BT-Drucksache 16/11599

Nachtragshaushalt vorlegen - Notwendige Revision des Bundeshaushalts vornehmen

Vom 14. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11599
16. Wahlperiode 14. 01. 2009

Antrag
der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Claudia
Winterstein, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Gudrun Kopp, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Markus
Löning, Horst Meierhofer, Jan Mücke, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Dr. Hermann
Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian
Toncar, Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Hartfried Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Nachtragshaushalt vorlegen – Notwendige Revision des Bundeshaushalts
vornehmen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen Nachtragshaushalt vorzulegen.

Berlin, den 14. Januar 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

Begründung

Bereits zwei Monate nach Verabschiedung des Bundeshaushalts 2009 muss die
Bundesregierung durch den Bundesminister der Finanzen einräumen, dass
wesentliche Determinanten im Bundeshaushalt nicht mehr stimmen. Die Ein-
nahmen scheinen wegzubrechen, kreditfinanzierte Konjunkturprogramme in
Milliardenhöhe belasten den Bundeshaushalt und die Gefahr einer Rekord-
Neuverschuldung (bisher: rd. 40,1 Mrd. Euro) in Richtung 50 Mrd. Euro ist

evident. Damit läge die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr um gut 30 Mrd.
Euro über der Planung. Eine Verdreifachung der veranschlagten Nettoneuver-
schuldung in Höhe von 18,5 Mrd. Euro kann für den Bundeshaushalt 2009
nicht ausgeschlossen werden.

Die Gründe für ein Haushaltsrisiko von über 30 Mrd. Euro liegen in einer un-
realistischen Annahme des Wirtschaftswachstums (0,2 Prozent), geringeren

Drucksache 16/11599 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Steuereinnahmen, höheren Arbeitsmarktausgaben, Mindereinnahmen aufgrund
des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Pendlerpauschale, einem möglichen
Defizit beim Gesundheitsfonds und Milliardenbelastungen durch das Konjunk-
turpaket II.

Des Weiteren muss in die Betrachtung des Bundeshaushalts das Rettungspaket
für die Banken mit einbezogen werden. Durch das Finanzmarktstabilisierungs-
gesetz (§ 9 FMStG) wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt,
Kredite mit einem Volumen von bis zu 100 Mrd. Euro aufzunehmen. Bei ent-
sprechender Ausschöpfung drohen erhebliche zusätzliche Haushaltsrisiken.

Somit ist nicht auszuschließen, dass Deutschland im Jahr 2009 wieder gegen
beide Schuldenregelungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verstoßen
wird. Wurde in den letzten Jahren permanent die 60-Prozent-Grenze bei der
Schuldenstandsquote nicht eingehalten, so ist für das Jahr 2009 erstmalig nach
drei Jahren wieder ein Verstoß gegen die 3-Prozent-Grenze beim Staatsdefizit
zu befürchten.

Deutschland steht angesichts einer Rezession und einer äußerst negativen
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor einer erneuten Verschuldungswelle
wie in den Jahren 2002 bis 2005.

Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass mit dem Haushalt 2009 die Haushalts-
konsolidierung gescheitert ist. Das avisierte Ziel eines ausgeglichenen Haus-
halts für das Jahr 2011 wurde verfehlt. Ein neuer, konkreter Zeitpunkt für einen
ausgeglichenen Haushalt ist nicht bekannt.

Die Haushaltspolitik der Bundesregierung erweist sich in der aktuellen Situa-
tion als nicht tragfähig.

Die von der Bundesregierung praktizierte „gestaltende Finanzpolitik“ der
letzten Jahre mit Ausgabensteigerungen von über 30 Mrd. Euro ist dabei eine
wesentliche Ursache.

Dabei bestand aufgrund von zusammen rd. 110 Mrd. Euro Steuermehrein-
nahmen in den Jahren 2006 bis 2008 sogar die Möglichkeit, ohne neue Schul-
den im Bundeshaushalt auszukommen und Risikovorsorge zu betreiben.

Leichtfertig und fahrlässig wurden diese Chancen in den sehr guten konjunktu-
rellen Phasen der letzten drei Jahre vertan. Dies dokumentiert die ökonomische
und haushaltspolitische Kurzsichtigkeit.

Nicht die Finanzkrise ist für den Anstieg der Neuverschuldung allein verant-
wortlich, sondern das Verteilen von Wahlgeschenken und das Ausblenden einer
möglichen konjunkturellen Schwächephase, wie sie jetzt in Deutschland vor-
herrscht. In der Ökonomie besteht Einigkeit, dass Wirtschaftsaufschwünge
nicht ewig halten. Entsprechend hätte präventiv agiert und eine zurückhaltende
Ausgabenpolitik betrieben werden müssen.

Diese Fehleinschätzung und das Festhalten an einer expansiven Ausgaben-
politik werden zu einer teuren Erblast für nachfolgende Generationen.

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