Vom 13. Dezember 2006
Deutscher Bundestag Drucksache 16/3881
16. Wahlperiode 13. 12. 2006
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Otto Fricke, Hellmut Königshaus,
Jan Mücke, Patrick Döring, Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Christian
Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Michael Kauch, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Patrick Meinhardt, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian
Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP
Entwicklung des Luftverkehrsstandorts Berlin-Brandenburg
Nach dem im Mai 1996 zwischen dem Bund und den Ländern Berlin und
Brandenburg vereinbarten Konsensbeschluss sollen der Flughafen Berlin-Tem-
pelhof bereits bei Vorliegen eines gerichtlich bestandsfesten Planfeststellungs-
beschlusses für den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in
Schönefeld und der Flughafen Berlin-Tegel bei Eröffnung des neuen Flughafens
geschlossen werden. Die aktuellen Schließungsbescheide der Berliner Senats-
verwaltung für Stadtentwicklung sehen die Einstellung des Betriebs in Berlin-
Tempelhof am 31. Oktober 2007 und die Schließung des Flughafens Berlin-
Tegel spätestens sechs Monate nach BBI-Eröffnung vor. Der Planfeststellungs-
beschluss zum Neubau des BBI ist unter bestimmten Auflagen seitens des Bun-
desverwaltungsgerichts am 16. März 2006 bestätigt worden. Der erste Spaten-
stich für den neuen Großflughafen BBI erfolgte am 5. September 2006.
Sowohl hinsichtlich der Zukunft des Flughafens Berlin-Tempelhof als auch der
infrastrukturellen Anbindung des BBI und der dem Neubau zugrunde liegenden
Kalkulation besteht aufgrund der Pläne der Bundesregierung Aufklärungsbedarf.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Trifft es zu, dass die Bundesregierung erwägt oder erwogen hat, den Flug-
hafen Berlin-Tempelhof durch die Flugbereitschaft des Bundesministeriums
der Verteidigung zu nutzen, und wenn ja, wie ist der aktuelle Stand dieser
Überlegungen?
2. Wie beurteilt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund diesbezügliche
Aussagen des ehemaligen Staatssekretärs im Bundesministerium der Vertei-
digung, Dr. Friedbert Pflüger?
Drucksache 16/3881 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Hat die Bundesregierung den von der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH
(FBS) als Vorhabenträgerin für den BBI erstellten Businessplan auf seine
Tragfähigkeit geprüft, und wenn ja, zu welchem Ergebnis ist sie bei dieser
Prüfung gekommen?
4. Werden die besonderen Bedürfnisse so genannter Low Cost Carrier in die-
sem Businessplan berücksichtigt, und wenn ja, in welcher Weise soll deren
besonderen Anforderungen an geringe Kosten und kurze Standzeiten bei der
Planung des BBI Rechnung getragen werden?
5. Gibt es eine aktuelle Fluggastprognose für den Flughafen BBI, die interna-
tionalen Standards entspricht, und wenn ja, welche Aussagen werden in die-
ser Prognose getroffen?
6. Sofern keine aktualisierte Fluggastprognose vorliegt, warum ist dies nicht
der Fall, und wie beurteilt die Bundesregierung dies?
7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Pläne, den Flughafen Berlin-Tempel-
hof als Privat- und Klinikflughafen weiterhin zu betreiben und lediglich den
Linienverkehr dorthin einzustellen?
8. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass durch die vorgesehene
Verlagerung von Privat- und Geschäftsflügen mit kleinerem Fluggerät vom
Flughafen Berlin-Tempelhof auf den Flughafen BBI dort Slots blockiert
werden, die für wirtschaftlich lukrativere Linien- und Pauschalflüge auf
dem BBI dann nicht mehr verfügbar sind?
9. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass gerade die Nähe
des Flughafens Berlin-Tempelhof zum Stadtzentrum diesen für Geschäfts-
flüge in Berlin ansässiger Unternehmen attraktiv macht und dies einen we-
sentlichen Standortvorteil Berlins ausmacht?
10. Sieht die Bundesregierung den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses
zum BBI durch einen Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tempelhof aus
rechtlicher Beurteilung gefährdet, und falls ja, mit welcher Begründung?
11. Hält die Bundesregierung eine Schließung des Flughafens Berlin-Tempel-
hof im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Betrieb des Flughafens BBI für
zwingend notwendig, und wenn ja, aus welchen Gründen?
12. Welches Nachnutzungskonzept verfolgt die Bundesregierung für die Zeit
nach einer Beendigung des Flugbetriebs in Berlin-Tempelhof?
Wie und durch wen sollen derzeit anfallende und nach einer Schließung
weiterhin steigende Kosten für Erhalt und Bewirtschaftung des Gebäude-
komplexes getragen werden?
13. Falls die Bundesregierung eine Veräußerung des Gebäudekomplexes Berlin-
Tempelhof an private Investoren in Betracht zieht, wie beeinflusst aus Sicht
der Bundesregierung der Widerruf der Flughafengenehmigung den Immobi-
lienwert des Gebäudekomplexes Berlin-Tempelhof?
14. Wie ist der aktuelle Stand der infrastrukturellen Anbindung (Straße, Schiene)
des Flughafens BBI, insbesondere auch im Hinblick auf die Realisierung der
so genannten Mahlower Kurve?
15. Welche weiteren Planungsschritte (Zeitablauf, Finanzierungsvereinbarun-
gen etc.) sind im Hinblick auf die infrastrukturelle Anbindung des Flug-
hafens BBI vorgesehen, und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die
Straßen- und Schienenanbindung rechtzeitig zur Eröffnung des BBI fertig
gestellt sein wird?
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3881
16. Welchen Fertigstellungs- und Eröffnungszeitpunkt hat die Bundesregierung
für den Flughafen BBI vorgesehen, und bestehen aus Sicht der Bundesregie-
rung Risiken hinsichtlich der Einhaltung dieses Termins, und wenn ja,
welche?
17. Wie ist die effiziente Einbindung des Flughafens BBI in den Fern- und
Regionalverkehr auf der Schiene, insbesondere auch in Richtung Polen,
sichergestellt?
Berlin, den 8. Dezember 2006
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion