BT-Drucksache 16/13589

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/13000, 16/13386- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaushaltsplan für das HaushaltsJahr 2009 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009)

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13589
Bericht der Abgeordneten Steffen Kampeter, Carsten Schneider (Erfurt), Otto Fricke,
Dr. Gesine Lötzsch und Alexander Bonde

A. Allgemeine Bemerkungen

1. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/13000 über die Feststellung eines Zweiten Nach-
trags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009
(Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009) in seiner 228. Sit-
zung am 19. Juni 2009 nach erster Lesung dem Haushalts-
ausschuss gemäß § 95 der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages überwiesen.

2. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die mit dem Zweiten Nachtragshaushalt 2009 veran-
schlagte Nettokreditaufnahme (rund 47,6 Mrd. Euro) über-
schreitet die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten
maßgeblichen Investitionen (rund 32,8 Mrd. Euro) um

findet. Die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland war
bereits im IV. Quartal 2008 stark rückläufig. Aktuelle
Konjunkturindikatoren signalisieren, dass sich der Ab-
schwung im I. Quartal 2009 nochmals beschleunigt hat.

In ihrer Frühjahrsprojektion erwartet die Bundesregierung
für dieses Jahr einen drastischen Rückgang des Bruttoin-
landsprodukts von real sechs Prozent. Die wirtschaftliche
Entwicklung des laufenden Jahres wird durch den massiven
weltwirtschaftlichen Einbruch geprägt. Rund drei Viertel
des Wachstumsrückgangs entfallen dabei auf den stark ne-
gativen Außenhandelseinfluss. Auch die deutsche Binnen-
konjunktur wird, unter anderem aufgrund einer sich ab-
schwächenden Investitionstätigkeit, spürbar gedämpft wer-
den. Die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-
wichts zeigt sich daran, dass die Produktionskapazitäten
Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009
(Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009)
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Bericht*
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 16/13000, 16/13386 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum
rund 14,8 Mrd. Euro.

Im Jahr 2009 liegt eine ernsthafte und nachhaltige Störung
des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vor. Sämtliche
Wirtschaftsdaten zeigen, dass sich die Bundesrepublik
Deutschland in einer außerordentlich heftigen Rezession be-

2009 in erheblichem Maße nicht ausgelastet sein werden.
Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts weicht also
deutlich von der konjunkturellen Normalsituation ab. Auf
dem Arbeitsmarkt wird sich das volle Ausmaß der Rezes-
sion erfahrungsgemäß erst mit einer Verzögerung von meh-
reren Monaten zeigen. Die Bundesregierung rechnet in ihrer

* Die Beschlussempfehlung wurde als Drucksache 16/13588 gesondert verteilt.

Drucksache 16/13589 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Frühjahrsprojektion mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit
im laufenden Jahr um etwa 450 000 auf einen jahresdurch-
schnittlichen Stand von rund 3,7 Millionen Personen.

Das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes eines gestörten
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist angesichts der
aktuellen Wirtschaftsdaten und der in die Zukunft reichen-
den Indikatoren eindeutig. Nach Ansicht der Wirtschaftsfor-
schungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose vom
21. April dieses Jahres befindet sich die deutsche Wirtschaft
derzeit „in der tiefsten Rezession seit der Gründung der
Bundesrepublik“. Insbesondere seien sowohl Tempo als
auch Ausmaß des Rückgangs der Produktion im verarbei-
tenden Gewerbe „in der Geschichte der Bundesrepublik
ohne Beispiel“.

Die Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um die
wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Das Finanz-
marktstabilisierungsgesetz hat dazu beigetragen, einen Kol-
laps der Finanzmärkte zu verhindern. Darüber hinaus sind
zwei konjunkturgerechte Maßnahmenpakete auf den Weg
gebracht worden, um Beschäftigung zu sichern, konjunktu-
relle Schwankungen abzumildern und die Wachstumskräfte
der deutschen Volkswirtschaft zu stärken.

Zusätzlich zu den beschlossenen Politikmaßnahmen leisten
die automatischen Stabilisatoren einen wichtigen Beitrag zur
Stützung der wirtschaftlichen Entwicklung. Zum einen ist
angesichts der heftigen Rezession im Jahr 2009 mit deutli-
chen Steuermindereinnahmen zu rechnen. Zum anderen
dürfte die Entwicklung am Arbeitsmarkt dazu führen, dass
die Ausgaben in diesem Bereich stark ansteigen werden. Die
Bundesregierung lässt die automatischen Stabilisatoren voll
wirken. Dieses Vorgehen ist geeignet, um der Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts entgegenzutreten.

Die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen
zur Bekämpfung der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise
und die Auswirkungen der automatischen Stabilisatoren
machen eine vorübergehende und deutliche Erhöhung der
Staatsverschuldung unumgänglich. Dies bedeutet indes
keine Abkehr vom Kurs einer langfristig soliden und tragfä-
higen Finanzpolitik. Die Maßnahmen sind in eine mittel-
und langfristige Konsolidierungsstrategie eingebettet, die
durch die Reform der verfassungsrechtlichen Verschul-
dungsregeln im Rahmen der Föderalismusreform II institu-
tionell verankert werden soll.

Aus Sicht der Bundesregierung ist die Verabschiedung einer
effektiveren Regel zur Begrenzung der Nettokreditauf-
nahme unverzichtbarer Teil des beschlossenen Maßnahmen-
pakets. Mit der Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit
der öffentlichen Finanzen trägt sie auch zur Bildung positi-
ver Erwartungen von Verbrauchern und Investoren bei, die
eine entscheidende Voraussetzung für die Wirksamkeit der
Konjunkturmaßnahmen sind.

B. Besonderer Teil

Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im Haushaltsausschuss

Der Haushaltsausschuss hat den Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundes-

sache 16/13000 in seiner 105. Sitzung am 1. Juli 2009 ab-
schließend beraten.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD stellten fest, dass
die tiefe Rezession auf Grund der globalen Finanzmarkt-
und Wirtschaftskrise eine erneute Anpassung des
Bundeshaushalts 2009 notwendig mache. Die Fraktionen
begrüßten, dass die automatischen Stabilisatoren und die
von den Koalitionsfraktionen angestoßenen Maßnahmen
zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität wirkten.
Damit verbunden seien erhebliche Minderungen von
Steuer- und Beitragseinnahmen und Erhöhungen von Aus-
gaben, nicht zuletzt von Investitionen, die Beschäftigung
schafften und die Grundlage für einen späteren Konjunktur-
aufschwung verbesserten.

Ohne die Krise wäre gemäß den bisherigen finanz- und
haushaltspolitischen Planungen der Bundesregierung ein
ausgeglichener Bundeshaushalt zeitnah erfolgreich umge-
setzt worden. Beide Fraktionen betonten, dass erst die er-
folgreiche Konsolidierungspolitik der Bundesregierung der
letzten Jahre die Grundlage und Spielräume geschaffen
hätte, um die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen
bzw. die notwendigen Maßnahmenpakete umsetzen zu
können.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD hoben hervor, die
enorme Nettokreditaufnahme für 2009 von nunmehr rund
49 Mrd. Euro sei hinzunehmen, es gebe dazu keine Alter-
native. Sobald als möglich habe die Finanzpolitik aber wie-
der auf einen Konsolidierungskurs zurückzukehren, um die
Regelungen der neuen Schuldenbremse einzuhalten und die
künftige Belastung der Steuerzahler durch Zinszahlungen so
gering als möglich zu halten. Daher stehe die Haushalts-
und Finanzpolitik in den kommenden Jahren vor großen
Herausforderungen. Dies schließe die zeitnahe Einhaltung
der Maastricht-Kriterien mit ein.

In dieser Wirtschaftskrise müsse die Grundlage geschaffen
werden, um die Chancen bei Beginn des nächsten Konjunk-
turaufschwungs für Beschäftigung und Wachstum zu opti-
mieren. Deutschland habe dafür gute Startvoraussetzungen
durch eine hohe internationale Wettbewerbsfähigkeit. Dazu
dienten auch die Maßnahmen, die im Rahmen der parla-
mentarischen Beratung noch in den Zweiten Nachtragshaus-
halt aufgenommen worden seien, insbesondere die im Bür-
gerentlastungsgesetz festgeschriebenen Steuererleichterun-
gen für die Wirtschaft.

Die Fraktion der FDP vertrat im Ausschuss die Auffas-
sung, dass der Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung
eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2009 mit einer
Nettokreditaufnahme in Höhe von 47,6 Mrd. Euro nicht die
tatsächliche Verschuldungssituation des Bundes abbilde.
Weder das Sondervermögen „Finanzmarktstabilisierungs-
fonds“ mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Mrd.
Euro noch das Sondervermögen „Investitions- und Til-
gungsfonds“ mit einer Kreditermächtigung in Höhe von
25,2 Mrd. Euro seien Bestandteile des Nachtrags und damit
des Bundeshaushalts. Damit werde die eigentliche Haus-
haltssituation des Bundes verschleiert und die Verschul-
dungsproblematik nicht transparent dargestellt. Mit dem
Nachtragshaushalt 2009 und einer etatisierten Nettokredit-
aufnahme in Höhe von nunmehr über 49 Mrd. Euro werde
haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 (Zweites Nach-
tragshaushaltsgesetz 2009) nebst Gesamtplan auf Druck-

das Scheitern der Bundesregierung in der Haushaltspolitik
dokumentiert. Im verabschiedeten Ursprungshaushalt habe

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13589

die Nettokreditaufnahme 18,5 Mrd. Euro betragen; sie
steige somit um 160 Prozent bzw. 30,5 Mrd. Euro.

Sie liege auch deutlich über der von der Vorgängerregierung
mit 31,2 Mrd. Euro zu verantwortenden Neuverschuldung.
Damit sei die haushaltspolitische Bilanz nach vier Jahren
negativ. Insgesamt über 100 Mrd. Euro an neuen Schulden
habe die Bundesregierung inklusive der Nachtragshaushalte
bisher im Zeitraum 2006 bis 2009 aufgenommen. Das
zentrale finanzpolitische Ziel, den Bundeshaushalt und
damit die Staatsfinanzen nachhaltig zu konsolidieren, sei
nicht umgesetzt worden. Dies werde nicht ohne Folgen für
die Handlungsfähigkeit des Bundes und die Spielräume im
Bundeshaushalt in zukünftigen Jahren sein. Der Anteil der
Zinsausgaben am Bundeshaushalt (Zinsquote) werde weiter
steigen.

Die mit dem Nachtragshaushalt erfolgte Überschreitung der
Kreditfinanzierungsgrenze nach Artikel 115 des Grundge-
setzes mit einer Nettokreditaufnahme von nunmehr über
49 Mrd. Euro und einer Investitionssumme von 32,8 Mrd.
Euro sei weniger ursächlich auf die Wirtschafts- und
Finanzkrise zurückzuführen als vielmehr darauf, dass die
Bundesregierung ihre bisherige Haushalts- und Finanzpla-
nung nicht vorausschauend und zukunftsorientiert gestaltet
habe.

So habe die Bundesregierung die sehr guten konjunkturellen
Phasen der Jahre 2006 bis 2008 auf Grund ihrer „gestalten-
den Finanzpolitik“ ungenutzt verstreichen lassen. Statt die
Neuverschuldung auf Null zu reduzieren und Haushalts-
überschüsse zu erwirtschaften, seien die Ausgaben um rund
45 Mrd. Euro ausgeweitet worden. Dabei habe die Bundes-
regierung seit Regierungsantritt insgesamt über rund
150 Mrd. Euro an Steuermehreinnahmen verfügen können.
Zudem würden mit dem Nachtragshaushalt 2009 falsche
politische Weichenstellungen – etwa beim GKV-Bundes-
zuschuss bzw. dem Gesundheitsfonds – manifestiert. Sie
würden den Bundeshaushalt in höchstem Maße belasten. So
sollten allein in den Jahren 2009 und 2010 kreditfinanziert
zusätzlich insgesamt 9,5 Mrd. Euro aus dem Bundeshalt für
den Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt werden. Ab
dem Jahr 2012 würden dann jährlich 14 Mrd. Euro fließen.
Konkrete Angaben, für welche versicherungsfremden Leis-
tungen im Einzelnen aus dem Bundeshaushalt wie viel Geld
zur Verfügung gestellt werde, gebe es nicht. Es würden auf
diese Weise pauschal Bundesmittel in ein weiterhin reform-
bedürftiges Gesundheitswesen gegeben, ohne strukturelle
Verbesserungen zu erzielen. Wohin dies führen werde, zeig-
ten die jährlichen Zahlungen von rd. 80 Mrd. Euro aus dem
Bundeshaushalt an die Rentenversicherung. Steuergelder er-
setzen keine Strukturreformen.

Mit dem Nachtragshaushalt 2009 und dem schuldenfinan-
zierten Konjunkturpaket II verschärfe sich die Situation der
öffentlichen Haushalte. Schon in diesem Jahr werde es eine
Verletzung beider relevanter Kriterien des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes geben. Staatsdefizit und Schuldenstands-
quote würden mit 4 Prozent und 70 Prozent deutlich über
den Referenzwerten liegen.

Diese Verletzung der so genannten Maastricht-Kriterien sei
ein Rückfall in schlechte Zeiten und könne schwerwiegende

nahme an der Währungsunion gemacht und würde somit der
eigenen Glaubwürdigkeit ein weiteres Mal schaden.

Die Fraktion DIE LINKE. hob hervor, dass der Zweite
Nachtragshaushalt nicht auf die dringend notwendige Siche-
rung von Arbeitsplätzen in der Krise ausgerichtet sei. Die
Krise könne nur durch ein wirksames, in sich schlüssiges
Konjunkturprogramm, die Vergesellschaftung von Banken
und die Re-Regulierung der Finanzmärkte überwunden wer-
den.

Der Staat dürfe jetzt nicht abwarten, er müsse aktiv werden
gegen den drohenden Beschäftigungseinbruch. Das Kon-
junkturprogramm hätte deshalb stark ausgedehnt und am so-
zialen und kommunalen Bedarf ausgerichtet werden müs-
sen. Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass auch fi-
nanzschwache Kommunen am Konjunkturprogramm teilha-
ben können. Wer jetzt nicht entschlossen gegensteuere,
lasse zu, dass nach dem Finanzmarkt nun auch die Wirt-
schaft zusammenbreche – mit insgesamt vielfach höheren
gesellschaftlichen und staatlichen Kosten.

Daher fordere die Fraktion DIE LINKE. erstens kräftige Zu-
kunftsinvestitionen der öffentlichen Hand vor allem in den
Bereichen Bildung, Energiewende, öffentlicher Personen-
verkehr, Gesundheit. Zweitens fordere sie einen gesetzli-
chen Mindestlohn von zunächst 8,71 Euro pro Stunde sowie
höhere Renten und Sozialleistungen, um die Lebenslage
von Millionen Menschen deutlich zu verbessern und gleich-
zeitig mit der so erreichten höheren Kaufkraft die Inlands-
nachfrage zu stärken. Außerdem müsse der Verzicht von
Rüstungsbeschaffungen erfolgen.

Das im Zweiten Nachtragshaushalt vorgesehene Darlehen
von vier Mrd. Euro für den Gesundheitsfonds verdeutliche
das Scheitern dieser Reform. Sie diene einzig dazu, den Bei-
tragsanteil der Arbeitgeber zu senken. Die paritätische, also
hälftige Finanzierung der Krankenkassenbeiträge müsse
wiederhergestellt werden.

Der Entwurf des zweiten Nachtragshaushaltes 2009 füge
sich nahtlos ein in die Regierungspolitik der Umverteilung
von unten nach oben. Die Bundesregierung nehme hohe
Schulden auf, ohne zu sagen, wer diese Schulden bezahlen
solle. Auch wenn die Kanzlerin beteuere, dass die Mehr-
wertsteuer nach der Wahl nicht angehoben werde, sollten
alle Wählerinnen und Wähler sich an den letzten Wahlbe-
trug von CDU/CSU und SPD erinnern. Aus „keine Mehr-
wertsteuererhöhung“ (SPD) und „zwei Prozentpunkte
Mehrwertsteuererhöhung“ (CDU/CSU) seien nach der Wahl
drei Prozentpunkte Mehrwertsteuererhöhung geworden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, auch
der Zweite Nachtragshaushalt bleibe unehrlich. Die Neuver-
schuldung des Bundes werde mit dem Zweiten Nachtrags-
haushalt 2009 auf eine bislang unerreichte Höhe steigen.
Selbst Bundesminister der Finanzen, Peer Steinbrück, gehe
von 49,1 Mrd. Euro an neuen Krediten aus. Doch das sei
nur die halbe Wahrheit. Denn die Milliardenbelastungen aus
der Finanzmarktstabilisierung des Bankenrettungsfonds,
dem Investitions- und Tilgungsfonds sowie dem Wirt-
schaftsfonds Deutschland würden in Schattenhaushalte und
Sondervermögen ausgegliedert.

Nach Berechnungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

Folgen haben. Deutschland selbst habe die dauerhafte Ein-
haltung dieses Kriteriums zur Voraussetzung für die Teil-

GRÜNEN werde daher die Neuverschuldung dieses Jahr
auf rund 93 Mrd. Euro ansteigen. Darüber hinaus müssten

Bundesregierung reagiere in dieser Situation wie das Kanin-
chen vor der Schlange: Es gebe keinerlei Vorschläge, wie
dieser dramatischen Überforderung der staatlichen Finanzen
begegnet werden solle, geschweige denn wie die neuen
Schulden zurückgeführt würden bzw. die Einnahmeausfälle
kompensiert werden sollten. Die Steuersenkungsphantasien
der Unionsparteien dokumentierten diese Ignoranz. Auch
die Schuldenbremse werde – wenn überhaupt – erst ab 2016
diese unverantwortliche Praxis stoppen können. Die Zeche
für diese unverantwortliche Haushaltspolitik werde morgen
bezahlt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machte deut-
lich, dass die Ausgangslage 2006 einmalig gut gewesen sei
und erinnerte an die brummende Konjunktur 2006 bis
2008. Mit 3 Prozent höherer Mehrwert- und Versicherungs-
steuer, gekürzter Pendlerpauschale und halbiertem Sparer-
freibetrag sowie glänzender Konjunktur habe der Bund
2008 fast 50 Mrd. Euro mehr Steuern eingenommen als
noch 2005. Von 2006 bis 2009 habe der Bund in der Summe
außerordentliche Steuermehreinnahmen im Vergleich zum
Basisjahr 2005 von mehr als 138 Mrd. Euro erzielt. Damit
hätten beste Voraussetzungen dafür vorgelegen, den Haus-
halt krisenfest zu machen und strukturelle Defizite abzu-
bauen. Diese Chance habe die Koalition nicht genutzt: Die
Einnahmen seien in neue Ausgabenprogramme und politi-
sche Wunschkonzerte gesteckt worden. Stets war die Haus-

Ferner sei der vorliegende Haushalt 2009 nicht transparent
und nicht vollständig. Grundprinzipien der Haushaltsord-
nung wie Wahrheit und Klarheit würden verletzt. Vorgaben
der Wirtschaftlichkeit würden außer Acht gelassen. Durch
Schattenhaushalte und Sondervermögen werde den Steuer-
zahlerinnen und Steuerzahlern die Möglichkeit verwehrt,
sich über das wahre dramatische Ausmaß der Staatsver-
schuldung zu informieren. Die Bundesregierung vertue die
Chance, mit den Milliardensummen des Haushalts 2009 den
ökologischen und zukunftsfähigen Ausbau unserer Volks-
wirtschaft voranzutreiben. Hierdurch könnten eine Million
neuer Arbeitsplätze geschaffen werden.

Der Zweite Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan für das
Haushaltsgesetz 2009 erfülle die notwendigen inhaltlichen
und formalen Anforderungen nicht und werde daher abge-
lehnt.

Abschließend empfiehlt der Haushaltsausschuss dem Ent-
wurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten
Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr
2009 – Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2009 – in der ge-
änderten Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und DIE LINKE. bei Nichtteilnahme der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen.

Im Übrigen wird auf die Anlage zu diesem Bericht verwie-
sen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Steffen Kampeter
Berichterstatter

Carsten Schneider (Erfurt)
Berichterstatter

Otto Fricke
Berichterstatter

Dr. Gesine Lötzsch
Berichterstatterin

Alexander Bonde
Berichterstatter
Drucksache 16/13589 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

noch die in die Bundesagentur für Arbeit verschobenen De-
fizite hinzugerechnet werden, denn die Bundesagentur „ver-
brauche“ ihr Finanzpolster in Höhe von rund 16,7 Mrd.
Euro bereits bis Ende dieses Jahres.

Besonders in der Krise und kurz vor der Wahl hätten die
Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf, eine transparente
und ehrliche Übersicht zum Drama der staatlichen Finanzen
zu erhalten.

In der Finanzplanung bis 2013 rechne die Bundesregierung
mit gesamtstaatlichen Steuerausfällen in Höhe von 316
Mrd. Euro und einer zusätzlichen Verschuldung von
310 Mrd. Euro. Auch diese Zahl spiegele trotz ihrer erschüt-
ternden Höhe nicht die gesamte Wahrheit wider. Eine ehr-
liche Aufstellung offenbare eine zu befürchtende Neuver-
schuldung bis 2013 in Höhe von rund 438 Mrd. Euro. Die

haltspolitik der großen Koalition durch die Hoffnung auf
weiter wachsende Einnahmen geprägt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, die
Konjunkturpakete seien weder effizient noch transparent.
Zur Stabilisierung der Wirtschaft habe der Bundestag mit
den Konjunkturpaketen I und II rund 80 Mrd. Euro bewil-
ligt. Dies seien Mittel der Steuerzahlerinnen und Steuerzah-
ler von heute und morgen. Die mit den Konjunkturpaketen
zu finanzierenden Maßnahmen stellten ein unkoordiniertes
Sammelsurium verschiedenster Maßnahmen dar. Große
Summen würden zudem in Sondervermögen verschoben
und der demokratischen Kontrolle entzogen. Dies schränke
das Budgetrecht des Parlamentes in unzulässiger Weise ein.
Die tatsächliche Verwendung der Mittel müsse transparent
und nachvollziehbar dokumentiert werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13589

2. Nachtrag zum

Haushalt 2009
Ergebnis der Beratung

im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Gesamtübersicht
Mio. `

I. Ausgaben

Bisheriges Soll 2009 ......................................................... 297.617

Steigerung (in Prozent gegenüber Soll 2008) +5,1

Nachtrag ........................................................................... +5.690

Neues Soll 2009 .............................................................. 303.307

Steigerung (in Prozent gegenüber Soll 2008) +7,1

Investitionen

s�"ISHERIGES�3OLL����� .................................................. 28.798

s�.ACHTRAG� ................................................................... +4.004

Neues Soll 2009 .......................................................... 32.802

II. Einnahmen

1. Steuereinnahmen

s�"ISHERIGES�3OLL����� .................................................. 233.180

s�.ACHTRAG� ................................................................... -9.112

Neues Soll 2009 .......................................................... 224.068

2. Sonstige Einnahmen

s�"ISHERIGES�3OLL����� .................................................. 27.559

s�.ACHTRAG� ................................................................... +2.601

Neues Soll 2009 .......................................................... 30.160

3. Nettokreditaufnahme

s�"ISHERIGES�3OLL����� .................................................. 36.878

s�.ACHTRAG� ................................................................... +12.201

Neues Soll 2009 .......................................................... 49.079

Drucksache 16/13589 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Finanzielle Ergebnisse der Beratungen des 2. Nachtrags 2009
im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Einnahmen
Einzelplan
Ressort

Bisheriges
Soll 2009

Nachtrag
Regierungs-

entwurf

Ergebnis Haushaltsausschuss
Neuer
Ansatz Erhö-

hungen
Herab-

setzungen
Mehr (+)

Weniger (-)
(Saldo)

in Tausend `

1 2 3 4 5 6 7

01 Bundespräsident und
Bundespräsidialamt

93 - - - - 93

02 Deutscher Bundestag 1.511 - - - - 1.511
03 Bundesrat 80 - - - - 80
04 Bundeskanzlerin und

Bundeskanzleramt
3.166 - - - - 3.166

05 Auswärtiges Amt 124.672 - - - - 124.672
06 Bundesministerium des Innern 384.084 - - - - 384.084
07 Bundesministerium der Justiz 383.407 - - - - 383.407
08 Bundesministerium der Finanzen 890.457 - - - - 890.457
09 Bundesministerium für Wirtschaft und

Technologie
414.179 - - - - 414.179

10 Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

128.664 - - - - 128.664

11 Bundesministerium für Arbeit und
Soziales

6.581.590 - - - - 6.581.590

12 Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung

6.703.797 - - - - 6.703.797

14 Bundesministerium der Verteidigung 300.814 - - - - 300.814
15 Bundesministerium für Gesundheit 66.164 - - - - 66.164
16 Bundesministerium für Umwelt,

Naturschutz und Reaktorsicherheit
1.027.672 - - - - 1.027.672

17 Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

62.691 - - - - 62.691

19 Bundesverfassungsgericht 36 - - - - 36
20 Bundesrechnungshof 714 - - - - 714
23 Bundesministerium für wirtschaftliche

Zusammenarbeit und Entwicklung
725.901 - - - - 725.901

30 Bundesministerium für Bildung und
Forschung

175.896 - - - - 175.896

32 Bundesschuld 38.366.436 +10.716.096 1.485.000 - +1.485.000 50.567.532
60 Allgemeine Finanzverwaltung 241.274.976 -5.116.096 - 1.395.000 -1.395.000 234.763.880
Summe 297.617.000 +5.600.000 1.485.000 1.395.000 +90.000 303.307.000

Im Epl. 32 (Spalte 7) Nettokreditaufnahme = 49.078.836

Im Epl. 60 (Spalte 6) Steuermindereinnahmen = 1.395.000

Im Epl. 60 (Spalte 7) Münzeinnahmen = 400.000

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/13589

Finanzielle Ergebnisse der Beratungen des 2. Nachtrags 2009
im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Ausgaben
Einzelplan
Ressort

Bisheriges
Soll 2009

Nachtrag
Regierungs-

entwurf

Ergebnis Haushaltsausschuss
Neuer
Ansatz Erhö-

hungen
Herab-

setzungen
Mehr (+)

Weniger (-)
(Saldo)

in Tausend `

1 2 3 4 5 6 7

01 Bundespräsident und
Bundespräsidialamt

27.626 - - - - 27.626

02 Deutscher Bundestag 677.086 - - - - 677.086
03 Bundesrat 21.283 - - - - 21.283
04 Bundeskanzlerin und

Bundeskanzleramt
1.805.625 - 4.000 - +4.000 1.809.625

05 Auswärtiges Amt 3.027.998 - - - - 3.027.998
06 Bundesministerium des Innern 5.620.446 - - - - 5.620.446
07 Bundesministerium der Justiz 500.501 - - - - 500.501
08 Bundesministerium der Finanzen 4.868.303 - - - - 4.868.303
09 Bundesministerium für Wirtschaft und

Technologie
6.133.352 - 40.000 10.000 +30.000 6.163.352

10 Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

5.290.893 - - - - 5.290.893

11 Bundesministerium für Arbeit und
Soziales

126.349.560 +1.600.000 - - - 127.949.560

12 Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung

26.690.242 - - - - 26.690.242

14 Bundesministerium der Verteidigung 31.179.477 - - - - 31.179.477
15 Bundesministerium für Gesundheit 7.626.357 +4.000.000 - - - 11.626.357
16 Bundesministerium für Umwelt,

Naturschutz und Reaktorsicherheit
1.418.451 - 66.000 10.000 +56.000 1.474.451

17 Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

6.389.226 - - - - 6.389.226

19 Bundesverfassungsgericht 22.934 - - - - 22.934
20 Bundesrechnungshof 116.641 - - - - 116.641
23 Bundesministerium für wirtschaftliche

Zusammenarbeit und Entwicklung
5.813.779 - - - - 5.813.779

30 Bundesministerium für Bildung und
Forschung

10.204.214 - - - - 10.204.214

32 Bundesschuld 43.902.499 - - - - 43.902.499
60 Allgemeine Finanzverwaltung 9.930.507 - - - - 9.930.507
Summe 297.617.000 +5.600.000 110.000 20.000 +90.000 303.307.000

Drucksache 16/13589 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Finanzielle Ergebnisse der Beratungen des 2. Nachtrags 2009
im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Verpflichtungsermächtigungen
Einzelplan
Ressort

Bisheriges
Soll 2009

Nachtrag
Regierungs-

entwurf

Ergebnis Haushaltsausschuss
Neuer
Ansatz Erhö-

hungen
Herab-

setzungen
Mehr (+)

Weniger (-)
(Saldo)

in Tausend `

1 2 3 4 5 6 7

02 Deutscher Bundestag 39.829 - - - - 39.829
04 Bundeskanzlerin und

Bundeskanzleramt
248.203 - - - - 248.203

05 Auswärtiges Amt 1.120.731 - - - - 1.120.731
06 Bundesministerium des Innern 2.623.015 - - - - 2.623.015
07 Bundesministerium der Justiz 1.896 - - - - 1.896
08 Bundesministerium der Finanzen 620.181 - - - - 620.181
09 Bundesministerium für Wirtschaft und

Technologie
2.507.122 - 500 500 - 2.507.122

10 Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

1.089.689 - - - - 1.089.689

11 Bundesministerium für Arbeit und
Soziales

4.721.948 - - - - 4.721.948

12 Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung

23.548.334 - 19.200 - +19.200 23.567.534

14 Bundesministerium der Verteidigung 10.284.925 - - - - 10.284.925
15 Bundesministerium für Gesundheit 118.810 - - - - 118.810
16 Bundesministerium für Umwelt,

Naturschutz und Reaktorsicherheit
1.047.543 - 46.200 - +46.200 1.093.743

17 Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

229.984 - - - - 229.984

19 Bundesverfassungsgericht 300 - - - - 300
20 Bundesrechnungshof 12.821 - - - - 12.821
23 Bundesministerium für wirtschaftliche

Zusammenarbeit und Entwicklung
4.166.440 - - - - 4.166.440

30 Bundesministerium für Bildung und
Forschung

5.737.552 - - - - 5.737.552

60 Allgemeine Finanzverwaltung 89.000 - - - - 89.000
Summe 58.208.323 - 65.900 500 +65.400 58.273.723

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.