BT-Drucksache 16/4895

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Ablagerung von CO2

Vom 28. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4895
16. Wahlperiode 28. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link
(Heilbronn), Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Ablagerung von CO2

Im Rahmen der Technologien CO2-armer Kohleverstromung (CCS – „Carbon
Dioxide Capture and Storage“) spielt die Ablagerung von Kohlendioxid in tiefen
geologischen Formationen eine zentrale Rolle. Sowohl das Abfallrecht als auch
das Bergrecht sowie unter Umständen auch das Wasserrecht werden in diesem
Zusammenhang als grundsätzlich geeignete Rechtsregime angesehen bzw. dis-
kutiert. Allerdings wirft die konkrete Anwendbarkeit des Abfall-, Berg- oder
Wasserrechts auf die CO2-Ablagerung komplexe rechtliche Fragen auf. Ferner
stellt sich die Frage nach dem Vorhandensein adäquater Haftungsnormen im Fall
von Leckagen.

Das Umweltbundesamt stellt in dem Positionspapier „Technische Abscheidung
und Speicherung von CO2 – nur eine Übergangslösung“ jedenfalls fest, dass die
heute existierenden nationalen und internationalen Rahmenbedingungen zu
einer Zeit entwickelt worden seien, als mögliche Rechtsfragen im Zusammen-
hang mit einer Abscheidung und Ablagerung von CO2 noch nicht relevant und
regelungsbedürftig gewesen seien. Dies habe zur Folge, dass viele nationale und
internationale Rechtsregime entweder überhaupt nicht anwendbar seien oder
ihre Anwendung zumindest umstritten sei. Auch eine Stellungnahme, die bei-
spielsweise das „Öko-Institut e. V.“ zu diesem Thema im Rahmen einer Exper-

tenanhörung durch den Umweltausschuss des Deutschen Bundestages am
7. März 2007 abgegeben hat (Ausschussdrucksache 16(16)225), gelangt zu der
Einschätzung, dass unter anderem bei der Errichtung und beim Betrieb der
Ablagerungsanlagen sowie im Bereich des „Nachbetriebs“ der Anlagen recht-
liches Neuland zu betreten sei, zumal sich der betreffende Ablagerungszeitraum
über mehrere tausend Jahre erstrecke. Die derzeitigen Regelwerke müssten ge-
eignet weiter entwickelt werden.

Drucksache 16/4895 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die in Deutschland derzeit geltende
Rechtslage im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb sowie den Nach-
betrieb von CCS-Ablagerungsstätten?

2. Ist für diesen Regelungsbereich nach Auffassung der Bundesregierung das
derzeit geltende deutsche Abfallrecht oder vielmehr das Bergrecht einschlä-
gig, inwieweit ist bei der Ablagerung in salinen Aquiferen nach derzeitiger
Rechtslage eine wasserrechtliche Erlaubnis möglich und wie begründet die
Bundesregierung ihre Einschätzung?

3. Welche Rechtsnormen bzw. Rechtsgebiete müssten im Hinblick auf die Er-
richtung und den Betrieb sowie den Nachbetrieb von CCS-Ablagerungsstät-
ten nach Auffassung der Bundesregierung im Einzelnen und in welcher kon-
kreten Hinsicht modifiziert oder geschaffen werden?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die rechtliche Situation hinsichtlich der
Ablagerung von CO2 auf europäischer Ebene und sieht die Bundesregierung
an dieser Stelle Handlungsbedarf?

5. Wenn nein, weshalb nicht und wenn ja, in konkret welcher Hinsicht sieht die
Bundesregierung Handlungsbedarf auf europäischer Ebene, und in welchem
Sinne und mit welchen Zielvorstellungen gedenkt sie ggf. auf bevorstehen-
de Regelungen Einfluss zu nehmen?

6. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll und möglich, ein nationales CCS-
Gesetz für eine integrierte und eigenständige Regelung zu schaffen, das alle
Fragen von der CO2-Abscheidung über die Einlagerung, den Transport und
die Einbringung in die Lagerstätten bis zur Sicherung der Lagerstätten um-
fasst?

Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

7. Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, eine EU-weite CCS-Rechtsetzung
für eine integrierte und eigenständige Regelung zu schaffen, die alle Fragen
von der CO2-Abscheidung über die Einlagerung, den Transport und die Ein-
bringung in die Lagerstätten bis zur Sicherung der Lagerstätten umfasst?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, warum und in welcher Form (Richtlinie oder Verordnung)?

8. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass im Hinblick auf die Errich-
tung und den Betrieb sowie den Nachbetrieb von Ablagerungsstätten eine
frühzeitige und breite Beteiligung der Öffentlichkeit nach den Vorgaben der
Aarhus-Konvention herzustellen wäre?

Wenn ja, warum und wenn nein, warum nicht?

9. Müssen insofern Änderungen in der Richtlinie 2003/35/EG des Euro-
päischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit
oder im deutschen Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz vorgenommen wer-
den?

Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, welche Anpassungen müssen nach
Auffassung der Bundesregierung vorgenommen werden?

10. Welche Rechtsform (privat-/öffentlich-rechtlich) sollten Ablagerungsstät-
ten für CO2 nach Auffassung der Bundesregierung haben und warum?

11. Wer sollte nach Auffassung der Bundesregierung für die Überwachung der
Ablagerungsstätten für CO2 zuständig sein?

12. Inwieweit spielen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ablagerung

von CO2 bei der Schaffung eines Umweltgesetzbuches (UGB) eine Rolle?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4895

13. Welcher gesetzgeberische Handlungsbedarf besteht nach Auffassung der
Bundesregierung, um möglichen Leckagen haftungsrechtlich begegnen zu
können?

14. Hält die Bundesregierung die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Par-
laments und des Rates über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung
von Umweltschäden für ein geeignetes Instrument, um möglichen Leckagen
adäquat begegnen zu können, und müsste diese ggf. modifiziert werden?

Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 27. März 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.