BT-Drucksache 16/242

Klimaschutz-Offensive 2006

Vom 14. Dezember 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/242
16. Wahlperiode 14. 12. 2005

Antrag
der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Klimaschutz-Offensive 2006

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Klimaschutz ist eine der Kernaufgaben einer generationengerechten Politik.
Nur wenn wir heute handeln, werden nachfolgende Generationen akzeptable Le-
bensräume vorfinden. Klimaschutz ist aber auch eine wirtschaftspolitisch sinn-
volle Investition, da bei zunehmender Erderwärmung mit einer Zunahme von
extremen Wetterereignissen und damit von erheblichen volkswirtschaftlichen
Schäden zu rechnen ist. Das seit 1996 von der Europäischen Union vertretene
Ziel, den von Menschen zu verantwortenden Temperaturanstieg auf zwei Grad
zu begrenzen, bleibt daher sinnvoll. Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen
die Klimaschutz-Anstrengungen intensiviert werden. Dabei ist klar, dass das
Ziel nur durch global koordiniertes Handeln erreicht werden kann. Klimarele-
vante Gase wie z. B. CO2 und Methan tragen zur globalen Erwärmung bei,
gleich an welcher Stelle der Erde sie emittiert werden.

Mit Blick auf die Zukunft des Kyotoprotokolls und die Zeit internationaler Kli-
mapolitik nach 2012 ist von entscheidender Bedeutung, dass der mit dem Kyoto-
protokoll begonnene Prozess auf internationaler Ebene in Gang gehalten wird
und dass weitere Länder, insbesondere auch die USA dazu bewogen werden,
einem neuen globalen Abkommen beizutreten. Das Kyotoprotokoll ist kein
Gegensatz zu der von den USA propagierten Technologieförderung, sondern ein
marktwirtschaftliches Instrument, um diese Technologieförderung zu initiieren

und zugleich zu verhindern, dass einzelne Staaten als Trittbrettfahrer ohne eige-
nen Beitrag Nutzen aus den Entwicklungen ziehen.

Um für alle Staaten dieser Welt attraktiv zu werden, muss das Kyotoprotokoll
wirtschaftlich leistungsfähig sein. Dies kann nur gelingen, wenn sichergestellt
ist, dass für jeden eingesetzten Euro soviel Klimaschutz wie möglich erwirt-
schaftet wird. Dazu müssen die Kyotoinstrumente (Emissionshandel, gemein-

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same Implementierung/JI, Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung/
CDM, Nutzung von Kohlenstoff-Senken) ihre Kräfte voll entfalten können. In
diesem Sinne bedarf es im Rahmen einer Klimaschutz-Offensive 2006 ent-
schlossener Aktivitäten auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

a) den Kyotoprozess auf internationaler und europäischer Ebene voranzubrin-
gen, indem sie

– einen Vorschlag aufgreift und in weitere Verhandlungen einbringt, dass
eine Nutzung der flexiblen Kyotoinstrumente künftig Teilnehmern auf
der sub-nationalen Ebene auch dann ermöglicht werden soll, wenn die
nationale Regierung sich noch nicht entschlossen hat, dem Kyotoproto-
koll beizutreten. Dies war von kanadischer Seite im Vorfeld der elften
Konferenz der Vertragsparteien (COP 11) in Montreal angeregt worden
und könnte beispielsweise einzelnen Bundesstaaten der USA eine früh-
zeitige Teilnahme am Emissionshandel ermöglichen, den Kyotoprozess
dynamisieren und die internationale Kyotogemeinschaft rasch erweitern;

– darauf hinwirkt, unverzüglich alle Kyotomechanismen im Rahmen der
nationalen, europäischen und internationalen Klimapolitik zu nutzen und
im Sinne einer weiteren Kostensenkung weiterzuentwickeln. Unter die-
sem Ziel müssen insbesondere

(1) der Mechanismus der gemeinsamen Implementierung im Sinne einer
Öffnung für nationale Projekte weiterentwickelt werden (siehe Antrag der
Fraktion der FDP „Mehr Klimaschutz zu geringeren Kosten durch natio-
nale Projekte ermöglichen“, Bundestagsdrucksache 15/4948 vom 23. Fe-
bruar 2005). So könnte auch innerhalb eines Staates der Klimaschutz
effizienter und kostengünstiger werden, wenn etwa deutsche Industrie-
unternehmen Einsparziele im deutschen Gebäudesektor erbringen können;

(2) unverzüglich die ökonomischen Chancen genutzt werden, die ein
moderner Klimaschutz im Rahmen des Mechanismus für umweltverträg-
liche Entwicklung (CDM) sowohl für die Entwicklungs- und Schwellen-
länder als auch für deutsche Unternehmen bietet. Hierzu müssen auf dem
Weg bilateraler Zusammenarbeit unverzüglich Initiativen zur Umsetzung
von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern ergriffen werden
(siehe Antrag der Fraktion der FDP „Kyotomechanismen für die interna-
tionale Klimapolitik Deutschlands nutzen“, Bundestagsdrucksache 14/
7073 vom 10. Oktober 2001). Das kürzlich unterzeichnete Abkommen
mit Mexiko ist hierbei ein erster Schritt;

(3) der europäische Handel mit Zertifikaten analog zum internationalen
Handel so weiterentwickelt werden, dass die Nutzung von Waldsenken-
projekten für die betroffenen Unternehmen möglich wird (siehe Antrag
der Fraktion der FDP „Biologische Kohlenstoffsenken für den Klima-
schutz nutzen“, Bundestagsdrucksache 15/4665 vom 10. Januar 2005).
Sinnvoll ist auch die Einbeziehung von Projekten der CO2-Abscheidung
und -Einlagerung in geeigneten unterirdischen Lagerstätten;

– auf eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung des Exekutivaus-
schusses hinwirkt, der beim Klimasekretariat der Vereinten Nationen an-
gesiedelt ist und alle projektbasierten Maßnahmen zu prüfen hat, sowie
Initiativen ergreift, dass die allgemeine Funktionalität des CDM verbes-
sert und dafür gesorgt wird, dass die betreffenden Projekte leichter und
mit vermindertem bürokratischem Aufwand in Angriff genommen und
realisiert werden können;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/242

– mit Blick auf die Zeit nach 2012 auf europäischer Ebene dafür eintritt,
dass die CO2-Emissionen der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 um
30 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert werden und dabei auf eine
faire Lastenverteilung zwischen den EU-Partnern geachtet wird;

– darauf hinwirkt, dass neben Kohlendioxid auch die anderen Klimagase,
die im Kyotoprotokoll aufgeführt sind, so schnell wie möglich in den
Emissionshandel einbezogen werden. Damit werden die für den Klima-
schutz erbrachten Vorleistungen entsprechend berücksichtigt und die Vor-
teile des Emissionshandels umfassend genutzt;

– darauf hinwirkt, dass unverzüglich und konkret geprüft wird, inwieweit
und auf welche Weise der Luftverkehr sowie darüber hinaus der gesamte
Verkehrssektor und die Wärmegewinnung für Gebäude in den Emissions-
handel einbezogen werden können;

b) den Kyotoprozess auf nationaler Ebene voranzubringen, indem sie

– durch konkrete Maßnahmen darauf hinwirkt, dass Deutschland als High-
Tech-Standort seine Kräfte darauf konzentriert, energiewirtschaftliche
Technologieführerschaft zu entwickeln und auszubauen. Hier geht es vor-
dringlich um eine Steigerung der Energieeffizienz, um Techniken klima-
neutraler Energiegewinnung sowie um modernste Abscheide- und Einla-
gerungstechniken für Treibhausgase;

– durch konkrete Maßnahmen darauf hinwirkt, dass die Brennstoffzellen-
und Wasserstofftechnologie weiterentwickelt und der Aufbau einer geeig-
neten Versorgungsinfrastruktur für Wasserstoff vorangetrieben wird, um
den erneuerbaren Energien über Kraftstoffe aus Biomasse hinaus auch im
Verkehrssektor eine langfristige, wirtschaftlich tragfähige Perspektive zu
geben;

– das bisher ungenutzte Potenzial der Energieeinsparung in Gebäuden und
der Wärmegewinnung im Rahmen eines konsistenten energie- und klima-
politischen Gesamtkonzepts erschließt und in diesem Sinne eine drastische
Verringerung der durch Wärmegewinnung verursachten CO2-Emissionen
erreicht (siehe dazu Anträge der Fraktion der FDP „Wärmebereich für
den Klimaschutz erschließen – Erneuerbare Energien marktwirtschaftlich
einbeziehen“, Bundestagsdrucksache 15/5731 vom 15. Juni 2005 und
„Fortsetzung des Kyotoprozesses – Stand und Perspektiven“, Bundes-
tagsdrucksache 15/5871 vom 29. Juni 2005).

Berlin, den 13. Dezember 2005

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Antrag
Klimaschutz-Offensive 2006

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