BT-Drucksache 16/2714

Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger im internationalen Zahlungsverkehr

Vom 21. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2714
16. Wahlperiode 21. 09. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Gisela Piltz, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Birgit Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina
Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger im internationalen Zahlungsverkehr

Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 haben US-Behörden auch
Zugriff auf die Daten der „Society of Worldwide Interbank Financial Telecom-
munication“ (SWIFT) erhalten. Über die Agentur mit Sitz im belgischen La
Hulpe tauschen weltweit etwa 8 000 Banken Finanzdaten aus. Auch deutsche
Banken bzw. deren Kunden dürften von der Datenabfrage der US-Behörden
betroffen sein. Die Weitergabe der Daten durch SWIFT steht in krassem Wider-
spruch zu deutschen Datenschutzbestimmungen. Nach Ansicht des Chefs des
Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo
Weichert, sei SWIFT laut Bundesdatenschutzgesetz an Weisungen der Auftrag-
geber bzw. der Banken gebunden (Financial Times Deutschland, 19. Juli 2006).
SWIFT unterliegt der Aufsicht der belgischen Notenbank in Zusammenarbeit
mit den Notenbanken der G10-Länder, die angeblich alle über den amerika-
nischen Datenzugriff informiert waren (Handelsblatt, 19. Juli 2006).

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums hat am 19. Juli 2006 angekündigt,
dass die Bundesregierung die Amerikaner im Rahmen der Gespräche der sieben
führenden Industrieländer (G7) auf das Thema ansprechen wird (DIE WELT,

20. Juli 2006).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Gründe haben die Bundesbank veranlasst, nachdem sie im Juli 2002
erstmalig von der Datenabfrage bei SWIFT durch US-Behörden erfahren hat,
die Bundesregierung nicht zu informieren, und hält die Bundesregierung die-
ses für angemessen?

Drucksache 16/2714 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Welche Gründe haben nach Ansicht der Bundesregierung die US-Behörden
dazu veranlasst, lediglich die Bundesbank und nicht das Bundesministerium
der Finanzen über die Datenabfrage bei SWIFT zu informieren, und hält die
Bundesregierung diese Vorgehensweise für angemessen?

3. Wann hat die Europäische Zentralbank nach Kenntnis der Bundesregierung
erstmalig von dem Zugriff der US-Behörden auf die SWIFT-Daten erfah-
ren?

4. Welche konkreten Ergebnisse konnte die Bundesregierung bei ihren Kon-
sultationen mit den Amerikanern im Rahmen der Gespräche der sieben
führenden Industrieländer (G7) erzielen, und welche Ergebnisse verbinden
sich mit der von der USA zugesagten weiteren Aufklärung zu Übermittlung
und Verwendung der SWIFT-Daten?

5. Hat die Bundesregierung die amerikanische Regierung um Informationen
über Art und Umfang der Daten über deutsche Bürgerinnen und Bürger
sowie Unternehmen, die von SWIFT an amerikanische Behörden weiter-
geleitet wurden, gebeten, und wenn nein, warum nicht?

6. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung gegenüber der ameri-
kanischen Regierung unternommen, um sicherzustellen, dass die Daten
deutscher Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen künftig nicht mehr
abgefragt werden?

7. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die von SWIFT übermittelten
Daten von den US-Behörden zu anderen Zwecken als der Terrorbekämp-
fung genutzt wurden bzw. werden, und auf welchen Informationen beruht
die Auffassung der Bundesregierung?

8. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die seitens der Finanzdaten-
agentur SWIFT an US-Behörden übermittelten Daten zu Zwecken der Wirt-
schaftsspionage genutzt wurden, und wie begründet die Bundesregierung
ihre diesbezügliche Auffassung?

9. Inwieweit steht nach Ansicht der Bundesregierung die Datenweitergabe
durch SWIFT in Widerspruch zu deutschen bzw. europäischen Daten-
schutzbestimmungen?

10. Welche rechtlichen Befugnisse bestehen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung seitens der amerikanischen Behörden, Finanzdaten bei SWIFT abzu-
fragen?

11. Welche Initiativen hat die Bundesregierung gegenüber den amerikanischen
Behörden, den deutschen Banken und SWIFT unternommen, um künftig
den Datenschutz der deutschen Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten?

12. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen um sicherzustellen,
dass betroffene Bürgerinnen und Bürger bzw. Unternehmen über Art und
Umfang der von ihnen an die US-Behörden übermittelten Daten informiert
werden?

13. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um künftig zu ver-
hindern, dass deutsche Datenschutzbestimmungen durch die Zusammen-
arbeit deutscher mit internationalen Unternehmen umgangen werden kön-
nen?

14. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung weiter Finanzdaten über
SWIFT an US-Behörden weitergeleitet, und welche Schritte hat die Bundes-
regierung bislang unternommen, um dieses zu verhindern bzw. einen sofor-
tigen Stopp des Datentransfers zu erreichen?
15. Wann wurden bzw. wann werden die Datenabfragen amerikanischer Behör-
den bei SWIFT beendet?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2714

16. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über Art und Umfang der
von SWIFT an die US-Behörden übermittelten Finanzdaten deutscher Bür-
gerinnen und Bürger bzw. Unternehmen vor?

17. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen um sicherzustellen,
dass die Verträge deutscher Banken mit SWIFT deutschen Datenschutz-
bestimmungen Rechnung tragen?

18. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von amerikanischen Behörden
auch von anderen deutschen bzw. europäischen Stellen Daten über deutsche
Bürgerinnen und Bürger bzw. Unternehmen angefordert, und um welche
Stellen hat es sich dabei jeweils gehandelt, und welche Daten wurden dabei
übermittelt?

19. Welche Initiativen hat die Bundesregierung unternommen, um die Ent-
schließung des europäischen Parlaments (Bundesratsdrucksache 601/06)
umzusetzen, insbesondere den Punkt D 8, in welchem die Mitgliedstaaten
aufgefordert werden zu überprüfen und sicherzustellen, dass auf nationaler
Ebene kein Rechtsvakuum besteht und dass die gemeinschaftlichen Rechts-
vorschriften über den Datenschutz auch auf die Zentralbanken Anwendung
finden?

20. Hat die Bundesregierung eine entsprechende Überprüfung vorgenommen,
und wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 21. September 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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