BT-Drucksache 16/2147

Seeüberwachung

Vom 29. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2147
16. Wahlperiode 29. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Birgit Homburger, Angelika
Brunkhorst, Dr. Claudia Winterstein, Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth),
Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Seeüberwachung

Die Überwachung der Meere und die Aufdeckung illegaler und unfallbedingter
Einleitungen von Öl und zunehmend auch von Chemikalien gewinnen ständig
an Bedeutung. Der Kostendruck auf die internationale Schifffahrt hat dazu ge-
führt, dass noch immer auf See illegal Öl- und Chemikalienrückstände aus dem
Schiffsbetrieb und auch aus Ladungsresten „entsorgt“ werden. Viele Tausend
Tonnen illegale Öleinleitungen von Schiffen und Ölplattformen verschmutzen
die Gewässer der Nord- und Ostsee.

Im Jahre 1986 ist ein von Bund und Küstenländern gemeinsam finanziertes
Überwachungssystem mit der Inbetriebnahme von zwei Flugzeugen des Typs
Dornier 28 eingerichtet worden. Inzwischen wird die Luftüberwachung von
zwei Maschinen des Typs Dornier 228 durchgeführt. Der Betrieb und die Unter-
haltung der Flugzeuge werden vom 3. Marinefliegergeschwader „Graf Zeppe-
lin“ in Nordholz durchgeführt.

In einem Interessenbekundungsverfahren hat die Bundesregierung 2004 prüfen
lassen, ob eine private Vergabe nicht kostengünstiger erfolgen könne.

Der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht 2002 (Bundestagsdruck-
sache 15/60) darüber hinaus festgestellt, dass die Seeüberwachung an das Bun-

desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu übertragen sei.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:

1. Erfüllen die Flugzeuge des Typs Dornier 228 LM vom 3. Marinefliegerge-
schwader, die zur Seeüberwachung von Ölverschmutzungen eingesetzt wer-
den, weitere hoheitliche Aufgaben, und wenn ja welche?

Drucksache 16/2147 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Über welche anderen Typen von Dornier 228 verfügt das 3. Marineflieger-
geschwader, und welchen Zweck erfüllen sie?

3. Wie flächendeckend und mit welchem periodischen Abstand wird die See-
raumüberwachung von der Marine durchgeführt?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung aus Sicht des Meeresumweltschutzes die
Häufigkeit und Überwachungsdichte der in der Vergangenheit durchgeführ-
ten Flüge?

5. Welche Kosten fallen für die Seeüberwachung durch das 3. Marineflieger-
geschwader für Beschaffungsrückstellungen, Betrieb und Unterhalt an?

6. Welche Mittel wurden zur Entwicklung und Anschaffung für die zur Über-
wachung verwendete Technik aufgewendet?

7. Wieweit handelt es sich bei der verwendeten Überwachungstechnik in den
eingesetzten Flugzeugen um Einzelanfertigungen, und welche Technik set-
zen demgegenüber unsere europäischen Nachbarn zur Seeüberwachung
ein?

8. Werden die Kosten der Seeraumüberwachung nach den jeweils gültigen Er-
stattungskostensätzen für Hilfeleistungen der Bundeswehr im Frieden als
Durchführung fremder Aufgaben einer anderen Behörde in Rechnung
gestellt, und werden der Marine die Kosten der Seeraumüberwachung
erstattet?

9. Wenn die Kosten erstattet werden, von wem und wo werden diese verbucht,
und wenn sie nicht erstattet werden, warum nicht, wo es sich doch nicht um
eine marinespezifische Aufgabe handelt?

10. Sind die Verhandlungen der Staatssekretäre des BMVg und des BMVBS
über den Einsatz der DO-229 LM, der 2002 noch andauerte (Bundestags-
drucksache 15/60, S. 211), inzwischen zu einem Abschluss gekommen, und
wenn ja, mit welchem Ergebnis?

11. Wann wurde ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt, um einen
privaten Markt für die Durchführung dieser Aufgabe zu klären, und wie
viele Firmen beteiligten sich an diesem Interessenbekundungsverfahren?

12. Wer hat das Interessenbekundungsverfahren mit welchem Ergebnis ausge-
wertet?

13. Warum sind die DO-228 LM mit einem FLIR (Lasersystem für Flüge bei
Tag und Nacht) zum Feststellen von Verschmutzungen und zur Beweis-
sicherung ausgestattet, obwohl es das Bonn Agreement Aerial Surveillance
Handbook nicht als notwendige Ausrüstung vorschreibt und unsere Nach-
barn wie Norwegen, die Niederlande, Großbritannien und Frankreich es
nicht einsetzen, und mit welchen Kosten war diese Ausstattung verbunden?

14. Hat die Bundesregierung prüfen lassen, welche anderen technischen Mög-
lichkeiten der Seeüberwachung als bemannte Flugzeuge es gibt, und welche
Effizienz diese anderen Möglichkeiten bei Erreichung der Ziele Vermei-
dung und Ahndung von illegalen Öleinleitungen aufweisen könnten, wenn
nein, warum nicht?

15. Mit welchen technischen Mitteln führen, nach Kenntnis der Bundesregie-
rung, unsere europäischen Nachbarn die Seeüberwachung durch, und gibt es
andere europäische Staaten, die diese Aufgabe mit militärischen Luftfahr-
zeugen durchführen?

16. Trifft die Meldung des Weser-Kuriers vom 23. März 2006 zu, wonach ein
Vertreter des Havariekommandos erklärt hat, dass das günstigste private

Angebot bei der Hälfte der Leistung zum doppelten Preis gelegen habe, im
Vergleich zu der Seeüberwachung durch das 3. Marinefliegergeschwader?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2147

17. Wie hoch ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung die jährliche Menge,
aufgeschlüsselt für die letzten 10 Jahre, an illegalen Öleinleitungen in Nord-
und Ostsee durch die Schifffahrt und durch Ölplattformen im Über-
wachungsgebiet der Bundesrepublik Deutschland?

18. Welche Verschmutzungen durch Öl und Chemikalien gehen im Verhältnis
zu den Einleitungen durch die Schifffahrt und von Ölplattformen auf Direkt-
einleitungen küstennaher Industrien und auf die Frachten der Flüsse zurück?

19. Wie ist die Entwicklung der Flugstunden in den letzten 10 Jahren zur See-
überwachung von Ölverschmutzungen?

20. Wie häufig haben die Überwachungsflüge in den letzten 10 Jahren eine Öl-
verschmutzung feststellen können, und wie werden die Daten aufbereitet?

21. Wie weit sind die Ergebnisse der Seeüberwachung gerichtsrelevant, und wie
viele Verurteilungen wurden in den letzten 10 Jahren erreicht?

22. Welche Umweltkosten (Verschlechterung und Verlust natürlicher Funktio-
nen und biologischer Vielfalt) werden nach Einschätzung der Bundesregie-
rung durch die Verschmutzung der Meere durch illegale Einleitungen verur-
sacht, und in welchem Verhältnis stehen diese zu den Kosten der Seeraum-
überwachung?

23. Trifft es zu, dass die Seeüberwachung in erster Linie der Abschreckung
dient, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
daraus?

24. Wäre es möglich, mit einer so genannten OSB-Boje eine bessere Beweis-
sicherung bei Ölverschmutzungen durchzuführen und besser zu gerichts-
relevanten Daten zu gelangen, und wenn ja, warum wird diese OSB-Technik
nicht verwendet?

25. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in den letzten 10 Jahren er-
griffen, um die Ahndung von illegalen Öleinleitungen zu verbessern?

26. Wie viele Ausfallstunden sind in den letzten 5 Jahren bei der Seeüber-
wachung durch die Marine angefallen?

27. Wer nimmt bislang zu welchen Kosten die Ausfallstunden der Marine wahr?

28. Wie viele Ausfallstunden hat die Marine in den letzten 5 Jahren für unsere
Nachbarn geflogen?

29. Hat die Bundesregierung die Absicht, die Ausfallstunden der Marine durch
Private wahrnehmen zu lassen, und wenn ja, um welchen Umfang an Flug-
stunden und Mitteln handelt es sich, und soll die Vergabe durch Ausschrei-
bung erfolgen?

30. Wie wirkt sich die internationale Zusammenarbeit im Rahmen des Bonn
Agreement Aerial Surveillance auf den täglichen Einsatz aus?

31. Gibt es eine Abstimmung, insbesondere auch der Einsatzpläne im Rahmen
der Trilateralen Wattenmeerkooperation, mit den Niederlanden und Däne-
mark im Alltagsgeschäft?

32. Gibt es einen Erfahrungsaustausch mit den europäischen Staaten, und wie
sieht der praktisch aus?

33. Welche Initiativen zur Seeüberwachung von Privaten bzw. Vereinen und
Verbänden sind der Bundesregierung bekannt?

34. Gibt es eine Kooperation zwischen privater und öffentlicher Seeüber-
wachung, und wenn ja, wie sieht diese aus, und wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/2147 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
35. Wird der Einsatzplan der Flugüberwachung mit den anderen fliegenden
Einsatzkräften des Koordinierungsverbundes „Deutsche Küstenwache“ zur
Vermeidung von Doppeleinsätzen abgestimmt?

Berlin, den 27. Juni 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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