BT-Drucksache 16/1585

Bekämpfung von kommerzieller sexueller Gewalt und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im deutsch-tschechischen Grenzgebiet

Vom 19. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1585
16. Wahlperiode 19. 05. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ekin Deligöz, Kai Boris Gehring, Britta Haßelmann,
Grietje Bettin, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager,
Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bekämpfung von kommerzieller sexueller Gewalt und Ausbeutung von Kindern
und Jugendlichen im deutsch-tschechischen Grenzgebiet

Kommerzielle sexuelle Gewalt und Ausbeutung sind eines der schlimmsten
Verbrechen an Kindern und Jugendlichen.

Weltweit werden Kinder und Jugendliche für Prostitution und Pornografie
missbraucht, verkauft und in sklavenähnlichen Zuständen gehalten.

Kinderprostitution, Kinderhandel und Kinderpornografie kommen auch in
Deutschland vor.

Insbesondere im deutsch-tschechischen Grenzgebiet war und ist das Problem
nach Berichten von vor Ort tätigen Organisationen virulent.

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren Anstrengungen zur Be-
kämpfung der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugend-
lichen unternommen. Dennoch mangelt es nach wie vor an einer systematischen
Erfassung und Bekämpfung dieses Phänomens.

Kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen ist ein äußerst
komplexes Geschehen, das nicht mit einzelnen Maßnahmen gezielt bekämpft
werden kann. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, die internationale
Zusammenarbeit sowie die Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen und
die Stärkung der Zivilgesellschaft müssen daher intensiver verfolgt werden. Auch
muss ein besonderes Augenmerk auf eine fundierte Forschung in diesem Bereich
sowie eine systematische Erfassung des Problemfelds Kommerzielle sexuelle
Ausbeutung gelegt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung den Aktionsplan zum Schutz von Kindern und
Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung aus dem Jahr 2003 fort-
führen, weiterentwickeln oder neu auflegen?

Wenn nein, warum nicht, und sind in diesem Falle andere Maßnahmen zur
systematischen Bekämpfung der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von
Kindern und Jugendlichen geplant?

2. Welche Maßnahmen im Rahmen der Prävention und Aufklärung hat die
Bundesregierung im Problemfeld der kommerziellen sexuellen Ausbeutung
von Kindern und Jugendlichen bereits ergriffen bzw. wird sie ergreifen (bitte
konkret durchgeführte Maßnahmen nennen)?

Drucksache 16/1585 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Existiert die 2003 eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Schutz von Kin-
dern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt“ noch?

Wenn ja, wie ist der Stand der Zusammenarbeit, und welche konkreten
Ergebnisse konnte die bisherige Zusammenarbeit aufweisen?

Wenn nein, warum nicht?

4. Ist die Thematik der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern und
Jugendlichen mittlerweile in die „Lageberichte Menschenhandel“ der Bun-
desländer integriert worden?

Wenn nein, warum nicht?

5. a) Wie ist der Stand der Zusammenarbeit in der deutsch-tschechisch-polni-
schen Arbeitsgruppe, die 2003 eingesetzt wurde?

b) Stimmt es, dass die trinationale Arbeitsgruppe ihre Arbeit ausgesetzt hat?

Wenn ja, warum und wann wird sie ihre Arbeit wieder aufnehmen?

c) Welche konkreten Aktivitäten aus dem Maßnahmenkatalog hat die Arbeits-
gruppe bisher umgesetzt?

d) Wie ist die Kooperation der trilateralen Arbeitsgruppe mit Österreich zu
beurteilen, und wird geprüft, Österreich in die AG aufzunehmen?

Wenn nein, warum nicht?

6. a) Plant die Bundesregierung gegenüber den Bundesländern dafür einzutre-
ten, dort vorhandene Hilfs- und Beratungsangebote für von sexueller
Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche angemessen finanziell zu
unterstützen?

b) Wird sich die Bundesregierung gegenüber Sachsen und Bayern dafür ein-
setzen, den dort tätigen Verein KARO e. V. (Verein zur grenzüberschrei-
tenden Sozialarbeit in Prostitutions- und Drogenszenen) in der Arbeit zu
unterstützen und finanziell zu fördern?

c) Plant die Bundesregierung, KARO e. V. in der Arbeit zu unterstützen und
finanziell zu fördern?

d) Unterstützt und finanziert die Bundesregierung andere Organisationen,
die sich bezüglich der Problematik der kommerziellen sexuellen Ausbeu-
tung im deutsch-tschechischen Grenzgebiet engagieren, oder ist dies in
Planung?

Wenn ja, welche genau (bitte einzeln auflisten)?

e) Mit welchen Organisationen arbeitet die Bundesregierung in diesem Feld
in welcher Weise und mit welchem Erfolg zusammen?

7. In welcher Form wird die Bundesregierung die grenzüberschreitende Zu-
sammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen zur Be-
kämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhan-
dels zum Zwecke der kommerziellen sexuellen Ausbeutung vorantreiben?

8. Plant die Bundesregierung weitere Aufklärungskampagnen zur Sensibilisie-
rung von Betroffenen, Behörden und Bürgern?

Wenn ja, wann sollen die Kampagnen beginnen, und wie sollen sie ausge-
staltet werden?

9. a) Wie viele Fälle von Prostitution Minderjähriger, kommerzieller sexueller
Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen und von Kinderhandel wur-
den in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005 registriert
(bitte Straftatbestände einzeln nach Jahren auflisten)?

b) Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Dunkelziffer in den genannten
Straftatbeständen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1585

c) Wie hoch ist die Zahl der Fälle der extraterritorialen Strafverfolgung
von Deutschen, die im Ausland Kinder sexuell missbraucht haben, und
wie viele Verurteilungen gibt es seit 1993?

10. a) Rechnet die Bundesregierung mit einer Zunahme der kommerziellen
sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen sowie des Kinder-
handels im Vorfeld und während der Fußballweltmeisterschaft 2006?

Wenn ja, welche Gegenmaßnahmen wurden bereits in die Wege geleitet
oder werden vorbereitet?

b) Wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Verhinderung der-
artiger Straftaten intensiviert werden?

Wenn ja, welche Maßnahmen kommen bereits zur Anwendung oder
sind in Vorbereitung?

11. a) Wird die Bundesregierung die Entwicklung und Umsetzung von For-
schungsansätzen im Themenfeld Menschenhandel und sexuelle Aus-
beutung insbesondere von Kindern unterstützen und vorantreiben, um
endlich systematische Erkenntnisse zu den Ursachen, zur Prävention
und zum Ausmaß dieses Phänomens zu gewinnen und das große Dun-
kelfeld dadurch aufzuhellen?

Wenn ja, welche konkreten Projekte werden bereits unterstützt oder
sind in Planung?

Wenn nein, warum nicht?

b) Wie steht die Bundesregierung zur Forderung von Fachverbänden, einen
„Lagebericht Kinderhandel“ zu erstellen oder erstellen zu lassen, um das
Defizit an gesicherten Erkenntnissen über kommerzielle sexuelle Aus-
beutung von Kindern und Jugendlichen zu verringern?

12. a) Ist die Thematik der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern
und Jugendlichen mittlerweile Bestandteil des Aus- und Fortbildungs-
programms des Auswärtigen Amtes, und gibt es eine entsprechende
Handreichung für den Einsatz in den deutschen Auslandsvertretungen?

Wenn nein, warum nicht?

b) Beabsichtigt die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die The-
matik auch Bestandteil des Aus- und Fortbildungsprogramms von Polizei
und Juristen wird?

13. a) In welcher Form werden in den Bundesländern Justiz und Polizei im
Hinblick auf die Problematik der kommerziellen sexuellen Ausbeutung
von Kindern und Jugendlichen fortgebildet (ggf. nach Bundesländern
aufschlüsseln)?

b) Sieht die Bundesregierung hier weiteren Fortbildungsbedarf?

Wenn ja, wie wird sie gegenüber den Bundesländern für diesen zusätz-
lichen Bedarf eintreten?

14. a) Wann soll die Ratifizierung des Fakultativprotokolls zur UN-Kinder-
rechtskonvention betreffend den Verkauf von Kindern, Kinderprostitu-
tion und Kinderpornografie erfolgen?

b) Wann soll die Ratifizierung des UN-Übereinkommens gegen die grenz-
überschreitende organisierte Kriminalität mit dem Zusatzprotokoll zur
Verhinderung, Bekämpfung und Strafverfolgung des Menschenhandels,
insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, erfolgen?

Berlin, den 19. Mai 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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