BT-Drucksache 16/11216

Konvention zum Verbot jeglicher Streumunition zügig ratifizieren und in internationales Völkerrecht überführen

Vom 3. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11216
16. Wahlperiode 03. 12. 2008

Antrag
der Abgeordneten Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Eckart von Klaeden,
Dorothee Bär, Anke Eymer (Lübeck), Herbert Frankenhauser, Erich G. Fritz,
Dr. Peter Gauweiler, Manfred Grund, Holger Haibach, Joachim Hörster, Jürgen
Klimke, Hartmut Koschyk, Eduard Lintner, Philipp Mißfelder, Ruprecht Polenz,
Dr. Norbert Röttgen, Bernd Schmidbauer, Karl-Georg Wellmann, Willy Wimmer
(Neuss), Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Andreas Weigel, Dr. Rolf Mützenich, Uta Zapf, Gerd
Andres, Niels Annen, Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Ulla
Burchardt, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Detlef Dzembritzki, Petra Ernstberger,
Monika Griefahn, Dr. Barbara Hendricks, Petra Heß, Gerd Höfer, Brunhilde Irber,
Johannes Jung (Karlsruhe), Hans-Ulrich Klose, Walter Kolbow, Rolf Kramer,
Ute Kumpf, Lothar Mark, Markus Meckel, Ulrike Merten, Ursula Mogg, Thomas
Oppermann, Johannes Pflug, Maik Reichel, Dr. Hermann Scheer, Otto Schily,
Dr. Angelika Schwall-Düren, Dr. Ditmar Staffelt, Jörn Thießen, Hedi Wegener,
Gert Weisskirchen (Wiesloch), Lydia Westrich, Dr. Peter Struck und der Fraktion
der SPD

Konvention zum Verbot jeglicher Streumunition zügig ratifizieren und in
internationales Völkerrecht überführen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

107 Staaten haben sich am 30. Mai 2008 in Dublin auf ein umfassendes und
ausnahmsloses Verbot von im Konventionstext klar definierter Streumunition
geeinigt (Convention on Cluster Munitions). Mit dem in der irischen Hauptstadt
ausgehandelten Übereinkommen wird ein umgehendes Verbot dieser Munition
realisiert. In einer gemeinsamen Erklärung hatten der Bundesminister des Aus-
wärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Bundesminister der Verteidigung
Dr. Franz Josef Jung bereits am 29. Mai angekündigt, dass Deutschland das
Dubliner Übereinkommen am 3. Dezember 2008 in Oslo unterzeichnen und da-
raufhin zügig ratifizieren wird. Zudem sind sämtliche Streumunitionsbestände
der Bundeswehr unverzüglich außer Dienst zu stellen und vorzugsweise im

Laufe der ersten Frist des Übereinkommens zu vernichten und zu entsorgen.

Der Verhandlungserfolg von Dublin ist zunächst ein großer Verdienst parla-
mentarischer Initiativen und zivilgesellschaftlicher Netzwerkarbeit. Auch der
Deutsche Bundestag hat die internationalen Verbotsverhandlungen eng beglei-
tet (vgl. u. a. Bundestagsdrucksache 16/1995). Zudem haben auch eine Reihe
engagierter Regierungen eine Vorreiterrolle in diesem Prozess innegehabt,
darunter die deutsche Bundesregierung. Diese hat die diplomatischen Bemü-

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hungen für ein Streumunitionsverbot bereits seit dem Jahr 2004 vorangetrieben,
nachdem die Bundeswehr bereits 2001 begonnen hatte, ihre Arsenale an Streu-
munition abzubauen. Das Verhandlungsergebnis von Dublin ist ein großartiger
Erfolg und ein wichtiger Impuls zur Wiederbelebung internationaler Ab-
rüstungs- und Rüstungskontrollpolitik. Die Bundesregierung bezeichnet die
erzielte Vereinbarung zu Recht als Meilenstein für die Weiterentwicklung des
humanitären Völkerrechts.

Die Bundesrepublik muss ihre beispielhafte abrüstungspolitische Vorreiterrolle
nun weiterverfolgen und zu den ersten 30 Unterzeichnerstaaten gehören, die
den Vertrag in Kraft setzen. Darüber hinaus erwartet der Deutsche Bundestag,
dass sich die Bundesregierung weiterhin für eine Übernahme der Bestimmun-
gen des Dubliner Übereinkommens in das Waffenübereinkommen der Verein-
ten Nationen zu konventionellen Waffen (CCW) einsetzt. Das Dubliner Über-
einkommen wird von so wichtigen NATO-Staaten wie Großbritannien, Frank-
reich, Italien, Kanada, Spanien und Deutschland mitgetragen, aber auch von
Japan sowie zahlreichen afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern. Das
ist ein wichtiges Signal für die angestrebte Universalisierung dieses Überein-
kommens. Entgegen ihrer in der Vergangenheit vorgetragenen Bedenken haben
auch die Vereinigten Staaten von Amerika bereits angekündigt, dass man noch
im laufenden Jahr eine völkerrechtlich verbindliche Regelung zu Streumunition
im CCW erreichen wolle. Ein wirksames Protokoll im CCW wäre bedeutsam,
da das Übereinkommen von Dublin absehbar mehr als zwei Drittel der welt-
weiten Bestände an Streumunition nicht wird erfassen können.

Neben dem Verbot flächenwirksamer Streumunition definiert die in Dublin
ausgehandelte Konvention zudem auch anspruchsvolle Vorgaben für so ge-
nannte Punktzielmunition, die humanitären Erwägungen klaren Vorrang einräu-
men. Punktzielmunition weist bezüglich ihrer Bauart, ihrer Wirkweise und ih-
rer Zuverlässigkeit grundlegende Unterschiede zu Streumunition auf. Insofern
kann sie weder in engerem noch in weiterem Sinne mit Streumunition gleich-
gesetzt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die in Dublin vereinbarte Konvention zum Verbot von Streumunition am
3. Dezember 2008 in Oslo zu unterzeichnen und dem Deutschen Bundestag
im ersten Halbjahr 2009 zur Ratifikation zuzuleiten;

2. begleitend zur Ratifizierung des Übereinkommens über ein Verbot von
Streumunition eine Erklärung abzugeben, in der sie ihr Verständnis des Ver-
trages darlegt, insbesondere bezüglich seiner humanitären Zielrichtung,
bezüglich des Einwirkens auf Nicht-Vertragsstaaten und bezüglich gemein-
samer militärischer Operationen, deren Durchführung durch den Dubliner
Vertragstext grundsätzlich nicht eingeschränkt wird (Interoperabilität). In
diesem Sinne gilt es, nachdrücklich zu bekräftigen, dass durch das Abkom-
men die Bündnisfähigkeit Deutschlands voll gewahrt bleibt;

3. gegenüber unseren Bündnispartnern und anderen Staaten – insbesondere
gegenüber solchen mit großen Streumunitionsbeständen wie die USA, Russ-
land, China, Indien, Pakistan, Israel und Brasilien – aktiv für einen Beitritt
zu dem Abkommen zum Verbot von Streumunition sowie für einen raschen
Abzug etwaiger auf deutschem Boden gelagerter Streumunition deutlich zu
werben;

4. für eine Aufnahme der in dem Vertragstext vereinbarten Definitionen und
Bestimmungen in das internationale Völkerrecht einzutreten;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11216

5. die Vernichtung und Entsorgung sämtlicher außer Dienst gestellter Streu-
munitionsbestände der Bundeswehr mit Priorität voranzutreiben, möglichst
bereits innerhalb von vier Jahren abzuschließen und die dazu notwendigen
Finanzmittel aus dem Bundeshaushalt bereitzustellen;

6. dem Deutschen Bundestag im Rahmen des jährlich vorzulegenden Berichts
zur Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung (Jahresabrüs-
tungsbericht) dezidiert über die einzelnen Vernichtungs- und Entsorgungs-
schritte zu berichten;

7. anderen Staaten auf deren Wunsch bei der Vernichtung und Entsorgung
von Streumunition entsprechende Kapazitäten der deutschen Industrie im
Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zugänglich zu machen;

8. die im Bundeshaushalt vorgesehenen Finanzmittel für internationale Opfer-
beihilfe und Minenräumung in Einklang mit den anderen Vertragsstaaten
anzuheben;

9. die Forderung des EU-Parlaments nach Einrichtung eines ständigen Sekre-
tariats für den CCW-Prozess zu prüfen und gegebenenfalls weiterzuverfol-
gen;

10. bei der Entwicklung und Neubeschaffung von Munition (wie z. B. Punkt-
zielmunition) für eine erhöhte Transparenz gegenüber den Fachausschüs-
sen des Parlaments Sorge zu tragen, u. a. durch regelmäßige detaillierte
Berichterstattung.

Berlin, den 3. Dezember 2008

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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