BT-Drucksache 16/1910

Nutzung der Schachtanlage KONRAD (Salzgitter) als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle

Vom 20. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1910
16. Wahlperiode 20. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Birgit Homburger, Michael Kauch, Horst
Meierhofer, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela
Piltz, Jörg Rohde, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Nutzung der Schachtanlage KONRAD (Salzgitter) als Endlager für schwach- und
mittelradioaktive Abfälle

In den am 28. Februar sowie am 1. und 2. März 2006 verhandelten Verwaltungs-
streitverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss Konrad vom 22. Mai 2002
und der gleichzeitig erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse hat der 7. Senat des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts am 8. März 2006 die Klagen der
Gemeinde Lengede, der Stadt Salzgitter und der Gemeinde Vechelde als unzu-
lässig und die Klage der Landwirte Traube als unbegründet abgewiesen und die
Revision gegen die Urteile nicht zugelassen.

Bei der Schachtanlage Konrad handelt es sich um ein ehemaliges Eisenerzberg-
werk. Die Eisenerzförderung begann 1965 und wurde 1976 aus wirtschaftlichen
Gründen eingestellt. Bereits 1975 begann die Gesellschaft für Strahlen- und
Umweltforschung mbH (GSF) im Auftrag des Bundes, erste Untersuchungen
hinsichtlich der Eignung der Grube für die Endlagerung von nicht wärme-
entwickelnden radioaktiven Abfällen durchzuführen. Nach Abschluss dieser
vorlaufenden Eignungsuntersuchungen 1982 hat dann die Physikalisch-Techni-
sche Bundesanstalt (PTB), die damals verantwortliche Bundesbehörde und Vor-
gängerin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), den Antrag auf Einleitung
des Planfeststellungsverfahrens gestellt. Nach Einleitung des Planfeststellungs-
verfahrens hat die PTB ein Standorterkundungsprogramm zum Sicherheitsnach-
weis und zur Ergänzung des Plans durchgeführt. Im Rahmen des Planfeststel-

lungsverfahrens kam es u. a. in den Jahren 1992/1993 zu einem 75 Tage
dauernden öffentlichen Anhörungsverfahren.

Mit dem Urteil vom 8. März 2006 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG)
Lüneburg den vom Niedersächsischen Umweltministerium erlassenen Planfest-
stellungsbeschluss zur Errichtung und zum Betrieb des Endlagers Konrad in
allen Punkten bestätigt. Das OVG Lüneburg hat sich insbesondere umfassend
mit den sicherheitstechnischen Bedenken gegen das Projekt auseinandergesetzt

Drucksache 16/1910 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb des Endlagers Konrad in je-
der Hinsicht sicherheitstechnisch verantwortbar sind. Damit kann dieses Projekt
realisiert werden.

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar
Gabriel, hat nun in seiner im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung durch
das OVG Lüneburg am 8. März 2006 veröffentlichten Presseerklärung darauf
hingewiesen, dass die erwarteten Abfallmengen für die Schachtanlage Konrad
nur bei etwa 150 000 m3 bis 200 000 m3 liegen werden und daher die Wirtschaft-
lichkeitsberechnungen für die Anlage überprüft werden müssten. Diese Progno-
se vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar
Gabriel, steht im Widerspruch zu den Antworten der Bundesregierung im Jahre
2005 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion „Vorstellungen der
Bundesregierung zur Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle“ (Bun-
destagsdrucksache 15/4729).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat es 2006 wesentliche Veränderungen im Abfallaufkommen der einzelnen
Abfallverursacher gegenüber den 2005 von der Bundesregierung (vgl. Bun-
destagsdrucksache 15/4729) zugrunde gelegten Angaben gegeben, und wenn
ja, welche?

2. Wurden vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit, Sigmar Gabriel, in seiner Prognose die bereits Ende 2000 vorhandenen
ca. 70 000 m3 konditionierte Abfälle (vgl. Bundestagsdrucksache 15/4729)
berücksichtigt?

3. Welche konkreten Annahmen liegen der von Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, genannten Abfall-
mengenprognose (s. o.) zugrunde und wie bewerten andere Ressorts, ins-
besondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Einschät-
zung des Bundesministers?

4. Ist die vom Bundesminister gemachte Abfallprognose in die Ermittlung des
zur verursachergerechten Abrechnung des notwendigen Aufwandes gemäß
der Endlagervorausleistungsverordnung erforderlichen Verteilungsschlüssels
eingegangen, und wenn ja, in welcher Form?

5. Wenn nein, ist es beabsichtigt, die oben genannte Prognose in die zurzeit
gemäß der gesetzlichen Vorgabe vom BfS und vom BMU eingeleitete Über-
prüfung des Verteilungsschlüssels einfließen zu lassen?

6. Wurden die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Schachtanlage Konrad
zwischenzeitlich auf der Grundlage der vom Bundesminister getroffenen Ab-
fallprognosen überprüft, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

7. Wenn nein, aus welchem Grund wurden die Wirtschaftlichkeitsberechnungen
nicht überprüft?

8. Teilt die Bundesregierung die vom Bundesminister in seiner Presseerklärung
geäußerte Auffassung, dass eine Umsetzung des Planfeststellungsbeschlus-
ses Konrad erst nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, zu
vertreten sei?

9. Handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung bei den Kosten für die
Offenhaltung der Schachtanlage Konrad (etwa 25 Mio. Euro jährlich), die
nach Rechtskraft des Urteils des OVG Lüneburg anfallen werden, um not-
wendigen Aufwand gemäß der Endlagervorausleistungsverordnung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1910

10. Wenn nein, gibt es Vereinbarungen mit den Abfallverursachern, die eine Re-
finanzierung der Offenhaltungskosten beinhalten?

11. Wie hoch ist der Anteil radioaktiven Abfalls aus Forschungseinrichtungen
des Bundes, für die Schacht Konrad als Endlagerstätte in Frage kommt, und
hat der Bund als Abfallverursacher Aussagen zu seiner Beteiligung an den
Offenhaltungskosten getroffen und ggf. in welcher Höhe?

12. Ist es vor dem Hintergrund des klaren und eindeutigen Urteils des OVG
Lüneburg vorgesehen, noch im laufenden Haushaltsjahr oder zumindest für
das nächste Jahr Haushaltsmittel für die Vorbereitungen für die Umrüstung
der Schachtanlage Konrad zur Verfügung zu stellen, um dann nach Eintreten
der Rechtskraft des Urteils so schnell und damit so kostengünstig wie mög-
lich die Umrüstung vornehmen zu können?

13. Wenn nein, warum werden keine Mittel zur Verfügung gestellt?

14. Wie viel Zeit wird nach Einschätzung der Bundesregierung insgesamt für
die Umrüstung der Schachtanlage Konrad zum Endlager benötigt (aufge-
schlüsselt in den Zeitbedarf für die vorbereitende Planung und für die
eigentliche Bauausführung)?

15. Wann ist demnach frühestens mit der Inbetriebnahme des Endlagers
Schacht Konrad zu rechnen?

Berlin, den 19. Juni 2006

Angelika Brunkhorst
Birgit Homburger
Michael Kauch
Horst Meierhofer
Dr. Karl Addicks
Christian Ahrendt
Daniel Bahr (Münster)
Uwe Barth
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Edmund Peter Geisen
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Elke Hoff
Hellmut Königshaus

Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Michael Link (Heilbronn)
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Martin Zeil
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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