BT-Drucksache 16/12491

Nutzung der Kernenergie in Deutschland und Europa

Vom 25. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12491
16. Wahlperiode 25. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef
Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Nutzung der Kernenergie in Deutschland und Europa

Die Kernenergie ist nach wie vor in der Bundesrepublik Deutschland – zumal
als Industriestandort – einer der wichtigsten Energieträger, der 50 Prozent des
deutschen Grundlaststroms produziert und damit integraler Bestandteil eines
ausgewogenen Energiemixes ist. Insbesondere vor dem Hintergrund zunehmen-
der Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten und erhöhtem Bedarf an sicherer
und bezahlbarer Energie kommt der Kernenergie in Europa eine steigende Be-
deutung zu. Diese Entwicklung zeigt sich deutlich in den verstärkten Koopera-
tionen zwischen anderen europäischen Staaten im Bereich der Nutzung der
Kernenergie. In Europa und weltweit werden derzeit 42 Atomkraftwerke neu
gebaut und etwa 80 weitere geplant. Technologisches Wissen und Know-how
werden daher zunehmend im internationalen Markt gefragt sein. Die Bundes-
republik Deutschland darf sich von diesem Wachstumsmarkt nicht abkoppeln.
Es sollten daher alle Anstrengungen unternommen werden, das für den Bau
von Kernkraftwerken notwendige Know-how in der Bundesrepublik Deutsch-
land zu halten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung den von der Siemens AG angekündigten
Rückzug aus dem französischen Partnerunternehmen AREVA und den Ein-
stieg in eine Kooperation mit dem russischen Nuklearkonzern Rosatom
unter sicherheits- und geopolitischen- sowie energie-, industrie- und techno-
logiepolitischen Aspekten?

Drucksache 16/12491 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. In welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt wurden in den letzten zehn
Jahren finanzielle Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) oder aus anderen Bundesförder-
programmen an AREVA oder Unternehmensteile dieses Unternehmens
ausgereicht (Angaben zur GRW bitte als Gesamtsumme aus Bundes- und
Landesmitteln)?

3. In welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt wurden Hermesdeckungen für
AREVA oder Unternehmensteile von AREVA ausgestellt?

4. Bestehen mit Unternehmen des Bundes Leistungsverträge mit AREVA?

Wenn ja, in welchem Umfang?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Übereinkunft Frankreichs und Ita-
liens, die Zusammenarbeit in sämtlichen Bereichen der Kernenergie massiv
zu intensivieren?

6. Was bedeutet die enge Kooperation beider Länder für die deutsche Kern-
energiebranche?

7. Wie bewertet die Bundesregierung den starken Anstieg an geplanten und
im Bau befindlichen Atomkraftwerken weltweit?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die energiepolitische Situation der
Bundesrepublik Deutschland in Europa mit Hinblick auf den Ausbau der
Kernenergie in vielen europäischen Staaten?

9. Welche Nachteile entstehen den deutschen Unternehmen und insbesondere
der heimischen energieintensiven Industrie durch den vorzeitigen deut-
schen Ausstieg aus der Kernenergie im Vergleich zu den anderen europäi-
schen Staaten?

10. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um bereits exis-
tierende und erwartbare Nachteile für deutsche Unternehmen zu vermei-
den?

11. Wie viele Arbeitsplätze gehen nach Auffassung der Bundesregierung der
deutschen Wirtschaft durch den Ausstieg aus der Kernenergie und in der
Forschung schätzungsweise verloren?

12. Wie viele Institute und Wissenschaftler gibt es aktuell (bzw. im zuletzt sta-
tistisch ausgewerteten Jahr), die sich an Universitäten und Fachhochschu-
len und anderen Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutsch-
land mit Fragen der Reaktortechnik, Reaktorphysik, Reaktorsicherheit,
Radiochemie und Strahlentechnik beschäftigen?

13. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um das technische
Know-how in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern, vor dem Hin-
tergrund, dass deutsche Kernkraftwerke zu den sichersten der Welt gehören
und deutsche Kernkrafttechnologie weltweit gefragt ist?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle deutscher Kerntechnologie als
Exportfaktor?

15. Wie hoch ist das jährliche Volumen der kerntechnologischen Investitionen
weltweit in den Jahren 2005 bis 2008?

16. Wann entscheidet die Bundesregierung über die Fortführung der Erkun-
dung von Gorleben als Endlager für strahlende Abfälle?

17. Welche Gründe stehen einer Entscheidung über eine Fortführung der Er-
kundung des Endlagers Gorleben noch entgegen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12491

18. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Offenhaltung des Bergwerks
Gorleben, und wie hoch sind die Gesamtkosten seit dem Jahr 2000?

19. Wie beurteilt die Bundesregierung die so genannte Kugelhaufen-Reaktor-
technik?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung nach einer Brennstoff-
steuer auf Atomstrom aus rechtlicher Sicht und vor dem Hintergrund des
Emissionshandels?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Bundesministers für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Sigmar Gabriel über die „der-
zeitige wettbewerbsschädliche und ungerechte Bevorzugung der Atom-
energie“?

22. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um von ver-
antwortlichen Energieversorgern eine Übernahme der Sanierungskosten
für das Forschungsbergwerk Asse II zu erreichen?

23. Welche Kosten werden bei einer sicheren Schließung des Forschungsberg-
werks Asse II voraussichtlich entstehen?

24. Wie bewertet die Bundesregierung die Ankündigung des Bundesministers
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Sigmar Gabriel, die Kosten
für die Sanierung des Forschungsbergwerks Asse II notfalls auch über die
Erhebung einer Brennstoffsteuer auf Atomstrom zu finanzieren?

25. Welche Auswirkungen auf den Strompreis wären zu erwarten, falls eine
solche Steuer eingeführt würde?

26. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die friedliche Nut-
zung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland aus öffentlichen
Mitteln subventioniert worden ist, und wenn ja, in genau welcher Höhe
haben die Betreiber und/oder Entwickler kerntechnischer Anlagen Zuwen-
dungen der öffentlichen Hand in welcher Form erhalten?

27. Wie bewertet die Bundesregierung den Bericht des ARD-Magazins „Pano-
rama“, nachdem Bundes- und Landesbehörden die Herkunft des radioak-
tiven Materials jahrelang verschleiert haben?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung den Inventarbericht des Forschungs-
bergwerks Asse II hinsichtlich der Herkunft des radioaktiven Materials?

29. Wie bewertet die Bundesregierung die Umfrage auf der Website des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, bei der
57 Prozent der Teilnehmer dafür waren, den Atomausstieg rückgängig zu
machen?

30. Welche Energieträger bzw. Erzeugungstechnologien sollen nach Auffas-
sung der Bundesregierung die Erzeugung von Grundlaststrom bei einem
Ausstieg aus der Atomenergie übernehmen?

31. Um welchen Faktor würden die Kosten für Grundlaststrom als Folge des
Atomausstiegs ansteigen?

Berlin, den 25. März 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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