BT-Drucksache 16/3620

Für einen europäischen zivilen Friedensdienst

Vom 29. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3620
16. Wahlperiode 29. 11. 2006

Antrag
der Abgeordneten Heike Hänsel, Michael Leutert, Dr. Diether Dehm, Monika
Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Wolfgang Gehrcke, Inge Höger-Neuling,
Dr. Hakki Keskin, Katrin Kunert, Dr. Norman Paech, Paul Schäfer (Köln),
Alexander Ulrich, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Für einen europäischen zivilen Friedensdienst

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass sich in vielen Ländern Europas Orga-
nisationen herausgebildet haben, die sich im Rahmen des Zivilen Friedens-
dienstes (ZFD) um Konzepte für gewaltfreie Konfliktlösung bemühen. Dabei
gehen sie unterschiedliche Wege, organisieren sich auf unterschiedliche
Weise und bestimmen unterschiedliche Schwerpunkte ihrer Arbeit. Gemein-
sam ist ihnen das erfolgreiche Bemühen um die Entwicklung, Verbreitung
und Umsetzung wirkungsvoller Alternativen zu militärischen Interventionen.
Der Deutsche Bundestag ist deshalb der Auffassung, dass der Zivile Frie-
densdienst substanziell gestärkt werden muss.

2. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass sich Träger des Zivilen Friedensdiens-
tes aus unterschiedlichen europäischen Ländern auch untereinander ver-
netzen – so im European Network for Civil Peace Services (EN.CPS) und in-
ternational im Netzwerk Nonviolent Peaceforce. Diese Vernetzung ist umso
dringlicher, als auch die militärischen Kapazitäten in der EU zunehmend ge-
bündelt werden. Im Zuge ihrer Integration gibt sich die Europäische Union
zunehmend gemeinschaftliche Instrumente der Außen- und Sicherheitspoli-
tik. Dabei gewinnen militärische Instrumente und Strategien zunehmend an
Gewicht. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass die EU statt-
dessen stärker als bisher zivile Alternativen in ihrem Umgang mit gewalt-
samen Konflikten entwickeln muss und dass die zivilen gegenüber den
militärischen Interventionsinstrumenten deutlich ausgebaut werden müssen.

3. Der Deutsche Bundestag ist daher überzeugt, dass die Einrichtung eines
europäischen zivilen Friedensdienstes die notwendige Vernetzung der Frie-
densarbeit auf europäischer Ebene unterstützen und der Umsetzung ziviler
Alternativen im europäischen Rahmen einen verbindlicheren und finanziell
gesicherten Rahmen bieten könnte. Ein europäischer ziviler Friedensdienst

wäre auch ein Beitrag zur im Europäischen Konsens über die Entwicklungs-
politik von 2005 eingeforderten Kohärenz in der internationalen Politik der
EU und zur besseren Koordination in der Zusammenarbeit der EU mit Part-
nern im Süden.

4. Ein europäischer ziviler Friedensdienst wäre im Rahmen des Europäischen
Entwicklungsfonds (EEF) zu finanzieren und zu verwalten. Die erforderli-

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chen Mittel sollten zu einem Teil durch Umschichtungen innerhalb des EEF
zulasten der Unterstützung militärischer Projekte aus dem Fonds erfolgen,
zusätzlich sollten sich die EU-Mitgliedstaaten zu einer angemessenen Auf-
stockung ihrer Beiträge in den Fonds für den europäischen zivilen Friedens-
dienst verabreden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen, um eine Initiative für einen
zivilen Friedensdienst im Rahmen der Europäischen Union auf den Weg zu brin-
gen, und dabei darauf hinzuwirken, dass

– der Aufbau des europäischen zivilen Friedensdienstes und seine künftige Ar-
beit in enger Zusammenarbeit mit bereits bestehenden europäischen Netz-
werken wie dem European Network for Civil Peace Services erfolgt;

– eine verbindliche Kooperation mit Basisgruppen in den Einsatzgebieten des
europäischen zivilen Friedensdienstes gewährleistet wird;

– der europäische zivile Friedensdienst über einen festen Stellenpool mit sozial
abgesicherten Arbeitsplätzen verfügt und dass für die Friedensfachkräfte
nach Ablauf ihres Einsatzes oder in Einsatzpausen eine finanzielle Eingliede-
rungshilfe bereitgestellt wird;

– ein solcher europäischer ziviler Friedensdienst aus den Mitteln des EEF
finanziert wird;

– zu diesem Zweck innerhalb des EEF Mittel aus der Unterstützung militäri-
scher Projekte für die Verwendung im Rahmen des europäischen zivilen Frie-
densdienstes umgeschichtet werden;

– darüber hinaus eine an die Verwendung für die Finanzierung des europäi-
schen zivilen Friedensdienstes gebundene, koordinierte Erhöhung der Zu-
weisungen der Mitgliedstaaten der EU in den EEF in angemessener Höhe
vereinbart wird.

Berlin, den 28. November 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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