BT-Drucksache 16/3343

Dem Beruf des Rettungsassistenten eine Zukunftsperspektive geben - Das Rettungsassistentengesetz novellieren

Vom 8. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3343
16. Wahlperiode 08. 11. 2006

Antrag
der Abgeordneten Jens Ackermann, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Daniel Bahr
(Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, Dr. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam
Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Gudrun
Kopp, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Dem Beruf des Rettungsassistenten eine Zukunftsperspektive geben –
Das Rettungsassistentengesetz novellieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit 1989 ist das Rettungsassistentengesetz (RettAssG) in Kraft. Es definiert den
Beruf des Rettungsassistenten und regelt die Grundlinien der Ausbildung.

Die geltenden Regelungen zeigen sich im Hinblick auf den heutigen medizinischen
Stand als völlig überholt und mangelhaft. Die „Ständige Konferenz für den Ret-
tungsdienst“ als Informations- und Beratungsgremium aller am Rettungsdienst mit-
wirkenden Verbände, Organisationen und staatlichen Einrichtungen auf Bundes-
ebene prangert die Missstände seit Jahren an und hat sich auf ein Eckpunktepapier
verständigt, welches seit Frühjahr 2005 dem verantwortlichen Bundesministerium
für Gesundheit vorliegt.

Das Berufsbild des Rettungsassistenten ist bislang nur schlecht definiert und die
Berufsbezeichnung missverständlich.

Gravierend ist, dass gemessen an der Bedeutung, die der Versorgung von Notfall-
patienten zukommt, den Rettungskräften eine klar zugewiesene Kompetenz fehlt.
Die derzeitige Rechtslage gibt hier nur unzureichende Vorgaben und zwingt die Ret-
tungskräfte in die Situation, bis zum Eintreffen eines Notarztes bei der Durchfüh-

rung von lebenserhaltenden Maßnahmen in einem rechtsfreien Raum zu agieren. Im
Vordergrund der Überlegungen der Fachkräfte im Einsatz steht dann nicht die Frage,
was dem Notfallpatienten hilft, sondern welche Maßnahmen ihnen erlaubt sind.

Angesichts der Abnahme der Krankenhausdichte, vor allem im ländlichen Raum,
steigt die Notwendigkeit für die Rettungsassistenten die längere Anfahrtszeit der
Notärzte überbrücken zu müssen. Bis dahin müssen die Rettungsassistenten lebens-
erhaltende Maßnahmen durchführen können.

Drucksache 16/3343 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Eine klar definierte Kompetenz der Rettungskräfte muss durch eine angemes-
sene Ausbildung und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden.

Das heutige Ausbildungssystem hat zu mehreren Fehlentwicklungen geführt:
Rettungsassistentenschüler mussten bislang die Kosten ihrer schulischen Aus-
bildung selbst tragen oder werden durch staatliche Hilfe unterstützt. Ein prak-
tisches Anerkennungsjahr wird dann, meist unbezahlt, bei einem Ausbildungs-
träger im Rettungswesen absolviert. Die Ausbildungsinhalte sind zurzeit wenig
handlungsorientiert. Sie verunsichern mit einer Vielzahl von Einschränkungen
und Verboten die Auszubildenden.

Das Berufsbild des Rettungsassistenten ist heute nicht als Heilberuf anerkannt,
trotz seiner Vergleichbarkeit und den theoretischen sowie praktischen Über-
schneidungen mit anderen Heil- und Pflegeberufen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf:

● Die Vorschläge der „Ständigen Konferenz für den Rettungsdienst“ aufzugrei-
fen und das Rettungsassistentengesetz zu novellieren. Eine Novellierung des
RettAssG muss der Schlüssel zum Umdenken in der rettungsdienstlichen
Praxis in Deutschland sein, damit das Rettungsfachpersonal seine beruflichen
und fachlichen Möglichkeiten voll entfalten kann.

● Das Berufsbild des Rettungsassistenten klar zu definieren und damit dem
Beruf des Rettungsassistenten eine Zukunftsperspektive zu geben. In diesem
Zusammenhang soll auch die Berufsbezeichnung neu überdacht werden.

● Den Rettungskräften eine verlässliche Regelkompetenz bei der Erstversor-
gung zu ermöglichen. Dabei muss insbesondere die Frage geklärt werden,
welche Maßnahmen eine patientenorientierte Notfallversorgung garantieren.

● Die Anerkennung des Berufsbildes des Rettungsassistenten als Heilberuf
voranzutreiben. Hier können Synergien in der Ausbildung mit anderen Heil-
berufen entstehen, die langfristig zu Kostenreduktion führen. Aktuelle Richt-
linien der medizinischen Fachgesellschaften sollten dabei in die Ausbil-
dungspläne und Weiterbildungsrichtlinien eingebunden werden.

● Eine klassische Berufsausbildung für Rettungsassistenten zu entwickeln, das
Ausbildungssystem von Grund auf zu reformieren und damit Qualitätssiche-
rung zu ermöglichen. Damit sollen als Ziele einer Rettungsassistentenaus-
bildung erreicht werden, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, eine
Diagnostik der vitalen Funktionen, die erforderlichen lebensrettenden Sofort-
maßnahmen im Rettungsdienst, betreuende Maßnahmen sowie Transporte
durchzuführen, die Transportfähigkeit herzustellen und aufrechtzuerhalten,
ein Monitoring der vitalen Funktionen vorzunehmen und mit der Rettungs-
dienstorganisation und -verwaltung vertraut zu sein.

● Die Berufsausbildung darüber hinaus so zu gestalten, dass der Ausbildungs-
umfang von Rettungsassistenten in Vollzeit drei Jahre beträgt und 4 600 Stun-
den umfasst. Die Ausbildung soll mindestens zur Hälfte praktisch und min-
destens zu einem Drittel theoretisch sein. Gleichwertige Ausbildungen sollen
auf die Ausbildungsdauer insbesondere für Angehörige von Medizinalfach-
berufen anerkannt werden. Regelmäßige Fortbildungen sollen die Qualität
der Ausbildungen aufrechterhalten und den Neuerungen im technischen und
medizinischen Bereich Rechnung tragen.

Berlin, den 8. November 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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