BT-Drucksache 16/12751

Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Regelungen für Versicherungen - Solvency II

Vom 22. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12751
16. Wahlperiode 22. 04. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst
Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dr. h. c. Jürgen
Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn),
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Regelungen für Versicherungen – Solvency II

Versicherungsunternehmen sind bedeutende Akteure auf dem internationalen
Finanzmarkt. Bisher sind im Zuge der Finanzmarktkrise noch keine großen
Schwierigkeiten bei europäischen Versicherungsgesellschaften bekannt gewor-
den, während in den Vereinigten Staaten einer der weltweit größten Versicherer,
die AIG, erhebliche Probleme durch die Finanzmarktkrise zu haben scheint.

Am 10. Juli 2007 hat die EU-Kommission eine „Rahmenrichtlinie über die Neu-
regelung der Versicherungsaufsicht“ (Solvency II) in Europa vorgelegt. Dazu er-
klärte die EU-Kommission damals: „Die Europäische Kommission hat eine
bahnbrechende Überarbeitung der EU-Versicherungsvorschriften vorgeschla-
gen. Damit sollen der Verbraucherschutz verbessert, die Beaufsichtigung mo-
dernisiert, die Marktintegration vertieft und die internationale Wettbewerbs-
fähigkeit der europäischen Versicherungsunternehmen gesteigert werden.
Gemäß der als „Solvency II“ bekannten neuen Regelung sollen die Versicherer
allen Arten von Risiken, denen sie ausgesetzt sind, Rechnung tragen und damit
effizienter umgehen.“ Darüber hinaus war seitens der Kommission geplant, dass
Versicherungsgruppen der Aufsicht einer Gruppenaufsichtsbehörde unterliegen,
die eine bessere Beaufsichtigung der gesamten Gruppe vornehmen könnte. Die
Kommission hatte geplant, dass die neue Regelung ab 2012 in der Praxis ange-
wendet werden sollen.
Solvency II beinhaltet im Wesentlichen drei Säulen: in der ersten geht es um die
Kapitalanforderungen, in der zweiten um Risikomanagement und Kontrollpro-
zesse der Unternehmen und in der dritten um Transparenz und Veröffent-
lichungspflichten. Einige der Regelungen wurden mit der Neunten Novelle des
Versicherungsaufsichtsgesetzes (9. VAG-Novelle) ins deutsche Recht übertragen.

Drucksache 16/12751 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Vorgesehen waren u. a. auch eine europaweite Aufsicht und eine strengere Be-
rücksichtigung von Aktienrisiken.

Der Bundesminister der Finanzen Peer Steinbrück erklärte in einer Rede vom
13. November 2008: „Mit Solvency II wird ein modernes, konsequent risiko-
orientiertes System der Finanzaufsicht im Versicherungssektor geschaffen,
quasi analog zu Basel II, bei dem sich die Eigenmittelanforderungen künftig an
den tatsächlichen Risiken der Kapitalanlagen orientieren.“ Gleichzeitig erklärte
er, dass die Bundesregierung ein großes Interesse an der Einführung von
Solvency II noch vor der Wahl zum Europäischen Parlament habe.

Eine grundsätzliche Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und den
EU-Mitgliedstaaten ist am 26. März 2009 nunmehr nach Medienberichten er-
folgt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Bis wann rechnet die Bundesregierung mit der endgültigen Verabschiedung
von Solvency II?

2. Welche konkreten Punkte enthält die Einigung zwischen EU-Parlament und
EU-Mitgliedstaaten, und wie beurteilt die Bundesregierung diese?

3. Welche Punkte wurden aus der ursprünglichen Vorlage der EU-Kommis-
sion zur Rahmenrichtlinie Solvency II nicht in die Einigung aufgenommen,
welche hinzugefügt, und was waren die Gründe hierfür?

4. Welche neuen Regelungen und gesetzgeberischen Ergänzungen müssen
aufgrund der Einigung zwischen EU-Parlament und EU-Mitgliedstaaten zu
Solvency II am 26. März 2009 nunmehr noch in deutsches Recht übernom-
men werden?

5. Bis wann will die Bundesregierung hierzu einen Vorschlag unterbreiten?

6. Geht die Bundesregierung davon aus, dass diese gesetzlichen Anpassungen
noch vor der Bundestagswahl abgeschlossen sein werden?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Richtlinie ursprüngliche vor-
gesehene Gruppenaufsicht und die nun gefundene Regelung generell und
gerade auch im Hinblick auf die effektiven Reaktions- und Kontrollmög-
lichkeiten während der aktuellen Finanzmarktkrise und zur Verhinderung
solcher in Zukunft?

8. Plant die Bundesregierung weitere Vorstöße zur Verbesserung der Gruppen-
aufsicht in den kommenden Jahren noch vor 2015, und wenn ja, welche?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Frage der Rekapitalisierungsgarantie
einer Muttergesellschaft bei Abzug von Eigenkapital aus der Tochtergesell-
schaft?

10. Welche Position bezieht die Bundesregierung hinsichtlich der richtigen
bzw. ausreichenden Unterlegung mit Eigenkapital bei Aktienrisiken in der
ersten Säule von Solvency II?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die nun wohl vereinbarte Mitgliedstaa-
tenoption und damit die unterschiedliche Betrachtung innerhalb Europas
bei der Regelung zu den Aktienrisiken?

12. Hält die Bundesregierung die nunmehr wohl geplante Mehrjahresansicht
der Aktienrisiken einzelner Versicherungsgesellschaften für sachgerecht?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, weshalb nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12751

13. Wie stellt sich die Bundesregierung die zukünftige Aufgabe des „Commit-
tee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEI-
OPS)“ vor?

14. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass mit der Verabschiedung von
Solvency II und der Umsetzung in deutsches Recht nunmehr eine Effek-
tivierung der Finanzmarktaufsicht verbunden werden kann, und wie be-
gründet sie ihre Auffassung?

15. Wie bereitet sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) auf die Verabschiedung von Solvency II vor, und welche konkreten
organisatorischen Vorkehrungen sind zu treffen?

16. Plant die Bundesregierung, zusammen mit weiteren EU-Mitgliedstaaten
Regelungen von Solvency II international über die G20 zur Diskussion zu
stellen und zu implementieren?

17. Welche konkreten Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher sieht
die Bundesregierung bei einer Verabschiedung von Solvency II?

Berlin, den 22. April 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.