BT-Drucksache 16/2511

Steuerumgehung und -hinterziehung deutscher Unternehmen

Vom 5. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2511
16. Wahlperiode 05. 09. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, Ulla Lötzer,
Sabine Zimmermann, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Steuerumgehung und -hinterziehung deutscher Unternehmen

Laut einer im Bundesministerium der Finanzen existierenden Vorlage schleu-
sen deutsche Unternehmen jährlich Gewinne in Höhe von 65 Mrd. Euro am
Fiskus vorbei. Grundlage dieser Aussage ist – laut Pressemitteilungen – eine
Gegenüberstellung der erwirtschaften und der steuerlich erfassten Unterneh-
mensgewinne, nach der Experten des Bundesministeriums erhebliche Abwei-
chungen feststellten. Hinweise darauf, dass insbesondere internationale Unter-
nehmen Spielräume zur Steuerminimierung bzw. -umgehung nutzen, geben
bereits seit längerem Berechnungen der so genannten faktischen Steuerlast von
Unternehmen. Bei dem Vergleich von Bilanzgewinnen großer Kapitalgesell-
schaften und gezahlten Steuern liegt der daraus ermittelte Steuersatz (impliziter
Steuersatz) zum Teil weit unter dem gesetzlichen Körperschaftsteuersatz.
Konkrete Beispiele internationaler Konzerne belegen darüber hinaus derartige
Untersuchungen: So zahlt – laut Presseberichten – der Autobauer Daimler-
Chrysler trotz einem für 2006 erwarteten operativen Gewinn von 6 Mrd. Euro
(vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen) – wie im Jahr 2005 – keine Steuern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch waren die erwirtschafteten Gewinne der deutschen Kapitalgesell-
schaften jeweils vor und nach Steuern in den einzelnen Jahren von 1998 bis
2005 (bitte getrennt nach DAX-gelisteten und übrigen Kapitalgesellschaften
angeben)?

2. Wie hoch waren die steuerlich erfassten Gewinne der deutschen Kapitalge-
sellschaften in den einzelnen Jahren von 1998 bis 2005 (bitte getrennt nach
DAX-gelisteten und übrigen Kapitalgesellschaften angeben)?

3. In welcher Höhe beziffert die Bundesregierung die Abweichungen zwischen
erwirtschafteten und steuerlich erfassten Gewinnen, die aus z. B. intertem-
porären Verlustverrechnungen, Erstattungen aus Kapitalertragssteuern u. Ä.
resultieren, in den einzelnen Jahren von 1998 bis 2005 bzw. im jährlichen
Durchschnitt?

4. In welcher Höhe beziffert die Bundesregierung die über die in Frage 3 ge-

nannten hinausgehenden Abweichungen zwischen erwirtschafteten und
steuerlich erfassten Gewinnen in den einzelnen Jahren von 1998 bis 2005
bzw. im jährlichen Durchschnitt?

5. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass es sich bei den in Frage 4 definier-
ten Abweichungen um unversteuerte Unternehmensgewinne handelt (bitte
mit Begründung)?

Drucksache 16/2511 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
6. Auf welche konkreten steuerlichen Tatbestände bzw. Gestaltungsmöglich-
keiten im Ertragssteuerbereich führt die Bundesregierung die in Frage 4
genannten Abweichungen zurück, und wie hoch ist nach Schätzung der
Bundesregierung das Volumen des Steuerausfalls bezogen auf die genannten
Einzeltatbestände bzw. Gestaltungsmöglichkeiten?

7. Welche konkreten steuerrechtlichen Maßnahmen, z. B. Abschaffung bzw. Ein-
schränkung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, hält die Bundesregierung
für notwendig, um die in der zitierten Vorlage des Bundesministeriums der
Finanzen definierten Diskrepanzen zwischen erwirtschafteten und steuerlich
erfassten Unternehmensgewinnen deutscher Kapitalgesellschaften abzubauen,
und welche Steuermehreinnahmen würden sich daraus ergeben?

Berlin, den 4. September 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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