BT-Drucksache 16/10641

Kosten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10641
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Ina Lenke, Birgit Homburger, Mechthild
Dyckmans, Jörg Rohde, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van
Essen, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Frank
Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Kosten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat am 14. August 2008 in
einer Pressekonferenz eine Studie zu den Kosten des Allgemeinen Gleichstel-
lungsgesetzes (AGG) vorgestellt. Diese sollen nur 26 Mio. Euro betragen und
nicht 1,73 Mrd. Euro, wie dies eine Studie der Initiative Neue Soziale Markt-
wirtschaft (INSM) mit der Universität Dortmund vor einem Jahr errechnet
hatte. Die Studie der ADS hat in den Medien Aufsehen erregt, da die Zahlen er-
heblich von den bisher genannten abweichen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Zu welchem Datum ist mit der Veröffentlichung der Langfassung der ADS-
Studie zu rechnen, da sicher nur eine Kurzfassung vorliegt?

2. Warum wurde selbst die Kurzfassung nur auf Anfrage herausgegeben und
nicht zumindest auf der Internetseite der ADS veröffentlicht?

3. Bis zu welchem Zeitpunkt sollen jeweils die Kurz- und Langfassungen der
Studie den Mitgliedern des Deutschen Bundestages oder zumindest den Mit-
gliedern des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie sowie des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den weiteren mitbe-
ratenden Ausschüssen zugeleitet werden?
4. Sind für die ADS-Studie zielgerichtet Unternehmen zu den Kosten des AGG
befragt worden?

5. Wenn für die ADS-Studie ausschließlich auf die Zahlen der INSM-Studie
zurückgegriffen wurde: Hat man bei der Erstellung der Studie mit den Er-
stellern der INSM-Studie Kontakt aufgenommen, um sich Zahlen, Metho-
den, Unklarheiten und gegebenenfalls Ungereimtheiten erläutern zu lassen?

Drucksache 16/10641 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6. Wie setzen sich die von der ADS als Kosten des AGG genannten 26 Mio.
Euro zusammen?

Auf welche Zahlen wurde dabei zurückgegriffen?

7. Wie ist die Hochrechnung der direkten Kosten erfolgt?

Auf welche Unternehmenszahl wurde abgestellt?

Wurde nach der Größe von Unternehmen differenziert?

8. Welchen Zeitraum erfassen die Kosten?

9. Warum ist die ADS der Ansicht, dass indirekte Kosten (zum Beispiel die
Arbeitszeit, die die Arbeitnehmer für die AGG-Schulung aufwenden und in
der sie nicht produktiv arbeiten können) keine Kosten des AGG seien, da
nur direkte Kosten in die ADS-Berechnungen einbezogen wurden?

10. Warum hält die ADS den Kostenkomplex „Screening“ für fragwürdig, also
die Überprüfung aller betrieblichen Verfahrensabläufe und aller Betriebs-
vereinbarungen, Überprüfung von Öffentlichkeitsarbeit/Imagewerbung/
Webauftritt usw. auf AGG-Konformität?

11. Wie hätten die Kosten ohne jegliche Schätzungen, da die ADS-Studie den
Verfassern der INSM-Studie vorwirft, sie hätte mit Schätzungen gearbeitet,
durch die Unternehmen ermittelt werden sollen, wenn es sich um die Erst-
einführung der AGG-Maßnahmen handelte (Einrichtung der Beschwerde-
stelle, Überprüfung aller betrieblichen Verfahrensabläufe und aller Be-
triebsvereinbarungen auf AGG-Konformität, Überprüfung von Öffentlich-
keitsarbeit/Imagewerbung/Webauftritt usw.), und diese zum Zeitpunkt der
Befragung schon erledigt waren?

12. Wie stellt sich die ADS die Bezifferung des Nutzens des AGG vor?

13. Könnten Unternehmen den Nutzen von Vielfalt auch ohne das AGG er-
schließen?

14. Gibt es einen Nachweis, welcher Nutzen tatsächlich auf das AGG zurück-
geführt werden kann?

15. Welche Methoden hätten nach Ansicht der ADS zu einer einwandfreien
Kostenerrechnung geführt, und wurden diese durch die ADS selbst ange-
wandt?

16. Welche Methoden der Kostenrechnung wurden von der ADS selbst ange-
wandt, und wie wird die Auswahl dieser Methode begründet?

17. Welche internen und externen Aufwendungen sind für die Erstellung der
ADS-Studie angefallen, und in welchen Haushaltspositionen sind diese ab-
gebildet?

18. Auf Basis welcher Motive wurde eine Pressekonferenz durchgeführt, wenn
noch gar keine endgültigen Ergebnisse vorliegen?

19. Beabsichtigt die ADS, möglicherweise fehlerhaft berechnete Zahlen zu
korrigieren, und wie soll die Öffentlichkeit darüber informiert werden?

20. Ist es für die Berechnung der Höhe der Kosten durch die Einführung des
AGG relevant, dass es sich um die Umsetzung von EU-Richtlinien und
keine freie Entscheidung des nationalen Gesetzgebers handelte?

Wenn nein, warum betont die ADS diesen Umstand in ihrer Kurzfassung
so besonders?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10641

21. Plant die ADS noch eine eigene Studie über Nutzen und Kosten des AGG?

Wenn ja, wann soll diese durchgeführt werden?

Wenn nein, warum nicht?

22. Wie sieht das in der Pressemitteilung der ADS angesprochene Bündnis mit
der Wirtschaft aus, wann wurde/wird es gegründet, hat die Wirtschaft ihre
Beteiligung bereits zugesagt, was ist das gemeinsame Ziel des Bündnisses,
und welche gemeinsamen Aktivitäten sind geplant?

Wer ist Mitglied dieses Bündnisses?

23. Auf welche Wirtschaftsverbände wird in der Pressemeldung abgestellt,
nach der im Zusammenhang mit dem Bündnis mit der Wirtschaft von
einem Eckpunktepapier die Rede ist?

Wer hat daran mitgewirkt, beziehungsweise wie waren die Reaktionen der
Wirtschaftsverbände auf dieses Papier?

24. Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen von EU-Kommissar
Spidla, wonach die Benachteiligungen wegen Alters, der sexuellen Orien-
tierung, Behinderung oder ethnischen Herkunft über die bereits umgesetz-
ten EU-Richtlinien hinaus durch eine zusätzliche Richtlinie erweitert wer-
den soll?

25. Welche konkreten Ergebnisse brachte das Gespräch der zuständigen Minis-
ter der Staaten der EU in Luxemburg, Anfang Oktober 2008, auf dem diese
neue Richtlinie diskutiert wurde, und welche Haltung wurde seitens der
Bundesregierung eingenommen?

26. Welche weiteren Kosten und Verwaltungslasten werden voraussichtlich für
die KMU und Selbstständigen durch die Bestimmungen der neuen „Richt-
linie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung un-
geachtet der Religion oder der Weltanschauung einer Behinderung, des
Alters oder der sexuellen Ausrichtung“ entstehen, wenn diese in deutsches
Recht umgesetzt wird?

Berlin, den 15. Oktober 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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