BT-Drucksache 16/11255

Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen extremistischen Lagern in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 3. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11255
16. Wahlperiode 03. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan,
Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich
L. Kolb, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen extremistischen Lagern
in der Bundesrepublik Deutschland

Zwischen den extremistischen Lagern in der Bundesrepublik Deutschland wer-
den immer wieder Verknüpfungen beobachtet. Beispielsweise zeigten die Aus-
schreitungen in Hamburg am 1. Mai 2008, dass die Auflehnung gegen die
Staatsgewalt zu einem neuen Konsens bei links- und rechtsextremistischen
Gewalttätern führt. Auffallend ist der Umstand, dass Neonazis bei dieser
Gelegenheit erstmals als „autonome Nationalisten“ aufgetreten sind, was eine
strukturelle Annäherung an das linksextremistische Spektrum impliziert.

Daneben gibt es Antisemitismus und Antizionismus als Querschnittsthemen bei
den rechts- und linksextremistischen sowie islamistischen Gruppierungen. Seit
längerem wird beobachtet, dass Neonazis Kontakt zu Islamisten suchen. In
einem Interview der „WELT ONLINE“ vom 7. Mai 2008 erklärte der Bundes-
minister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, dass es bereits vor Jahren Anzei-
chen in Deutschland für Kontakte zwischen Rechtsextremisten und Anhängern
der Hisbollah gegeben hätte. Weiter äußerte er, dass es solche Versuche nach
wie vor gebe, die von den Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern
aufmerksam verfolgt würden (www.welt.de/politik/article1974450/Schaeuble_
bietet_Holocaust_Leugnern_die_Stirn.html).

Dem Verfassungsschutzbericht 2007 (S. 117) ist zu entnehmen: „Nicht zuletzt

vor dem Hintergrund der Holocaust-Konferenz in Teheran Ende 2006, die erst-
malig geschichtsrevisionistische Rechtsextremisten und antizionistische Ange-
hörige nahöstlicher Staaten zueinander führte, gibt es Befürchtungen, es könne
– auf der Basis eines gemeinsamen Antisemitismus’ – zu einer Kooperation
zwischen Rechtsextremisten und Islamisten kommen.“

Drucksache 16/11255 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren Kontaktversuche zwi-
schen islamistischen und rechts- bzw. linksextremistischen Gruppierungen
bekannt?

a) Wenn ja, um welche Gruppierungen handelt es sich hierbei?

b) Wenn ja, wann wurden diese Kontaktversuche unternommen?

2. Inwiefern hat sich das Verhältnis zwischen den islamistischen und rechts-
extremistischen Gruppierungen seit 2001 gewandelt?

3. Welche konkreten Kooperationen zwischen Islamisten und Rechtsextremis-
ten innerhalb der letzten zehn Jahre sind der Bundesregierung bekannt?

4. Welche konkreten Kontaktversuche gab es zwischen Rechtsextremisten und
hiesigen Anhängern der Hisbollah seit 2001?

a) Wann fanden diese jeweils statt?

b) Mit welchen Ergebnissen endeten diese Kontaktversuche?

c) Wie bewertet die Bundesregierung diese Ergebnisse?

5. Sieht die Bundesregierung ein neues Gefahrenpotenzial für die öffentliche
Sicherheit darin, dass Rechts- und Linksextremisten an Paralleldemonstra-
tionen teilnehmen und dabei gemeinsam gegen die Staatsgewalt vorgehen,
und wenn ja, aus welchem Grund, und wie gedenkt die Bundesregierung
gegen diese Entwicklung vorzugehen?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirksamkeit und die Gefahr für die
öffentliche Sicherheit der gegenseitigen „Hochschaukel-Taktik“ der Rechts-
und Linksextremisten?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Bildung der „autonomen Nationalis-
ten“ als neuen Trend in der rechtsextremistischen Szene?

8. Wie schätzt die Bundesregierung die zukünftige Entwicklung des Verhält-
nisses zwischen Rechtsextremisten, Linksextremisten und Islamisten im
Hinblick auf die gemeinsame Judenfeindlichkeit?

9. Welche weiteren Querschnittsthemen führen zu Verbindungen der extremis-
tischen Lager in Deutschland?

Berlin, den 3. Dezember 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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