BT-Drucksache 16/1192

Höhe des Essensgeldes für Zivildienstleistende (Nachfrage zu Bundestagsdrucksache 16/770)

Vom 6. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1192
16. Wahlperiode 06. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Heinz-Peter Haustein, Elke
Hoff, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil,
Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Höhe des Essensgeldes für Zivildienstleistende
(Nachfrage zu Bundestagsdrucksache 16/770)

Die FDP-Fraktion fragte bereits in einer Kleinen Anfrage (Bundestagsdruck-
sache 16/625) nach der Auffassung der Bundesregierung zur Höhe des Essens-
geldes für Zivildienstleistende. Hintergrund ist, dass das Höchstgericht (VfGH)
in Österreich in einem Urteil vom November 2005 festgelegt hat, dass das Ver-
pflegungsgeld für Zivildiener in Österreich in Höhe von rund 6 Euro pro Tag
deutlich zu niedrig ist. Als Bezugsgröße für die Angemessenheit der Verpfle-
gung legte der VfGH eine Spanne zwischen 11,26 Euro/Tag und 13,60 Euro/Tag
fest. Das zuständige Innenministerium in Österreich legte daraufhin den auszu-
zahlenden Verpflegungsgeldsatz auf 13,60 Euro/Tag fest.

Das Verpflegungsgeld in Österreich wird ebenso wie in Deutschland nur dann
ausgezahlt, wenn die Einsatzstelle selbst keine Verpflegung stellt oder der
Anspruchsberechtigte sich z. B. im Urlaub befindet. Der Satz von 13,60 Euro/
Tag liegt deutlich über dem in Deutschland gezahlten einfachen Verpflegungs-
geldsatz in Höhe von 3,60 Euro/Tag. Kann der Zivildienstleistende nicht an der
Verpflegung für einen gesamten Tag teilnehmen, wird der doppelte Verpfle-
gungsgeldsatz in Höhe von 7,20 Euro/Tag in Anrechnung gebracht. Beide Sätze
liegen deutlich unter dem Satz von 13,60 Euro, den das Höchstgericht (VfGH)
in Österreich für eine angemessene Verpflegung als notwendig erachtet.

Da die Höhe des Essensgeldes für Zivildienstleistende auf dem Wert, der für
Wehrpflichtige vorgesehen ist, beruht, muss bei einer Betrachtung die aktuelle
Entwicklung bei der Bundeswehr berücksichtigt werden. In der Zeitschrift

„aktuell – Zeitung für die Bundeswehr“ (Nr. 5 vom 6. Februar 2006) führte die
Leiterin der Abteilung Wehrverwaltung, Alice Greyer-Wieninger, im Interview
zum Thema Verpflegung aus:

„Bisher haben wir für die Verpflegung nur die Kosten berechnet, die die Bun-
deswehr selbst für die Beschaffung der Lebensmittel aufwendet, nämlich
3,60 Euro. [Diese Kosten entsprechen exakt dem einfachen Verpflegungsgeld-

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satz für Zivildienstleistende und Wehrpflichtige.] Die tatsächlichen Herstel-
lungskosten sind aber wesentlich höher, weil auch Kosten für Personal, In-
frastruktur und Energie anfallen.“ Hiermit wird begründet, dass zum 1. Januar
2006 der Verpflegungsgeldsatz bei Kasernenverpflegung für Berufssoldaten und
Zivilpersonal von bisher 3,60 Euro/Tag auf 6,76 Euro/Tag angehoben wurde.

Gemäß der Sachbezugsverordnung der Bundeswehr setzen sich diese 6,76 Euro/
Tag aus 1,48 Euro für das Frühstück sowie jeweils 2,64 Euro für das Mittag- und
Abendessen zusammen.

Für Zivildienstleistende beträgt der einfache Verpflegungsgeldsatz 3,60 Euro/
Tag. Dieser setzt sich aus 1,10 Euro für das Frühstück, 1,35 Euro für das
Mittagessen sowie 1,15 Euro für das Abendessen zusammen. Dies bedeutet,
dass – theoretisch betrachtet – ein Zivildienstleistender selbst bei Zugrunde-
legung des doppelten Verpflegungsgeldsatzes von 2,30 Euro (2 × 1,15 Euro)
hierfür nicht einmal ein Abendessen in der Großküche einer Kaserne erwerben
könnte, welches einen Wert von 2,64 Euro hat.

Der doppelte Verpflegungsgeldsatz in Höhe von 7,20 Euro wird ausschließlich
ausgezahlt, um die erhöhten Einkaufskosten von Lebensmitteln abzudecken, da
davon auszugehen ist, dass ein Großabnehmer wie z. B. die Bundeswehr sehr
viel geringere Marktpreise für den Erwerb von Lebensmitteln bezahlen muss.
Der Satz beinhaltet auch nach Auffassung der Bundesregierung keinerlei Zu-
bereitungskosten. Die Zubereitungskosten inklusive Energie etc. für Kasernen-
verpflegung veranschlagt die Bundesregierung mit 3,16 Euro/Tag (siehe Inter-
view mit Alice Greyer-Wieninger). Auch hierbei ist zu berücksichtigen, dass die
Zubereitungskosten für Kasernenverpflegung weit unterhalb anderer Küchen
liegen, da z. B. der Faktor Raummiete anders zu bewerten ist und ein Gewinn
nicht erwirtschaftet wird. Es muss also davon ausgegangen werden, dass für
einen Zivildienstleistenden, dessen Dienststelle gemäß dem Abschnitt F 6 Nr. 2
des Leitfadens für den Zivildienst von der Verpflegungsbereitstellung befreit ist,
z. B. weil diese keine eigene Kantine hat, mindestens einen Satz in Höhe von
10,36 Euro/Tag (7,20 Euro/Lebensmittel + 3,16 Euro/Zubereitung) benötigt, um
Verpflegung zu erwerben. Realistisch betrachtet ist bei den Zubereitungskosten
ebenfalls der doppelte Satz zu berücksichtigen, was einem Verpflegungsgeld-
tagessatz von 13,52 Euro (7,20 Euro/Lebensmittel + 6,32 Euro/Zubereitung)
bedeutet. Auch der VfGH in Österreich sah eine Spanne zwischen 11,26 Euro/
Tag und 13,60 Euro/Tag für die Verpflegung der Zivildiener vor. Der Betrag von
13,52 Euro trifft fast punktgenau den Ansatz von 13,60 Euro/Tag, der für Zivil-
diener in Österreich angesetzt wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie gelangt die Bundesregierung zu der Auffassung „Der Erwerb zubereite-
ter Verpflegung ist für Grundwehrdienstleistende und Zivildienstleistende in
Deutschland nicht vorgesehen.“ (siehe Antwort zu Frage 1 auf Bundestags-
drucksache 16/770), obwohl gerade dieser Fall notwendig ist, wenn die
Dienststelle des Zivildienstleistenden gemäß dem Abschnitt F 6 Nr. 2 des
Leitfadens für den Zivildienst von der Verpflegungsbereitstellung befreit ist,
weil diese z. B. keine eigene Kantine hat?

2. Wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung ein Zivildienstleistender,
dessen Dienststelle von Verpflegungsbereitstellung befreit ist, zu einer war-
men Mahlzeit gelangen, wenn der „Erwerb zubereiteter Verpflegung nicht
vorgesehen ist“?

3. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung (siehe Antwort zu
Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 16/770), dass die Höhe des Essensgeldes

für Zivildienstleistende „keinen Zuschuss“ zum Erwerb von Mahlzeiten dar-
stellt, wenn es z. B. einem Zivildienstleistenden in der Theorie noch nicht

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1192

einmal möglich ist, die Abendverpflegung zu Herstellungskosten (2,64 Euro)
in der Großküche einer Kaserne von dem ihm ausgezahlten anteiligen
Essensgeld für die Abendverpflegung (2,30 Euro) zu erwerben, wenn die
Dienststelle des Zivildienstleistenden, z. B. aufgrund einer nicht vorhande-
nen Kantine, von der Verpflegungsbereitstellung befreit ist?

4. Welche Indikatoren (siehe Antwort zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 16/
770) führten zu einer Nichtanhebung des Essensgeldes für Zivildienstleisten-
de seit dem 1. Juli 2003?

Bitte die genaue Zusammensetzung des Indikators für jedes Jahr angeben.

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass im Gegensatz zu ihrer Auffassung
(siehe Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 16/770) auch in Öster-
reich der Grundsatz der Naturalverpflegung eingeführt wurde, und trotzdem
eine Essensgeld in Höhe von 13,60 Euro/Tag als notwendig erachtet wird?

Berlin, den 5. April 2006

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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