BT-Drucksache 16/501

Allgemeiner und wirtschaftlicher Verbraucherschutz für einen nachhaltigen Konsum

Vom 31. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/501
16. Wahlperiode 31. 01. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, Peter Hettlich,
Undine Kurth (Quedlinburg), Christine Scheel, Hans Josef Fell, Winfried Hermann,
Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Reinhard Loske, Dr. Gerhard Schick und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Allgemeiner und wirtschaftlicher Verbraucherschutz für einen
nachhaltigen Konsum

Die BSE-Krise hatte die Misere und jahrzehntelange Versäumnisse im Verbrau-
cherschutz endgültig ans Licht gebracht, und die genauere Analyse machte
schnell deutlich, wie mangelhaft der Schutz der Verbraucherinnen und Verbrau-
cher auch in vielen Alltagsbereichen und in rechtlichen und wirtschaftlichen
Fragen war.

Die Schaffung des Verbraucherministeriums und des Verbraucherausschusses
im Deutschen Bundestag mit der Bündelung der Querschnittsaufgabe Verbrau-
cherschutz und die Verabschiedung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für
den Verbraucherschutz war konsequent und erfolgreich. Die Rechte der Ver-
braucherinnen und Verbraucher auf Sicherheit, Information und Wahlfreiheit
sind essentiell und prägen zusammen mit dem Leitbild eines nachhaltigen Kon-
sums die moderne Verbraucher- und Wirtschaftspolitik. Dabei ist ein besonderer
Schwerpunkt auf den allgemeinen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz zu
legen.

Auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird diesem Verbrau-
cherschutzansatz einerseits eine herausgehobene Stellung zugemessen und „ge-
winnen Fragen des rechtlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutzes zu-
nehmend an Bedeutung“, andererseits aber Unklarheit im Hinblick auf effektive
verbraucherpolitische Regierungsarbeit geschaffen, „die aber nicht in Federfüh-
rung des Verbraucherministeriums liegen.“

In zahlreichen Interviews hat der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz, Horst Seehofer, auch die Grundlinien seiner Verbrau-
cherpolitik erörtert, ohne ausreichende Klarheit über die Arbeitsschwerpunkte
im rechtlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz zu schaffen. In einem
Interview der „Berliner Zeitung“ vom 16. Dezember 2005 wollte Minister Horst
Seehofer gar keine Schwerpunkte mehr im allgemeinen und wirtschaftlichen
Verbraucherschutz setzen und erklärte, „Ich bin für den gesundheitlichen Ver-

braucherschutz zuständig. … Ich werde mich also auf meine Zuständigkeiten
konzentrieren …“. Insofern besteht erheblicher Klärungsbedarf über die Ausge-
staltung der Verbraucherpolitik der neuen Bundesregierung.

Drucksache 16/501 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um der Quer-
schnittsaufgabe Verbraucherschutz bei der Koordination der beteiligten
Ressorts eine herausgehobene Stellung einzuräumen?

2. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem wirtschaftlichen Ver-
braucherschutz allgemein und im Hinblick auf Leistungen der Daseinsvor-
sorge, neue Verbraucherprobleme in der digitalen Medienwelt und auf dem
Telekommunikationsmarkt, Kundenbeschwerden im Gesundheitsmarkt und
von Fahrgästen, aktuelle Fragen des Anlegerschutzes und bei Finanzdienst-
leistungen bei, und mit welchen Aktivitäten wird sie dieser Bedeutung ge-
recht?

3. Welche rechtlichen und tatsächlichen Vorhaben des Aktionsplans Verbrau-
cherschutz (Bundestagsdrucksache 15/1007) wird die Bundesregierung in
dieser Legislaturperiode zum Abschluss bringen, welche werden nicht wei-
terverfolgt?

4. Welche Maßnahmen und Ausgaben plant die Bundesregierung zur Verbes-
serung des Informationsstatus der Verbraucherinnen und Verbraucher, und
in welcher Weise sollen Unternehmen in diese Vorhaben einbezogen werden?

5. Mit welchen neuen Instrumenten will die Bundesregierung den Verbrau-
cherinteressen in deregulierten Märkten mehr Nachdruck und Geltung ver-
schaffen?

6. Ist die Bundesregierung allgemein der Auffassung, dass eine effektive
Beobachtung und Kontrolle der Verbrauchermärkte, insbesondere bei
Angeboten bezüglich Gesundheit, Mobilität, Informationstechnologien und
Finanzdienstleitungen erfolgen sollte, und welche Verfahrens- und Berichts-
regeln sollen nach Auffassung der Bundesregierung dafür gelten?

7. Sind der Bundesregierung Projekte zur Förderung von nachhaltigen Kon-
sumprodukten und Verbrauchsverhaltensmustern bekannt, im Rahmen
derer innovative Angebote für Verbraucher entwickelt und zur Marktreife
gebracht wurden, und welche Indikatoren wählt die Bundesregierung, um
positive Trends im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung auf der Konsum-
seite zu ermitteln?

8. Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um den
im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD postulierten Ansatz,
dass Verbraucherpolitik Wirtschaftspolitik von der Nachfrageseite sei, in
rechtliche und wirtschaftliche Impulse für den Markt umzusetzen?

9. Zu welchen Fragen des finanziellen, digitalen und wirtschaftlichen Verbrau-
cherschutzes beabsichtigt die Bundesregierung, Verbesserungen der Rechts-
position der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass angesichts der sich massiv
häufenden Verbraucherbeschwerden und einer sich abzeichnenden verbrau-
cherunfreundlichen Schadensregulierung seitens der Bankinstitute bei
Online-Banking die Umkehr der Beweislast zugunsten der geprellten
Kunden und eine verbraucherfreundliche Rechtsposition erforderlich ist,
um privaten Verbrauchern eine risikofreie, kostengünstige und kundennahe
Nutzung dieser neuen Technologie zu garantieren, und wenn ja, welche
Maßnahmen wird sie ergreifen?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Grundsatz der verant-
wortungsvollen Kreditvergabe für Konsumentenkredite aus Sicht des Ver-
braucherschutzes richtig ist und in das deutsche Recht eingeführt werden soll

sowie die Situation von verschuldeten Verbrauchern durch ein besseres Kon-
topfändungsrecht, ein verschlanktes Verbraucherinsolvenzverfahren und das

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/501

gesetzliche Recht auf ein Girokonto verbessert werden soll, und wenn ja,
wann und wie wird sie dieses Vorhaben umsetzen?

12. Wird die Bundesregierung gesetzgeberisch die Haftung von Managern und
Vorständen bei Falschinformationen gegenüber privaten Anlegern verschär-
fen, und wenn ja, in welcher Art und Weise und in welcher konkreten Höhe?

13. Zieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Schließungen meh-
rerer offener Immobilienfonds in den letzten Wochen rechtliche und tatsäch-
liche Konsequenzen, und wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?

14. Wird die Bundesregierung gesetzliche Initiativen einbringen, um insbeson-
dere Jugendliche vor intransparenten und ökonomisch unsinnigen Angebo-
ten auf dem Telekommunikationsmarkt zu schützen und für Verbraucherin-
nen und Verbraucher, z. B. durch Preisansagepflichten, Markttransparenz zu
schaffen und damit informierte Entscheidungen zu ermöglichen, und wenn
ja, welche?

15. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass aus den massiven Verstößen
gegen Wettbewerbsrecht im Zusammenhang mit so genannten Gewinnspielen
rechtliche und verbraucherschützende Konsequenzen zu ziehen sind, und
wenn ja, welche?

16. Beabsichtigt die Bundesregierung, Verbraucherinnen und Verbraucher über
eine Energieverbrauchskennzeichnung und die Unterstützung der Öko-
design-Richtlinie hinaus gegen überhöhte Gas- und Energiepreise und be-
züglich Schadensersatzforderungen bei Stromausfällen Unterstützung zu
gewähren, und wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht?

17. Wird die Bundesregierung die Wahlfreiheit der privaten Endverbraucherin-
nen und Endverbraucher bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln sicher-
stellen, und wenn ja, mit welchen neuen Maßnahmen?

Berlin, den 31. Januar 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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