BT-Drucksache 16/1524

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/1025- Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts

Vom 17. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1524
16. Wahlperiode 17. 05. 2006

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/1025 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft
und zur Änderung des Genossenschaftsrechts

A. Problem

Am 18. August 2006 wird die am 21. August 2003 in Kraft getretene Ver-
ordnung (EG) Nr. 1435/2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft
(SCE) Geltung erlangen. Zwar ist die Verordnung unmittelbar geltendes Recht,
sie regelt aber nicht alle Fragen abschließend, sondern enthält einige Mitglied-
staatenwahlrechte und verweist an zahlreichen Stellen auf das nationale Recht,
das zum Teil erst noch geschaffen werden muss. Zum 18. August 2006 müssen
daher nationale Ausführungsvorschriften zur Ergänzung der Verordnung vor-
liegen. Zum gleichen Zeitpunkt ist die Richtlinie 2003/72/EG zur Ergänzung des
Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der
Arbeitnehmer in das deutsche Recht umzusetzen.

Die Verordnung enthält für die Europäische Genossenschaft verschiedene Rege-
lungen, die teilweise schon seit Jahren auch für die Genossenschaft nach deut-
schem Genossenschaftsrecht gefordert werden. Würden diese Regelungen nur
für die Europäische Genossenschaft gelten, könnte dies einen Wettbewerbs-
nachteil für die Genossenschaft nach deutschem Genossenschaftsrecht bedeu-
ten. Zudem besteht weiterer Bedarf nach Änderungen des Genossenschafts-
gesetzes mit dem Ziel, die Gründung von Genossenschaften zu erleichtern und
die Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform zu stärken.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung, durch den nach dem Vor-
bild des Parallelprojekts der Europäischen Gesellschaft (SE) das Ausführungs-

gesetz zur Europäischen Genossenschaft mit dem Gesetz zur Umsetzung der
ergänzenden Richtlinie in einem Artikelgesetz zusammengefasst wird. Darüber
hinaus wird das nationale Genossenschaftsrecht modernisiert, indem die recht-
lichen Rahmenbedingungen insbesondere für kleine Genossenschaften ver-
bessert, die Kapitalbeschaffung und Kapitalerhaltung erleichtert und einzelne
Elemente der im Aktienrecht geführten Corporate-Governance-Diskussion auf
die Genossenschaft übertragen werden.

Drucksache 16/1524 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Gegenüber dem Regierungsentwurf schlägt der Rechtsausschuss einige Ände-
rungen vor, die insbesondere den Artikel 3 betreffen und im Wesentlichen fol-
gende Regelungen enthalten: Die derzeit geltende Regelung zu den Mehrstimm-
rechten soll neben der im Regierungsentwurf vorgesehenen neuen Regelung zu
Mehrstimmrechten bei Unternehmergenossenschaften ergänzend beibehalten
werden. Weiterhin soll ein Quorum von 10 Prozent der Mitglieder oder der in
der Satzung hierfür bestimmte geringere Teil für einen Antrag auf Einberufung
der Generalversammlung zwecks Abschaffung der Vertreterversammlung erfor-
derlich sein. Dies gilt auch für einen Antrag auf Einberufung der General- oder
Vertreterversammlung in sonstigen Fällen. Ferner soll eine Regelung ergänzt
werden, dass die Satzung vorsehen kann, dass sich die Antragsteller auf einen
Bevollmächtigen zur Ausübung des Rede- und Antragsrechts auf der Vertreter-
versammlung einigen müssen. Es soll dabei bleiben, dass das einzelne Mitglied
der Genossenschaft kein Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der Vertreterver-
sammlung hat; dafür soll aber ein Anfechtungsrecht des Aufsichtsrats eingeführt
werden.

Es wird darüber hinaus eine weitergehende Befreiung kleiner Genossenschaften
von der Verpflichtung zur Jahrsabschlussprüfung eingeführt. Die Größenmerk-
male für die Abgrenzung der kleinen Genossenschaften werden hierzu stärker an
die Systematik für die Abgrenzung kleiner Kapitalgesellschaften nach dem
Handelsgesetzbuch angepasst.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Der Ausschuss geht davon aus, dass die Befreiung von der Verpflichtung zur
Jahresabschlussprüfung zu einer spürbaren Kostenentlastung bei kleinen Genos-
senschaften führen wird.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1524

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf – Drucksache 16/1025 – mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) In § 26 Satz 1 werden nach dem Wort „jede“ die Wörter „sie betreffende“
eingefügt.

b) In § 29 wird die Angabe „§ 43 Abs. 3 Satz 2“ durch die Angabe „§ 43
Abs. 3 Satz 3“ ersetzt.

2. Artikel 3 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 20 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb wird wie folgt gefasst:

,bb) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Zu einer Änderung der Satzung, durch die eine Verpflichtung der
Mitglieder zur Zahlung laufender Beiträge für Leistungen, welche
die Genossenschaft den Mitgliedern erbringt oder zur Verfügung
stellt, eingeführt oder erweitert wird, bedarf es einer Mehrheit von
mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen.“ ‘

b) Nummer 36 wird wie folgt geändert:

aa) Buchstabe a wird wie folgt gefasst:

,a) In Satz 1 wird das Wort „Genossen“ durch das Wort „Mitglied“
ersetzt.‘

bb) Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

,b) In Satz 2 wird das Wort „Genossen“ durch das Wort „Mitglied“
ersetzt.‘

c) Nummer 44 Buchstabe c wird wie folgt gefasst:

,c) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Satzung kann die Gewäh-
rung von Mehrstimmrechten vorsehen. Die Voraussetzungen für die
Gewährung von Mehrstimmrechten müssen in der Satzung mit fol-
gender Maßgabe bestimmt werden:

1. Mehrstimmrechte sollen nur Mitgliedern gewährt werden, die den
Geschäftsbetrieb besonders fördern. Keinem Mitglied können
mehr als drei Stimmen gewährt werden. Bei Beschlüssen, die nach
dem Gesetz zwingend einer Mehrheit von drei Vierteln der abge-
gebenen Stimmen oder einer größeren Mehrheit bedürfen, sowie
bei Beschlüssen über die Aufhebung oder Einschränkung der Be-
stimmungen der Satzung über Mehrstimmrechte hat ein Mitglied,
auch wenn ihm ein Mehrstimmrecht gewährt ist, nur eine Stimme.

2. Auf Genossenschaften, bei denen mehr als drei Viertel der Mitglie-
der als Unternehmer im Sinn des § 14 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs Mitglied sind, ist Nummer 1 nicht anzuwenden. Bei diesen
Genossenschaften können Mehrstimmrechte vom einzelnen Mit-
glied höchstens bis zu einem Zehntel der in der Generalversamm-

lung anwesenden Stimmen ausgeübt werden; das Nähere hat die
Satzung zu regeln.

Drucksache 16/1524 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Auf Genossenschaften, deren Mitglieder ausschließlich oder über-
wiegend eingetragene Genossenschaften sind, sind die Nummern
1 und 2 nicht anzuwenden. Die Satzung dieser Genossenschaften
kann das Stimmrecht der Mitglieder nach der Höhe ihrer Ge-
schäftsguthaben oder einem anderen Maßstab abstufen.

Zur Aufhebung oder Änderung der Bestimmungen der Satzung über
Mehrstimmrechte bedarf es nicht der Zustimmung der betroffenen
Mitglieder.“ ‘

d) Nummer 45 wird wie folgt geändert:

aa) In Buchstabe e Doppelbuchstabe aa wird das Wort „Einsichtsnahme“
durch das Wort „Einsichtnahme“ ersetzt.

bb) Buchstabe f wird wie folgt gefasst:

,f) Folgender Absatz 7 wird angefügt:

„(7) Die Generalversammlung ist zur Beschlussfassung über
die Abschaffung der Vertreterversammlung unverzüglich einzu-
berufen, wenn dies von mindestens einem Zehntel der Mitglieder
oder dem in der Satzung hierfür bestimmten geringeren Teil in
Textform beantragt wird. § 45 Abs. 3 gilt entsprechend.“ ‘

e) Nummer 47 Buchstabe a und b wird wie folgt gefasst:

,a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Generalversammlung muss unverzüglich einberufen wer-
den, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Sat-
zung hierfür bezeichnete geringere Teil in Textform unter Anführung
des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangt. Mitglieder, auf
deren Verlangen eine Vertreterversammlung einberufen wird, können
an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen. Die
Satzung kann Bestimmungen darüber treffen, dass das Rede- und An-
tragsrecht in der Vertreterversammlung nur von einem oder mehreren
von den teilnehmenden Mitgliedern aus ihrem Kreis gewählten Be-
vollmächtigten ausgeübt werden kann.“

b) In Absatz 2 werden das Wort „Genossen“ durch das Wort „Mitglie-
der“ ersetzt und folgende Sätze angefügt:

„Mitglieder, auf deren Verlangen Gegenstände zur Beschlussfassung
einer Vertreterversammlung angekündigt werden, können an dieser
Versammlung mit Rede- und Antragsrecht hinsichtlich dieser Gegen-
stände teilnehmen. Absatz 1 Satz 3 ist anzuwenden.“ ‘

f) Nummer 52 wird wie folgt geändert:

aa) Buchstabe b wird wie folgt geändert:

aaa) Doppelbuchstabe bb wird wie folgt gefasst:

,bb) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Ferner sind der Vorstand und der Aufsichtsrat zur An-
fechtung befugt, ebenso jedes Mitglied des Vorstands und
des Aufsichtsrats, wenn es durch die Ausführung des Be-
schlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungs-
widrigkeit begehen oder wenn es ersatzpflichtig werden
würde.“ ‘
bbb) Doppelbuchstabe cc wird aufgehoben.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/1524

bb) Buchstabe c wird wie folgt gefasst:

,c) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Die Genossenschaft wird durch den Vorstand, sofern dieser
nicht selbst klagt, und durch den Aufsichtsrat, sofern dieser nicht
selbst klagt, vertreten; § 39 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend
anzuwenden.“ ‘

g) Nummer 54 wird wie folgt gefasst:

,54. § 53 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 ist bei Genossenschaften,
deren Bilanzsumme eine Million Euro und deren Umsatzerlöse 2
Millionen Euro übersteigen, der Jahresabschluss unter Einbeziehung
der Buchführung und des Lageberichts zu prüfen.“ ‘

h) Nummer 67 wird wie folgt gefasst:

,67. In § 63e Abs. 2 Satz 2 werden die Wörter „einschließlich der gesetz-
lich vorgeschriebenen Begutachtungen des Verbandes bei Genossen-
schaften“ durch die Wörter „nach § 53 Abs. 1 und 2 bei den in § 53
Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Genossenschaften“ ersetzt.‘

i) In Nummer 83 wird dem § 80 Abs. 1 folgender Satz angefügt:

„Bei der Bestimmung der Mindestmitgliederzahl nach Satz 1 bleiben in-
vestierende Mitglieder außer Betracht.“

j) Nummer 96 Buchstabe c wird wie folgt gefasst:

,c) In Absatz 3 wird jeweils das Wort „Berufung“ durch das Wort „Ein-
berufung“ ersetzt.‘

k) Nummer 125 wird wie folgt gefasst:

„125. § 163 wird aufgehoben.“

l) Nummer 126 wird wie folgt gefasst:

,126. § 164 wird wie folgt gefasst:

㤠164
Übergangsregelung

zur Beschränkung der Jahresabschlussprüfung

§ 53 Abs. 2 Satz 1 in der vom 18. August 2006 an geltenden
Fassung ist erstmals auf die Prüfung des Jahresabschlusses für ein
frühestens am 31. Dezember 2006 endendes Geschäftsjahr anzu-
wenden.“ ‘

3. In Artikel 13 wird das Wort „Sinn“ durch das Wort „Sinne“ ersetzt.

4. Artikel 14 Nr. 40 wird wie folgt gefasst:

,40. In § 271 werden die Wörter „jeder Genosse, der“ durch die Wörter „je-
des Mitglied, das“, die Wörter „des Statuts“ durch die Wörter „der Sat-
zung“, das Wort „er“ durch das Wort „es“ und jeweils die Wörter „des
Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“
durch die Wörter „des Genossenschaftsgesetzes“ ersetzt.‘

5. Anlage 1 wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe zu § 155 wird wie folgt gefasst:

„§ 155 Altregister im Beitrittsgebiet“.

Drucksache 16/1524 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Die Angabe zu § 163 wird wie folgt gefasst:

„§ 163 (weggefallen)“.

c) Die Angabe zu § 164 wird wie folgt gefasst:

„§ 164 Übergangsregelung zur Beschränkung der Jahresabschluss-
prüfung“.

Berlin, den 17. Mai 2006

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Friedrich Merz
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Sevim Dagdelen
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

III. Beratung im Rechtsausschuss
Schritt ein Viertel der Schwellenwerte des § 267 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs bei der Entscheidung über die Befrei-
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 13. Sitzung
am 17. Mai 2006 abschließend beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und

ung von der Verpflichtung zur Abschlussprüfung berück-
sichtigt. Dies sei insbesondere von Bedeutung, weil es zwei
Prüfungen gebe: Zum einen die Jahresabschlussprüfung
nach § 53 Abs. 2 GenG und zum anderen die sehr viel wich-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/1524

Bericht der Abgeordneten Friedrich Merz, Klaus Uwe Benneter,
Mechthild Dyckmans, Sevim Dagdelen und Jerzy Montag

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/1025 in seiner 32. Sitzung am 6. April 2006 in ers-
ter Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den
Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzaus-
schuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz, den Ausschuss für Arbeit und Soziales und den Aus-
schuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der Finanzausschuss hat die Vorlage in seiner 17. Sitzung
am 17. Mai 2006 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE.
beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fas-
sung der Beschlussempfehlung zu empfehlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage in seiner 11. Sitzung am 17. Mai 2006 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP und DIE LINKE. beschlossen, die Annahme des
Gesetzentwurfs zu empfehlen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage in seiner 15. Sitzung am
17. Mai 2006 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Annahme
des Gesetzentwurfs in der Fassung der Beschlussempfeh-
lung zu empfehlen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage in
seiner 19. Sitzung am 17. Mai 2006 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP und DIE LINKE. beschlossen, die Annahme des
Gesetzentwurfs in der Fassung der Beschlussempfehlung zu
empfehlen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat die Vorlage in seiner 15. Sitzung am 17. Mai 2006 bera-
ten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs in
der Fassung der Beschlussempfehlung zu empfehlen.

Die Fraktion der FDP begrüßte grundsätzlich die in Arti-
kel 3 des Gesetzentwurfs zum Genossenschaftsgesetz zum
Ausdruck kommenden Reformbestrebungen der Bundesre-
gierung. Die weitergehenden Änderungen, die der Rechts-
ausschuss nun vorschlage, gingen zu einem Großteil auch
auf Initiativen der Fraktion der FDP zurück und würden von
der Fraktion der FDP daher ausdrücklich unterstützt.

Bereits in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs habe die
Fraktion der FDP darauf hingewiesen, dass Regelungen wie
die fixen Werte der Schwellenwerte in § 43a Abs. 7 und § 45
des Genossenschaftsgesetzes (GenG), die von der Bundes-
regierung geplante Anfechtungsbefugnis außenstehender
Mitglieder nach § 51 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzentwurfs oder
der datenschutz- und verfassungsrechtlich bedenkliche Vor-
schlag des Erhalts einer Abschrift der vollständigen Mitglie-
derliste auf Anforderung jedes Mitglieds gemäß § 31 Abs. 1
Satz 2 des Gesetzentwurfs nicht Gesetz werden dürften und
demnach zu streichen seien. Auch zu der Mehrstimmrechts-
regelung nach § 43 Abs. 3 GenG sowie zum Schwellenwert
der Befreiung von der Jahresabschlussprüfung gemäß § 53
Abs. 3 GenG habe die Fraktion der FDP Änderungen gefor-
dert. Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses neh-
me diese Kritik auf und setze sie um.

Die Regelungen zur Einführung der Europäischen Genos-
senschaft (Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfs) enthielten je-
doch eine Ausdehnung der Vorschriften zur Mitbestimmung
auf den Verwaltungsrat der monistisch strukturierten Euro-
päischen Genossenschaft auch in seiner Funktion als Ge-
schäftsführungsorgan. Diese Ausweitung sei für die Fraktion
der FDP nicht akzeptabel. Bei der Einführung des monis-
tischen Systems für die Europäische Genossenschaft wäre
eine qualitative und funktionale Übertragung der Grundsätze
der Mitbestimmung auf dieses System angezeigt gewesen.
Eine weitergehende Begründung dieser Position könne dem
Entschließungsantrag entnommen werden, den die Fraktion
der FDP zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfs
vorlegen werde.

Die Fraktion der SPD wies darauf hin, dass der Gesetzent-
wurf im erweiterten Berichterstattergespräch von allen gela-
denen Sachverständigen als sinnvoll bewertet worden sei.
Lediglich in wenigen Detailfragen habe es unterschiedliche
Einschätzungen gegeben. Politisch am umstrittensten sei die
Frage gewesen, bis zu welchen Größenmerkmalen kleinere
Genossenschaften von der Verpflichtung zur Jahresab-
schlussprüfung befreit werden sollten. Bisher müsse jede
Genossenschaft eine Jahresabschlussprüfung durchführen.
Dieser Umstand habe nicht zur Gründung neuer Genossen-
schaften beigetragen. So werde nunmehr in einem ersten
DIE LINKE. beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs
in der Fassung der Beschlussempfehlung zu empfehlen.

tigere Genossenschaftsprüfung gemäß § 53 Abs. 1 GenG,
durch die die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ord-

Drucksache 16/1524 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nungsmäßigkeit der Geschäftsführung geprüft würden. Die-
se Prüfung müsse unter genossenschaftlichen Gesichtspunk-
ten erfolgen und nicht unter den Gesichtspunkten, wie sie
vom Institut für Wirtschaftprüfer aufgestellt würden. Die
Fraktion der SPD halte es für sinnvoll, dass man sich nun-
mehr stärker auf die Prüfung nach § 53 Abs. 1 GenG kon-
zentrieren könne. Dies bedeute – auch für die Prüfungsver-
bände – keinen Rückschritt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass
auch sie den Gesetzentwurf so wie er nunmehr vom Rechts-
ausschuss zur Beschlussfassung vorgeschlagen werde, un-
terstütze. Die Rechtsform der Genossenschaft sei eine im
Grundsatz sehr bewährte Form der Selbstorganisation von
Menschen im Wirtschaftsleben, deren Gründung daher von
Seiten der Politik unterstützt werden sollte. So habe das er-
weiterte Berichterstattergespräch zu konstruktiven Beratun-
gen aller Berichterstatter geführt, die nicht etwa auf Initiative
einer einzelnen Fraktion beruht und zu den vom Rechtsaus-
schuss vorgeschlagenen Änderungen geführt hätten. Der Ge-
setzentwurf mit den Änderungen des Rechtsausschusses mo-
dernisiere die Gesellschaftsform der Genossenschaft und
fördere Neugründungen insbesondere von kleineren Genos-
senschaften.

Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass eine Reihe
von Korrekturen am Gesetzentwurf der Bundesregierung
durch den Rechtsausschuss vorgenommen worden seien. So
habe der Rechtsausschuss sich dafür eingesetzt, dass den Ge-
nossenschaften unter anderem im Hinblick auf abstrakte
Schwellenwerte weiterhin ein hohes Maß an Satzungsauto-
nomie verbleibe. Der Gesetzgeber müsse in diesem Bereich
nicht alles regeln, zum Beispiel nicht die Frage, wann Mit-
glieder- bzw. Vertreterversammlungen einzuberufen seien.
Alle diese Dinge sollten und würden nach der Beschluss-
empfehlung des Rechtsausschusses auch in Zukunft den Ge-
nossenschaften im Wege der Satzungsautonomie überlassen
bleiben.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung
Soweit der Rechtsausschuss den Gesetzentwurf unverändert
angenommen hat, wird auf die Begründung in der Drucksa-
che 16/1025, S. 52 ff. verwiesen. Die vom Ausschuss emp-
fohlenen Änderungen des Gesetzentwurfs werden wie folgt
begründet:

1. Allgemeines

Der Ausschuss begrüßt den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung grundsätzlich. Er unterstützt dabei auch die vorge-
schlagene Konzeption des Gesetzentwurfs, zum einen die
Ausführungsvorschriften zur Europäischen Genossenschaft
eng an die Ausführungsvorschriften zur Europäischen Ge-
sellschaft (SE) anzulehnen und zum anderen gleichzeitig
Änderungen des Genossenschaftsgesetzes vorzusehen, um
insbesondere Wettbewerbsnachteile der Rechtsform der Ge-
nossenschaft nach deutschem Genossenschaftsgesetz gegen-
über der neuen Rechtsform der Europäischen Genossen-
schaft zu vermeiden.

Der Ausschuss hält auch die im Übrigen vorgeschlagenen
Änderungen des Genossenschaftsgesetzes für grundsätzlich

vereinfachen, die Rahmenbedingungen für kleine Genossen-
schaften zu verbessern, die Kapitalbeschaffung und Kapital-
erhaltung bei Genossenschaften zu erleichtern sowie die
Rechte des einzelnen Mitglieds insbesondere bei Bestehen
einer Vertreterversammlung zu stärken.

Der Ausschuss gibt jedoch zu bedenken, dass die angestrebte
Verbesserung der Rechte des einzelnen Mitglieds nicht zu
einer unangemessenen Belastung der Genossenschaft führen
und nicht zu einem missbräuchlichen Ausnutzen der Rechte
verleiten darf. Der Ausschuss hält daher – wie zuvor bereits
der Bundesrat – verschiedene Nachbesserungen des Ent-
wurfs für erforderlich, um einen angemessenen Ausgleich
zwischen den Interessen des einzelnen Mitglieds und den In-
teressen der Genossenschaft, d. h. der Gesamtheit der Mit-
glieder herzustellen. Dies gilt hinsichtlich des Rechts auf
eine Abschrift der Mitgliederliste, der Quoren für die Einbe-
rufung der General- oder Vertreterversammlung sowie des
Anfechtungsrechts.

Der Ausschuss hat auch intensiv die Frage diskutiert, ob es
Genossenschaften künftig erlaubt sein sollte, investierende
Mitglieder zuzulassen oder ein Mindestkapital einzuführen,
und ob die Möglichkeiten von Mehrstimmrechten ausge-
dehnt werden sollten. Der Ausschuss ist sich bewusst, dass
diese neuen Möglichkeiten eine gewisse Abkehr von genos-
senschaftlichen Grundsätzen mit sich bringen und die
Rechtsform der Genossenschaft etwas stärker an Kapitalge-
sellschaften annähern. Der Ausschuss erkennt aber auch an,
dass es in der genossenschaftlichen Praxis teilweise ein star-
kes Bedürfnis für diese Neuerungen gibt. Er hält es daher für
sachgerecht, die Neuerungen nicht durch Gesetz vorzusehen,
sondern sie in die Satzungsautonomie der Genossenschaften
zu stellen. Keine Genossenschaft soll gezwungen sein, von
den neuen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.

Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Zulassung von inves-
tierenden Mitgliedern. Eine Genossenschaft, die in ihrer Sat-
zung keine investierenden Mitglieder zulässt, kann solche
Mitglieder nicht haben, selbst wenn einige ihrer Mitglieder
die Leistungen der Genossenschaften aktuell gar nicht nut-
zen. Es bleibt den Genossenschaften auch unbenommen,
weiterhin so genannte Fördermitglieder zuzulassen. Eine
Abgrenzung zwischen „Fördermitgliedern“ und investieren-
den Mitgliedern ist nach Auffassung des Ausschusses dabei
eindeutig möglich, weil der Beitritt ausdrücklich als „inves-
tierendes Mitglied“ oder „Mitglied“ erfolgt. Die Abgren-
zung folgt diesem formalen Kriterium; auf die tatsächlichen
Motive der Mitgliedschaft oder die aktuelle Nutzung der Ge-
nossenschaft durch das Mitglied kommt es nicht an. Ein
Wechsel von der Mitgliedschaft in eine investierende Mit-
gliedschaft erfordert daher eine neue Zulassung und entspre-
chende Umtragung in der Mitgliederliste nach § 30 GenG.

Intensiv hat der Ausschuss – unter Hinzuziehung von Sach-
verständigen – die Frage diskutiert, bis zu welchen Größen-
merkmalen kleinere Genossenschaften von der Verpflich-
tung zur Jahresabschlussprüfung befreit werden sollen. Er
hält die im Regierungsentwurf vorgesehene Befreiung von
Genossenschaften mit einer Bilanzsumme von bis zu 2 Mio.
Euro für nicht ausreichend und meint – wie der Bundesrat in
seiner Prüfbitte – dass nicht nur die Bilanzsumme, sondern
auch die Umsatzerlöse als Größenkriterium herangezogen
sinnvoll und unterstützt die Ziele der Bundesregierung, mit
der Novellierung die Gründung von Genossenschaften zu

werden sollte, damit auch Genossenschaften mit einer höhe-
ren Bilanzsumme, aber geringer Geschäftstätigkeit von der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/1524

Ausnahmevorschrift profitieren können. Der Ausschuss ist
der Auffassung, dass langfristig die für Kapitalgesellschaf-
ten geltenden Schwellenwerte des § 267 Abs. 1 des Handels-
gesetzbuchs (HGB) auch für die Genossenschaften gelten
sollten. Die Anforderungen an die Jahresabschlussprüfung,
auch im Zusammenhang mit dem peer review, scheinen im-
mer weiter zu steigen. Es ist nicht einsichtig, weshalb kleine
Genossenschaften insoweit mit größerem bürokratischem
Aufwand und höheren Kosten belast werden als vergleichba-
re Kapitalgesellschaften.

Als ersten Schritt in die Richtung einer Übernahme der für
Kapitalgesellschaften geltenden Schwellenwerte hält es der
Ausschuss für gerechtfertigt, ein Viertel der Schwellenwerte
des § 267 Abs. 1 HGB anzusetzen, d. h. eine Befreiung von
der Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung vorzusehen,
wenn entweder die Bilanzsumme nicht 1 Mio. Euro oder die
Umsatzerlöse nicht 2 Mio. Euro übersteigen. Auf das in
§ 267 Abs. 1 HGB ebenfalls enthaltene Merkmal der Ar-
beitnehmerzahl soll dabei zunächst verzichtet werden, da
die Arbeitnehmerzahl im Genossenschaftsbereich sehr un-
terschiedlich ist und ein Abstellen auf die dann recht geringe
Zahl von zwölf Arbeitnehmern zu eher zufälligen Ergebnis-
sen bei der Befreiung führen würde.

Der Ausschuss fordert die Bundesregierung jedoch auf, so-
bald hinreichende Erfahrungen mit der neuen Regelung vor-
liegen, über die Auswirkungen dieser Ausnahmeregelung zu
berichten und zu gegebener Zeit eine weitere Ausdehnung
vorzuschlagen.

Der Ausschuss erwartet, dass die Befreiung von der Ver-
pflichtung zur Jahresabschlussprüfung zu einer spürbaren
Kostenentlastung bei kleinen Genossenschaften führen wird.
Er geht aber auch davon aus, dass die bewährte Qualität der
genossenschaftlichen Pflichtprüfung bei den betreffenden
Genossenschaften nicht beeinträchtigt wird, auch wenn sie
keine formalisierte Prüfung des Jahresabschlusses mehr be-
inhaltet. Denn im Rahmen der regelmäßigen Prüfung der
Vermögenslage der Genossenschaft nach § 53 Abs. 1 GenG
muss der Prüfer auch den Jahresabschluss und die Buch-
führung in die Prüfung einbeziehen, weil er sonst die wirt-
schaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der
Geschäftsführung nicht feststellen könnte. Diese Prüfung
erfolgt allerdings dann nicht mehr nach den insbesondere
auf Kapitalgesellschaften zugeschnittenen allgemeinen Prü-
fungsstandards, sondern nach speziell auf die Belange des
Genossenschaftsbereichs zugeschnittenen Prüfungsstan-
dards – entwickelt von den genossenschaftlichen Prüfungs-
verbänden selbst. Der Ausschuss sieht in der Neuregelung
daher letztlich auch eine Stärkung der genossenschaftlichen
Pflichtprüfung und eine Betonung der genossenschaftlichen
Selbsthilfe und Selbstverantwortung.

Der Ausschuss befasste sich auch eingehend mit den weite-
ren Vorschlägen und Prüfbitten des Bundesrats. Viele wich-
tige Vorschläge des Bundesrates wurden aufgegriffen; im
Einzelnen wird darauf nachstehend noch eingegangen.

Andere Vorschläge und Anregungen des Bundesrates hat der
Ausschuss nicht aufgegriffen. Dies gilt etwa für die Prüfbit-
te, ob eine Übereinstimmung zwischen statuarischem und
tatsächlichem Sitz ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben

sind auch keine Probleme wegen eines ggf. missbräuch-
lichen Auseinanderfallens bekannt. Hinsichtlich der weite-
ren nicht aufgegriffenen Vorschläge und Anregungen des
Bundesrates bezieht sich der Ausschuss auf die jeweiligen
Ausführungen in der Gegenäußerung der Bundesregierung
zur Stellungnahme des Bundesrates, die er insoweit teilt.

2. Im Einzelnen

Im Folgenden werden die vom Rechtausschuss beschlosse-
nen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf erläu-
tert:

Zu Nummer 1 (Änderung des Artikels 1)

Zu Buchstabe a (Artikel 1 § 26 Satz 1)

Es handelt sich um eine Klarstellung aufgrund der Stellung-
nahme des Bundesrates: Nur die Änderungen des Verwal-
tungsrates hinsichtlich der geschäftsführenden Direktoren
sind zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumel-
den.

Zu Buchstabe b (Artikel 1 § 29)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des
§ 43 Abs. 3 GenG.

Zu Nummer 2 (Änderung des Artikels 3)

Zu Buchstabe a (Artikel 3 Nr. 20 – § 16 Abs. 3 Satz 2
GenG-E)

Die Änderung dient der Klarstellung, dass keine Gegenleis-
tung der Genossenschaft erforderlich ist, sondern auch sol-
che Mitglieder, die die Leistungen nicht in Anspruch
nehmen, zur Zahlung der durch die Satzung eingeführten
laufenden Beiträge verpflichtet sind.

Zu Buchstabe b (Artikel 3 Nr. 36 – § 31 Abs. 1 GenG-E)

Es handelt sich zum einen um rein redaktionelle Änderungen
(jeweils Mehrzahl „Genossen“ statt Einzahl „Genosse“).

Zum anderen soll entsprechend dem Vorschlag des Bundes-
rates die Regelung entfallen, dass jedes Mitglied jederzeit
und ohne Begründung eine Abschrift der gesamten Mitglie-
derliste erhalten kann, um einen denkbaren Missbrauch, ins-
besondere einen unerwünschten Adressenhandel mit der
Mitgliederliste zu vermeiden. Ob ein Mitglied im Ausnah-
mefall – über die weiterhin zulässige Einsichtnahme hinaus
– bei Vorliegen eines besonderen rechtfertigenden Grundes
eine Abschrift der gesamten Mitgliederliste verlangen kann
– so wie es in der Literatur teilweise unter Berufung auf die
Treuepflicht der Genossenschaft gegenüber ihren Mitglie-
dern angenommen wird – , bleibt davon unberührt und ist im
Einzelfall, letztlich von den unabhängigen Gerichten, zu ent-
scheiden.

Zu Buchstabe c (Artikel 3 Nr. 44 – § 43 Abs. 3 GenG-E)

Aufgrund eines dringenden Bedürfnisses in der genossen-
schaftlichen Praxis, insbesondere aus dem landwirtschaftli-
chen Bereich, soll die bisherige Regelung zu den Mehr-
stimmrechten ergänzend zu der neu vorgesehen Regelung
werden sollte. Denn für eine solche Regelung gibt es aus
Sicht des Ausschusses kein Bedürfnis aus der Praxis und es

von Mehrstimmrechten bei Unternehmergenossenschaften
beibehalten bleiben.

Drucksache 16/1524 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu Buchstabe d (Artikel 3 Nr. 45 – § 43a Abs. 6 und 7
GenG-E)

Die Änderung unter Doppelbuchstabe aa ist rein redaktio-
nell.

Mit der Änderung unter Doppelbuchstabe bb wird – entspre-
chend dem Vorschlag des Bundesrates – die Regelung gestri-
chen, dass bereits 500 Mitgliedern der Genossenschaft die
Möglichkeit zukommen soll, eine Generalversammlung zum
Zwecke der Abschaffung der Vertreterversammlung einzu-
berufen. Bei Genossenschaften mit sehr hohen Mitglieder-
zahlen würde sonst bereits eine sehr kleine Minderheit dieses
Recht, das für die Genossenschaft mit nicht unerheblichem
Kosten- und Verwaltungsaufwand verbunden ist, ausüben
können. Insbesondere um eine missbräuchliche Ausübung
des Rechts zu verhindern, sollen deshalb stets 10 Prozent der
Mitglieder – oder der in der Satzung bezeichnete geringere
Teil – für einen Antrag erforderlich sein.

Zu Buchstabe e (Artikel 3 Nr. 47 – § 45 Abs. 1 und 2
GenG-E)

Mit der Änderung in § 45 Abs. 1 Satz 1 soll ebenfalls ein
missbräuchliches Ausnutzen des Antragsrechts auf Einberu-
fung einer General- oder Vertreterversammlung verhindert
werden. Es soll bei der derzeitigen Regelung bleiben, dass
10 Prozent der Mitglieder – oder der in der Satzung bezeich-
nete geringere Teil – einen Einberufungsantrag stellen müs-
sen. Die im Regierungsentwurf enthaltene Regelung, dass
bereits 150 Mitglieder ausreichen, ist zu weitgehend und soll
– entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates – entfallen.

Da das Quorum bei mitgliederstarken Genossenschaften zu
einer großen Zahl von Antragstellern führt, erscheint es aus
organisatorischen Gründen sinnvoll, wenn diese einen Be-
vollmächtigten zur Ausübung des Rede- und Antragsrechts
wählen. Die Satzung soll daher nach dem neu vorgesehenen
Absatz 1 Satz 3 entsprechende Bestimmungen treffen kön-
nen. Auf diese Möglichkeit verweist auch die vorgesehene
Ergänzung des Absatzes 2 um einen neuen Satz 2.

Zu Buchstabe f (Artikel 3 Nr. 52 – § 51 Abs. 2 und 3
GenG-E)

Zu Doppelbuchstabe aa

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Um die Interessen der Mitglieder wahrzunehmen, soll der
Aufsichtsrat als Organ ein eigenes Anfechtungsrecht haben.
Dies dient zudem der weiteren Stärkung der Rolle des Auf-
sichtsrats.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Ein Anfechtungsrecht des einzelnen Mitglieds gegen Be-
schlüsse der Vertreterversammlung erscheint dagegen zu
weitgehend. Auch bei Bestehen einer Generalversammlung
ist grundsätzlich nur dasjenige Mitglied zur Anfechtung be-
fugt, das an der Versammlung teilgenommen und dort seinen
Widerspruch erklärt hat, d. h. grundsätzlich nur, wenn das
Mitglied an der der Beschlussfassung vorangegangen Dis-
kussion teilgenommen hat. Zudem erscheint gerade bei mit-
gliederstarken Genossenschaften ein missbräuchliches Aus-

mögliche Entwicklung einer „Klageindustrie“ ist zu vermei-
den. Zudem bleibt es bei der von der Rechtsprechung an-
erkannten Möglichkeit, dass einzelne Mitglieder gegen
Beschlüsse der Vertreterversammlung Nichtigkeitsklage
entsprechend § 241 des Aktiengesetzes erheben können.

Zu Doppelbuchstabe bb

Es handelt sich um eine Folgeänderung zum Anfechtungs-
recht des Aufsichtsrats.

Zu Buchstabe g (Artikel 3 Nr. 54 – § 53 GenG-E)

Entsprechend der Prüfbitte des Bundesrates wird mit den
Umsatzerlösen ein weiteres Größenmerkmal ergänzt, um
auch kleineren Genossenschaften mit hoher Bilanzsumme
eine Befreiung von der Jahresabschlussprüfung zu ermög-
lichen. Dabei soll das Verhältnis zwischen den Größen-
merkmalen Bilanzsumme und Umsatzerlösen dem Verhält-
nis entsprechen, wie sie für die Größenmerkmale kleiner
Kapitalgesellschaften nach § 267 Abs. 1 HGB gelten, d. h.
die Schwellenwerte für die Umsatzerlöse sollen doppelt so
hoch wie die für die Bilanzsumme sein. Ausgehend von der
im Regierungsentwurf vorgesehenen Höhe der Bilanzsum-
me von 2 Mio. Euro würden sich somit eigentlich Umsatzer-
löse in Höhe von 4 Mio. Euro ergeben; dies würde allerdings
eine recht weitgehende Befreiung von der Jahresabschluss-
prüfung bei Genossenschaften zur Folge haben. Als erster
Schritt in Richtung einer Gleichbehandlung der Genossen-
schaften mit den Kapitalgesellschaften im Hinblick auf die
Jahresabschlussprüfung sollen daher Genossenschaften von
der Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung befreit wer-
den, deren Bilanzsumme nicht 1 Mio. Euro oder deren Um-
satzerlöse nicht 2 Mio. Euro übersteigen. Da nach einer sol-
chen Regelung nur noch schätzungsweise die Hälfte aller
Genossenschaften der Pflicht zur Jahresabschlussprüfung
unterliegen, soll die Befreiung nicht als Ausnahme in § 53
Abs. 3 geregelt werden, sondern es soll in § 53 Abs. 2 Satz 1
positiv formuliert werden, bei welchen Genossenschaften ei-
ne formelle Jahresabschlussprüfung durchzuführen ist.

Zu Buchstabe h (Artikel 3 Nr. 67 – § 63e Abs. 2 Satz 2
GenG-E)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Streichung des
§ 53 Abs. 3 GenG-E und Übernahme der Regelung zur
Beschränkung der Jahresabschlussprüfung in § 53 Abs. 2
GenG-E.

Zu Buchstabe i (Artikel 3 Nr. 83 – § 80 Abs. 1 GenG-E)

Es wird entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates vorge-
sehen, dass bei der Bestimmung der Mindestmitgliederzahl
investierende Mitglieder außer Betracht bleiben, um zu ver-
hindern, dass eine Genossenschaft nur noch aus investieren-
den Mitgliedern besteht.

Zu Buchstabe j (Artikel 3 Nr. 96 – § 95 Abs. 3 GenG-E)

Es handelt sich um eine rein redaktionelle Änderung.

Zu Buchstabe k (Artikel 3 Nr. 125 – § 163 GenG-E)
nutzen des Anfechtungsrechts und eine unnötige Blockade
wichtiger Entscheidungen denkbar. Dieses und auch die

Es handelt sich um eine Folgeänderung: aufgrund der Beibe-
haltung der bisherigen Regelung zu den Mehrstimmrechten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/1524

in § 43 Abs. 3 ist die Übergangsregelung nicht mehr erfor-
derlich.

Zu Buchstabe l (Artikel 3 Nr. 126 – § 164 GenG-E)

Da die Änderung des § 53 Abs. 2 Satz 1 zu einer Befreiung
einer Vielzahl von kleinen Genossenschaften von der Ver-
pflichtung zur Jahrsabschlussprüfung führt und organisatori-
sche Folgen für die Prüfung nach § 53 Abs. 1 hat, sollen die
neuen Regelungen nicht bereits für alle Prüfungen gelten, die
nach Inkrafttreten des Gesetzes am 18. August 2006 stattfin-
den, sondern erst für die Prüfung von Geschäftsjahren, die
am 31. Dezember 2006 oder später enden.

Zu Nummer 3 (Änderung des Artikels 13)

Es handelt sich um eine rein redaktionelle Änderung.

Zu Nummer 4 (Änderung des Artikels 14)

Es handelt sich um eine rein redaktionelle Änderung.

Zu Nummer 3 (Änderung der Anlage 1)

Zu Buchstabe a

Die Neufassung des § 155 durch Artikel 151 des am 25.
April 2006 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes über die Be-
reinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des
Bundesministeriums der Justiz vom 19. April 2006 (BGBl. I
S. 866, 885) bedarf ebenfalls einer Überschrift.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um eine Folgeänderung zum Entfallen der
Übergangsregelung.

Zu Buchstabe c

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur neuen Über-
gangsregelung hinsichtlich der Jahresabschlussprüfung.

Berlin, den 17. Mai 2006

Friedrich Merz
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Sevim Dagdelen
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

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