BT-Drucksache 16/1897

Steuerformular für nicht buchführungspflichtige Unternehmer

Vom 20. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1897
16. Wahlperiode 20. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Volker Wissing, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Steuerformular für nicht buchführungspflichtige Unternehmer

Mit dem Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmen und zur Verbesserung
der Unternehmensfinanzierung vom 31. Juli 2003 wurde festgelegt, dass nicht
buchführungspflichtige Unternehmen eine Gewinnermittlung nach amtlich vor-
geschriebenem Vordruck zu erstellen haben. Diese Standardisierung sollte einen
Beitrag zur Steuervereinfachung darstellen und dem Steuerpflichtigen nicht nur
die Erfüllung seiner Erklärungs- und Auskunftspflichten erleichtern, sondern
auch Nachfragen seitens der Finanzbehörden vermeiden.

Ziel des Kleinunternehmerförderungsgesetzes war es aber auch, gerade kleine
und mittelständische Unternehmen von Bürokratie zu entlasten. Der Gesetzent-
wurf der Bundesregierung (Bundesratsdrucksache 130/03) führt dazu aus: „Ins-
besondere kleine und mittlere Unternehmen und Existenzgründer werden da-
durch überproportional belastet, dass sie bereits bei geringen Einnahmen/
Umsätzen u. a. gegenüber den Finanzbehörden umfassende Aufzeichnungs-
und Erklärungsfristen erfüllen müssen. Vielfach muss bereits zur Erfüllung der
elementaren Buchführungspflichten die Hilfe von Steuerberatern hinzugezogen
werden. Die dadurch entstehenden Kosten stehen gerade bei kleinen und
kleinsten Unternehmen häufig in keinem angemessenen Verhältnis zu den er-
zielten Umsätzen. Bürokratische Hürden sind damit ein wesentliches Hindernis

auf dem Weg zu einer erfolgreichen und auch für das Gemeinwesen nachhalti-
gen ,profitablen‘ Geschäftstätigkeit.“

Bund und Länder haben ein Formular konzipiert, das ursprünglich für den Ver-
anlagungszeitraum 2004 gelten sollte. Nach heftiger Kritik in der Öffentlichkeit
hat die Finanzministerkonferenz am 30. September 2004 beschlossen, das For-
mular („Anlage EÜR“) zurückzuziehen und überarbeiten zu lassen. Es sollte

Drucksache 16/1897 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

erst für den Veranlagungszeitraum 2005 eingesetzt werden. Die Oberfinanzdi-
rektion Münster weist am 7. April 2006 auf einen Beschluss der Abteilungslei-
ter Steuer des Bundes und der Länder hin, dass für das Jahr 2005 die Anlage
EÜR nicht nachzufordern ist, wenn eine ordnungsgemäße Steuererklärung ab-
gegeben wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Gründe haben die Finanzverwaltung bewogen, von der Nachforde-
rung der Anlage EÜR für den Veranlagungszeitraum 2005 abzusehen?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Verfügung der Ober-
finanzdirektion Münster faktisch die Aufhebung der Verpflichtung zur Ab-
gabe des Formulars für die Steuerpflichtigen bedeutet, die bisher noch
keine Erklärung für 2005 abgegeben haben?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Absehen von einem
amtlich vorgeschriebenen Vordruck nach Ablauf des betroffenen Veranla-
gungszeitraums für erhebliche Verunsicherung bei den betroffenen Steuer-
pflichtigen sorgt?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt unter dem Gesichts-
punkt der Rechtssicherheit?

5. Wie viele Steuerpflichtige waren ursprünglich verpflichtet, für das Jahr
2005 die Anlage EÜR abzugeben?

6. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele dieser betroffe-
nen Steuerpflichtigen am 7. April 2006 noch keine Steuererklärung für den
Veranlagungszeitraum 2005 abgegeben haben?

7. In welchen Punkten unterscheidet sich das in der Verfügung der OFD
Münster vom 7. April 2006 angesprochene Formular von dem Formular,
das die Finanzministerkonferenz im September 2004 zurückgezogen hat?

8. Ist das in der Verfügung der OFD Münster vom 7. April 2006 angespro-
chene Formular einschließlich der Anlagen umfangreicher als das ur-
sprünglich für das Jahr 2004 vorgesehene?

9. Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung das unter dem Gesichtspunkt
des Bürokratieabbaus gerade für kleinere Unternehmen, der Ziel des
Kleinunternehmerförderungsgesetzes war?

10. Wie viele Unternehmen werden durch die geplante Änderung von § 141
der Abgabenordnung durch das „Erste Gesetz zum Abbau bürokratischer
Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft“ (Bundestags-
drucksache 16/1407) zusätzlich die Einnahmenüberschussrechnung prakti-
zieren und damit in den Kreis der Unternehmer fallen, die das Formular
ausfüllen müssen?

11. Hält die Bundesregierung an dem Plan fest, wie in der Pressemitteilung des
Bundesministeriums der Finanzen vom 18. August 2005 angekündigt, eine
Standardisierung auch für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermö-
gensvergleich einzuführen?

12. Falls ja, wird die Bundesregierung – anders als bei Erstellung des EÜR-
Formulars – betroffene Unternehmen, Unternehmensverbände und die
steuerberatenden Berufe bei der Konzipierung des Formulars beteiligen,
falls nein, warum hat die Bundesregierung dieses Vorhaben aufgegeben?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der früheren Bundesregierung,
dass der Vordruck für eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung gerade

auch für nicht beratene Steuerpflichtige eine zuverlässige Hilfestellung sei
(Bundestagsdrucksache 15/2920)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1897

14. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele vorher nicht
beratene Steuerpflichtige nun aufgrund der Komplexität des Formulars die
Hilfe der steuerberatenden Berufe in Anspruch nehmen?

15. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, welche Mehrkosten für die
Steuerpflichtigen dadurch entstanden sind, dass Steuerberater den Mehr-
aufwand für das Ausfüllen des Formulars in Rechnung stellen?

16. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, inwieweit die klassische
Einnahmenüberschussrechnung weiterhin praktiziert wird, da für Unter-
nehmen und Banken die Angaben in dem Formular nicht ausreichen?

Berlin, den 20. Juni 2006

Frank Schäffler
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Volker Wissing
Jens Ackermann
Dr. Karl Addicks
Christian Ahrendt
Daniel Bahr (Münster)
Uwe Barth
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Edmund Peter Geisen
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus

Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Michael Link (Heilbronn)
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt
Jan Mücke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg Rohde
Marina Schuster
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Martin Zeil
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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