BT-Drucksache 16/10908

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/10488, 16/10903- Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Vom 11. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10908
16. Wahlperiode 12. 11. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Dr. Erwin Lotter,
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk
Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Konrad Schily, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Florian Toncar,
Dr. Daniel Volk, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/10488, 16/10903 –

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:

Die vorgesehene Neufassung der Befreiungsmöglichkeiten von der gesetzlichen
Rentenversicherung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB VI) durch das vorliegende Zweite SGB IV-Änderungsgesetz ist abzuleh-
nen. Künftig sollen sich Lehrer an nichtöffentlichen Schulen und Anstalten nur
noch dann befreien lassen können, wenn sie entweder an einer nichtöffentlichen
Schule beschäftigt sind, die (vor der zweiten und dritten Lesung des Gesetzent-
wurfs) Mitglied einer Versorgungseinrichtung geworden ist oder den verschärf-
ten Bedingungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI neuer Fassung genügen. Bisher
können sich Lehrer und Erzieher, die an nichtöffentlichen Schulen oder Anstal-
ten beschäftigt sind, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI unter leichteren Vorausset-
zungen von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung be-

freien lassen.

Für Lehrer an einer Vielzahl nichtöffentlicher Schulen würde damit eine Befrei-
ung aus der gesetzlichen Rentenversicherung praktisch unmöglich. Denn durch
die Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB VI
müssten Lehrer an nichtöffentlichen Schulen nun zusätzlich zu den schon beste-
henden Anforderungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder deren Grund-
sätzen für den Krankheitsfall abgesichert sein und auch Anspruch auf Beihilfe

Drucksache 16/10908 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
haben, um sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung befreien lassen zu können. Diese Anforderungen gehen über das hinaus,
was zu einer sozialen Absicherung der Lehrer erforderlich ist und dienen nur
dazu, die Befreiungsmöglichkeiten von Lehrern einzuschränken.

Die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung ist nicht mit der so genannten Frie-
densgrenze aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vergleichbar, mit der festgelegt wurde,
wer sich in berufsständischen Versorgungswerken statt in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung versichern lassen kann. Durch diese Regelung sollte nur ausge-
schlossen werden, dass sich nach 1995 noch weitere Berufsgruppen zusätzlich
zu den bereits befreiten Berufsgruppen (beispielsweise Ärzte, Anwälte und
Architekten) von der Pflicht zur Versicherung in der gesetzlichen Rentenver-
sicherung befreien lassen. Es gilt aber, dass auch nach 1995 innerhalb dieser
Berufsgruppen noch Versorgungswerke gegründet werden können.

Durch die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene neue Regelung des § 6
Abs. 1 Nr. 2 SGB VI für Lehrer wird dagegen nicht eine bereits bestehende Ab-
grenzung zwischen solchen Berufsgruppen, die sich befreien lassen können und
solchen, die sich nicht befreien lassen können, bestätigt, sondern innerhalb der
Berufsgruppe der Lehrer wird es künftig schwerer gemacht, sich noch von der
gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen.

Diese Erschwernis ist nicht geeignet, die Altersversorgung der Lehrer und Er-
zieher zu verbessern. Denn Versorgungswerke an nichtöffentlichen Schulen
bieten bereits heute eine ausreichende bzw. sehr gute Absicherung ihrer Lehrer.
Durch das Entfallen eigener Versorgungswerke und den Verweis auf die gesetz-
liche Rentenversicherung ist zu befürchten, dass Schulen in privater Träger-
schaft gegenüber öffentlichen Schulen benachteiligt werden, die eine Absiche-
rung nach Beamtenrecht vorsehen. Diese Schlechterstellung ist auch im Hin-
blick auf Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) nicht unbedenklich, der
Schulen in privater Trägerschaft als wesentlichen Bestandteil der öffentlichen
Ordnung anerkennt und schützt. Nach Artikel 7 Abs. 4 GG muss die wirtschaft-
liche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert sein. Mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf wird die wirtschaftliche Stellung der Lehrer durch
die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung aber nicht verbessert.

Berlin, den 11. November 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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