BT-Drucksache 16/13726

Systemrelevanz

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13726
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dr. h. c. Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn),
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian
Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Systemrelevanz

Die Bundesregierung begründet die Verstaatlichung der Hypo Real Estate (HRE)
unter anderem damit, dass es sich dabei um eine systemrelevante Bank handele.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/5878 zu
den Fragen 4 und 5 schreibt die Bundesregierung, dass der Begriff „system-
relevant“ nicht gesetzlich definiert sei, sondern dass die „Abgrenzung bei der
laufenden Aufsicht“ erfolge. Der Fall HRE verdeutlicht, welche Belastungen
für die Bürgerinnen und Bürger mit der Rettung von so genannten system-
relevanten Banken bzw. Unternehmen verbunden sein können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Banken bzw. Unternehmen in Deutschland sind nach Einschätzung
der Bundesregierung „systemrelevant“?

2. Seit wann erfasst die Bundesregierung die so genannte Systemrelevanz von
Unternehmen?

3. Wertet die Bundesregierung generell nur Banken als systemrelevant oder
auch sonstige Wirtschaftsunternehmen, und um welche Unternehmen handelt
es sich dabei?
4. Auf welchen Daten bzw. Informationen beruht die Einstufung einer Bank als
Institut mit geringer, mittlerer bzw. hoher Systemrelevanz, und inwieweit ist
diese Einstufung für die Öffentlichkeit transparent?

5. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff der Systemrelevanz, und auf
welche Weise ist eine ausreichend eindeutige Unterscheidung zwischen
keiner, geringer, mittlerer bzw. hoher Systemrelevanz sichergestellt?

Drucksache 16/13726 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6. Welches Verfahren liegt einer Einstufung der Systemrelevanz zugrunde,
wer nimmt die entsprechende Einstufung vor, in welchen Akten wird sie
vermerkt, und von welchen Entscheidungsebenen bzw. Institutionen muss
sie bestätigt werden?

7. Auf welche Weise ist nach Ansicht der Bundesregierung die Nachvollzieh-
barkeit einer entsprechenden Einschätzung der Systemrelevanz gesichert?

8. Wie hat sich die Anzahl der Banken mit geringer, mittlerer bzw. hoher
Systemrelevanz seit Beginn der 15. Legislaturperiode verändert?

9. Wann wurde die HRE erstmalig als systemrelevant eingestuft, und auf
welchen konkreten Zahlen und Informationen beruhte diese Einschätzung?

10. Welche Pfandbrief emittierenden Banken sind nach Ansicht der Bundes-
regierung systemrelevant?

11. Wie oft werden Banken mit geringer, mittlerer bzw. hoher Systemrelevanz
von der deutschen Finanzaufsicht geprüft, und wie stellt sich im Vergleich
dazu die Prüfintensität der deutschen Finanzaufsicht bei Banken ohne
Systemrelevanz dar?

12. Mit welchen Konsequenzen ist die Einschätzung einer Bank als system-
relevant in Bezug auf die Finanzaufsicht bzw. die Geschäftspolitik des
Unternehmens verbunden?

13. Werden die Banken bzw. Unternehmen von ihrer Einstufung als gering,
mittel bzw. hoch systemrelevant in Kenntnis gesetzt, und wie begründet die
Bundesregierung ihre diesbezügliche Vorgehensweise?

14. Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen, sich gegen eine Einstufung
als niedrig, mittel bzw. hoch systemrelevant zu widersetzen, und in wie
vielen Fällen haben Unternehmen eine entsprechende Einstufung abgelehnt
bzw. eine solche gefordert?

15. Auf welche Summe belaufen sich die Bilanzsummen, Gewinne bzw. Ver-
luste der Banken mit niedriger, mittlerer bzw. hoher Systemrelevanz?

16. Verfügt die Bundesregierung jederzeit über ausreichend Informationen, um
eine Gefährdung systemrelevanter Unternehmen frühzeitig zu erkennen,
und auf welche Weise ist dies sichergestellt?

17. Lässt sich die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Finanzen
(BMF) gesondert über die Situation der systemrelevanten Unternehmen
informieren, welche Hierarchie- bzw. Fachebenen des BMF werden dabei
regelmäßig mit einbezogen, und in welchem Turnus erfolgt diese Infor-
mation?

18. Wie hoch ist die Summe der Mittel, welche die Bundesregierung Unter-
nehmen mit a) geringer, b) mittlerer, c) hoher Systemrelevanz im Rahmen
der Rettungspakete zur Verfügung gestellt hat, und wie stellt sich im Ver-
gleich dazu die Summe der Mittel dar, welche die Bundesregierung Unter-
nehmen ohne Systemrelevanz zur Verfügung gestellt hat?

19. Ist der Staat nach Ansicht der Bundesregierung in der Lage, das Überleben
aller als systemrelevant eingestuften Unternehmen zu sichern, und wie be-
gründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung?

20. Ist mit der Einstufung eines Unternehmens als gering, mittel bzw. hoch
systemrelevant auch der Entwurf eines Krisenplanes bzw. -szenarios ver-
bunden, und wenn ja, von wem wird dieser erstellt, und wenn nein, warum
ist ein solcher nach Ansicht der Bundesregierung verzichtbar?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13726

21. Gilt nach Ansicht der Bundesregierung für alle Unternehmen mit hoher
Systemrelevanz der Grundsatz, dass diese nicht in die Insolvenz gehen
dürfen, und wie begründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auf-
fassung?

Berlin, den 1. Juli 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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