BT-Drucksache 16/13547

Zukunft des Kompetenznetzes HIV/AIDS und der HIV-Forschung in Deutschland

Vom 23. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13547
16. Wahlperiode 23. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Priska Hinz (Herborn), Dr. Harald Terpe,
Elisabeth Scharfenberg, Kai Gehring, Britta Haßelmann, Krista Sager und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Kompetenznetzes HIV/Aids und der HIV-Forschung in Deutschland

Das nationale Kompetenznetz HIV/Aids wurde durch das wissenschaftliche
Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Gründung
von klinisch-wissenschaftlichen Netzwerken ermöglicht. Von Juni 2002 bis
August 2007 wurde das Kompetenznetz mit jährlich 3 Mio. Euro gefördert, bis
voraussichtlich August 2010 mit 1,2 Mio. Euro jährlich.

Ziel des Kompetenznetzes ist die Erarbeitung von Lösungen biomedizinischer und
für das Gesundheitswesen relevanter Problemstellungen im Rahmen der vernetz-
ten klinisch-orientierten und grundlagenwissenschaftlichen Forschung, unter Ein-
bindung von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Selbsthilfegruppen.

Mit der aufgebauten Patientenkohorte können klinische, biomedizinische sowie
soziodemographische Daten der HIV-Patientinnen und Patienten erfasst und
durch die dazugehörigen Biomaterialbanken ergänzt werden. Dies ist ein wich-
tiges Alleinstellungsmerkmal des Netzes, das eine fundierte Forschung zu HIV
und Aids, aber auch zur sozialen Lage der Patientinnen und Patienten in
Deutschland unabhängig von der pharmazeutischen Industrie erlaubt. Gleich-
zeitig ist absehbar, dass die Förderung ab 2010 entfallen soll.

Im Aktionsplan zur Umsetzung der HIV/Aids-Bekämpfungsstrategie aus dem
Jahr 2007 bezeichnet die Bundesregierung das Kompetenznetz HIV/Aids als
Motor der Weiterentwicklung der HIV-Forschung in Deutschland.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, wie sich
die öffentlichen Ausgaben für die deutsche HIV-Forschung seit Beginn
der Epidemie entwickelt haben?

b) Welche Förderungen erfolgten in diesem Zeitraum aus Mitteln des Bun-
deshaushaltes?

2. Wie viel Prozent, gemessen an den Gesamtausgaben für den Kampf gegen
Aids, werden aus dem Bundeshaushalt für die HIV/Aids-Forschung veraus-
gabt?

Wird damit die so genannte Sydney-Erklärung (www.iasociety.org/Default.

aspx?pageId=63) aus dem Jahr 2007 erfüllt, mit der die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer der „4th IAS Conference on Pathogenesis, Treatment and
Prevention“ forderten, dass 10 Prozent der von nationalen Regierungen,
bilateralen, multilateralen und privaten Geldgebern zur Verfügung gestellten
finanziellen Mittel im Kampf gegen Aids für die Aids-Forschung ausgege-
ben werden sollen?

Wenn nein, weshalb nicht?

Drucksache 16/13547 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Positionierung Deutschlands auf
dem Feld der HIV/Aids-Forschung im internationalen Vergleich, insbeson-
dere vor dem Hintergrund föderaler Wissenschaftsstrukturen?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Arbeit des Kompetenznet-
zes HIV/Aids, und welche Schlussfolgerungen leitet sie für die zukünftige
Finanzierung des Kompetenznetzes daraus ab?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung das Kompetenznetz HIV/Aids über das
Jahr 2010 hinaus finanziell zu fördern?

Wenn ja, wird auch eine Auslauffinanzierung in Erwägung gezogen?

Wenn nein, wer sollte sich nach Auffassung der Bundesregierung an der
unabhängigen finanziellen Förderung beteiligen bzw. wer sollte sie sicher-
stellen?

6. Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung Alternativmodelle zum
HIV/Aids-Kompetenznetz, die die horizontale und vertikale wissenschaft-
liche Vernetzung im HIV/Aids-Bereich und die strategische Zusammen-
arbeit von nationalen, staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren in gleicher
Weise gewährleisten und stärken können?

7. In welcher Form soll nach Auffassung der Bundesregierung ab 2010 die
Translationsforschung in Deutschland gefördert werden, die besonders im
Bereich der HIV/Aids-Forschung notwendig ist, um ein Gesamtbild aller
Facetten der Krankheit zu erstellen und eine adäquate, individuelle Thera-
pieform zu entwickeln, und wie kann das Kompetenznetz HIV/Aids in die-
sen Prozess eingebunden werden?

8. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die Sicherstellung einer unabhängi-
gen vernetzten HIV-Forschung in Deutschland zu gewährleisten?

9. Welche nationale Datensammlung/Kohorte wird nach Auffassung der Bun-
desregierung ab 2010 die klinische, epidemiologische, gesundheitsökono-
mische und soziale Entwicklung der HIV/Aids-Epidemie in Deutschland,
unabhängig von der pharmazeutischen Industrie, abbilden?

10. Wie kann die HIV-Forschung in Deutschland nach Auffassung der Bundes-
regierung im internationalen Vergleich bestehen, wenn das Kompetenznetz
HIV/Aids ab September 2010 seine finanziellen Mittel zu 100 Prozent aus
Drittmitteln generieren soll?

11. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die deutsche Integration und Beteili-
gung innerhalb der Europäischen Netzwerke (z. B. NEAT, COHERE,
MITOC) sicherzustellen, sollte es das Kompetenznetz HIV/Aids ab Sep-
tember 2010 nicht mehr geben?

12. Welche Notwendigkeit sieht die Bundesregierung im Falle der Auflösung
des Kompetenznetzes HIV/Aids, die Sicherheit der Patientendaten sowie
das Recht der informationellen Selbstbestimmung zu schützen, zum Bei-
spiel in Bezug auf den Zugang zu persönlichen Daten, die Löschung von
Daten sowie den Zugang zu Forschungsergebnissen, die aus persönlichen
Daten stammen?

13. Wie wird sichergestellt, dass im Falle des Auslaufens der Förderung des
Kompetenznetzes die in seinem Rahmen gemachten Erfahrungen zur
Gründung und Ausgestaltung von klinisch-wissenschaftlichen Netzwerken
gesichert und für zukünftige Projekte dieser Art nutzbar gemacht werden?

Berlin, den 23. Juni 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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