BT-Drucksache 16/12020

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Wolfgang Neskovic, Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/3537- Grundsätzliche Überprüfung der Abschiebungshaft, ihrer rechtlichen Grundlagen und der Inhaftierungspraxis in Deutschland

Vom 19. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12020
16. Wahlperiode 19. 02. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Wolfgang Neskovic, Petra Pau,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/3537 –

Grundsätzliche Überprüfung der Abschiebungshaft, ihrer rechtlichen Grundlagen
und der Inhaftierungspraxis in Deutschland

A. Problem

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, initiativ zu werden, um die
Abschiebungshaft als Mittel zur Durchsetzung von Abschiebungen abzuschaf-
fen und sich bis zur Erreichung dieses Ziels für Änderungen der gesetzlichen
Grundlagen zur Wahrung von Mindeststandards der Inhaftierungspraxis einzu-
setzen. So sei insbesondere erforderlich, die Dauer der Abschiebungshaft weiter
zu beschränken, besonders schutzwürdige Personengruppen generell nicht in
Abschiebungshaft zu nehmen, den Betroffenen eine kostenlose anwaltliche Ver-
tretung beizuordnen sowie die Abschiebungshaft stärker von der Strafhaft abzu-
grenzen. Auch solle die gerichtliche Überprüfung nicht mehr durch die Straf-,
sondern durch die fachkompetenteren Verwaltungsgerichte erfolgen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/12020 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3537 abzulehnen.

Berlin, den 11. Februar 2009

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Berichterstatterin Berichterstatter
2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 126. Sitzung am 11. Fe-
bruar 2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner 78. Sitzung am 11. Februar 2009 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 16/
3537 in seiner 85. Sitzung am 11. Februar 2009 abschließend
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihn ab-
zulehnen.

II. Zur Begründung
Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD weisen
darauf hin, dass es sich bei dem Instrument der Abschie-
bungshaft um ein legitimes und rechtsstaatliches Mittel han-
dele, welches unverzichtbar sei. Dabei werde der einschnei-
denden Wirkung der Abschiebungshaft in die Freiheitsrechte
des Betroffenen dadurch Genüge geleistet, dass die Abschie-
bungshaft nur durchgeführt werden dürfe, wenn der Grund-

zung behoben werden.

Die Fraktion der FDP führt ebenfalls aus, dass die Abschie-
bungshaft grundsätzlich nicht abgeschafft werden könne.
Man teile jedoch die Ansicht der Antragsteller hinsichtlich
der Verbesserungsbedürftigkeit einzelner Details der Ab-
schiebungshaft. Diesbezüglich beinhalte der Forderungska-
talog der Tagung „Abschiebungshaft und Seelsorge“, welche
vom 27. bis 29. Januar 2009 in Hamburg stattgefunden habe,
bedeutsame Hinweise. Diese Tagung belege auch die beste-
hende Aktualität des Themas trotz der zwischenzeitlich ent-
standenen Rückführungsrichtlinie.

Die Fraktion DIE LINKE. erläutert, dass ihr Antrag zwar
aus dem Jahre 2006 stamme, aber dennoch nichts an Aktua-
lität eingebüßt habe. Das Instrument der Abschiebungshaft
werde viel zu häufig und viel zu schnell und damit rechts-
widrig eingesetzt. Die Aktualität belege insbesondere der
Forderungskatalog der bereits genannten Tagung. Es sei zu-
dem erforderlich, die Abschiebungshaft von der Strafhaft ab-
zugrenzen, da sie lediglich der Durchsetzung einer Verwal-
tungsmaßnahme diene, nicht zur Ahndung einer Straftat.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verweist auf
ihre diese Thematik betreffende Große Anfrage an die Bun-
desregierung und kündigt an, dass sie diese zum Gegenstand
einer Plenarsitzung machen werde. Es bestünden teilweise
menschenrechtswidrige Haftbedingungen. Insbesondere sei
es nicht hinnehmbar, dass im Zeitraum 2005 bis 2007 in ein-
zelnen Bundesländern Schwangere bis zu 132 Tage und un-
begleitete Minderjährige bis zu 142 Tage in Abschiebungs-
haft gewesen seien. Auch werde oftmals erst während einer
bestehenden Abschiebungshaft geprüft, ob diese überhaupt
durchführbar sei.

Berlin, den 11. Februar 2009

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen Josef Philip Winkler
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12020

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Rüdiger Veit,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Sevim Dag˘delen und Josef Philip Winkler

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/3537 wurde in der 91. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 29. März 2007 an den
Innenausschuss federführend sowie an den Rechtsausschuss
und den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hil-
fe zur Mitberatung überwiesen.

satz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werde und eine Ab-
schiebung überhaupt möglich sei. Der Antrag sei zudem
veraltet, da sich ein Teil der darin aufgestellten Forderungen
bereits durch die zwischenzeitlichen Entwicklungen, insbe-
sondere durch die Rückführungsrichtlinie der EU, erledigt
hätte. Diese setze allgemeine Standards innerhalb der Mit-
gliedstaaten. Noch bestehende Einzelprobleme der Abschie-
bungshaft würden ggf. im Rahmen der Richtlinienumset-

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