BT-Drucksache 16/12041

Auswirkung der Konjunkturpakete I und II auf die Finanz- und Investitionskraft der Kommunen

Vom 13. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12041
16. Wahlperiode 13. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Barbara Höll und der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkung der Konjunkturpakete I und II auf die Finanz- und Investitionskraft
der Kommunen

In den bundesdeutschen Kommunen hat sich aufgrund struktureller Finanzie-
rungslücken bis 2020 ein Investitionsbedarf von 700 Mrd. Euro aufgestaut. Zur
Deckung dieses Bedarfs müssten jährlich 50 Mrd. Euro in den Erhalt und die
Modernisierung der kommunalen Einrichtungen und Infrastrukturen investiert
werden.

Die Bundesregierung wird im Rahmen des Konjunkturpakets II (Bundestags-
drucksache 16/11740) für die nächsten beiden Jahre jeweils Finanzhilfen in
Höhe von 5 Mrd. Euro für Länder und Kommunen zur Verfügung stellen. Er-
klärte Absicht ist es, dass von den 10 Mrd. Euro Bundesmitteln zwei Drittel in
die energetische Sanierung von Bildungseinrichtungen fließen und ein Drittel
in die kommunale Infrastruktur. Darüber hinaus will die Bundesregierung
sicherstellen, dass auch finanzschwache Kommunen von den Finanzhilfen pro-
fitieren. Gleichzeitig wurde aber ein kommunaler Eigenanteil festgeschrieben.

Erste Bewertungen und Reaktionen aus Wissenschaft, Verbänden sowie von
Kommunalpolitikerinnen und -politikern verweisen auf die zu geringe Höhe des
kommunalen Investitionspaketes, Blockaden bei der Umsetzung, einen hohen
bürokratischen Aufwand und auf zusätzliche und langfristigen Belastungen der
Kommunen durch die Steuersenkungen, die in den Konjunkturpaketen I und II
vereinbart wurden. In den einzelnen Bundesländern zeichnet sich aufgrund feh-
lender bundesgesetzlicher Vorgaben zudem eine Vielzahl unterschiedlichster
Verfahren der Beantragung und Erlangung von Mitteln ab, die einem schnellen
Einsatz von Investitionen entgegenwirken. Eine einheitliche Lösung für finanz-
schwache Kommunen ist nicht vorgesehen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch werden die Mindereinnahmen für Kommunen sein, die durch die
Steuersenkungen im Rahmen der Konjunkturpakete I und II direkt und über
den Steuerverbund vermittelt entstehen werden?

2. Treffen in diesem Zusammenhang Aussagen des Instituts für Makroökono-

mie zu, dass die kommunalen Mindereinnahmen dazu führen, dass den
Kommunen in 2009 30 Prozent und in 2010 sogar 60 Prozent der zusätz-
lichen Investitionsmittel wieder entzogen werden?

3. Wie will die Bundesregierung ihren erklärten Anspruch sicherstellen, dass
mindestens 70 Prozent der Finanzhilfen im Rahmen des Investitionspro-
gramms zur Finanzierung kommunalbezogener Investitionen eingesetzt
werden sollen?

Drucksache 16/12041 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Trifft es in diesem Zusammenhang zu, dass die Länder im Rahmen der Ver-
handlungen zum Konjunkturpaket II gefordert haben, den kommunalen
Anteil auf 51 Prozent zu reduzieren?

5. Wie hoch ist nach bisher vorliegenden Informationen der Anteil, den die
Länder jeweils an die Kommunen weitergeben?

6. Was genau versteht die Bundesregierung unter „finanzschwachen Kommu-
nen“, und warum hat die Bundesregierung nicht entsprechend der „Verwal-
tungsvereinbarung Investitionspakt 2008“ verbindlich geregelt, welche
Kommunen als finanzschwach gelten?

7. Warum beabsichtigt die Bundesregierung keine verbindlichen Regelungen
gegenüber den Ländern hinsichtlich der Inanspruchnahme von Mitteln aus
dem kommunalen Investitionsprogramm durch finanzschwache Kommu-
nen, um zu gewährleisten, dass diese Mittel auch bei diesen Kommunen
ankommen?

8. Wird die Bundesregierung analog der „Verwaltungsvereinbarung Investi-
tionspakt 2008“ in der Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung des kom-
munalen Investitionsprogramms verbindliche Regelungen zur Reduzierung
des Eigenanteils bzw. zur Befreiung von einem Eigenanteil der Kommunen
treffen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wann können Kommunen zur Finanzierung ihres Eigenanteils günstige
KfW-Kredite aufnehmen, und welche Vorteile werden diesen Kommunen
im Vergleich zu sonst üblichen Krediten eingeräumt?

10. Ist vorgesehen, dass finanzschwache Kommunen die Möglichkeit erhalten,
dass der kommunale Eigenanteil oder Teile des kommunalen Eigenanteils
durch Dritte übernommen werden kann, sollte sich herausstellen, dass die
Investition nur auf diesem Weg getätigt werden kann?

Wenn nein, warum gilt diese Regelung für die Inanspruchnahme von Mit-
teln im Rahmen des Investitionspaktes und nicht auch im Rahmen des
kommunalen Investitionsprogramms?

11. Sind durch die Bestimmungen in Artikel 7 § 3 Absatz 1 Nummer 1 Investi-
tionen in die kommunale Schul- und Weiterbildungsinfrastruktur ausge-
schlossen, die über eine energetische Sanierung hinausgehen?

12. Wie begründet die Bundesregierung den Ausschluss von kommunalen In-
vestitionen (Artikel 7 § 3) in den Bereichen Straßenbau (ohne Lärmschutz),
Abwasser und Öffentlicher Personennahverkehr vor dem Hintergrund der
Tatsache, dass einschlägige Studien zum kommunalen Investitionsbedarf
(DIFU) gerade in diesen Bereichen großen Handlungsbedarf sehen?

13. Was versteht die Bundesregierung unter „zusätzlichen Investitionen“ (Arti-
kel 7 § 3 Absatz 3 und Entwurf der Verwaltungsvereinbarung § 4 und 5)?

14. Können Investitionen, die Bestandteil der mittel- bzw. langfristigen Inves-
titionsplanung einer Kommune sind und bei denen absehbar ist, dass diese
aufgrund der schwierigen Haushaltslage der Kommune nicht planmäßig
realisiert werden können, mit Mitteln aus dem kommunalen Investitions-
programm umgesetzt werden?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12041

15. Was spricht dagegen, dass finanzschwache Kommunen planungsreife In-
vestitionsprojekte, die aufgrund der schwierigen Haushaltslage noch nicht
realisiert werden konnten bzw. deren Realisierung gestoppt werden musste,
mit Mitteln aus dem kommunalen Investitionsprogramm umsetzen, zumal
dies einen schnellen Einsatz der Mittel zur Folge habe und der Förderung
des wirtschaftlichen Wachstums (Artikel 104b Absatz 1 des Grundgeset-
zes – GG) dienen würde?

16. Warum ist beabsichtigt, geplante kommunale Maßnahmen, die bereits im
Haushaltsplan oder gar im Finanzplan des Jahres 2009 veranschlagt wur-
den, auszuschließen, zumal gerade solche Investitionen geeignet wären,
rasch umgesetzt zu werden, um die örtliche Konjunktur zu beleben, weil
die Planungen weit fortgeschrieben sind und durch die zu erwartenden Ein-
brüche bei den Steuereinnahmen diese Investitionen gefährdet werden
könnten?

17. Was spricht dagegen, dass aufgrund des sich angestauten hohen Investi-
tionsbedarfs – insbesondere in finanzschwachen Kommunen – im Rahmen
des kommunalen Investitionsprogramms Sanierungen auch bei kommu-
nalen Einrichtungen wie Turnhallen, Rathäusern oder Mehrzweckgebäu-
den vorgenommen werden und damit auch der allgemeine Substanzerhalt
der Gebäude gefördert werden sollte?

18. Welche kostenrechnenden Einrichtungen außerhalb der sozialen Daseins-
vorsorge werden grundsätzlich nicht gefördert (bitte auflisten), und warum?

Bedeutet „grundsätzlich“, dass Ausnahmen zugelassen werden, und wenn
ja, in welchen Fällen?

19. Aus welchen Gründen beabsichtigt die Bundesregierung, den Einsatz von
Mitteln aus dem kommunalen Investitionsprogramm zur Ergänzung bereits
existierender Förderprogramme, wie beispielsweise die Städtebauförde-
rung, auszuschließen?

20. Welche verfassungsrechtlichen Fragestellungen – das Verhältnis Bund,
Länder und Kommunen betreffend – werden in Umsetzung des Konjunk-
turpakets II berücksichtigt?

21. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Vielzahl von
länderspezifischen Umsetzungen die Wirksamkeit der Finanzhilfen und in
diesem Zusammenhang die Beschränkung von Finanzhilfen auf die Länder
(Artikel 104b Absatz 1 GG)?

Berlin, den 12. Februar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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