC in Anchorage (USA) wieder das Für und Wider des Walfang-
moratoriums stehen. Daneben geht es immer noch um die Auseinandersetzung
darum, ob das Walfangmoratorium ggf. durch einen „kontrollierten Walfang“
im Rahmen eines „Revised Management Scheme“ (RMS) ersetzt werden kann.

Auch wenn es den Walfangnationen im letzten Jahr das erste Mal gelungen ist,
eine Mehrheit in der IWC zu organisieren, kann diese Mehrheit das Walfang-
moratorium nach wie vor nicht abschaffen, da es für eine solche Abschaffung
einer Dreiviertelmehrheit bedarf. Vor diesem Hintergrund besteht eine Gefahr
für das Walfangmoratorium nur dann, wenn mehrere Länder, die eigentlich für
den Walschutz eintreten, nunmehr aufgrund der geänderten Mehrheitsverhält-
nisse meinen, auf die Walfangländer zugehen und Zugeständnisse machen zu
müssen, um überhaupt noch etwas für den Schutz der Wale erreichen zu können.
Angesichts des Erfordernisses eine Dreiviertelmehrheit besteht eine solche
Notwendigkeit allerdings nicht. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein
Grund, einem „Revised Management Scheme“ oder einem „Small-Type-Costal-
Whaling“ als Kompromisslösung bzw. Zugeständnis zuzustimmen. Vor diesem
Hintergrund sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass es zu keinem
Entgegenkommen gegenüber kommerziellen Walfanginteressen kommt.

Wenn eine Stimmenmehrheit der IWC die St. Kitts & Nevis Deklaration auf-
heben würde, wäre dies ein klares Zeichen an die CITES-Vertragsstaaten, dass
die IWC weiterhin am Walfangmoratorium festhält und somit auch die Listung
der Walarten in Anhang I bei CITES beibehalten werden soll. In diesem
Zusammenhang ist es äußerst bedenklich, dass es gerade die Stimme eines EU-
Mitgliedstaates war, die bei der IWC-Tagung 2006 den Ausschlag zur An-
nahme der St. Kitts & Nevis Deklaration gab. Die Zustimmung Dänemarks für
diese Deklaration steht jedoch auch im klaren Widerspruch zu den EU-Bestim-
mungen, die die direkte Bejagung von Cetacea ausdrücklich untersagen. Auch
bei vorangegangenen CITES-Vertragsstaatenkonferenzen hatte Dänemark sich
bereits der Stimme enthalten, wenn es um Fragen der Legalisierung des Han-
dels mit Walprodukten ging und sich somit nicht der festgelegten EU-Position
angeschlossen.

Dieses Abstimmungsverhalten und die Tatsache, dass die deutsche Bundes-
regierung auf Grund der EU-Ratspräsidentschaft eine bedeutende Verhand-
lungsrolle in der Positionsfindung für die EU-Position bei der bevorstehenden
14. CITES-Vertragsstaatenkonferenz zukommt, geben Anlass zur Forderung
nach intensiven bilateralen Bemühungen der deutschen Bundesregierung, um
Dänemark zu einem Umdenken in der Positionierung in Fragen kommerzieller
Walfangaktivitäten und damit in Verbindung stehenden Fragen des internatio-
nalen Handels mit Walprodukten zu bewegen.

Ein Bestandsmanagement für Wale wäre ein zu risikoreiches Unterfangen, als
dass man dafür das Walfangmoratorium aufgeben könnte. Grundgedanke des
RMS ist es, dass sich einige Walpopulationen so weit erholt haben könnten,
dass eine Bejagung in einem nachhaltigen Umfang wieder möglich würde. Der
Ansatz des RMS überzeugt zwar möglicherweise auf den ersten Blick, da er
sich auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit beruft. Die Probleme werden aller-
dings beim zweiten Blick offenbar. Erstens wären sichere Daten über die tat-
sächliche Entwicklung der Walbestände Voraussetzung für eine risikofreie
Regulierung. Die Methoden zur Ermittlung der Walbestände beruhen allerdings
auf Schätzungen. Zweitens ist der Walfang nur einer der Faktoren, die die Wal-
bestände beeinflussen. Hinzu kommen Meeresverschmutzung, Beifänge in der
Fischerei, Klimawandel, Meeresverlärmung und die geringe Vermehrungsrate

der Wale. Vor dem Hintergrund dieser komplexen Wirkungszusammenhänge
sicher prognostizieren zu wollen, wie sich eine Walpopulation beim Fang einer

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5105

bestimmten Anzahl von Walen entwickeln wird, dürfte nahezu unmöglich sein.
Drittens wäre die Einhaltung der Vorgaben eines solchen Bewirtschaftungsver-
fahrens für Wale nicht kontrollierbar und angesichts fehlender Sanktionsmög-
lichkeiten gegenüber den Walfängern auch nicht durchsetzbar. Bereits heute
werden die geltenden Bestimmungen von den Walfängerländern massiv unter-
wandert und missachtet. Wenn Walfang erst wieder erlaubt ist, wird es kaum
möglich sein festzustellen, dass die Walfänger tatsächlich nur so viele Wale
fangen wie erlaubt. Schließlich ist bei den Walfängerländern kaum eine Ein-
sicht wahrnehmbar, die Grenzen des Walfangs anzuerkennen. Aus der Fischerei
ist bereits bekannt, dass trotz vieler Kontrollvorschriften in der EU von
Schwarzanlandungen in erheblichem Umfang auszugehen ist. Die Einführung
des RMS wäre also letztlich eine Frage des Vertrauens. Und dieses Vertrauen
dürfte angesichts der mangelnden Einsicht der Walfängerländer nicht gerecht-
fertigt sein. Viertens verbliebe den Walfangstaaten die Möglichkeit, sich durch
das Vertragsrecht für „wissenschaftliche“ Walfangaktivitäten (Artikel VIII der
ICRW) zusätzliche Fangmöglichkeiten selbst zu genehmigen. Dies würden eine
Unterlaufen der Fangquoten des RMS ermöglichen, so dass auch aus diesem
Grund damit gerechnet werden muss, dass mehr Wale gejagt werden als inner-
halb eines RMS vorgesehen.

Ein Festhalten am Moratorium kann aber auch nur dann effizient umgesetzt wer-
den, wenn auch weiterhin der internationale Handel mit Walprodukten untersagt
bleibt. Der für die 14. CITES-Vertragsstaatenkonferenz nun vorgebrachte
Antrag Japans zur Überprüfung der Listung aller in Anhang I aufgeführten
Cetacea-Arten würde eine Abkehr von der komplementären Kooperation zwi-
schen CITES und der IWC bedeuten und Walschutzinitiativen untergraben.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.