BT-Drucksache 16/12336

Schädlingsbekämpfung an Bord von Flugzeugen im internationalen Luftverkehr

Vom 18. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12336
16. Wahlperiode 18. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Mücke, Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick
Döring, Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Patrick Meinhardt,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Schädlingsbekämpfung an Bord von Flugzeugen im internationalen Luftverkehr

Auf bestimmten Flugrouten sind die Fluggesellschaften verpflichtet, an Bord
der Flugzeuge eine Schädlingsbekämpfung durchzuführen. Diese soll verhin-
dern, dass Insekten aus dem Abflugland eingeschleppt werden, die Krankheits-
erreger übertragen können. Ursprünglich wurden hierbei vor der Landung in
Gegenwart der Passagiere und Besatzung Kurzzeitinsektizide in der Kabine
versprüht (sog. in-flight spraying).

Ungeachtet der unbestrittenen Notwendigkeit einer wirksamkeitsorientierten
Biozidpolitik (siehe dazu Antrag der Fraktion der FDP „Gesundheitsschutz
durch Schädlingsbekämpfung mit Chemikalien erhalten – Biozid-Richtlinie
bürokratievermeidend überarbeiten“ auf Bundestagsdrucksache 16/4183 vom
31. Januar 2007) ist beachtlich, dass es in diesem Anwendungsbereich in der
Folge wiederholt zu Beschwerden von Fluggästen gekommen ist. Eine Unter-
suchung des Fraunhofer Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin
(ITEM) im Jahr 2004 bestätigte, dass von diesem Verfahren ein Gesundheits-
risiko ausgeht. Die verwendeten Schädlingsbekämpfungsmittel können als
Sprühtröpfchen in die Atemwege und auf die Haut gelangen und wirken auf das
Nervensystem. Dessen ungeachtet werden die darin enthaltenen Wirkstoffe
nach wie vor von der WHO als gesundheitlich unbedenklich eingestuft.

Im Jahr 2005 entwickelte das Bundesinstitut für Risikobewertung ein Desin-
sektionsverfahren, das für Passagiere und Besatzung erheblich verträglicher ist.

Bei dieser sog. Preembarkations-Methode wird am Startflughafen ein kurzzei-
tig aktiver Wirkstoff in relativ hoher Konzentration in die noch leere Flugzeug-
kabine gesprüht. Da sich die ausgebrachten Insektizide bereits nach einigen
Minuten niedergeschlagen haben, ist zum Zeitpunkt des Boardings kein Ge-
sundheitsrisiko mehr für die Reisenden zu befürchten. Trotz der nachgewiese-
nen 100-prozentigen Wirksamkeit der Preembarkations-Methode wird sie in
einem Großteil der Länder, die Desinsektionen fordern, nicht anerkannt.

Drucksache 16/12336 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Staaten ist die Landung eines Flugzeugs nur nach vorheriger
Desinsektion zulässig?

2. In welchen der zu Frage 1 genannten Staaten wird das Preembarkations-
Verfahren akzeptiert?

3. Bei Flügen aus welchen Ländern sind die Fluggesellschaften verpflichtet,
vor der Landung auf Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland eine
Desinsektion durchzuführen?

4. Welche Bereiche des Flugzeugs – auch außerhalb der Passagierkabine –
müssen desinsektiv behandelt werden, um die Tötung aller Krankheits-
überträger sicherzustellen?

5. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viel Prozent der Perso-
nen, die sich an Bord von Flugzeugen befinden, in denen in-flight-
spraying-Desinsektionen durchgeführt werden, durchschnittlich darauf zu-
rückzuführende Beschwerdeanzeichen zeigen?

6. Wird das in-flight-spraying-Verfahren nach den Erkenntnissen der Bundes-
regierung auch auf Destinationen eingesetzt, auf denen es nicht vom
jeweiligen Zielland gefordert wird?

Falls ja, um welche handelt es sich?

7. Welche weiteren Untersuchungen sind der Bundesregierung neben der Stu-
die des Fraunhofer ITEMs aus dem Jahr 2004 bekannt, die sich mit dem
Gesundheitsrisiko des in-flight-spraying-Verfahrens beschäftigt haben?

Zu welchen Ergebnissen kamen diese Untersuchungen?

8. Schließt sich die Bundesregierung der Bewertung des Bundesinstituts für
Risikobewertung an, dass das in-flight-spraying-Verfahren ein Gesund-
heitsrisiko für die Kabineninsassen darstellt?

9. Sind – zumindest die deutschen – Fluggesellschaften dazu verpflichtet, die
Fluggäste über die bevorstehende Durchführung einer in-flight-spraying-
Desinsektion zu informieren?

Bestehen seitens der Airlines auch Informationspflichten bereits vor An-
tritt des Fluges?

10. Untersteht sowohl das in-flight-spraying- als auch das Preembarkations-
Verfahren in Deutschland einer behördlichen Aufsicht?

11. Welche Rechtsvorschriften regeln in Deutschland die Zulässigkeit und die
erforderlichen Rahmenbedingungen sowohl des in-flight-sprayings- als
auch des Preembarkations-Verfahrens?

12. Steht das Ausbringen von Insektiziden durch das Kabinenpersonal in Ein-
klang mit den Vorschriften der Gefahrstoffverordnung?

13. Welche Gründe werden von den ablehnenden Staaten gegen die Preembar-
kations-Methode vorgebracht?

14. Welche Bemühungen gegenüber der Weltgesundheitsorganisation (WHO),
sorgfältig überprüfen zu lassen, ob die beim in-flight-spraying-Verfahren
eingesetzen Biozide tatsächlich gesundheitlich unbedenklich sind, kann die
Bundesregierung vorweisen?

15. Gab es bislang Stellungnahmen der WHO, aus welchen Gründen sie die
beim in-flight-spraying-Verfahren eingesetzen Biozide unverändert für ge-
sundheitlich unbedenklich einschätzt?
Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Aussagen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12336

16. Wenden nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile alle deutschen
Fluggesellschaften, die Ziele anfliegen, an denen eine vorangegangene
Desinsektion gefordert wird, das Preembarkations-Verfahren an?

17. Inwieweit wirkt die Bundesrepublik Deutschland auf andere Staaten, die
bislang das in-flight-spraying-Verfahren fordern, ein, künftig auch die
Preembarkations-Methode zu akzeptieren?

18. Hat die Bundesregierung Kenntnis von den Erprobungen, durch Einsatz
eines schnellen Luftstroms am Ende der Fluggastbrücke den Einflug von
Insekten in die Flugzeugkabine zu verhindern?

Falls ja, zu welchen Erkenntnissen führten die Erprobungen?

Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu dieser Art der Schäd-
lingsbekämpfung?

19. Welche weiteren Alternativmethoden zur Schädlingsbekämpfung an Bord
von Flugzeugen werden nach Kenntnis der Bundesregierung diskutiert?

Wie positioniert sie sich jeweils zu den Vorschlägen?

Berlin, den 18. März 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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