BT-Drucksache 16/12749

Abschaffung des Exequaturverfahrens

Vom 22. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12749
16. Wahlperiode 22. 04. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr.
Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-
Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Abschaffung des Exequaturverfahrens

Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird durch
die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 geregelt. Nach deren Artikel 33 werden aus-
ländische Entscheidungen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Ver-
fahrens bedarf. Sie werden gemäß Artikel 38 in einem anderen Mitgliedstaat
vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt
worden sind (sog. Exequaturverfahren). Bei Vorliegen einer der in den Artikeln
34 und 35 Absatz 1 genannten Gründe sind Vollstreckbarerklärung sowie An-
erkennung zu versagen.

Die Hochrangige Beratende Gruppe zur Zukunft der Europäischen Justizpolitik,
der ad personam auch die Bundesministerin der Justiz angehörte, hat in ihrem
Bericht die Abschaffung des Exequaturverfahrens als „generelles Ziel“ bezeich-
net (Ratsdok. 11549/08, S. 35). Der für Justiz, Freiheit und Sicherheit zuständige
Kommissar, Vizepräsident Jacques Barrot, hat am 18. März 2009 vor dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundes-
tages erklärt, das Exequaturverfahren müsse „generell abgeschafft werden.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sind die Auswirkungen der Abschaffung des Exequaturverfahrens bereits so
eingehend untersucht worden, wie dies nach Ansicht der Hochrangigen
Beratenden Gruppe (Ratsdok. 11549/08, S. 35) Voraussetzung für die Ab-
schaffung dieses Zwischenverfahrens ist?

Wenn ja, welche Untersuchungen liegen vor, und zu welchem Ergebnis ge-
langen diese?

Drucksache 16/12749 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wenn nein, wird die Bundesregierung europäischen Rechtsakten, die die
Abschaffung dieses Zwischenverfahrens vorsehen, zustimmen, bevor eine
solche Untersuchung durchgeführt wurde?

2. Wird sich die Bundesregierung auf der Basis der bisher vorliegenden Ergeb-
nisse für die Abschaffung des Exequaturverfahrens einsetzen?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

3. Welche konkreten Maßnahmen meint die Hochrangige Beratende Gruppe,
wenn sie vor der Abschaffung des Exequaturverfahrens „ausreichende recht-
liche Garantien“ verlangt (Ratsdok. 11549/08, S. 35), und welche rechtlichen
Garantien wird die Bundesregierung vor einer Abschaffung des Exequatur-
verfahrens verlangen?

4. Zu welchen Aspekten des Zivilverfahrens soll es nach Ansicht der Hochran-
gigen Beratenden Gruppe (Ratsdok. 11549/08, S. 35) vor der Abschaffung
des Exequaturverfahrens gemeinsame Vorschriften geben, und zu welchen
Aspekten des Zivilverfahrens wird die Bundesregierung vor einer Abschaf-
fung des Exequaturverfahrens gemeinsame Vorschriften verlangen?

5. Wie wird die Bundesregierung für den Fall der Abschaffung des Exequatur-
verfahrens sicherstellen, dass die Anforderungen des Bundesverfassungs-
gerichts zur generellen Vollstreckungsmöglichkeit ausländischer Vollstre-
ckungstitel, wonach neben dem ausländischen Verfahrensrecht auch das
materielle ausländische Recht der verfassungsrechtlichen öffentlichen Ord-
nung der Bundesrepublik Deutschland entsprechen muss (BVerfGE 63, 343,
366), eingehalten werden?

6. Wie wird die Bundesregierung für den Fall der Abschaffung des Exequatur-
verfahrens sicherstellen, dass die deutsche Staatsgewalt durch die Vollstre-
ckung ausländischer Entscheidungen nicht gezwungen wird, gegen die
Grundrechte des Grundgesetzes zu verstoßen?

7. Wie wird die Bundesregierung für den Fall der Abschaffung des Exequatur-
verfahrens sicherstellen, dass die deutsche Staatsgewalt nur solche auslän-
dischen Entscheidungen vollstreckt, vor deren Erlass dem Beklagten recht-
liches Gehör gewährt wurde?

8. Wie wird die Bundesregierung für den Fall der Abschaffung des Exequatur-
verfahrens sicherstellen, dass die deutsche Staatsgewalt nur Entscheidungen
eines international zuständigen ausländischen Gerichts vollstreckt?

9. Wie wird die Bundesregierung für den Fall der Abschaffung des Exequatur-
verfahrens sicherstellen, dass nicht eine gerichtliche Entscheidung vollstreckt
wird, die mit einer oder mehreren früheren Entscheidungen unvereinbar ist,
die zwischen denselben Parteien ergangen sind?

Berlin, den 22. April 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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