BT-Drucksache 16/11803

Einflussnahme auf die Geschäftspolitik der Commerzbank AG

Vom 28. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11803
16. Wahlperiode 28. 01. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, Dr. Axel Troost,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Einflussnahme auf die Geschäftspolitik der Commerzbank AG

Nach Gesprächen mit Vertretern des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung
(SoFFin) wird die Commerzbank AG mit insgesamt 18 Mrd. Euro gestützt. In-
zwischen ist öffentlich, dass mit Hilfe des Stabilisierungsfonds unter anderem
die Übernahme der Dresdner Bank AG durch die Commerzbank AG gesichert
werden soll – laut Presseberichten insbesondere auch deshalb, weil die Allianz
AG – derzeitige Eigentümerin der Dresdner Bank – nicht fähig und willens ist,
diese nachhaltig zu stabilisieren.

Im Gegenzug hält der Bund 25 Prozent plus eine Aktie der Commerzbank AG
und verfügt damit über eine Sperrminorität. In der Konsequenz könnten seitens
des Staates wesentliche strategische Beschlüsse der Bank beeinflusst, aber auch
Unternehmensentscheidungen blockiert werden. Für den Aufsichtsrat sollen
zwei Staatssekretäre entsendet werden. Die Bundesregierung hat allerdings aus-
geschlossen, in die Geschäftspolitik der Commerzbank AG einzugreifen. Der
gänzliche Verzicht auf Einflussnahme ist ebenso ungewöhnlich wie unbefrie-
digend. So böte sich z. B. die Chance, die von der Bundesregierung selbst pro-
blematisierte Kreditklemme zu beseitigen, die Tätigkeit des Bankinstituts in
Steueroasen zu überprüfen – die Commerzbank AG unterhält in zahlreichen be-
kannten Steueroasen Niederlassungen bzw. bietet den Service von Relationship
Managern an – und die Einführung eines Girokontos für Jedermann zu forcieren.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gehört es nach Ansicht der Bundesregierung zu den Zielen des Finanzmarkt-
stabilisierungsgesetzes (FMStG), mittels der Bereitstellung von Steuergel-
dern aus dem Rettungsfonds für Banken (SoFFin) die Übernahme von kon-
kurrierenden Unternehmen abzusichern, und wie begründet sie ihre Ansicht?

2. Welche gesetzlichen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Geschäfts-
politik der Commerzbank AG hat die Bundesregierung aufgrund ihrer Mit-
eigentümerschaft (z. B. via Aufsichtsrat)?

3. Wird die Bundesregierung die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten
der Einflussnahme auf die Geschäftspolitik der Commerzbank AG nutzen?

Wenn nein, warum nicht?

4. Werden sich die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat Kenntnisse
über die Kredite verschaffen, die die Commerzbank AG im Rahmen eines
internationalen Bankensyndikats an das Unternehmen Alliant Techsystems,
einem der größten Produzenten von Uranwaffen, vergibt bzw. vergeben hat?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/11803 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Werden sich die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat Kenntnisse
über die Aktivitäten der Commerzbank AG in verschiedenen Steueroasen,
so z. B. Andorra, die Cayman-Islands, Liechtenstein, Luxemburg, Malta
und Singapur verschaffen?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wird sich die Bundesregierung als Miteigentümerin der Commerzbank AG
dafür einsetzen, die Aktivitäten der Bank hinsichtlich der unter den Fra-
gen 4 und 5 benannten Themen kritisch zu überprüfen und ggf. zu korrigie-
ren?

Wenn nein, warum nicht?

7. Werden sich die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat Kenntnisse
darüber verschaffen, ob und wie die Commerzbank AG die freiwillige
Selbstverpflichtung der Kreditinstitute, jedem und jeder ein Girokonto zur
Verfügung zu stellen, umsetzt?

Wenn nein, warum nicht?

8. Wird sich die Bundesregierung als Miteigentümerin der Commerzbank AG
dafür einsetzen, dass seitens der Bank zukünftig jedem ein Girokonto ent-
sprechend der Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses „Girokonto für
jedermann“ zur Verfügung gestellt wird?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wird sich die Bundesregierung als Miteigentümerin der Commerzbank AG
dafür einsetzen, die Aktivitäten der Bank im Bereich spekulativer Finanz-
instrumente mit dem Ziel zukünftig Schieflagen zu verhindern, kritisch zu
überprüfen und ggf. zu korrigieren?

Wenn nein, warum nicht?

10. Nach welchen inhaltlichen Vorgaben werden – nach dem Willen der Bun-
desregierung – die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat der Com-
merzbank AG tätig werden?

11. In welcher Höhe wurden seitens der Commerzbank AG seit 2003 Partei-
bzw. Wahlkampfspenden an die im Deutschen Bundestag vertretenen Par-
teien gezahlt?

Berlin, den 21. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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