BT-Drucksache 16/11831

Tritiumbelastung des Neckar aus Atomanlagen in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 3. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11831
16. Wahlperiode 03. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Hüseyin-Kenan Aydin, Karin Binder,
Sevim Dag˘delen, Werner Dreibus, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Lutz Heilmann,
Hans-Kurt Hill, Inge Höger, Ulla Jelpke, Ulla Lötzer, Ulrich Maurer, Paul Schäfer
(Köln) und der Fraktion DIE LINKE.

Tritiumbelastung des Neckar aus Atomanlagen in der Bundesrepublik Deutschland

In unbelasteten Flüssen liegt die Tritiumbelastung normalerweise bei unter
einem Bequerel je Liter Wasser (1 Bq/l). Dieser Wert wurde bei Mannheim
um das 16-fache überschritten, wie der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer
Neckar e. V. (BBMN) zusammen mit dem Bundesverband Bürgerinitiativen
Umweltschutz e. V. (BBU) bei Messungen feststellte. Die Überprüfung mög-
licher Verursacher ergab bei Untersuchungen im Abwasser des Atomkraft-
werkes Neckarwestheim eine Tritiumbelastung von 48,9 Bq/l. Dieses radio-
aktive Tritium belastet den Neckar und ist auch noch in Mannheim nachweisbar.

Tritium ist ein besonders problematischer radioaktiver Stoff, da er zu einem
Bestandteil des Wassers wird und durch herkömmliche Aufbereitungsverfahren
nicht mehr daraus zu entfernen ist. Es wird vom Körper aufgenommen und führt
zu einer Strahlenbelastung aller Organe von Menschen und Tieren. Weil Tritium
im Körper organisch gebunden wird, kann es bei seinem radioaktiven Zerfall
noch nach Jahrzehnten den menschlichen Körper schädigen und Krebs hervor-
rufen.

Im Dezember 2007 wurden die Ergebnisse einer Untersuchung des Deutschen
Kinderkrebsregisters Mainz mitgeteilt, wonach das Risiko für kleine Kinder an
Krebsleiden zu erkranken zunimmt, je näher ihr Wohnort an einem Atomkraft-
werk oder einer Atomanlage liegt.

Bürgerinitiativen und Umweltverbände haben seit Jahrzehnten immer wieder
darauf hingewiesen, dass auch die radioaktive Belastung aus so genanntem
Normalbetrieb kerntechnischer Anlagen gerade bei Kindern zu Krebserkran-
kungen führen kann.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Messergebnisse über die Tritiumbelastung durch Ableitungen aus
Atomkraftwerken in der Rhein-Neckar-Region liegen der Bundesregierung

vor?

2. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Umwelterklä-
rung des Atomkraftbetreibers E.ON Kraftwerke GmbH, in der von nicht
nachweisbaren Abgaben radioaktiver Stoffe in die Umgebung die Rede ist,
angesichts der Tatsache, dass Messergebnisse von Mai 2007 im Neckar in der
Nähe von Mannheim eine Tritiumbelastung von 16 Bq/l ermittelten?

Drucksache 16/11831 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. In welchem Maße belasten nach Ansicht der Bundesregierung die Tritium-
emissionen aus dem Betrieb von Atomanlagen wie dem Atomkraftwerk
Neckarwestheim die Gesundheit der Bevölkerung in der Rhein-Neckar-
Region?

4. Welche Tritiumbelastungen aus Atomanlagen hält die Bundesregierung in
Gewässern der Rhein-Neckar-Region für verantwortbar?

5. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Belastung
der Bevölkerung in der Rhein-Neckar-Region durch Tritiumableitungen aus
Atomkraftwerken zu verringern?

6. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um zu verhindern,
dass die Atomwirtschaft die Gewässer in der Rhein-Neckar-Region als End-
und Zwischenlager für beim Betrieb entstehende radioaktive Stoffe wie
Tritium verwendet?

7. Gibt es ein Regelwerk, nach dem die Emissionen radioaktiver Stoffe wie
Tritium aus Atomanlagen in Gewässern in den Mitgliedstaaten der EU
kontrolliert und begrenzt werden?

Wenn ja, welches, und hält die Bundesregierung dies für ausreichend?

Wenn nein, inwieweit würde die Bundesregierung die Erarbeitung und Ein-
führung eines solchen Regelwerkes unterstützen, und wie sollte dieses nach
Ansicht der Bundesregierung ausgestaltet sein?

Berlin, den 29. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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