BT-Drucksache 16/1147

Zügig Grundsteuerreform auf den Weg bringen

Vom 5. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1147
16. Wahlperiode 05. 04. 2006

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Peter Hettlich, Christine Scheel, Dr. Gerhard
Schick, Britta Haßelmann und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zügig Grundsteuerreform auf den Weg bringen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Erhebung der Grundsteuer erfolgt heute auf der Grundlage veralteter und
nicht mehr marktgerechter Bodenwerte. Bereits 1992 stellte eine Bund-Länder-
Arbeitsgruppe fest, dass der Einheitswert, der der Besteuerung zugrunde gelegt
wird, durchschnittlich nur noch 10 bis 18 Prozent des Verkehrswertes von
Immobilien widerspiegelt.

Die Einheitswerte sind als Grundlage für die Erbschaft- und Vermögensteuer
nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichtes im Jahr 1995 für ver-
fassungswidrig erklärt worden. Zwar ist die Grundsteuer von den Beschlüssen
nicht direkt betroffen, doch auch bei der Grundsteuer sind die Einheitswerte als
Steuerermittlungsbasis längst anachronistisch.

Das derzeitige Grundsteuersystem geht verschwenderisch mit Boden um und
setzt städtebaulich falsche Anreize für die Stadt-Umland-Wanderung. Bislang
steht bei der Bemessung der Grundsteuer der Wert der vorhandenen Gebäude
im Vordergrund. Daher werden für Grundstücke im ländlichen Raum sowie für
unbebaute Grundstücke weniger Steuern gezahlt als für städtische bzw. be-
baute. Das bodenpolitisch unerwünschte Zurückhalten von Baugrundstücken
und der verschwenderische Umgang mit der wertvollen Ressource Boden/
Fläche werden auf diese Weise belohnt, die erwünschten Investitionen in den
Bestand dagegen bestraft. Weil so bereits erschlossenes Bauland ungenutzt
bleibt, wächst bei den Städten und Gemeinden der Druck, zusätzliches Neubau-
land zu erschließen.

Eine Grundsteuerreform unter ökologischen und städtebaulichen Vorzeichen ist
daher ein notwendiger Beitrag zu dem ausstehenden Maßnahmen- und Gesetz-
gebungsprogramm der Bundesregierung zur Erreichung des 30-Hektar-Flächen-
sparziels. Hierzu wird es nicht ausreichen, allein die Neuflächeninanspruch-
nahme, z. B. über eine Neuerschließungsabgabe, einzuschränken. Die zweite,
ebenso notwendige Seite der Medaille wird es sein, Baupotenziale im Bestand
zu mobilisieren, damit der verbleibende Neubauflächenbedarf, wenn nicht mehr

im bisherigen Umfang in der freien Landschaft, dann im Siedlungsbestand be-
friedigt werden kann. Hierzu ist eine entsprechend reformierte Grundsteuer das
Instrument der Wahl.

Auch aus Gründen einer gerechten Verteilung der Lasten zur Finanzierung der
kommunalen Aufgaben ist die Reform der Grundsteuer dringend geboten. Sie
erscheint insbesondere deshalb gut geeignet als Gemeindesteuer, weil sie den

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Kommunen – ganz anders als beispielsweise die Gewerbesteuer in ihrer heuti-
gen Form – ein stetiges und konjunkturunabhängiges Aufkommen beschert.

Leider wurde die Frage der Grundsteuerreform nicht in die Arbeit der Gemein-
definanzreformkommission einbezogen – trotz der allgemeinen Gemeinde-
finanznot und des allgemein anerkannten Reformbedarfs. Zwar haben die Länder
Bayern und Rheinland-Pfalz einen Reformvorschlag unterbreitet, werden damit
aber ihrer eigenen Zielsetzung, damit einen Beitrag zum Bürokratieabbau zu
leisten, nicht gerecht. Im Gegenteil, die Realisierung dieses Vorschlags würde
zu zahlreichen Abgrenzungsproblemen führen. Zudem schafft er nicht die nöti-
gen städtebaulichen Anreize.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

zügig einen Gesetzentwurf für eine Reform der Grundsteuer vorzulegen, die
sich an folgenden Eckpunkten orientiert:

1. Die Grundsteuer soll zu einer leistungsfähigeren Kommunalsteuer weiter-
entwickelt werden, die stärker als bisher zu den kommunalen Einnahmen
beiträgt.

2. Eine Reform soll das Grundvermögen realistisch besteuern, also die Bewer-
tungsgerechtigkeit stärken, und den Verwaltungsaufwand bei der Bewertung
so gering wie möglich halten.

3. Das bestehende Hebesatzrecht der Gemeinden bei der Wertermittlung muss
erhalten bleiben.

4. Die Grundsteuer muss Anreize für eine flächensparende Bauweise setzen.

5. Die Grundsteuer muss Anreize für die Mobilisierung brachliegender Bau-
grundstücke und zur Nachverdichtung gering bebauter Grundstücke setzen.

6. Die Länder sollen selbst entscheiden können, inwieweit die Grundsteuer
künftig weiter von den Finanzämtern oder von den Kommunen selbst er-
hoben wird.

Berlin, den 5. April 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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