BT-Drucksache 16/13755

Wirksamkeit der zweiten Programmphase des Hochschulpakts

Vom 6. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13755
16. Wahlperiode 06. 07. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager, Ekin Deligöz,
Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Grietje Staffelt und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wirksamkeit der zweiten Programmphase des Hochschulpakts

Am 4. Juni 2009 haben Bund und Länder die Fortsetzung der drei Wissen-
schaftspakte – Hochschulpakt, Exzellenzinitiative, Pakt für Forschung und
Innovation – beschlossen. Dafür sollen voraussichtlich 18 Mrd. Euro bereit-
gestellt werden. Im Vereinbarungsentwurf zur zweiten Programmphase des
Hochschulpakts wollen Bund und Länder vorbehaltlich der Mittelbereitstellung
durch ihre gesetzgebenden Körperschaften den Ausbau der Studienplatzkapazi-
täten vorantreiben. Der Bund stellt für den geplanten Kapazitätsausbau laut
Vereinbarung 3,217 Mrd. Euro bereit.

Ob das Geld für die Wissenschaftspakte tatsächlich in dieser Höhe fließt, ist
Medienberichten zufolge unklar bzw. zweifelhaft. Laut der Tageszeitung „DER
TAGESSPIEGEL“ vom 15. Juni 2009 („Im 18-Milliarden-Paket für die Wis-
senschaft steckt altes Geld“) hätten Bund und Länder Doppelbuchungen vorge-
nommen und so „ein bisschen gemogelt“.

Wir fragen die Bundesregierung:

Bilanz zur ersten Programmphase des Hochschulpakts

1. Welche Bilanz zieht die Bundesregierung aus der ersten Programmphase des
Hochschulpaktes 2020 auf der Basis der bisher vorliegenden Zahlen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die westdeutschen Flä-
chenländer nur 37 272 zusätzliche Studienanfänger/Studienanfängerinnen
aufgenommen haben, was gegenüber der Verpflichtung aus der ersten Pro-
grammphase einen Erfüllungsgrad von 47 Prozent des Planungssolls bedeu-
tet, während die ostdeutschen Flächenländer zusammen 10 000 zusätzliche
Studienanfängerinnen/Studienanfänger aufgenommen haben, und die Stadt-
staaten trotz schon zuvor hoher Ausbildungsquoten und keinerlei Aufwuchs-
verpflichtungen zusätzlich zirka 10 700 jungen Menschen ein Studium er-
möglicht haben (Quelle: Zwei Jahre Hochschulpakt 2020 (1. Phase) – eine
Halbzeitbilanz. CHE Arbeitspapier Nr. 118, April 2009, S. 94 f.)?
3. Mit welcher Zahl von zusätzlichen Studienanfängerinnen/Studienanfänger
rechnet die Bundesregierung bis zum Ablauf der ersten Programmphase des
Hochschulpakts?

4. Wie viel Geld zum Ausbau von Studienanfängerplätzen aus der ersten Phase
des Hochschulpaktes ist bisher tatsächlich abgeflossen bzw. ausgegeben
worden?

Drucksache 16/13755 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Wie viel Geld aus der ersten Phase des Hochschulpaktes ist zum Ausbau
von Studienanfängerplätzen nach 2010 veranschlagt?

6. Unter welchen konkreten Bedingungen fließen Mittel aus der ersten Pro-
grammphase des Hochschulpaktes an den Bund zurück?

7. Wann entscheidet der Bund über die etwaige Rückforderung von nicht aus-
gegebenen Mitteln an die Bundesländer?

Vereinbarung zur zweiten Programmphase des Hochschulpakts

8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für die zweite Phase
des Hochschulpakts daraus, dass laut Hochschulkompass der Hochschul-
rektorenkonferenz von 8 927 grundständigen Studiengängen nur 3 874 ohne
Zulassungsbeschränkung waren (Abfrage vom 19. Juni 2009, 16.53 Uhr;
http://www.hochschulkompass.de/kompass/xml/index_stud.htm)?

9. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus in der Vereinba-
rung über die zweite Phase des Hochschulpaktes gezogen?

10. Aufgrund welcher Hinweise hält die Bundesregierung die Berechnungen
der Kultusministerkonferenz für realistisch, dass während der zweiten Pro-
grammphase vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 mit 275 420
zusätzlichen Studienanfängerinnen/Studienanfänger zu rechnen ist?

11. Wie ist die Tatsache in die KMK-Prognose einbezogen, dass ein immer
höherer Anteil jedes Altersjahrgangs die Hochschulreife erwirbt?

12. Inwiefern rechnet die Bundesregierung damit, dass Studieninteressierte,
die aufgrund von Kapazitätsengpässen der letzten Jahre kein Studium auf-
genommen haben, sich während der zweiten Programmphase des Hoch-
schulpakts um einen Studienplatz bewerben werden?

13. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den zusätzlichen Bedarf an Studien-
plätzen ein, der durch den Rückgang des Angebotes an dualen Ausbil-
dungsplätzen im Jahr 2009 entstehen wird?

14. Mit wie vielen beruflich qualifizierten zusätzlichen Studienanfängerinnen/
Studienanfänger ohne Abitur oder Fachhochschulreife rechnet die Bundes-
regierung, denen es aufgrund des Beschluss der Kultusministerkonferenz
vom 6. März 2009 bundesweit erleichtert werden soll, ein Studium aufzu-
nehmen?

Falls der Bundesregierung diese Daten nicht vorliegen sollten, hält sie eine
länderübergreifende Statistik für notwendig, um den zusätzlichen Bedarf
an Studienplätzen für beruflich Qualifizierte ohne Abitur oder Fachhoch-
schulreife schnellstmöglich zu ermitteln, und wenn ja, wie wird sie sich für
die Erstellung dieser Statistik einsetzen?

15. Wie schätzt die Bundesregierung Prognosen ein, die mit deutlich mehr zu-
sätzlichen Studienanfängerinnen/Studienanfänger rechnen als von der
KMK prognostiziert?

16. Wie kommt es, dass anders als in der ersten Phase des Hochschulpaktes in
der zweiten Programmphase keine Zielzahlen mehr festgelegt werden, wie
viele Plätze ein einzelnes Land schaffen soll?

17. Welchen Institutionen werden die Länderberichte über die Durchführung
der zweiten Programmphase des Hochschulpakts vorgelegt, und wird der
vollständige Bericht gleichzeitig auch dem Deutschen Bundestag und den
Länderparlamenten zur Kenntnis gegeben?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13755

Finanzierung der zweiten Programmphase

18. Wie bewertet die Bundesregierung die Protokollnotiz vom Bundesminister
der Finanzen, Peer Steinbrück, nach der laut Medienberichten bei der Fort-
setzung der Programme von 2011 an „insbesondere die weitere Einnahme-
situation des Bundes“ zu berücksichtigen sei (Quelle: dpa-Dossier Kultur-
politik Nr. 24/2009, Seite 3), und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

19. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, mit der Aussage der Protokoll-
notiz sei verbunden, dass eine schlechtere Einnahmesituation des Bundes
– zum Beispiel durch Steuermindereinnahmen – dazu führe, dass die Mittel
für den Hochschulpakt II nicht bereitgestellt werden, und wenn nein,
warum nicht?

20. Woran haben Bund und Länder sich bei der Festlegung der Höhe der
Kosten eines Studienplatzes orientiert, wenn offensichtlich erneut nicht der
OECD-Mittelwert von ca. 10 600 Euro im Jahr als Orientierungswert zu-
grunde gelegt wurde?

21. Wie stellen Bund und Länder durch ihren Kostenansatz sicher, dass bei den
zusätzlichen Studienplätzen auch kostenintensivere Fächergruppen oder
auch betreuungsintensivere Bachelor- und Masterstudiengänge berücksich-
tigt werden können?

22. Wie stellt die Bundesregierung in diesem Ansatz sicher, dass ihre Ankün-
digung der Stärkung der MINT-Fächer durch den Hochschulpakt II reali-
siert werden kann?

23. Wie könnte nach Auffassung der Bundesregierung ein gerechter und
wirkungsvoller Verteilmechanismus von Hochschulpaktmitteln aussehen,
in dem Bund und Länder den Finanzierungsbedarf so bemessen, dass es
einen Ausgleich für die über- oder unterproportionale Ausbildungsleistung
des jeweiligen Landes gibt?

24. Unter welchen Bedingungen fließen Mittel aus der zweiten Programm-
phase des Hochschulpaktes an den Bund zurück?

Berlin, den 6. Juli 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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