BT-Drucksache 16/4426

Deutsch-brasilianischen Atomvertrag durch Erneuerbare-Energien-Vertrag ersetzen

Vom 28. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4426
16. Wahlperiode 28. 02. 2007

Antrag
der Abgeordneten Thilo Hoppe, Jürgen Trittin, Dr. Reinhard Loske, Bärbel Höhn,
Hans-Josef Fell, Ute Koczy, Renate Künast, Fritz Kuhn und Margareta Wolf
(Frankfurt) und der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deutsch-brasilianischen Atomvertrag durch Erneuerbare-Energien-Vertrag
ersetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Atomkraft ist wegen ihrer großen Sicherheitsrisiken mit der Gefahr un-
übersehbarer Schäden nicht zu verantworten. Deshalb hat die rot-grüne Bun-
desregierung 2000 den Ausstieg der Bundesrepublik Deutschland aus der
Atomkraft beschlossen. Die Grundlagen des deutschen Atomausstiegs müssen
auch Richtschnur für die internationalen Aktivitäten der Bundesregierung – vor
allem auch der Außenwirtschaftsförderung – sein. International soll die Privile-
gierung der hochriskanten und nicht nachhaltigen Atomenergie beendet werden,
muss jede staatliche Unterstützung bei Nuklearexporten vermieden werden und
müssen Verträge, die der Förderung der Atomenergie dienen, gekündigt wer-
den. Das deutsch-brasilianische Abkommen über Zusammenarbeit auf dem
Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie ist ein solches Abkommen und
sollte, wie dies im Herbst 2004 durch diplomatischen Notenwechsel zwischen
den beteiligten Parteien vereinbart wurde, endlich durch einen Erneuerbare-
Energien-Vertrag ersetzt werden.

Brasilien betreibt derzeit die beiden Kernreaktoren Angra 1 und Angra 2. Der
Bau von Angra 2 wurde mit Hilfe einer deutschen Hermes-Bürgschaft finan-
ziert und nach 25 Jahren Bauzeit 2000 abgeschlossen. Ein Antrag auf eine Her-
mesbürgschaft für den Bau eines dritten Reaktors am selben Standort (Angra 3)
liegt der Bundesregierung vor. Die Bearbeitung dieses Antrags ruht, könnte
aber aufgrund der Ankündigung Brasiliens Mitte des Jahres 2007, mit dem Bau
von Angra 3 beginnen zu wollen, wieder aktuell werden. Die Mehrheit der bra-
silianischen Bevölkerung steht einem weiteren Ausbau der Atomenergie in
Brasilien kritisch gegenüber.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland

und der Regierung der Föderativen Republik Brasilien über Zusammenar-
beit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie vom 27. Juni
1975 durch einen neuen Erneuerbare-Energien-Vertrag zu ersetzen,

2. keine staatliche Förderung oder Kreditabsicherung für die Ausfuhr von
Komponenten, die dem Bau neuer Kernreaktoren oder der Verlängerung des
Betriebes von fertig gestellten Kernreaktoren in Brasilien dienen können, zu
gewähren,

Drucksache 16/4426 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. die Zusammenarbeit mit Brasilien auf dem Gebiet der kerntechnischen For-
schung zu beenden,

4. die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Brasilien in den Berei-
chen der erneuerbaren Energien (einschließlich Biotreibstoffen), der Ener-
gieeinsparung und der Förderung der Energieeffizienz zu verstärken,

5. den Ausbau des Handels mit nachhaltig erzeugten Biokraftstoffen aktiv zu
gestalten. Dies bedeutet insbesondere, gemeinsame ökologische und soziale
Standards, vor allem für Bioethanol und Pflanzenöle, festzulegen mit dem
Ziel, eine weitere Abholzung von Urwäldern zu stoppen und Kleinbauern
und landlosen Bauern neue Perspektiven zu geben,

6. die brasilianische Regierung vor allem intensiv beim Ausbau der erneuerba-
ren Energien zu unterstützen. Sowohl durch bilaterale Verträge als auch
durch eine verstärkte Aktivität beim Aufbau einer internationalen Organisa-
tion für erneuerbare Energien (IRENA) soll der Wissenstransfer zukünftig
weiter forciert werden,

7. die flexiblen Instrumente des Kyoto-Protokolls zu nutzen und mit der brasi-
lianischen Regierung bei der Auswahl und Durchführung von Projekten des
so genannten Clean Development Mechanism zusammenzuarbeiten,

8. der brasilianischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft gegen-
über zu versichern, dass die Behandlung von Fragen der nichtverbreitungs-
politischen Absicherung sowie der nuklearen Sicherheit und des Strahlen-
schutzes in Brasilien durch die Kündigung des deutsch-brasilianischen
Abkommens über Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung
der Kernenergie nicht berührt wird und über die am 10. März 1978 geschlos-
sene deutsch-brasilianische Vereinbarung über den Austausch technischer
Informationen und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit kerntech-
nischer Einrichtungen sowie durch internationale Abkommen weiterhin ge-
regelt bleibt.

Berlin, den 28. Februar 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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