BT-Drucksache 16/2526

Steuerbürokratie in Deutschland

Vom 5. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2526
16. Wahlperiode 05. 09. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde,
Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Steuerbürokratie in Deutschland

Der Bundesrechnungshof hat in seinem Gutachten vom 3. August 2006 festge-
stellt, dass ein Großteil der Steuererklärungen in den Finanzämtern nicht mehr
ordnungsgemäß geprüft werden kann. Die Steuergerechtigkeit sei damit nicht
mehr gewährleistet. Laut Bundesrechnungshof erschwere eine komplizierte
und sich ständig ändernde Steuergesetzgebung erheblich die Arbeit der Finanz-
ämter. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass es der Finanzverwaltung nicht
mehr möglich sei, sich einen Überblick über die geltende Rechtslage in den je-
weiligen Veranlagungsjahren zu verschaffen. Die umfangreichen und unver-
ständlichen Regelungen führten dazu, dass viele Steuerfragen auf dem Rechts-
weg entschieden werden müssen. Die Gerichtsurteile müssten wiederum von
der Verwaltung berücksichtigt und umgesetzt werden, was die Arbeit in den
Finanzämtern weiter erschwere.

Der Bericht des Bundesrechungshofes zeigt deutlich, dass die Steuergesetzge-
bung in ihrer bisherigen Form den Ansprüchen an ein modernes, einfaches und
gerechtes Steuersystem nicht mehr gerecht wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Bundesrechnungs-

hofes, dass ein Großteil der Steuererklärungen nicht mehr ordnungsgemäß
geprüft werden kann?

2. Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass bei der Bearbeitung
der Steuererklärungen quantitative Ziele eine größere Rolle spielen als qua-
litative Maßstäbe?

Drucksache 16/2526 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Bundesrechnungs-
hofes, dass veranlagungsbegleitende und -fremde Tätigkeiten zunehmen
und so für die eigentliche Veranlagungsarbeit immer weniger Zeit bleibt?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesrechnungshofes, dass
die ständig geänderte und daher komplizierte Steuergesetzgebung die
Arbeit in den Veranlagungsstellen erheblich erschwert?

5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die infolge der ständig
geänderten Steuergesetzgebung herausgegebenen Verwaltungsanweisungen
die Arbeit in den Finanzämtern ebenfalls erschweren?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass komplizierte steuerrecht-
liche Regelungen, die zudem häufig auch kurzfristig geändert werden, zu
Fehlern bei der Rechtsanwendung und daher zu vermehrten Einspruchs-
verfahren führen?

7. Welche Vorschriften des Einkommensteuer-, des Körperschaftsteuer- und
des Umsatzsteuergesetzes wurden seit Beginn der 15. Legislaturperiode
– gegebenenfalls mehrfach – geändert?

8. Wie viele Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wurden seit Be-
ginn der 15. Legislaturperiode herausgegeben?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik des Bundesrechnungshofes
und der Rechnungshöfe mehrerer Länder, dass insbesondere unter dem
Druck zeitgerechter Mengenbewältigung die Steuern unvollständig und
ungleich festgesetzt werden?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der gesetzmäßige und
gleichmäßige Vollzug der Steuergesetze nicht mehr gewährleistet ist?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Effizienz der deutschen Steuerver-
waltung im europäischen Vergleich?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des Bundesrechnungs-
hofes, das Steuerrecht durchgreifend zu vereinfachen, weil die Steuerver-
waltung nicht mehr in der Lage ist, die Vielzahl der äußerst komplizierten
Regelungen entsprechend dem Willen des Gesetzgebers umzusetzen?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des Bundesrechnungs-
hofes, die Einführung eines vollelektronischen Veranlagungsverfahrens
auf der Basis bundesweit kompatibler Steuersoftware einzuführen?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die vom Bundesrechnungshof bei der
Verwaltung der Gemeinschaftssteuern festgestellten Mängel, die überwie-
gend im föderalen Steuersystem begründet liegen sollen?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einrichtung einer Bundessteuerver-
waltung durch Übertragung der Verwaltungskompetenz bei den Gemein-
schaftssteuern von den Ländern auf den Bund?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung als Alternative zu einer Bundessteuer-
verwaltung die effektivere Ausnutzung des Weisungsrechts des Bundes bei
der Auftragsverwaltung der Länder (Artikel 85 Abs. 3 GG)?

17. Welche weiteren Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuerrechts im Sinne
des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD plant die Bundes-
regierung?

Berlin, den 5. September 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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