BT-Drucksache 16/3508

Verkauf von Fluggastdaten durch amerikanische Unternehmen

Vom 21. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3508
16. Wahlperiode 21. 11. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Verkauf von Fluggastdaten durch amerikanische Unternehmen

Fluggesellschaften müssen bei Flügen in die USA die Daten ihrer Passagiere an
die US-Heimatschutzbehörde und die Grenz- und Zollbehörden der USA wei-
tergeben. Durch das Interimsabkommen zwischen der EU und den USA,
welches bis zum 31. Juli 2007 befristet gilt, wurde eine völkerrechtliche Verein-
barung getroffen, die weiterhin den Zugriff von US-Behörden auf PNR-Daten
der Fluggesellschaften ermöglicht. Im Rahmen der PNR-Übermittlung werden
u. a. auch Daten über den gesamten Reiseverlauf, die geplanten Abflugdaten, die
Anschriften, Informationen über das Splitting/die Teilung einer Buchung und
Informationen über den Auftraggeber weitergegeben und gespeichert.

Europäische Unternehmen müssen bereits 24 Stunden vor Absendung einer
Warenlieferung die sog. Manifestdaten an die US-Zollbehörden übermitteln.
Hierbei müssen u. a. der Umfang der Exporttätigkeit, mögliche Verschiffungs-
daten und die Ladungsmengen von Spediteuren offenbart werden.

Durch den Freedom of Information Act (FOIA) der USA ist es US-Bürgerinnen
und US-Bürgern grundsätzlich möglich, Informationen der US-Behörden einzu-
sehen. Auch US-amerikanische Unternehmen können somit – wie auch natür-
liche Personen – die gesammelten Datensätze einsehen und weiterverwenden.

Im Internet werben US-amerikanische Unternehmen damit, dass sie die gesam-
melten Daten aufbereiten und an interessierte Kunden weiterverkaufen. Im
Rahmen dieser Datenaufbereitung werden so u. a. Geschäftspartner sowie aus-
ländische Zulieferer dargestellt. Auch ein detailliertes Bewegungsbild euro-
päischer Unternehmen lässt sich über die Manifestdaten der US-Zollbehörden
erstellen. Über eine Weiterverwendung von PNR-Daten erscheint somit neben
der Darstellung der Geschäftsbeziehungen auch eine Aufstellung der Flugbewe-

Drucksache 16/3508 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gungen und der Reiseziele sowie potenzieller Auftraggeber möglich. Unterneh-
men aus den USA können so aufgrund der erlangten Informationen Einfluss
nehmen auf europäische Mitbewerber und den amerikanischen Markt mittelbar
abschotten.

Darüber hinaus ist den Medien zu entnehmen, dass US-Behörden Notebooks
von USA-Reisenden durchsuchen und beschlagnahmen können. Auch ohne
richterliche Anordnung können neben einer Beschlagnahme die auf den Com-
putern gespeicherten Daten heruntergeladen und bei den US-Behörden gespei-
chert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Umfang (Einzel- und Gesamtdatenmenge) müssen von deut-
schen Unternehmen Daten an die US-Zollbehörden übermittelt werden, und
um welche Daten handelt es sich?

2. Über welchen Zeitraum werden diese Daten gespeichert?

3. Welche Behörden haben Zugriff auf diese Daten?

4. Welche Daten, die deutsche und europäische Unternehmen an die US-
Behörden übermitteln, stuft die Bundesregierung als „sensible Daten“ im
Sinne des europäischen und internationalen Datenschutzrechts ein?

5. Wie geht die amerikanische Seite mit derart sensiblen Daten um?

6. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, auf den Umgang mit sen-
siblen Daten Einfluss zu nehmen?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Angemessenheit des Datenschutz-
niveaus in den USA im Hinblick auf die Möglichkeit, Daten auf der Grund-
lage des Freedom of Information Acts (FOIA) einzusehen?

8. Welche Ausnahmetatbestände von der Informationsfreiheit sieht der FOIA
im Hinblick auf den Datenschutz vor?

9. Wie schützt die Bundesregierung deutsche Unternehmen vor einer kommer-
ziellen Verwendung der Unternehmensdaten durch amerikanische Unter-
nehmen?

10. Werden auch PNR-Daten vom FOIA erfasst?

11. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, im Falle einer Erfassung
von PNR-Daten durch den FOIA, PNR-Daten aus dem Anwendungsbereich
des FOIA herauszunehmen?

12. Existieren bereits PNR-Daten, die nicht an die Öffentlichkeit gegeben
werden dürfen, und welche Daten sind dies?

13. Durch welche Exekutivverordnung der US-Regierung wird gesichert, dass
diese Daten nicht weitergegeben werden?

14. Inwieweit hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der EU/
USA-Verhandlungen zu dem Interimsabkommen über die Weitergabe von
Fluggastdaten für einen umfassenden Geschäftsgeheimnisschutz einge-
setzt?

15. Welche Schritte hat die Bundesregierung bislang unternommen, um auf
US-Seite einen möglichst weitgehenden Schutz der geschäftlichen Daten
zu erreichen?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung den Verkauf von Unternehmensdaten
europäischer Unternehmen durch US-Unternehmen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3508

17. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die US-Zollbehörden ohne richter-
liche Anweisung private mobile Computer durchsuchen und beschlagnah-
men können?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten der US-Zollbehörde,
ohne richterliche Anweisung private mobile Computer zu durchsuchen und
zu beschlagnahmen?

19. Sind der Bundesregierung konkrete Fälle bekannt, in denen mobile Compu-
ter von Privat- oder Geschäftsreisenden durchsucht oder beschlagnahmt
wurden?

20. Besteht für das Vorgehen der US-Behörden eine rechtliche Grundlage?

21. Auf welcher Grundlage erfolgt eine Speicherung der Computerdaten durch
die US-Behörden?

22. Welche Auswirkungen wirtschaftlicher und rechtlicher Art sieht die
Bundesregierung in dem Zusammenspiel von Beschlagnahme-, Durch-
suchungs- und Speicherungsrechten amerikanischer Behörden bei Compu-
tern und dem FOIA?

23. Gibt es Verhaltensempfehlungen seitens der Bundesregierung für USA-Rei-
sende, um die Auswirkungen derartiger Kontrollen durch die US-Behörden
(z. B. Missbrauch) möglichst gering zu halten?

Berlin, den 21. November 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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