BT-Drucksache 16/453

Elternbeitragsfreie Kinderbetreuung ausbauen

Vom 25. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/453
16. Wahlperiode 25. 01. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, Diana Golze,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Elternbeitragsfreie Kinderbetreuung ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Forderung der Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Ursula von der Leyen, nach gebühren-
freien öffentlichen Kinderbetreuungsangeboten. Diese Forderung lässt erken-
nen, dass auch die Bundesregierung die enorme Bedeutung öffentlicher Kinder-
betreuung anerkennt.

Der Bildungsweg beginnt in Kinderkrippen und Kindergärten. Diese und Hort-
einrichtungen ermöglichen die gemeinschaftliche Erziehung von Kindern unter-
schiedlicher Herkunft. Sie befördern die soziale Kompetenz der Kinder, wirken
sich positiv auf die Integration von Kindern aus Migrantenfamilien durch zeiti-
gen Erwerb der deutschen Sprache aus und verbessern so Bildungs- und spätere
Erwerbschancen. Erziehungsmängel und soziale Defizite können durch Fach-
kräfte erkannt und durch erzieherische Arbeit ausgeglichen werden. Nicht zu-
letzt geben öffentliche Kinderbetreuungsangebote den Eltern die Möglichkeit,
einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und wirken somit unter anderem direkt als
Instrument der Armutsbekämpfung.

Kostenlose, umfassende und flächendeckende Betreuungsangebote für Kinder
gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Aber nur diese gewährleisten,
dass kein Kind wegen der Einkommens- oder Lebenssituation der Eltern von
einer Erziehung im Kreise anderer Kinder sowie von frühkindlicher Bildung und
Erziehung durch Fachkräfte ausgeschlossen ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

schnellstmöglich ein Konzept vorzulegen, das die Länder und Kommunen in die
Lage versetzt, gebührenfreie, umfassende und flächendeckende Betreuungs-
angebote für Kinder anzubieten und aufzubauen.

Das öffentliche Betreuungsangebot in Form von Kinderkrippen, Kindergärten
und Horteinrichtungen ist unzureichend. Dies gilt im Hinblick auf die Anzahl

der Plätze, Öffnungszeiten und teilweise auch die Qualität der Betreuung durch
unzureichende Ausstattung mit Fachkräften und Arbeitsmitteln. Der Zugang zu
ganztägigen öffentlichen Betreuungseinrichtungen wird zunehmend auch denen
verwehrt, die keiner Erwerbstätigkeit in Vollzeit nachgehen oder erwerbslos
sind. Neue und alte Bundesländer sind davon gleichermaßen betroffen.

Die Ursache der aufgezeigten Missstände ist unter anderem in der Finanznot der
Kommunen zu suchen, die massiv unter den Auswirkungen des Gesetzes zur

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Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steu-
ersenkungsgesetz) leiden, das bis 2005 zu Steuermindereinnahmen der Länder
und Kommunen in zweistelliger Milliardenhöhe geführt hat.

Nach Angaben des Deutschen Städtetages benötigen die Kommunen 10 Mrd.
Euro jährlich, um öffentliche Kindergärten vorzuhalten. Mit ca. 20 Prozent sind
die Eltern über Gebühren an den Kosten beteiligt.

Die öffentliche Kinderbetreuung muss als gesellschaftliche Aufgabe verstanden
werden. Um den Zugang eines jeden Kindes in eine öffentliche Betreuungsein-
richtung zu ermöglichen, muss dieser gebührenfrei sein. Das erforderliche Kon-
zept zur Finanzierung muss die Bundesregierung vorlegen.

Berlin, den 24. Januar 2006

Dr. Barbara Höll
Dr. Axel Troost
Werner Dreibus
Diana Golze
Jörn Wunderlich
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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