BT-Drucksache 16/3502

Stärkung des Goethe-Instituts durch neues Konzept

Vom 21. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3502
16. Wahlperiode 21. 11. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Monika Grütters, Eckart von Klaeden,
Herbert Frankenhauser, Anke Eymer (Lübeck), Erich G. Fritz, Hermann Gröhe,
Manfred Grund, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Joachim Hörster,
Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Philipp Mißfelder, Ruprecht Polenz, Dr. Norbert
Röttgen, Bernd Schmidbauer, Karl-Georg Wellmann, Willy Wimmer (Neuss),
Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Monika Griefahn, Lothar Mark, Niels Annen, Detlef
Dzembritzki, Sebastian Edathy, Angelika Graf (Rosenheim), Petra Hinz (Essen),
Brunhilde Irber, Johannes Jung (Karlsruhe), Hans-Ulrich Klose, Angelika Krüger-
Leißner, Markus Meckel, Dr. Rolf Mützenich, Johannes Pflug, Dr. Hermann Scheer,
Otto Schily, Olaf Scholz, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Uta Zapf, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD

Stärkung des Goethe-Instituts durch neues Konzept

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Zu den Aufgaben des Goethe-Instituts:

Das Goethe-Institut ist eine der wichtigsten Mittlerorganisationen der deutschen
Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Seine weltweite Präsenz mit 144 Ins-
tituten in 80 Ländern, davon 129 im Ausland steht für ein umfangreiches und
wertvolles Kontaktnetz und gibt der deutschen Kultur im Ausland sowohl ein
„Gesicht“ als auch eine Plattform. Das Goethe-Institut vertritt und vermittelt die
Tradition und die Gegenwart der deutschen Kultur in ihren vielfältigen Aspekten
und Fassetten. Die jetzige Infrastruktur des Goethe-Instituts ist das Ergebnis von
über 50 Jahren beharrlicher Aufbauleistung.

Im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen die an Deutschland, seiner Sprache und
seiner Kultur interessierten Menschen. Dieses Interesse zu wecken, zu fördern
und zu befriedigen ist die erste und wichtigste Aufgabe des Goethe-Instituts. So
verbindet das Goethe-Institut Kultur- und Bildungseliten auch anderer Länder
mit Deutschland, so gewinnt es durch die Vermittlung eines positiven Deutsch-
landbildes Ansehen und Vertrauen für Deutschland. Über Sprachkurse,
Bildungskooperationen, Bibliotheken, Kulturprogramme und Sportinitiativen

erreicht das Goethe-Institut jährlich weltweit 13 Millionen Menschen, zusätz-
lich 8 Millionen über seinen Internetauftritt.

Das Goethe-Institut steht aktuell vor Herausforderungen, die sich in ihrer
Bedeutung und in ihrem Umfang mit den Aufgaben vergleichen lassen, die sich
nach dem Ende des Kalten Krieges durch die neuen Möglichkeiten und Erwar-
tungen in Mittel- und Osteuropa stellten: Neue Wachstumsregionen, aber auch

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ideologische und religiöse Herausforderungen fernab von Europa rufen nach
einer stärkeren Präsenz deutscher Kultur und Sprache weltweit. Gleichzeitig
können wir uns – angesichts der Debatte um die Zukunft Europas, angesichts
durchaus vorhandener Spannungen auch innerhalb Europas, ja sogar innerhalb
der EU – einen Abbau dieser Tätigkeiten in unserer europäischen Nachbarschaft
nicht leisten.

Ungeachtet neuer Herausforderungen wurde der Haushalt des Goethe-Instituts
in den letzten Jahren der Haushaltslage angepasst, bei steigenden Personal- und
Sachkosten. Der Finanzkrise des Goethe-Instituts liegen indessen nicht nur diese
Sparmaßnahmen, sondern auch innere Schwierigkeiten zugrunde, die sich unter
anderem in zahlreichen Wechseln innerhalb der Führungsspitze ausdrückten.

Der Deutsche Bundestag verkennt nicht die Verbesserungen in den vergangenen
Jahren. Dazu gehören insbesondere die Fusion mit InterNationes, erste Schritte
auf dem Weg zur Budgetierung, die Verbesserungen bei den Sprachkursen im
Ausland, die Einführung der strategischen Steuerung sowie die zunehmende
Übertragung auch von Leitungsaufgaben an Ortskräfte in den Auslandsinstitu-
ten. Dennoch: Die weitere institutionelle und personelle Neuorganisation des
Goethe-Instituts duldet keinen Aufschub. Durch effizienteren Mitteleinsatz,
strukturelle Verbesserungen und innovative Kooperationsmodelle muss ein
Mehr an Kulturarbeit ermöglicht werden.

Der enge Dialog zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Auswärtigen
Amt über die weitere Fortentwicklung und Stärkung der Auswärtigen Kultur-
und Bildungspolitik, insbesondere des Goethe-Instituts, wird fortgesetzt.

2. Zur zukünftigen Struktur des Goethe-Instituts:

Das Goethe-Institut wird die Entwicklung einer Bürgergesellschaft und einer
europäischen kulturellen Öffentlichkeit unterstützen und sich an der Weiter-
entwicklung einer transatlantischen Wertegemeinschaft beteiligen.

Das Goethe-Institut wird das eigene Profil schärfen, und zwar durch Konzen-
tration auf die im Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt festgeschriebenen
Kernaufgaben:

– die Kenntnis der deutschen Sprache fördern,

– die internationale kulturelle Zusammenarbeit pflegen und

– ein umfassendes, historisch und kulturell breit fundiertes, zeitgemäßes
Deutschlandbild durch Informationen und Veranstaltungen zum kulturellen,
gesellschaftlichen und politischen Leben vermitteln.

Das Goethe-Institut wird seine Präsenz in den Wachstumsregionen Asiens sowie
in der islamisch geprägten Welt des Nahen und Mittleren Ostens stärken und den
Ausbau in Ost- und Südosteuropa konsolidieren, um auch in solchen Regionen
den kulturellen Dialog zu ermöglichen. Trotz dieses neuen Engagements stellen
die Aktivitäten in anderen Regionen der Welt, zu denen es langjährige kulturelle
Verbindungen gibt, vor allem zu den westeuropäischen Staaten, aber auch zu
Ländern in Afrika oder Lateinamerika, eine zentrale Aufgabe dar.

Die Ergebnisse des Reformkonzepts, das neben der Konsolidierung der Finan-
zen vor allem einer internationalen Neuaufstellung des Goethe-Instituts gilt,
sind so schnell wie möglich umzusetzen. Dabei ist auch im internationalen
Bereich auf die Vermeidung von Doppelstrukturen zu achten, wie sie sich etwa
im Verhältnis der Zentrale zu den Regionalverwaltungen ergeben.

Die Goethe-Institute im Inland leisten hervorragende Arbeit bei der Sprach-
vermittlung und der Verbreitung des Deutschlandbildes bei ausländischen

Gästen. Erhalt und Betrieb der Institute im Inland erfolgt ohne Zuschüsse des
Bundes durch eigene Einnahmen des Goethe-Instituts. Die erfolgreiche Arbeit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3502

dieser Institute und deren finanzielle Grundlage müssen auch in Zukunft ge-
sichert sein. Ein Einbrechen der Erfolgsgeschichte des Goethe-Instituts bei der
Auswärtigen Kulturpolitik durch ein Nachlassen der Sprachnachfrage im Inland
sollte bereits strukturell verhindert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– das Goethe-Institut bei den ausstehenden Maßnahmen zur Neuorganisation
zu unterstützen,

– das Goethe-Institut in den kommenden Haushaltsverhandlungen in einer
Weise auszustatten, die es erlaubt, die im Reformkonzept beschriebenen
Ziele zu erreichen und seine in den letzten Jahren gestiegenen und in Zukunft
weiter steigenden Aufgaben im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und
Bildungspolitik wahrzunehmen,

– darauf zu achten, dass die Projektmittel auch weiterhin eine zentrale Säule
der kulturellen Arbeit der Goethe-Institute vor Ort sind,

– das Goethe-Institut zu unterstützen, standortspezifische Möglichkeiten der
Erhöhung von Sprachkurseinnahmen, vertiefte Kontakte mit öffentlichen
und privaten Einrichtungen sowie EU-Fördermittel für die weitere Konsoli-
dierung seines Haushalts zu nutzen,

– in Zusammenarbeit des Goethe-Instituts mit dem Auswärtigen Amt und dem
Bundesministerium der Finanzen ein modernes Management für die Liegen-
schaften zu ermöglichen und damit mehr Flexibilität beispielsweise bei An-
und Vermietungen zu ermöglichen,

– nachdem in Einzelfällen bereits positive Erfahrungen mit der Budgetierung
gemacht wurden, dieses Prinzip ab dem Jahr 2008 auf das Goethe-Institut
weltweit zu übertragen und damit von einer kameralistischen Steuerung des
Haushalts auf eine Steuerung über Ziele, Zielvereinbarungen und den Zielen
zugeordnete Budgets sowie Evaluierungsmechanismen überzugehen,

– in zukünftigen Haushaltsentwürfen darauf zu achten, dass im Sinne des Prin-
zips der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit die einzelnen das Goethe-
Institut betreffenden Haushaltstitel zusammengefasst werden, auch um so
mehr Transparenz im Hinblick auf die Budgetierung zu ermöglichen,

– darauf zu achten, dass nicht durch Einzelzuweisungen das Konzept der Bud-
getierung wieder ausgehöhlt wird,

– neue Präsenzformen zu entwickeln, um Schließungen vermeiden zu können,

– durch die Botschaften vor Ort dafür zu sorgen, dass die Kooperation
zwischen den Mittlerorganisationen und sonstigen Institutionen (Deutsche
Schulen, Deutsche Welle, deutsche Firmen usw.), die sich in der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik im Ausland vor Ort engagieren, verantwortlich
geregelt und verstärkt wird und diese Koordinierung sich als unbedingte
Aufgabe der deutschen Auslandsvertretungen beschreibt,

– hierbei sowohl darauf hinzuwirken, dass die Akteure der deutschen Auswär-
tigen Kultur- und Bildungspolitik noch stärker Vorteile aus Synergieeffekten
ziehen können (bspw. indem das Goethe-Institut für den Sprachunterricht
auch Räumlichkeiten deutscher Auslandsschulen nutzen kann), als auch
durch klare Abgrenzung der Aufgaben Doppelarbeit zu vermeiden,

– zu ermöglichen, dass das Goethe-Institut sich mittels neuer Partnerschaften
finanziell und operativ besser aufstellen kann – etwa mithilfe von Koopera-
tionspartnern aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, staatlichen
und privaten Stiftungen, Verbänden und internationalen Organisationen so-

wie einer engeren Zusammenarbeit mit anderen europäischen Kulturinsti-
tuten,

Drucksache 16/3502 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
– die Anstrengungen des Goethe-Instituts zu unterstützen, das Netzwerk der
Partnerschaften in den Gastländern auszubauen, etwa mit Blick auf
Deutschlehrerverbände, Aus- und Fortbildungseinrichtungen und Museen,

– die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen dem Goethe-Institut und dem Aus-
wärtigen Amt wie im Konzept geplant zu intensivieren und den Deutschen
Bundestag zeitnah und fortlaufend über Ergebnisse dieser Arbeit zu infor-
mieren,

– den personellen Austausch mit dem Auswärtigen Amt – soweit rechtlich
möglich – in beiderlei Richtung zu ermöglichen und – aufbauend auf bis-
herigen Erfahrungen – an Auslandsinstituten bei Standorten, an denen dies
nicht anders möglich ist, in enger Abstimmung mit dem Goethe-Institut die
zeitlich begrenzte Übernahme von Leitungsaufgaben durch Mitarbeiter der
diplomatischen oder konsularischen Auslandsvertretungen vorzusehen,

– darauf hinzuwirken, dass das Angebot von zielgruppenspezifischen Firmen-
sprachkursen für die Mitarbeiter von im Ausland tätigen deutschen und ein-
heimischen Firmen noch ausgebaut wird,

– anzustreben, das Sprachkursangebot durch die Vergabe von Prüfungslizen-
zen an qualifizierte Partnerorganisationen auszudehnen,

– das erfolgreiche Besucherprogramm des Auswärtigen Amts, mit dem in Zu-
sammenarbeit mit dem Goethe-Institut wichtige kulturelle Persönlichkeiten
aus dem Ausland nach Deutschland eingeladen werden, fortzuführen,

– mit diesen Anstrengungen das Goethe-Institut und seine wertvolle interna-
tionale Kulturarbeit im Rahmen einer starken Auswärtigen Kultur- und Bil-
dungspolitik Deutschlands zukunftsgerichtet, wettbewerbsfähig und nach-
haltig zu gestalten.

Berlin, den 21. November 2006

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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