BT-Drucksache 16/13219

1. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/10529, 16/10581- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes 2. zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -16/31- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes 3. zu dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/683- Mehr Datenschutz beim so genannten Scoring

Vom 27. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13219
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 16/10529, 16/10581 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

2. zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 16/31 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Bärbel Höhn,
Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/683 –

Mehr Datenschutz beim so genannten Scoring

A. Problem

Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in seiner derzeitigen Fassung trägt der
gestiegenen und weiter steigenden Bedeutung von Auskunfteien in einer immer
anonymer werdenden Geschäftswelt und ihrer Nutzung durch immer weitere
Branchen nicht mehr ausreichend Rechnung. Problematisch ist insbesondere,
dass aufgrund bestehender intransparenter Verfahrensweisen der Auskunfteien
Betroffene häufig die sie betreffenden Entscheidungen ihrer (potentiellen) Ge-
schäftspartner, der Auskunfteikunden, nicht oder nur schwer nachvollziehen
können. Dies gilt insbesondere beim Einsatz sogenannter Scoringverfahren
(mathematisch-statistische Verfahren zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit,
mit der eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten zeigen wird), die vor
allem zur Bewertung der Kreditwürdigkeit (Zahlungsfähigkeit und -willigkeit)
der Betroffenen verwendet werden. Zudem ist hinsichtlich bestimmter Daten-
verarbeitungen durch Auskunfteien in der Praxis eine gewisse Rechtsunsicher-
heit zu erkennen. Aufgrund der mitunter sehr weiten Auslegungs- und Bewer-
tungsspielräume der geltenden datenschutzrechtlichen Regelungen wird die

Drucksache 16/13219 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zulässigkeit bestimmter Datenverarbeitungen, mitunter auch von den Daten-
schutz-Aufsichtsbehörden der Länder, unterschiedlich beurteilt. Der Gesetzent-
wurf verfolgt das Ziel, die Transparenz der Verfahren zu verbessern und gleich-
zeitig mehr Rechtssicherheit und damit bessere Planungsmöglichkeiten für die
Unternehmen zu schaffen.

B. Lösung

Die Regelungen für die Tätigkeit von Auskunfteien und ihren Vertragspartnern
im BDSG sind dahingehend zu ändern, dass die Rechte der Betroffenen, insbe-
sondere durch weitere Informations- und Auskunftsrechte, gestärkt werden. Mehr
Rechtssicherheit wird durch die Einführung spezifischer Erlaubnistatbestände
für bestimmte Datenverarbeitungen (z. B. für bestimmte Übermittlungen von
Forderungen oder von Angaben über die ordnungsgemäße Durchführung von
Kreditverträgen an Auskunfteien) erreicht. Insbesondere werden ausdrückliche
Regelungen für die Durchführung von Scoringverfahren, sofern deren Ergeb-
nisse für Entscheidungen über die Begründung, Durchführung oder Beendigung
eines Vertragsverhältnisses mit dem Betroffenen verwendet werden, eingeführt.

1. Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 16/10529, 16/10581 in
geänderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP

2. Einstimmige Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/31

3. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/683 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte sind auf Grund der
Gesetzesänderung nicht zu erwarten.

E. Sonstige Kosten

Geringfügige zusätzliche Verwaltungskosten für einzelne Unternehmen können
nicht ausgeschlossen werden (siehe Bürokratiekosten). Andere Kostenfolgen
für die Wirtschaft sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf die Einzelpreise,
das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau sind ebenfalls nicht
zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Für Unternehmen werden zwei Informationspflichten geändert und vier neue
eingeführt (im Einzelnen siehe den allgemeinen Teil der Begründung). Die
Summe zu erwartender Mehrkosten für alle betroffenen Unternehmen insge-
samt beträgt rund 646 700 Euro pro Jahr.

Für Bürgerinnen und Bürger wird eine neue Informationspflicht eingeführt. Es
werden keine Informationspflichten für die Verwaltung neu eingeführt, geändert
oder aufgehoben.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13219

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 16/10529, 16/10581
mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Im Eingangssatz werden die Wörter „Artikel 1 des Gesetzes vom
22. August 2006 (BGBl. I S. 1970)“ durch die Wörter „Artikel 15
Abs. 53 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160)“ ersetzt.

b) Nummer 4 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

‚b) Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 wird wie folgt gefasst:

„2. die Wahrung der berechtigten Interessen des Betroffenen durch
geeignete Maßnahmen gewährleistet ist und die verantwort-
liche Stelle dem Betroffenen die Tatsache des Vorliegens einer
Entscheidung im Sinne des Absatzes 1 mitteilt sowie auf Ver-
langen die wesentlichen Gründe dieser Entscheidung mitteilt
und erläutert.“‘

c) Nummer 6 wird wie folgt geändert:

aa) § 28a Abs. 1 wird wie folgt geändert:

aaa) Im einleitenden Satzteil werden die Wörter „von Angaben“
durch die Wörter „personenbezogener Daten“ ersetzt.

bbb) Folgender Satz wird angefügt:

„Satz 1 gilt entsprechend, wenn die verantwortliche Stelle
selbst die Daten nach § 29 verwendet.“

bb) Dem § 28a wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Nachträgliche Änderungen der einer Übermittlung nach
Absatz 1 oder Absatz 2 zugrunde liegenden Tatsachen hat die ver-
antwortliche Stelle der Auskunftei innerhalb von einem Monat
nach Kenntniserlangung mitzuteilen, solange die ursprünglich
übermittelten Daten bei der Auskunftei gespeichert sind. Die Aus-
kunftei hat die übermittelnde Stelle über die Löschung der ur-
sprünglich übermittelten Daten zu unterrichten.“

cc) In § 28b wird nach Nummer 2 folgende Nummer 3 eingefügt:

„3. für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht aus-
schließlich Anschriftendaten genutzt werden,“.

dd) Der bisherige § 28b Nummer 3 wird § 28b Nummer 4.

d) In Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe dd wird in Nummer 3 die
Angabe „Satz 3“ durch die Angabe „Satz 4“ ersetzt.

e) Nummer 8 wird wie folgt geändert:

aa) In § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 werden nach dem Wort „Zustandekom-
men“ die Wörter „und die Bedeutung“ eingefügt.

bb) In § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 werden nach dem Wort „Zustandekom-
men“ die Wörter „und die Bedeutung“ eingefügt.

f) Der Nummer 9 wird folgender Buchstabe e angefügt:

,e) In Absatz 7 wird das Wort „werden“ durch das Wort „wurden“ er-
setzt.‘

Drucksache 16/13219 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

g) Nummer 10 wird wie folgt gefasst:

‚10. § 43 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 4a eingefügt:

„4a. entgegen § 28a Abs. 3 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht
richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,“.

b) Nach Nummer 8 werden folgende Nummern 8a bis 8c einge-
fügt:

„8a. entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit
Satz 3, entgegen § 34 Abs. 2 Satz 1, auch in Verbindung
mit Satz 2, oder entgegen § 34 Abs. 2 Satz 5, Abs. 3 Satz 1
oder Satz 2 oder Abs. 4 Satz 1, auch in Verbindung mit
Satz 2, eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollstän-
dig oder nicht rechtzeitig erteilt,

8b. entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig,
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,

8c. entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder
nicht rechtzeitig an die andere Stelle verweist,“.‘

2. Artikel 2 wird wie folgt gefasst:

„Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am 1. April 2010 in Kraft.“

2. den Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 16/31 abzulehnen,

3. den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/683
abzulehnen.

Berlin, den 27. Mai 2009

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Dr. Michael Bürsch
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13219

Bericht der Abgeordneten Beatrix Philipp, Dr. Michael Bürsch, Gisela Piltz,
Jan Korte und Silke Stokar von Neuforn

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/10529 und die
Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme
des Bundesrates auf Drucksache 16/10581 wurden in der
184. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Oktober
2008 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz und den Ausschuss für Kultur und
Medien zur Mitberatung überwiesen.

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/31 wurde in der
184. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Oktober
2008 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Rechtsausschuss, den Ausschuss für Gesundheit und den
Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitberatung überwie-
sen.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/683 wurde in der 22. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 9. März 2006 an den Innenausschuss
federführend sowie an den Rechtsausschuss, den Finanzaus-
schuss und den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz zur Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

a) Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 16/10529

Der Rechtsausschuss hat in seiner 144. Sitzung am 27. Mai
2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP empfohlen, den Gesetzentwurf in der
Fassung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen der
CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache 16(4)621
anzunehmen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in
seiner 95. Sitzung am 27. Mai 2009 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme
des Gesetzentwurfs in der Fassung des Änderungsantrags
der Koalitionsfraktionen empfohlen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner 107. Sitzung am 27. Mai 2009
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP empfohlen, den Gesetzentwurf in der Fas-
sung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen anzu-
nehmen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner
80. Sitzung am 27. Mai 2009 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme

des Gesetzentwurfs in der Fassung des Änderungsantrags
der Koalitionsfraktionen empfohlen.

b) Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 16/31

Der Rechtsausschuss hat in seiner 144. Sitzung am 27. Mai
2009 einstimmig die Ablehnung des Gesetzentwurfs emp-
fohlen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 101. Sitzung
am 3. Dezember 2008 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner
80. Sitzung am 27. Mai 2009 einstimmig die Ablehnung des
Gesetzentwurfs empfohlen.

c) Zu dem Antrag auf Drucksache 16/683

Der Rechtsausschuss hat in seiner 57. Sitzung am 25. April
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Finanzausschuss hat in seiner 55. Sitzung am 25. April
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner 42. Sitzung am 25. April 2007
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss beschloss in seiner 20. Sitzung am
27. September 2006, eine öffentliche Anhörung zu dem
Thema „Modernisierung des Datenschutzes“ durchzufüh-
ren. Gegenstand der Anhörung war auch der Antrag auf
Drucksache 16/683.

Die öffentliche Anhörung hat der Innenausschuss in seiner
32. Sitzung am 5. März 2007 durchgeführt. Auf das Proto-
koll 16/32 der Anhörung, an der sich acht Sachverständige
beteiligt haben, wird hingewiesen.

Der Innenausschuss hat die Gesetzentwürfe auf Druck-
sachen 16/10529 und 16/31 sowie den Antrag auf Druck-
sache 16/683 in seiner 98. Sitzung am 27. Mai 2009 ab-
schließend beraten.

Bei den Beratungen im Ausschuss lag der Bericht des Bun-
desministeriums des Innern zum Datenschutz bei Auskunf-
teien auf Ausschussdrucksache 16(4)124 vor.

Als Ergebnis der Beratungen wurde der Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 16/10529 in der Fassung

Drucksache 16/13219 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Aus-
schussdrucksache 16(4)621 mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen.

Zuvor wurde der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen
auf Ausschussdrucksache 16(4)621 mit demselben Stimmen-
ergebnis angenommen.

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 16(4)523 wurde mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
abgelehnt.

Der Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 16(4)523
hat einschließlich Begründung folgenden Wortlaut:

1. Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b Satz 1 BDSG)

Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b S. 1) wird wie folgt geändert:

Der Eingangssatz wird wie folgt neu gefasst:

„Nur zum Zwecke der Entscheidung über die Begründung,
Durchführung oder Beendigung eines Darlehensvertrages
im Sinne des § 488 des Bürgerlichen Gesetzbuches, eines
Vertrages im Sinne des § 499 des Bürgerlichen Gesetz-
buches, eines Bürgschaftsvertrages im Sinne des § 765 des
Bürgerlichen Gesetzbuches oder eines Bankgeschäftes im
Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 des Kreditwesengesetzes
mit dem Betroffenen darf ein Wahrscheinlichkeitswert für
ein bestimmtes zukünftiges Verhalten des Betroffenen erho-
ben oder verwendet werden, wenn“

2. Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b Nr. 3 Satz 2 – neu – BDSG)

Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b Nr. 3 S. 2) wie folgt geändert:

In Nummer 3 wird folgender Satz 2 – neu – angefügt:

„Für die Berechung des Wahrscheinlichkeitswerts dürfen

1. Daten im Sinne des § 3 Abs. 9,

2. Daten, die an die Anschrift eines Betroffenen oder
dessen Wohnumfeld anknüpfen und

3. Schätzdaten

nicht verwendet werden.“

3. Artikel 1 Nr. 8 (§ 34 Abs. 1 Satz 4; Abs. 3 Satz 2 BDSG)

a) Nr. 8 (§ 34 Abs. 1 Satz 4) wird wie folgt neu gefasst:

„Die Auskunft über die Herkunft und die Empfänger
kann verweigert werden, soweit und solange ein Ge-
schäftsgeheimnis offenbart wird und dessen Schutz
nach Abwägung der besonderen Umstände des Ein-
zelfalls das Informationsinteresse des Betroffenen
überwiegt.“

b) Nr. 8 (§ 34 Abs. 3 Satz 2) wird wie folgt neu gefasst:

„Die Auskunft über die Herkunft und die Empfänger
kann verweigert werden, soweit und solange ein Ge-
schäftsgeheimnis offenbart wird und dessen Schutz
nach Abwägung der besonderen Umstände des Ein-
zelfalls das Informationsinteresse des Betroffenen
überwiegt.“

4. Artikel 1 Nr. 8 (§ 34 Abs. 10 – neu – BDSG)

In Nr. 8 (§ 34) wird folgender Absatz 10 angefügt:

„Die im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätigen Auskunf-
teien richten ein gemeinsames elektronisches Bürgerportal
ein. Jede dieser Auskunfteien hat dazu in ihrem Bereich die
technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür
zu schaffen, dass der Auskunftsanspruch der Bürgerinnen
und Bürger über das Bürgerportal auch auf elektronischem
Weg geltend gemacht werden kann. Das Bundesministerium
des Innern hat durch Rechtsverordnung die näheren An-
forderungen an die Finanzierung, die Trägerschaft, die
Übermittlungs- und Löschungspflichten, den Schutz der
persönlichen Daten vor unbefugten Zugriffen durch Ver-
schlüsselung sowie die übrigen Einzelheiten des techni-
schen Betriebs zu regeln.“

Begründung:
Zu Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b Satz 1 BDSG)

Die Einfügung des Wortes „Nur“ stellt klar, dass außerhalb
der Regelung des § 28b kein Scoring-Verfahren zulässig ist.
Der Regierungsentwurf könnte dahingehend missverstan-
den werden, dass lediglich bestimmte Scoring-Verfahren an
die neuen gesetzlichen Auflagen gebunden sind.

Demgegenüber verrechtlicht der Regierungsentwurf ledig-
lich die bestehende Praxis. Er führt nicht zu einer Be-
schränkung des Auskunfteienmarkts, wie der Bundesbeauf-
tragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in
seiner Stellungnahme feststellt. Der vorgelegte Regelungs-
vorschlag folgt in seinem Regelungsgehalt dem Formulie-
rungsvorschlag des Bundesrates in seiner Stellungnahme
vom 19. September 2008. Die Zulässigkeit des Scoring wird
auf die Bewertungsverfahren im Rahmen der Vorbereitung
ganz bestimmter Vertragsformen beschränkt, bei denen ein
besonderes Ausfallrisiko besteht und die Verbraucherinnen
und Verbraucher oftmals in einer strukturell schwächeren
Verhandlungsposition sind. Der Gesetzgeber hat die Auf-
gabe, diese Schwäche durch einen wirksamen Verbraucher-
schutz auszugleichen. Diese staatliche Gewährleistungs-
pflicht wird durch das Bürgerrecht auf informationelle
Selbstbestimmung begründet, das in der ständigen Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Volks-
zählungsurteil (BVerfGE 65, 1) längst anerkannt ist, jedoch
noch nicht seinen Niederschlag im Text des Grundgesetzes
gefunden hat.

Die hier vorgeschlagene Änderung des Regierungsentwurfs
soll sicherstellen, dass die Anwendung der entsprechenden
Bonitätsbewertungen nicht immer weiter um sich greift. Sie
soll zugleich den Anwendungsbereich des Scoring auf kredi-
torische Risiken beschränken. So ist es beispielsweise nicht
erforderlich, dass sich Versicherungsgesellschaften oder
Vermieter dieses Verfahrens bedienen. Bei Dauerschuldver-
hältnissen wie einer Versicherungspolice erlischt der Versi-
cherungsschutz, wenn die Prämien nicht bezahlt werden.
Das ist nicht vergleichbar mit einem Ausfallrisiko bei Ban-
ken oder Versandhäusern.

Zu Artikel 1 Nr. 6 (§ 28b Nr.3 Satz 2 – neu – BDSG)

Zu Nr. 1

Das Verbot der Verwendung besonders sensibler personen-
bezogener Daten nach § 3 Abs. 9 des Bundesdatenschutz-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/13219

gesetzes sollte klar geregelt werden. Es geht hier um beson-
ders schutzwürdige Daten wie beispielsweise die politische
Anschauung oder die sexuelle Orientierung. Der Bundesrat
anerkennt zu Recht, dass das Verhältnis zwischen § 28b und
§ 6a BDSG nicht eindeutig geklärt ist. Die Schutzwirkung
des § 3 Abs. 9 droht somit unterlaufen zu werden. Die Bun-
desregierung behauptet in ihrer Gegenäußerung auf Druck-
sache 16/10581 zu den Vorschlägen des Bundesrates, dass
der § 3 Abs. 9 weiterhin anwendbar bleibe. Die juristische
Herleitung im Wege einer Kettenverweisung überzeugt aber
nicht.

Zu Nr. 2

Verbraucherschutzverbände und Datenschützer in Bund und
Ländern kritisieren einhellig und zu Recht, dass die Beurtei-
lung der Kreditwürdigkeit anhand der Wohnanschrift diskri-
minierend und unseriös ist. Beispielsweise kann jemandem
ein Handyvertrag allein deshalb verweigert werden, weil er
in dem „falschen“ Stadtteil wohnt. Die Bundesregierung
beabsichtigt mit ihrem Gesetzentwurf diese unhaltbare Pra-
xis dadurch indirekt zu legalisieren, indem sie sich auf eine
bloße Unterrichtungs- und Dokumentationspflicht der Be-
troffenen beschränkt. Einer solchen Praxis muss aber viel-
mehr frühzeitig ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben wer-
den. Anderenfalls könnten Vertragskonditionen allein davon
abhängig gemacht werden, in welcher Gegend ein Betroffe-
ner wohnt und welcher sozialen Schicht die Nachbarn ange-
hören. Auch hier ist es die Aufgabe des Gesetzgebers im
Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes tätig zu werden.
Der Antrag folgt hier weitgehend dem Vorschlag des Bun-
desrates.

Zu Nr. 3

Das generelle Verbot der Verwendung von Schätzdaten beim
Scoring folgt auch dem Vorschlag des Bundesrates. Die in
§ 35 BDSG vorgesehene Kennzeichnungspflicht vermag den
Schutz der Betroffenen nicht in ausreichendem Maße sicher
zu stellen.

Zu Artikel 1 Nr. 8 (§ 34 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 2)

Die beiden Änderungen der Regierungsvorlage sind erfor-
derlich, um zu vermeiden, dass die Berufung auf Geschäfts-
geheimnisse in der Praxis den Informationsanspruch leer
laufen lässt. Wer im Fall des Abs. 1 Satz 4 und Abs. 3 Satz 2
Daten über Personen speichert, um sie dann anderen zu
übermitteln, darf die Auskunft über die Herkunft und die
Empfängerdaten nur in besonderen Ausnahmefällen unter
Berufung an Geschäftsgeheimnisse verweigern.

Zu Artikel 1 Nr. 8 (§ 34 Abs. 10 – neu – BDSG)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben bislang keine
Übersicht darüber, welche Auskunftei welche Informationen
über sie gespeichert hat. An diesem Missstand ändert auch
der Regierungsentwurf nichts. Die gesetzliche Neuregelung
des Scoring verfehlt ihren Zweck, wenn die Transparenz
über diese Speicherungsvorgänge nicht vorhanden ist. Es
reicht nicht aus, wenn nur einzelne Auskunfteien für ihren
Geschäftsbereich Internetportale einrichten (www.meine-
schufa.de), während von anderen Auskunfteien nicht einmal
deren Existenz bekannt ist. Mehr Transparenz kann nur
durch eine gemeinsame Stelle erreicht werden, die auf ge-
setzlicher Grundlage tätig werden kann und die auch logis-
tisch in der Lage dazu ist, den Verbraucherinnen und Ver-

brauchern zu vermitteln, wo die Informationen über sie ge-
speichert sind.

Ebenso wurde der auf die Drucksache 16/10529 bezogene
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Ausschuss-
drucksache 16(4)525 neu mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Aus-
schussdrucksache 16(4)525 neu hat folgenden Wortlaut:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung
des Bundesdatenschutzgesetzes vom 10. Oktober 2008
auf BT-Drucksache 16/10529 erfährt durch den Ände-
rungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU
und SPD vom 22. Mai 2009 (A-Drs. 16(4)621) Verbesse-
rungen. Der Änderungsantrag schafft gegenüber dem
Gesetzentwurf mehr Transparenz. Zum einen wird die
verantwortliche Stelle verpflichtet, dem Betroffenen auf
Verlangen die wesentlichen Gründe einer für ihn un-
günstigen automatisierten Entscheidung mitzuteilen und
zu erläutern. Zum anderen ist vorgesehen, dass auch die
Bedeutung eines Scorewerts einzelfallbezogen und nach-
vollziehbar zu beauskunften ist. Das geht in die richtige
Richtung, bringt aber immer noch keine vollständige
Transparenz. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, den
Betroffenen Zugang nicht nur zu den Daten, sondern
auch zu deren Gewichtung zu eröffnen. Nur so würde der
Betroffene in die Lage versetzt, beurteilen zu können,
welche Auswirkungen die einzelnen Daten und ihre Ge-
wichtung auf den Scorewert und damit auf das Ob eines
Vertragsabschlusses und das Wie der Vertragskonditio-
nen haben. Das gegen ein Mehr an Transparenz an-
geführte Argument des Schutzes von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen überzeugt nicht. Der Deutsche
Bundestag anerkennt ausdrücklich das Interesse der
Wirtschaft, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wah-
ren. Dieses Ziel hätte sich jedoch auch auf andere Weise
verwirklichen lassen. Beispielhaft erwähnt sei der Vor-
schlag des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit, die genutzten Daten in abstei-
gender Reihenfolge ihrer Bedeutung für das im Einzel-
fall berechnete Ergebnis zu beauskunften. Auf diese
Weise hätten die Informationsinteressen der Verbraucher
und die Geheimhaltungsinteressen der Wirtschaft zu
einem gerechten Ausgleich gebracht werden können.
Ebenfalls nicht überzeugend ist das gegen einen weiter-
gehenden Auskunftsanspruch angeführte Argument des
Missbrauchsschutzes. Hier wird einseitig die Gefahr
einer Manipulation des Scorings gesehen. Vollständig
ausgeblendet werden die positiven Effekte, die sich dar-
aus ergeben, dass besser unterrichtete Verbraucher ihr
Wissen nutzen, um auf redliche Weise und durch infor-
mierte Entscheidungen ihren Scorewert zu verbessern.
Warum hier für Privatkunden etwas anderes gelten soll,
als für Geschäftskunden, erschließt sich nicht. Ge-
schäftskunden werden regelmäßig aufgefordert, ihr
Unternehmen bestmöglich auf die neuen Eigenkapital-
regeln (Basel II) vorzubereiten. Hier setzt die Kreditwirt-
schaft ganz selbstverständlich auf Information und stellt
die Vorteile heraus, die sich für Unternehmen ergeben

Drucksache 16/13219 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

können, wenn sie sich mit dem Thema Rating auseinan-
dersetzen und die erfolgs- bzw. rating-kritischen Fakto-
ren kennen.

2. Zu begrüßen ist, dass der Änderungsantrag nunmehr die
Einführung eines Verbots der ausschließlichen Nutzung
von Anschriftendaten für die Berechnung von Wahr-
scheinlichkeitswerten vorsieht. Das sog. Geoscoring
sollte nach dem Gesetzentwurf zulässig sein. Das war
nicht akzeptabel. Dass dieser Konstruktionsfehler des
Gesetzentwurfs nunmehr durch den Änderungsantrag
der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD besei-
tigt wird, ist positiv zu bewerten. Nur so kann eine wirt-
schaftliche Benachteiligung von Personen, die beispiels-
weise in Gegenden mit einem geringen Einkommensni-
veau oder in Straßen mit vorwiegend älteren Gebäuden
wohnen, verhindert werden. Eine solche Benachteili-
gung wäre nicht zu rechtfertigen gewesen. Es ist nicht
hinnehmbar, dass man schlechtere Konditionen erhält,
nur weil man in einer nicht ganz so guten Gegend wohnt.
Das hätte auch gesamtgesellschaftlich unerwünschte
Folgen gehabt. Es hätte die Gefahr von Ausgrenzung
und Verfestigung von sozialen Brennpunkten bestanden.

3. Unverändert kritisch zu beurteilen ist, dass der Gesetz-
entwurf für Kreditvertragsverhältnisse eine Abschaffung
des Einwilligungserfordernisses der Verbraucher in die
Übermittlung personenbezogener Daten an Auskunfteien
vorsieht. Die bislang erforderliche schriftliche Einwilli-
gung soll durch eine formlose Unterrichtung des Ver-
brauchers über eine mögliche Meldung ersetzt werden.
Das widerspricht den aktuellen datenschutzpolitischen
Entwicklungen, die angesichts der jüngsten Daten-
schutzskandale dahin gehen, die Einwilligung als das
zentrale Instrument der informationellen Selbstbestim-
mung zu stärken, etwa bei der Weitergabe von personen-
bezogenen Daten zu Werbezwecken. Statt das Einwilli-
gungserfordernis ersatzlos zu streichen, wäre die Bun-
desregierung gut beraten gewesen, die Anforderungen,
die, etwa im Bereich der Freiwilligkeit, an eine wirk-
same Einwilligung zu stellen sind, zu konkretisieren und
auf diese Weise das Instrument der Einwilligung zu stär-
ken.

4. Entschieden zu lang geraten sind die vorgesehenen Fris-
ten, binnen derer die sogenannten entscheidenden Stel-
len und die Auskunfteien Betroffenen Auskunft erteilen
müssen. Die Fristen sind zudem asynchron ausgestaltet.
Während für die entscheidende Stelle eine Frist von
sechs Monaten gilt, sind es bei Auskunfteien zwölf
Monate. Beide Fristen widersprechen dem Grundsatz
der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit. Es
besteht zudem die allen Vorratsdaten inne wohnende Ge-
fahr, dass Begehrlichkeiten geweckt werden, was in der
Vergangenheit wiederholt dazu geführt hat, dass staat-
lichen Stellen Zugriffsrechte eingeräumt wurden. In bei-
den Fällen würde eine Frist von maximal drei Monaten
ausreichen, um dem Informationsinteresse des Betroffe-
nen angemessen Rechnung zu tragen. An dieser grund-
sätzlichen Kritik ändert auch die durch den Änderungs-
antrag eingeführte Nachberichtspflicht nichts.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

1. das Instrument der Einwilligung zu stärken;

2. die Fristen für die Erteilung von Auskünften zu synchro-
nisieren und auf ein angemessenes Maß zu reduzieren;

3. das Transparenzniveau binnen Jahresfrist zu evaluieren;

4. eine Gesamtevaluierung des Gesetzes nach Ablauf von
drei Jahren vorzusehen.

Der Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 16/31
wurde einstimmig abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/683 wurde mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.

II. Zur Begründung

1. Zur Begründung wird allgemein auf Drucksache 16/10529
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage
des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Aus-
schussdrucksache 16(4)621 empfohlenen Änderungen
begründen sich wie folgt:

Zu Nummer 1 (Artikel 1)

Zu Buchstabe a (Artikel 1, Eingangssatz)

Redaktionelle Änderung.

Zu Buchstabe b (Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe b
[§ 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2]):

Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass die
verantwortliche Stelle dem Betroffenen auf Verlangen
die wesentlichen Gründe einer für ihn ungünstigen auto-
matisierten Entscheidung mitzuteilen und zu erläutern
hat. Dabei wird sie zwar nicht zur detaillierten Begrün-
dung ihrer (Vertrags-)Entscheidung z. B. über eine Kre-
ditvergabe verpflichtet, sie muss dem Betroffenen aber
die wesentlichen Gründe erläutern, damit dieser in die
Lage versetzt wird, mit einem zuständigen Sachbearbei-
ter in Kontakt zu treten und seine Interessen sachgerecht
zu vertreten. Die Änderung wird zum Anlass genom-
men, § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sprachlich zu verbessern
und zugleich kürzer zu fassen.

Zu Buchstabe c (Artikel 1 Nr. 6 [§§ 28a und 28b]):

Zu Doppelbuchstabe aa

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Redaktionelle Änderung (Angleichung an den Wortlaut
des § 28a Abs. 2 Satz 1).

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Durch die Ergänzung des § 28a Abs. 1 um einen neuen
Satz 2 wird klargestellt, dass die in § 28a Abs. 1 Satz 1
vorgegebenen Voraussetzungen für die zulässige Über-
mittlung bestimmter Daten an Auskunfteien (vgl. § 29)
auch für die Fälle gelten, in denen die verantwortliche
Stelle selbst die Daten nach § 29 verwendet.

Zu Doppelbuchstabe bb

Mit dem neuen Absatz 3 wird dem Vorschlag des Bun-
desrates entsprochen, eine Nachberichtspflicht einzu-
führen. Sie soll gewährleisten, dass Datenbestände der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/13219

Auskunfteien aktuell und richtig sind. Insbesondere soll
gewährleistet werden, dass z. B. Negativdaten nach § 28a
Abs. 1 berichtigt werden, wenn eine bestehende Forde-
rung beglichen worden ist oder aus anderen Gründen
nicht mehr besteht. Auch bei Positivdaten nach § 28a
Abs. 2 kann sich Berichtigungsbedarf ergeben, wenn
z. B. ein Darlehen vorzeitig zurückgezahlt wird oder der
Betroffene umzieht. Nachberichtspflichten werden zum
Teil schon jetzt – auch mit Blick auf § 35 des Bundes-
datenschutzgesetzes – zwischen Auskunfteien und ihren
Kunden vertraglich vereinbart. Die Erfahrung hat jedoch
gezeigt, dass die verantwortlichen Stellen ihren vertrag-
lich übernommenen Nachberichtspflichten vielfach nicht
ordnungsgemäß nachkommen. So haben z. B. Kreditin-
stitute kein eigenes Interesse an der Nachmeldung von
Tatsachen, die geeignet sind, den Scorewert positiv zu
beeinflussen, weil der betroffene Kunde damit auch für
die Konkurrenz attraktiver wird (siehe dazu z. B. Róna-
Tas/Hiß, Das Kreditrating von Verbrauchern und Unter-
nehmen und die Subprime-Krise in den USA mit Lehren
für Deutschland, Wiesbaden 2008 <http://www. schufa.
de/media/teampresse/publikationen/ronatashiss 2008
subprimekrisedeutsch.pdf>, S. 25). Hinzu kommt, dass
die Datenschutzaufsichtsbehörden nur die Einhaltung
gesetzlicher Pflichten der verantwortlichen Stelle kon-
trollieren können (§ 38 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdaten-
schutzgesetzes), weshalb Verstöße gegen lediglich ver-
traglich vereinbarte Pflichten als solche nicht ausrei-
chen, um aufsichtsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen.

Die Nachberichtspflicht kann nur solange bestehen, wie
die ursprünglich übermittelten Daten bei der Auskunftei
gespeichert sind. Die Unterrichtungspflicht nach Satz 2
soll sicherstellen, dass die berichtspflichtige Stelle
Kenntnis darüber hat, ob die zeitlichen Voraussetzungen
der Nachberichtspflicht noch vorliegen.

Zu Doppelbuchstabe cc

Durch die Einführung eines Verbots der ausschließlichen
Nutzung von Anschriftendaten für die Berechnung von
Wahrscheinlichkeitswerten im Rahmen des § 28b wird
der besonderen Sensibilität der Öffentlichkeit hinsicht-
lich der Verwendung von Anschriftendaten im Rahmen
von Scoringverfahren zur Bewertung der Kreditwürdig-
keit der Betroffenen Rechnung getragen.

Gegen das Verbot der ausschließlichen Nutzung von An-
schriftendaten wird auch verstoßen, wenn das Verbot da-
durch umgangen wird, dass zwar neben den Anschriften-
daten auch andere Daten genutzt werden, diese aber nur
mit einer verschwindend geringen Gewichtung in die
Berechnung des Scorewerts eingehen.

Zu Doppelbuchstabe dd

Folgeänderung zu Doppelbuchstabe cc.

Zu Buchstabe d (Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe a Doppel-
buchstabe dd [§ 29 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3]):

Die Änderung ist redaktioneller Art. Die in § 29 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 bisher vorgesehene Verweisung auf § 28a
Abs. 2 Satz 3 geht fehl. Sie wird ersetzt durch die Ver-
weisung auf § 28a Abs. 2 Satz 4.

Zu Buchstabe e (Artikel 1 Nr. 8 [§ 34])

Die Bundesregierung hat bereits in ihrer Gegenäußerung
zur Stellungnahme des Bundesrats ausgeführt, dass die
nach § 34 zu erteilende Auskunft über den Scorewert
dem Betroffenen auch die Einordnung seines Scorewerts
in den allgemeinen Rahmen ermöglichen muss. Es er-
scheint jedoch erforderlich, eine entsprechende aus-
drückliche Klarstellung im Gesetzestext vorzunehmen.
Durch die vorgeschlagene Ergänzung, dass auch die
Bedeutung seines Scorewerts einzelfallbezogen und
nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form zu
beauskunften ist, soll sichergestellt werden, dass der Be-
troffene abschätzen kann, ob der zu seiner Person er-
rechnete Scorewert gut, mittel oder schlecht ist. Dazu
gehört zunächst, dass dem Betroffenen

● mitgeteilt wird, auf welches „bestimmte künftige
Verhalten des Betroffenen“ im Sinne des § 28b sich
der Scorewert bezieht (z. B. dass der Scorewert an-
gibt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Betroffene
einen Kredit ordnungsgemäß zurückzahlen wird),
und

● die Skala der möglichen Scorewerte (z. B. 100 bis
600) mitgeteilt wird.

Sofern der Scorewert bereits eine Prozentangabe zur
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten künftigen Verhal-
tens ist, kann dem Betroffenen ergänzend erklärt wer-
den, dass z. B. ein Wert von 90 bedeutet, dass die Wahr-
scheinlichkeit, dass der Betroffene den Kredit vertrags-
gemäß zurückzahlen wird, mit 90 Prozent eingeschätzt
wird. Da mit der Beauskunftung des ermittelten Score-
werts letztlich erreicht werden soll, dass der Betroffene
den Aussagegehalt seines persönlichen Scorewerts ver-
steht, muss der Betroffene darüber hinaus in die Lage
versetzt werden, einzuschätzen, ob der zu seiner Person
errechnete Scorewert ein guter, mittlerer oder schlechter
Scorewert ist (z. B. dass 95 [auf einer Skala von 0 bis
100] ein für die Krediterlangung mittlerer Scorewert
oder 200 [auf einer Skala von 100 bis 600] ein guter
Scorewert ist). Ohne diese Erläuterung wäre die Kennt-
nis des Scorewerts für den Betroffenen – ebenso wie im
Übrigen auch für die Stelle, die den Scorewert berechnet
oder berechnen lässt – wertlos.

Zu Buchstabe f (Artikel 1 Nr. 9 [§ 35])

Redaktionelle Änderung (Angleichung an den Wortlaut
des § 20 Abs. 8).

Zu Buchstabe g (Artikel 1 Nr. 10 [§ 43])

Die Aufnahme eines Bußgeldtatbestands für vorsätzliche
oder fahrlässige Verstöße gegen die neu eingeführte
Nachberichtspflicht ist erforderlich, um der Nachbe-
richtspflicht den nötigen Nachdruck zu verleihen. Die in
der Praxis bereits vielfach vertraglich vereinbarten
Nachberichtspflichten werden aus den oben zu Buch-
stabe c Doppelbuchstabe bb dargestellten Gründen oft-
mals nicht beachtet. Es erscheint wenig wahrscheinlich,
dass sich dies allein durch die Einführung einer gesetz-
lichen Verpflichtung ohne Bußgeldbewehrung durch-
greifend ändern wird.

Drucksache 16/13219 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Berlin, den 27. Mai 2009

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Dr. Michael Bürsch
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

Die Vorlaufzeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am
1. April 2010 reicht aus, um den betroffenen Unternehmen
angemessene Gelegenheit zu geben, sich auf die neue
Rechtslage einzustellen und ihre Geschäftsprozesse an die
geänderte Rechtslage anzupassen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD erklä-
ren, dass durch die zunehmende Anonymität im Geschäfts-
verkehr, etwa beim Internet-Kauf, ein Bedürfnis nach Ver-
fahren bestehe, um das voraussichtliche Verhalten von
Geschäftspartnern besser einzuschätzen. Solche Scoring-
Verfahren würden nunmehr erstmalig spezifischen daten-
schutzrechtlichen Regeln unterworfen. Die Gesetzentwurf
schaffe mehr Transparenz und minimiere das Risiko für die
Verbraucher, die u. a. durch erweiterte Auskunftsrechte die
Möglichkeit erhielten, das Scoring besser nachzuvollziehen.
Darüber hinaus würden die Fristen für die Erteilung einer
Auskunft verkürzt. Aufgrund der vorgeschlagenen Änderun-
gen dürfe eine Entscheidung zudem nicht mehr allein auf ein
sog. Geoscoring gestützt werden und müssten den Betroffe-
nen zukünftig die wesentlichen Gründe einer ungünstigen
Entscheidung mitgeteilt und erläutert werden. Über die neu
geschaffene Nachberichtspflicht seien Negativdaten ggf. zu
berichtigen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates schließlich
betreffe einen Punkt, der im Rahmen des Mittelstandsentlas-
tungsgesetzes bereits gelöst worden sei.

Die Fraktion der FDP begrüßt die Einschränkung des
Geoscoring und die Auskunftsrechte bezüglich des Score-
werts. Allerdings hätte man sich eine Verpflichtung, den Be-
troffenen auch die Gewichtung der Daten für den Scorewert

mitzuteilen, gewünscht sowie ein umfassenderes Verbot des
Geoscoring und eine Beschränkung des Scoring auf kredito-
rische Geschäfte. Die Abschaffung des Einwilligungserfor-
dernisses bei der Übermittlung personenbezogener Daten
für bestimmte Geschäfte sei ebenso zu kritisieren wie die
immer noch zu langen Fristen bei Auskunftserteilung. Man
werde sich daher der Stimme enthalten.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht in dem Gesetzentwurf
einen Schritt in die richtige Richtung zu mehr Transparenz
in diesem Bereich. Die Fraktion DIE LINKE. hätte aber
eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Scoring
insgesamt für sinnvoll gehalten. Auch die vorgeschlagene
Einschränkung des Geoscoring sei zwar richtig, gehe aber
nicht weit genug. Mit dem Änderungsantrag würden zwar
Verbesserungen eingeführt, letztlich bleibe die Regelung
aber Stückwerk, da die Koalition zu viele Zugeständnisse an
die Wirtschaftslobby gemacht habe.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verweist auf
ihren Änderungsantrag und das dort geforderte, keineswegs
praxisfremde Verbot des Geoscoring. In den USA etwa sei
dies bereits untersagt und auch die Schufa habe erklärt, dass
man auf solche Daten nicht angewiesen sei. Ein Geoscoring
führe zu einer nicht hinnehmbaren sozialen Diskriminie-
rung. Zudem fordere die Fraktion die Beschränkung des
Scoring auf Ausfallrisiken im Bereich des Kreditgeschäfts
und die Verpflichtung der Auskunfteien zur Einrichtung
eines gemeinsamen Internetportals, um den Auskunftsan-
spruch der Bürger effektiv umzusetzen.

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