BT-Drucksache 16/4089

Die Politik der Bundesregierung im Konflikt in der West-Sahara

Vom 17. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4089
16. Wahlperiode 17. 01. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Florian Toncar, Hellmut Königshaus,
Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad
Schily, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Die Politik der Bundesregierung im Konflikt in der West-Sahara

Der Konflikt in der West-Sahara gehört zu den vergessenen Konflikten der Welt.
Seit 1991 herrscht dort ein fragiler Waffenstillstand zwischen der Polisario und
Marokko und seit nunmehr 16 Jahren versucht die Weltgemeinschaft bei der
Beilegung dieses schwelenden Konfliktes zu vermitteln; dies bisher jedoch ohne
Erfolg. Das Mandat der Vereinten Nationen in West-Sahara (MINURSO) wurde
bis Ende April 2007 verlängert. Die gegenwärtige Situation stellt eine Gefahr für
die Stabilität der gesamten Region dar und verhindert eine demokratische und
wirtschaftlich positive Entwicklung.

Nachdem ein Vorschlag der VN zur Lösung des Konfliktes nicht durchgesetzt
werden konnte, legte der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der VN, James
Baker, den so genannten Baker-Plan vor. Dieser sieht ein Referendum vor, in
dem die Bewohner der West-Sahara über die weitere politische Zukunft des Lan-
des abstimmen sollen. Dabei stehen drei Alternativen zur Wahl: Vollständige
Integration in Marokko, Autonomie oder Unabhängigkeit. Marokko hat diesem
Plan jedoch nie zugestimmt, was zu einem Stillstand der Friedensbemühungen
führte. Nun hat Marokko einen neuen Autonomieplan für die Westsahara vorge-
legt. Darin soll die Westsahara weiterhin zu Marokko gehören, aber eine eigene

Regierung und ein eigenes Parlament erhalten. Dieser Vorschlag stößt allerdings
bei der Polisario nicht auf großes Interesse.

Zudem gibt die menschenrechtliche Situation in der West-Sahara und in den
Flüchtlingsgebieten Anlass zur Sorge. Demonstrationen für die Forderung nach
Unabhängigkeit der West-Sahara werden von den marokkanischen Sicherheits-
kräften gewaltsam unterdrückt. Marokko hat zwar in der jüngsten Vergangenheit
mit der Einsetzung einer Wahrheitskommission Fortschritte bei der Achtung der

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Menschenrechte erzielt; auch die Demokratisierung und Liberalisierung wird
mutig vorangetrieben. Dennoch verweigerte Marokko jüngst Vertretern von
Nichtregierungsorganisationen, Journalisten und einer Delegation des Euro-
päischen Parlaments gezielt den Zugang zum Gebiet der West-Sahara.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um im
Konflikt in der West-Sahara zu vermitteln und eine Lösung voranzutreiben?

2. Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung zu unternehmen, um im
Konflikt in der West-Sahara zu vermitteln und eine Lösung voranzutreiben?

3. Wie hat sich die Bundesregierung bei den europäischen Partnern, insbeson-
dere Spanien und Frankreich eingesetzt, um eine Lösung des Konflikts in
der West-Sahara voranzutreiben?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung den von Marokko vorgelegten Auto-
nomieplan für die West-Sahara?

5. Hat die Bundesregierung auf die Verweigerung des Zugangs zu den Gebie-
ten der West-Sahara für eine europäische Delegation im Oktober 2006 rea-
giert, und wenn ja, wie?

6. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Menschenrechtsverletzungen und
die Behinderung der politischen Meinungsfreiheit im Rahmen des Konflikts
in der West-Sahara, und wie hat die Bundesregierung darauf reagiert?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Arbeit der Wahrheitskom-
mission, die von Marokko eingesetzt wurde, zur Aufarbeitung von Men-
schenrechtsverletzungen im Rahmen des Konflikts in der West-Sahara?

8. Was unternimmt die Bundesregierung konkret, um die Menschenrechtslage
in der Region, insbesondere in den Flüchtlingslagern und bei den Gefange-
nen zu verbessern?

9. Welche finanziellen Beiträge und Maßnahmen im humanitären und ent-
wicklungspolitischen Bereich hat die Bundesrepublik Deutschland seit Be-
stehen des Konflikts geleistet, aufgeschlüsselt nach Art und finanziellem
Beitrag im Jahr?

10. Welche finanziellen Beiträge und Maßnahmen im humanitären und ent-
wicklungspolitischen Bereich hat Europa seit Bestehen des Konflikts ge-
leistet, aufgeschlüsselt nach Art und finanziellem Beitrag im Jahr?

11. Versucht die Bundesregierung im Rahmen der deutschen Entwicklungs-
zusammenarbeit mit den am Konflikt in der West-Sahara beteiligten Län-
dern (Marokko, Algerien) über den Dialog und über Bedingungen bei den
Zusagen, Einfluss auf die Situation in der West-Sahara auszuüben?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Unterzeichnung des Fischereiab-
kommens zwischen der EU und dem Königreich Marokko, welches auch
die Fanggründe vor der Küste der West-Sahara einschließt, hinsichtlich der
diplomatischen Signalwirkung einer vermeintlichen Anerkennung der ma-
rokkanischen Hoheit über die West-Sahara?

13. Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass bei zukünftigen Verträ-
gen zwischen der EU und dem Königreich Marokko das Gebiet der West-
Sahara nicht mit eingeschlossen wird, bis es zu einer Lösung des Konflikts
gekommen ist?

Berlin, den 16. Januar 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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