BT-Drucksache 16/4944

Zivile Nutzung des Militärflugplatzes Jagel

Vom 2. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4944
16. Wahlperiode 02. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill,
Paul Schäfer (Köln), Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm,
Roland Claus, Wolfgang Gehrcke, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee
Menzner, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Zivile Nutzung des Militärflugplatzes Jagel

Die private Airgate SH hat mit der Bundeswehr am 21. Oktober 2005 einen
Vorvertrag über die zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes Jagel in Schles-
wig-Holstein geschlossen. Die Airgate SH plant, den Flugplatz Jagel als „Jagel
Airport“ zu einem zivilen Regionalflughafen auszubauen. Bereits im Jahr 2008
soll nach Angaben der Airgate SH der Flugbetrieb aufgenommen werden. Die
Airgate SH wirbt vor Ort für den Ausbau mit der Begründung, die zu erwarten-
den Synergien würden für Airgate SH und Bundeswehr mit Kosteneinsparungs-
möglichkeiten entstehen, ohne diese zu präzisieren und ohne auf mögliche
negative Konsequenzen für die Anwohner und einen geplanten Naturpark ein-
zugehen. Ohne die beiderseitige Nutzung wäre das Konzept der Airgate SH
nach deren Aussagen finanziell nicht tragbar.

Die angestrebte private Mitnutzung eines Militärflugplatzes wirft Fragen so-
wohl hinsichtlich der Genehmigungsverfahren als auch der zukünftigen Finan-
zierung von Betrieb und Instandhaltung auf.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Durch welche Art von Fluggeräten wird der Militärflugplatz Jagel derzeit
von der Bundeswehr genutzt?

2. Wie hoch war jeweils die Zahl von Starts und Landungen in den Jahren
2004, 2005 und 2006 vom und am Militärflugplatz Jagel (Angaben bitte so-
wohl gesamt als auch unterteilt nach Art der Fluggeräte)?

3. Beabsichtigt die Bundesregierung eine Schließung des Militärflugplatzes
Jagel?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, bis wann wird er auf jeden Fall weiter militärisch genutzt?

4. Beabsichtigt die Bundesregierung Änderungen am Nutzungskonzept des

Militärflugplatzes Jagel?

Wenn ja, welche?

Drucksache 16/4944 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Hält die Bundesregierung daran fest, die sog. Drohnen EuroHawk in Jagel
zu stationieren?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung die Risiken des Betriebs von
unbemannten Flugkörpern für die zivile Luftfahrt im Luftraum der Region
Jagel, und wie sollen diese Risiken vermieden werden?

6. Welche Regelungen zu welchen Sachverhalten sind in dem zwischen der
Bundeswehr und der Airgate SH geschlossenen Vorvertrag getroffen wor-
den?

a) Welche verbindlichen Verpflichtungen ist die Bundeswehr mit diesem
Vertrag eingegangen?

b) Welche der Vertragsparteien übernimmt welche der durch Baumaßnah-
men und den Betrieb anfallenden Kosten?

c) Welche zeitlichen Beschränkungen sind für den privaten Flugverkehr
vereinbart worden, und ist insbesondere zum Schutz der Anwohner eine
Beschränkung des privaten Flugverkehrs nachts und in den Tagesrand-
zeiten vereinbart worden?

7. Hält die Bundesregierung den Militärflugplatz Jagel für eine zivile Mitbe-
nutzung geeignet?

a) Welche Flugzeugmuster will die Airgate SH auf dem Flugplatz Jagel
einsetzen?

b) Wären die vorhandenen Start- und Landebahnen für einen zivilen Flug-
verkehr ausreichend bzw. welche Erweiterungen wären notwendig?

c) Wären die Rollwege für die von der Airgate SH geplanten Flugzeug-
muster hinsichtlich Länge, Breite und Traglast ausreichend bzw. welche
Erweiterungen wären notwendig?

8. Warum ist die Bundesregierung bereit, eine zivile Mitnutzung des Militär-
flugplatzes Jagel zuzulassen?

9. Unter welchen Bedingungen und mit welchen konkreten Auflagen ist die
Bundesregierung bereit, eine zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes
Jagel zuzulassen?

10. Besitzt die Airgate SH aufgrund des mit ihr geschlossenen Vorvertrages
oder aufgrund anderer Verträge im Fall der Einstellung des militärischen
Flugbetriebs am Flugplatz Jagel ein Vorkaufsrecht?

Wenn ja, ist für diesen Fall bereits ein Kaufpreis vereinbart worden, und
wie hoch ist dieser?

11. In welchem Maße soll sich die Airgate SH bei ziviler Mitnutzung an den
baulichen Instandhaltungsmaßnahmen und dem generellen Liegenschafts-
management der Bundeswehreinrichtungen wegen deren vermehrter Inan-
spruchnahme bei ziviler Mitnutzung finanziell beteiligen?

12. Sollten Baumaßnahmen auf dem Gelände der Bundeswehr notwendig sein
(z. B. Verbreiterung oder Verlängerung der Start- und Landesbahnen), wer
würde als Bauherr auftreten, wer würde Eigentümer sein, wer würde die
Baulasten tragen, und wie würde die Finanzierung erfolgen?

13. Hält die Bundesregierung bei aus Gründen der zivilen Mitnutzung notwen-
digen Baumaßnahmen zur Veränderung der Infrastruktur des Flugplatzes
eine öffentliche Ausschreibung für notwendig?

14. Hält die Bundesregierung für Baumaßnahmen eines privaten Investors auf
dem Gelände der Bundeswehr zum Zwecke der Herrichtung des Flug-

hafens für den zivilen Flugverkehr ein Planfeststellungsverfahren für not-
wendig?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4944

15. Gibt es in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare Fälle einer zivi-
len fliegerischen Mitbenutzung eines Militärflugplatzes?

Wenn ja, wo, wie beurteilt die Bundesregierung die dortigen Erfahrungen,
inwieweit waren dabei bauliche Veränderungen an den Start- oder Lande-
bahnen bzw. Rollwegen notwendig, und von wem wurden die Kosten dafür
getragen?

16. Würde die zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes Jagel und seiner Ein-
richtungen nicht den Tatbestand der Subventionierung der zivilen Luftfahrt
aus Bundesmitteln erfüllen, und wie beurteilt die Bundesregierung die
mögliche zivile Mitnutzung vor dem Hintergrund des EU-Wettbewerbs-
rechts?

17. Hat der Vorvertrag und hat die mögliche private Nutzung des Militärflug-
platzes Jagel Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und den Einzel-
plan 14?

Wenn ja, welche?

18. Gibt es neben dem zwischen der Bundeswehr und der Airgate SH ge-
schlossenen Vorvertrag weitere Verträge oder sonstige Vereinbarungen mit
der Airgate SH oder Dritten zur Nutzung des Militärflugplatzes Jagel?

Wenn ja, welche Regelungen sind darin mit wem zu welchen Sachverhal-
ten getroffen?

19. Bedarf es für die von der Airgate SH angestrebte zivile Nutzung des Mili-
tärflugplatzes Jagel weiterer vertraglicher Vereinbarungen?

Wenn ja, welcher, und wann rechnet die Bundesregierung mit einem ent-
sprechenden Vertragsabschluss?

20. Hat sich die Bundeswehr in dem mit der Airgate SH geschlossenen Vorver-
trag zu irgendwelchen Betriebsbeschränkungen verpflichtet?

21. Hat sich die Airgate SH in dem Vorvertrag zu irgendwelchen Betriebsbe-
schränkungen verpflichtet?

22. Sieht die Bundesregierung den militärischen Flugbetrieb bei parallelem
zivilem Flugverkehr uneingeschränkt und zu jeder Zeit gewährleistet?

23. Von wem wären bei gemischter militärischer und ziviler Nutzung des Flug-
platzes Jagel die Kosten für die Schallschutzmaßnahmen der Anwohner
nach dem novellierten Fluglärmschutzgesetz zu tragen?

24. Ist der von der Airgate SH angestrebte Ausbau des Flugplatzes Jagel eine
wesentliche bauliche Erweiterung in der Definition des novellierten Flug-
lärmgesetzes?

25. Welche finanziellen Auswirkungen hat das novellierte Fluglärmschutzge-
setz bei weiterhin ausschließlich militärischer Nutzung des Flugplatzes
Jagel nach derzeitigem Stand, und wie viele Anwohner sind derzeit vom
Fluglärm betroffen?

26. Sieht die Bundesregierung die zusätzliche Belastung der Anwohner des
Flugplatzes Jagel durch Fluglärm bei zusätzlicher ziviler Nutzung als ver-
tretbar an?

27. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Vermeidung oder Sen-
kung weiterer Belastungen der Anwohner durch den vom Flugplatz Jagel
ausgehenden Fluglärm?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen Konsequenzen zusätz-
lichen zivilen Luftverkehrs auf dem Flugplatz Jagel auf die Erfolgsaussich-

ten der Planung privater Investoren, auf der ehemaligen Bundeswehrlie-

Drucksache 16/4944 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
genschaft „Auf der Freiheit“ sog. Wellnesseinrichtungen (Hotellerie,
Thermalbad etc.) und einen neuen Stadtteil der Stadt Schleswig direkt an
der Schlei zu errichten, angesichts der Tatsache, dass die Ein- und Abflug-
schneise für den zivilen Flugverkehr nahezu über dieses Gelände führen
würde?

29. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bemühungen der Landesregierung
Schleswig-Holsteins, die Schleiregion als Naturpark auszuweisen, um
diese Region für den Tourismus und als Naherholungsgebiet attraktiver zu
gestalten, wenn zugleich die Ein- und Abflugschneise des Flugplatzes
Jagel über die Schleiregion führt?

30. Hält es die Bundesregierung angesichts der Klimaschädlichkeit des Luft-
verkehrs und der Vielzahl ziviler Flughäfen in Deutschland mit den in rela-
tiver Nähe liegenden Flughäfen Lübeck-Blankensee und Hamburg-Fuhls-
büttel umwelt- und verkehrspolitisch für sinnvoll, den Militärflugplatz
Jagel für eine zivile Nutzung zu öffnen?

Berlin, den 29. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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