BT-Drucksache 16/11913

Statut der Europäischen Privatgesellschaft für deutschen Mittelstand auf europäischer Ebene praxisnah regeln

Vom 11. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11913
16. Wahlperiode 11. 02. 2009

Antrag
der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K.
Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Ina Lenke, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Statut der Europäischen Privatgesellschaft für deutschen Mittelstand
auf europäischer Ebene praxisnah regeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Europäische Kommission hat am 25. Juni 2008 den „Vorschlag für eine
Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft“ vor-
gelegt. Mit dieser neuen europäischen Gesellschaftsform möchte die Euro-
päische Kommission in erster Linie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)
helfen, ihre Unternehmenstätigkeit auf andere Mitgliedstaaten auszuweiten und
die Vorteile des Binnenmarktes zu nutzen. Unter der Bezeichnung „Societas Pri-
vata Europaea“ (SPE) soll die Europäische Privatgesellschaft mit beschränkter
Haftung voraussichtlich ab Mitte 2010 als neue supranationale Rechtsform ge-
nutzt werden können.

Das SPE-Statut war bereits 2003 im Aktionsplan zur Modernisierung des Ge-
sellschaftsrechts und zur Verbesserung der Corporate Governance in der Euro-
päischen Union als mittelfristige Maßnahme definiert worden. Dem konkreten
Vorschlag der Kommission war im Februar 2007 auf europäischer Ebene eine
Entschließung des Europäischen Parlaments vorausgegangen, in der von der
Kommission die Erarbeitung eines Vorschlags für ein einheitliches Statut für die

europäische Privatgesellschaft gefordert wurde. Anschließend hatte die EU-
Kommission eine Konsultation sowie eine Konferenz zum SPE-Statut durchge-
führt.

Der Deutsche Bundestag unterstützt das Ziel einer für den Mittelstand zu schaf-
fenden europäischen Gesellschaftsform. Das Statut soll Regelungen enthalten,
die den KMU kostengünstig und unbürokratisch ein grenzüberschreitendes
Tätigwerden ermöglichen.

Drucksache 16/11913 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag hat sich bereits mehrfach mit dem geplanten SPE-Sta-
tut befasst. Am 21. Juni 2007 wurde – noch im Rahmen der deutschen EU-Rats-
präsidentschaft – der Antrag „Die Schaffung einer Europäischen Privatgesell-
schaft forcieren“ (Bundestagsdrucksache 16/5423) der Fraktion der FDP bera-
ten. Die Grundforderung nach einem europäischen Statut für eine Europäische
Privatgesellschaft (EPG) wurde nahezu von allen Fraktionen unterstützt.

Der Vorschlag der EU-Kommission zum SPE-Statut hat jedoch bezüglich seiner
inhaltlichen Gestaltungen einige Fragen und Probleme auf nationaler Ebene auf-
geworfen. So zeigte sich die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine schrift-
liche Frage von Mechthild Dyckmans im August 2008 überrascht von dem Um-
stand, dass der Verordnungsvorschlag völlig auf ein grenzüberschreitendes Ele-
ment für die Gründung einer EPG verzichtet, und kündigte eine Prüfung sowohl
hinsichtlich der Regelungskompetenz als auch hinsichtlich der Auswirkungen
dieses Verzichts an. Auch hinsichtlich vieler weiterer Fragen, die die Fraktion
der FDP in ihrer Kleinen Anfrage „Einführung eines Statuts der Europäischen
Privatgesellschaft“ (Bundestagsdrucksache 16/10524) stellte, sah die Bundes-
regierung noch Prüfungs- bzw. Diskussionsbedarf. Die aufgeworfenen Fragen
umfassten die geplanten Regelungen zur (Nicht-)Überprüfung von Satzungs-
änderungen, Anforderungen der Publizität, Transparenz des Anteilseignerver-
zeichnisses, Übertragung von Geschäftsanteilen, Minderheiten- und Gläubiger-
schutz. Der Bundesrat äußerte in seinem Beschluss vom 10. Oktober 2008 er-
hebliche Kritik an dem Verordnungsvorschlag.

Auch die Berichtsentwürfe der verschiedenen Ausschüsse des Europäischen
Parlaments (Rechtsausschuss: Berichtsentwurf vom 9. September 2008; Aus-
schuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten: Berichtsentwurf vom
6. Oktober 2008) zeigen noch dringenden Prüfungs-, Beratungs- und Ände-
rungsbedarf auf, damit die Verordnung den KMU ein praxisnahes Regelungs-
werk an die Hand gibt. Der Sachstandsbericht des Vorsitzes des Rates vom
28. November 2008 zeigt die bestehenden Rechtsunsicherheiten erneut auf. Der
Rechtsausschuss des Europaparlaments hat am 20. Januar 2009 dem Bericht
über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft zugestimmt. Insbesondere
in den Bereichen des Mindestkapitals und beim grenzüberschreitenden Grün-
dungsmerkmal wurden jedoch Änderungen beschlossen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bei der Europäischen Kommission und im Rat der Europäischen Union darauf
hinzuwirken, dass die Verordnung bei ihrer Verabschiedung folgende Kriterien
erfüllt:

1. In der Verordnung ist ein grenzüberschreitendes Element vorzusehen, das
mindestens einen grenzüberschreitenden Unternehmensgegenstand in der
Satzung des Unternehmens vorsieht.

2. Gläubiger müssen – entsprechend dem Niveau des deutschen Kapitalgesell-
schaftsrechts – ausreichend geschützt sein. Hierzu gehören:

a) ein Mindeststammkapital in angemessener Höhe,

b) eine Verschärfung der Ausschüttungsregelungen in der Verordnung,

c) Regelungen zu Bar- und Sacheinlage inklusive einer Werthaltigkeitsprü-
fung in der Verordnung.

3. Die Registerpublizität muss in Deutschland weiterhin gewahrt werden. Es ist
an den entsprechenden Stellen auf die Regelungen der Publizitätsrichtlinie zu
verweisen.
a) Die Satzung, Satzungsänderungen sowie Anteilsübertragungen sollten
nicht nur veröffentlicht, sondern auch durch eine wirksame öffentliche

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11913

Kontrolle flankiert werden. Darüber hinausgehenden nationalen Beson-
derheiten bei der Kontrolle ist Rechnung zu tragen.

b) Die Liste der Anteilseigner sowie der Unternehmensgegenstand sind im
Handelsregister zu veröffentlichen.

4. Die für den Gläubigerschutz relevanten Regelungen müssen in der Verord-
nung detailliert geregelt werden.

Berlin, den 11. Februar 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.