BT-Drucksache 16/10385

Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages - Petitionsgesetzes - (PetG)

Vom 25. September 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10385
16. Wahlperiode 25. 09. 2008

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Kersten Naumann, Wolfgang Neskovic, Karin Binder,
Heidrun Bluhm, Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die
Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen
Bundestages (Petitionsgesetz – PetG)

A. Problem

Im Jahr 1975 hat das Petitionsrecht durch Einfügung des Artikels 45c in das
Grundgesetz und das im gleichen Jahr beschlossene Gesetz über die Befugnisse
des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (BGBl. I S. 1921) eine
wesentliche rechtliche Ausgestaltung gefunden. Weder Artikel 45c des Grund-
gesetzes noch das Befugnisgesetz sind seither inhaltlich geändert worden. Auch
andere gesetzliche Regelungen zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung des
Petitionsrechts sind ausgeblieben, obwohl es Anläufe dafür gegeben hat.

Als Instrument parlamentarischer Kontrolle und im Zuge der Möglichkeiten
von elektronischen und öffentlichen Petitionen an den Deutschen Bundestag
wurde ein modernerer Umgang mit Petitionen bereits in vorherigen Legislatur-
perioden angemahnt und zwar unter anderem im Hinblick auf eine zunehmende
Inanspruchnahme von Mehrfachpetitionen (Massen- und Sammelpetitionen),
die veränderten gesellschaftlichen Konstellationen, wie die fortführende Priva-
tisierung staatlicher Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, die Kompe-
tenzrangeleien zwischen dem Bund und den Ländern, sowie hinsichtlich der
Petitionsinformationsrechte, des Datenschutzes und des Schutzes der Petenten.
Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages begrüßten grundsätzlich Initiativen
zur Reform des Petitionsrechts. Einhelliger Vorschlag der damaligen Fraktionen
(im Jahr 2002, 14. Legislaturperiode) war, in der nächsten Legislaturperiode
interfraktionell über mögliche Änderungen zum Petitionsrecht und -verfahren
zu beraten. Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten in
ihrer Koalitionsvereinbarung in der 15. Legislaturperiode unter dem Stichwort
„Demokratische Beteiligungsrechte“ angekündigt, die demokratische Teilhabe
fördern und das Petitionsrecht über die Lösung individueller Anliegen hinaus
zu einem politischen Mitwirkungsrecht der Bürgerinnen und Bürger ausgestal-
ten zu wollen. Dazu kam es aber nicht bzw. nur bedingt durch die Einführung

elektronischer und öffentlicher Petitionen. Der Koalitionsvertrag der CDU/CSU
und SPD dieser Legislaturperiode enthält gleichermaßen zur direkten Demokra-
tie und zum bürgerschaftlichen Engagement eine periphere Erwähnung.

Auch wenn sich das Petitionsrecht im Laufe der letzten Jahre als ein beachtetes
Instrument parlamentarischer Kontrolle etabliert hat, erfährt es noch immer
nicht die Bedeutung und Beachtung, die dieses wichtige Grundrecht der Bürge-
rinnen und Bürger gegenüber dem Staat und in der politischen Auseinander-

Drucksache 16/10385 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

setzung mit Regierung und Parlament haben muss. Die Petitionsinformations-
rechte sind weiterhin unzureichend. Das Petitionsrecht ist bürgerfern und zer-
splittert in mehreren rechtlichen Grundlagen ausgestaltet. Es stößt an seine
Grenze. Die diesbezüglichen Rahmenbedingungen müssen durch ein allumfas-
sendes das Petitionsrecht regelndes Gesetz verbessert werden.

B. Lösung

Verabschiedung eines Petitionsgesetzes, in dem die Regelungen über das Peti-
tionsverfahren bürgerfreundlich zusammengefasst, den Petenten gesetzlich
fixierte Rechte im Petitionsverfahren eingeräumt werden und das Petitions-
verfahren transparenter gestaltet wird.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Unmittelbare Kosten sind nicht ersichtlich.

petition bestimmen. Hiervon betroffene Petenten können die § 4
Abtrennung ihrer Petition und eine Einzelfallbearbeitung
verlangen.

(3) Öffentliche Petitionen sind Bitten oder Beschwerden
von allgemeinem Interesse, die im Einvernehmen mit dem
Petenten auf der Internetseite des Petitionsausschusses ver-

Form und Inhalt der Petition

(1) Petitionen sind schriftlich einzureichen. Sie müssen
die Antragstellerin oder den Antragsteller erkennen lassen
und mit einer Unterschrift versehen sein.

(2) Petitionen können mittels elektronischer Datenüber-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10385

Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die
Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen
Bundestages (Petitionsgesetz – PetG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Teil I
Anwendungsbereich, Allgemeine Vorschriften

§ 1
Petitionsberechtigung

(1) Jeder Mensch hat unabhängig von seiner Staatsange-
hörigkeit, seiner Geschäftsfähigkeit und seinem Wohnsitz
oder Aufenthalt das Recht, sich gemäß Artikel 17 des
Grundgesetzes schriftlich mit Petitionen an den Deutschen
Bundestag zu wenden.

(2) Petitionsberechtigt sind auch juristische Personen des
Privatrechts. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
sind petitionsberechtigt, sofern die Petition einen Gegen-
stand ihres sachlichen Zuständigkeitsbereiches betrifft.

(3) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen
Dienstes können Petitionen auch in dienstlichen Angelegen-
heiten ohne Einhaltung des Dienstweges einreichen.

(4) Niemand darf wegen des Einreichens einer Petition
benachteiligt werden. Angehörige der Streitkräfte und Zivil-
dienstleistende können sich allein oder gemeinsam mit an-
deren an die Volksvertretung wenden, soweit dem kein Ge-
setz im Sinne von Artikel 17a des Grundgesetzes entgegen-
steht.

(5) Petitionen können in eigener Sache, für andere oder
im allgemeinen Interesse vorgetragen werden. Eingereicht
werden können sie von Einzelnen oder in Gemeinschaft mit
anderen. Das kann auch in Form von Unterschriftenaktio-
nen zu einem schriftlich formulierten Anliegen erfolgen.

(6) Für die Behandlung von Petitionen an den Deutschen
Bundestag gelten die nachfolgenden Bestimmungen.

§ 2
Petitionsbegriff

(1) Petitionen sind Vorschläge oder Kritiken zur Gesetz-
gebung, Bitten nach einem bestimmten Handeln oder Unter-
lassen der in § 3 genannten Einrichtungen oder Personen so-
wie Beschwerden, die sich gegen Maßnahmen jener Ein-
richtungen oder Personen richten.

(2) Einzelpetitionen mit demselben Anliegen, Unter-
schriftensammlungen und öffentliche Petitionen werden als
Mehrfachpetitionen geführt. Der Petitionsausschuss kann
gleichgerichtete Petitionen zusammenfassen und eine Leit-

Gelegenheit zur Mitzeichnung der Petition und zur Abgabe
eines Diskussionsbeitrages in einem öffentlichen Forum.

§ 3
Petitionsgegenstände

(1) Der Petitionsausschuss behandelt Petitionen, die in
den Zuständigkeitsbereich des Deutschen Bundestages
fallen.

(2) Gegenstände von Petitionen können insbesondere
sein

– die Bundesgesetzgebung sowie sonstige Beschlüsse des
Deutschen Bundestages;

– das Handeln oder Unterlassen der Bundestagsverwal-
tung;

– das Handeln oder Unterlassen der Bundesregierung, der
Bundesbehörden und sonstiger Einrichtungen des Bun-
des wie bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten
und Stiftungen des öffentlichen Rechts;

– das Handeln oder Unterlassen von Regierungen, Behör-
den und Einrichtungen der Länder, soweit diese Rechte
der Europäischen Gemeinschaft oder das Bundesrecht
vollziehen und dabei nach den Artikeln 83 bis 85 des
Grundgesetzes der Aufsicht oder Weisung der Bundesre-
gierung oder einer obersten Bundesbehörde unterliegen;

– das Handeln oder Unterlassen Privater, die öffentliche
Aufgaben des Bundes wahrnehmen, bei denen die
Bundesregierung Erfüllungs-, Leitungs- und Gewähr-
leistungsverantwortung hat oder an denen der Bund Be-
teiligungsrechte hat.

(3) Rechtsprechung kann nicht Gegenstand von Petitio-
nen sein. Petitionen können aber das Handeln und Unterlas-
sen von in Absatz 2 genannten Personen und Einrichtungen
in Rechtsstreitigkeiten betreffen, soweit insbesondere

– ein bestimmtes Verhalten als Verfahrensbeteiligte ver-
langt wird;

– eine bundesgesetzliche Regelung gefordert wird, die
eine mit der Petition angegriffene Rechtsprechung für
die Zukunft verändern möchte;

– die zuständigen Stellen aufgefordert werden, ein ihnen
günstiges Urteil nicht zu vollstrecken oder auf Rechts-
mittel zu verzichten.
öffentlicht werden. Mit der Veröffentlichung erhalten wei-
tere Personen oder Personengruppen über das Internet die

mittlung eingereicht werden, wenn sie mit einer elektro-
nischen Signatur versehen sind, die den Anforderungen des

Drucksache 16/10385 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

§ 2 des Signaturgesetzes entsprechen. Das Schrifterforder-
nis im Sinne des Artikels 17 des Grundgesetzes ist auch ge-
wahrt, wenn die Urheberin oder der Urheber ersichtlich ist
und das im Internet für elektronische Petitionen zur Verfü-
gung gestellte Formular verwendet wird.

(3) Petitionen können beim Petitionsausschuss durch Er-
klärung einer Person, die ihre Identität nachweist, zu Proto-
koll gegeben werden.

(4) Als unzulässig zurückgewiesen werden mangelhafte
Petitionen. Die Petenten sind hierüber zu informieren.

Eine Petition ist mangelhaft wenn,

– deren Inhalt unleserlich ist;

– die Unterschrift der Petentin oder des Petenten fehlt,
falsch oder gefälscht ist;

– sie eine strafbare Handlung darstellt.

Soweit es sich um behebbare Mängel handelt, kann die Peti-
tion unter Hilfestellung des Petitionsausschusses nachge-
bessert werden.

(5) Petitionen inhaftierter oder untergebrachter Personen
sind verschlossen und ohne Kontrolle durch die Anstalts-
leitung sowie durch Staatsanwaltschaften oder Gerichte
dem Deutschen Bundestag zuzuleiten.

§ 5
Rechte der Petentinnen und Petenten

(1) Wer beim Deutschen Bundestag eine Petition ein-
reicht, erhält binnen zwei Wochen eine Eingangsbestäti-
gung, die Hinweise zum Petitionsverfahren, die zuständige
Sachbearbeiterin bzw. den zuständigen Sachbearbeiter und
deren Erreichbarkeiten sowie die Anfrage enthält, ob einer
öffentlichen Behandlung der Petition, der Weitergabe ihres
Inhalts zur Information Dritter oder der Aufnahme in das
Petitionsregister und die Petitionsdatenbank widersprochen
wird.

(2) Soweit sich aus den Bürgerbriefen oder Petitionen der
Wunsch oder das Bedürfnis nach Erteilung von Auskünften
oder Hinweisen ergibt, ist dem im Rahmen der Möglich-
keiten des Petitionsausschusses zu entsprechen.

(3) Petitionen, für deren Behandlung der Deutsche Bun-
destag nicht zuständig ist, werden an die Kommunalparla-
mente, Kreistage, Länderparlamente, das Europäische Par-
lament oder sonstige zuständige Stellen abgegeben. An-
schließend wird das Petitionsverfahren beim Deutschen
Bundestag eingestellt. Die Petenten werden über die Ab-
gabe und Einstellung informiert.

(4) Kann eine Petition aus formalen oder rechtlichen
Gründen nicht nach Absatz 3 weitergeleitet werden, wird
die Petentin oder der Petent über die für das Petitionsbegeh-
ren zuständige Stelle informiert.

(5) Ergibt sich im Rahmen der Petitionsbearbeitung, dass
das Verfahren nicht binnen sechs Monaten nach Eingang der
Petition abschließend bearbeitet werden kann, wird eine
Zwischennachricht übermittelt, in der der Sachstand und die
zu erwartende weitere Verfahrensdauer mitgeteilt werden.

(6) Hinsichtlich einer nach Abschluss eines Petitions-
verfahrens in der gleichen Legislaturperiode eingereichten
sachgleichen Petition findet eine erneute Sachprüfung nur
statt, wenn neue Umstände, Tatsachen oder Beweismittel
vorgebracht werden oder eine geänderte Rechtslage geltend
gemacht wird.

(7) Den Petenten ist nach Abschluss des Petitionsverfah-
rens auf Antrag hin Einsicht in die Petitionsakten zu gewäh-
ren.

Teil II
Arbeitsweise des Petitionsausschusses

§ 6
Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses

(1) Der nach Artikel 45c des Grundgesetzes bestellte Pe-
titionsausschuss behandelt alle an den Deutschen Bundestag
gerichteten Petitionen. Für den Petitionsausschuss gilt die
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, sofern nicht
durch dieses Gesetz Abweichendes bestimmt ist.

(2) Der Petitionsausschuss kann Sachverhalte selbst auf-
greifen und sich mit ihnen befassen, wenn diese im Zusam-
menhang mit Inhalten von ihm bearbeiteter Petitionen
stehen. Er muss von diesem Recht Gebrauch machen, wenn
das 5 vom Hundert der stimmberechtigten Mitglieder des
Petitionsausschusses verlangen.

(3) Der Petitionsausschuss hat von Amts wegen die zur
Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen
durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise auf-
zunehmen. Zur Vorbereitung seiner Entscheidungen holt er
Stellungnahmen des Bundeskanzleramts, des zuständigen
Bundesministeriums, der zuständigen Aufsichts- und Regu-
lierungsbehörden oder der Verwaltungsbehörden oder Ein-
richtungen ein, auf deren Verhalten sich die Petition bezieht.

(4) Der Petitionsausschuss holt eine Stellungnahme des
zuständigen Fachausschusses des Deutschen Bundestages
ein, wenn die Petition einen in dessen Beratungen befind-
lichen Gegenstand betrifft. Bei Mehrfachpetitionen mit mehr
als 20 000 Unterstützerinnen und Unterstützern wird eine
Stellungnahme auch dann eingeholt, wenn sich der Fachaus-
schuss nicht zeitgleich mit Gegenständen befasst, die dem
Anliegen der Petition entsprechen.

(5) Zur Vorbereitung von Beschlüssen kann der Petitions-
ausschuss

– Anhörungen durchführen (§ 8);

– mündliche, schriftliche oder durch Augenschein, ins-
besondere Ortsbesichtigungen, erhobene Informationen
einholen (§ 9);

– Gutachten einholen, Zeugen und Sachverständige laden
und vernehmen (§ 10).

(6) Von den Rechten nach Absatz 5 hat der Petitions-
ausschuss Gebrauch zu machen, wenn das von 5 vom Hun-
dert der stimmberechtigten Mitglieder des Petitionsaus-
schusses verlangt wird. Beantragt eine Berichterstatterin
oder ein Berichterstatter die Anhörung einer Petentin oder
eines Petenten, ist dem nachzukommen.
Bei Verlängerung der Bearbeitungszeit erfolgt spätestens
alle drei Monate eine weitere Zwischennachricht.

(7) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet,
dem Petitionsausschuss Amtshilfe zu leisten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10385

§ 7
Berichterstattung

(1) Der Petitionsausschuss überträgt die Berichterstat-
tung für jede Petition auf zwei Mitglieder, je eine Vertreterin
oder einen Vertreter der Regierungsfraktion oder der Regie-
rungsfraktionen und einer oder einem der Opposition, denen
die Vorbereitung der Sachentscheidung obliegt. Jede un-
berücksichtigte Fraktion kann eine zusätzliche Bericht-
erstattung durch eines ihrer Mitglieder im Ausschuss ver-
langen.

(2) Die berichterstattenden Mitglieder haben das Recht,
die für die Berichterstattung notwendigen Informationen ge-
mäß § 9 einzuholen.

§ 8
Anhörungen

(1) Der Petitionsausschuss kann Anhörungen öffentlich
und nichtöffentlich durchführen und dazu insbesondere
Petenten, Sachverständige, nach § 3 betroffene Vertreter der
Bundesregierung oder öffentlicher Einrichtungen und Per-
sonen sowie Mediatoren laden, sofern dies für das konkrete
Petitionsanliegen sachdienlich ist.

(2) Das Recht des Ausschusses, die Anwesenheit eines
Mitgliedes der Bundesregierung zu verlangen, gilt auch,
wenn es in einer öffentlichen Sitzung gehört werden soll.

(3) Wurde das Anliegen einer Mehrfachpetition von
mehr als 20 000 Personen unterstützt, ist eine öffentliche
Beratung des Petitionsausschusses unter Einladung der Ini-
tiatorin oder des Initiators der öffentlichen Petition bzw. der
Unterschriftenaktion sowie von betroffenen Einzelpetenten,
Vertretern der Bundesregierung und sonstigen betroffenen
Einrichtungen oder Personen im Sinne von § 3 durchzufüh-
ren. Die eingeladenen Petentinnen und Petenten erhalten ein
Rede- und Fragerecht.

(4) Die vom Petitionsausschuss Geladenen werden ent-
sprechend dem Gesetz über die Vergütung von Sachverstän-
digen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen,
Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen
Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen
und Dritten (JVEG) entschädigt.

§ 9
Sachaufklärung

(1) Der Petitionsausschuss kann zur Vorbereitung seiner
Sachentscheidungen die Erteilung der erforderlichen Infor-
mationen verlangen. Auskunftspflichtig sind die betroffenen
in § 3 genannten Organe, Behörden, Einrichtungen oder
Personen, soweit sie der Aufsicht oder Regulierung einer
Behörde des Bundes unterliegen und dieser gegenüber aus-
kunftspflichtig sind, sowie die jeweiligen Aufsichts- und
Regulierungsbehörden. Soweit eine Aufsicht des Bundes
nicht besteht, richtet sich das Informationsrecht unmittelbar
gegen die Stelle, die öffentliche Aufgaben des Bundes aus-
führt. Das Informationsbegehren kann sich in Ausnahme-

Mitarbeiter richten, ohne dass der Dienstweg eingehalten
werden muss.

(2) Die in Absatz 1 genannten Stellen haben auf Ver-
langen ihrer Informationspflicht vollständig und wahrheits-
gemäß zu genügen. Sie haben insbesondere

– mündliche und schriftliche Auskünfte zu geben und
Berichte zu fertigen;

– Akten sowie sonstige entscheidungserhebliche Unter-
lagen vorzulegen;

– Ortsbesichtigungen und Zutritt zu ihren Einrichtungen
zu gestatten.

(3) Behörden, die gegenüber Privaten die Aufsicht aus-
üben oder Regulierungsfunktionen wahrnehmen, können zur
Vorbereitung der Informationserteilung an den Petitions-
ausschuss von ihren Auskunftsrechten Gebrauch machen.

§ 10
Beweiserhebung

(1) Der Petitionsausschuss kann Zeugen vernehmen
sowie Sachverständigengutachten einholen und Sachver-
ständige anhören. Er kann Zeugen und Sachverständige
vereidigen.

(2) Zeugen und Sachverständige sind verpflichtet, der
Ladung des Petitionsausschusses Folge zu leisten. Gegen
ordnungsgemäß geladene Zeugen oder Sachverständige, die
unentschuldigt nicht erscheinen, entscheidet das Gericht auf
Antrag des Petitionsausschusses über die Verhängung einer
Ordnungsstrafe, die Auferlegung der Kosten und die Vor-
führung der Zeugen. Auf die Folgen eines unentschuldigten
Ausbleibens ist in der Ladung hinzuweisen.

(3) Verweigern Zeugen die Aussage oder Sachverstän-
dige die Erstattung von Gutachten oder verweigern Zeugen
oder Sachverständige die Eidesleistung, ohne dass dafür
eine gesetzliche Grundlage besteht, so entscheidet auf An-
trag des Petitionsausschusses das Gericht über die Verhän-
gung einer Ordnungsstrafe.

(4) Zuständig für die vom Petitionsausschuss zu bean-
tragenden gerichtlichen Maßnahmen ist das Amtsgericht
Berlin-Tiergarten.

(5) Im Übrigen finden auf das Verfahren der Beweiserhe-
bung die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie die
Vorschriften des Gesetzes über die Vergütung von Sachver-
ständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerin-
nen, Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamt-
lichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen,
Zeugen und Dritten (JVEG) Anwendung.

Teil III
Besondere Verfahrensarten

§ 11
Öffentliche Übergabe von Petitionen

Petitionen von allgemeinem Interesse können dem Peti-
tionsausschuss öffentlich übergeben werden. Über eine
fällen, insbesondere bei Dringlichkeit, direkt an die ver-
antwortliche Mitarbeiterin und an den verantwortlichen

öffentliche Übergabe wird die bzw. der Vorsitzende des
Petitionsausschusses zuvor unterrichtet.

Drucksache 16/10385 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

§ 12
Öffentliche Petitionen

(1) Öffentliche Petitionen können einzeln oder in Ge-
meinschaft mit anderen unter Verwendung des hierfür vor-
gesehenen elektronischen Formulars an den Petitionsaus-
schuss eingereicht werden. Dies setzt eine gültige E-Mail-
Anschrift voraus.

(2) Anliegen und Begründung sollen knapp und klar dar-
gestellt sein. Hierbei sind die Verfasser vom Petitionsaus-
schuss zu unterstützen. Anliegen oder Teile eines An-
liegens, die sich erkennbar auf einzelne Personen beziehen
oder Bitten oder Beschwerden in persönlichen Angelegen-
heiten sind, werden nicht als öffentliche Petition behandelt.

(3) Eine Petition, die auf der Homepage des Petitionsaus-
schusses des Deutschen Bundestages veröffentlicht werden
soll, darf nicht

a) in nichtdeutscher Sprache abgefasst sein;

b) gegen die Menschenwürde verstoßen;

c) offensichtlich falsche, entstellende, beleidigende, rassis-
tische oder diskriminierende Meinungsäußerungen ent-
halten;

d) offensichtlich unsachlich sein;

e) zu Straftaten auffordern oder Maßnahmen verlangen, die
gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Völker-
recht verstoßen;

f) geschützte Informationen enthalten oder in das Persön-
lichkeitsrecht einzelner Personen (z. B. durch Namens-
nennung) eingreifen, kommerzielle Produkte oder Ver-
fahren bewerben oder anderweitige Werbung enthalten;

g) Verweise wie insbesondere „links“ auf andere Web-
Seiten enthalten.

(4) Von einer Veröffentlichung kann abgesehen werden,
insbesondere wenn der Petitionsausschuss bereits in der lau-
fenden Wahlperiode in einer im Wesentlichen sachgleichen
öffentlichen Petition eine Entscheidung getroffen hat, und
keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte vor-
getragen werden.

(5) Sofern Mängel im Sinne der Absätze 1 bis 3 bestehen,
gibt der Petitionsausschuss den Petenten Gelegenheit, diese
innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Andernfalls
erfolgt die weitere Behandlung nach den allgemeinen
Grundsätzen.

(6) Die Mitunterzeichner einer öffentlichen Petition oder
Personen, die sich mit Diskussionsbeiträgen daran beteili-
gen, geben ihre Namen und ihre E-Mail-Adresse an.

(7) Die Mitzeichnungsfrist, in der weitere Personen die
öffentliche Petition mitzeichnen oder Diskussionsbeiträge
abgeben können, beträgt sechs Wochen. Während der Mit-
zeichnungsfrist können die Mitzeichnungsliste oder das
Diskussionsforum vorzeitig geschlossen werden, wenn eine
sachliche Diskussion nicht mehr gewährleistet ist.

(8) Diskussionsbeiträge, die gegen die Anforderungen
nach Absatz 3 verstoßen oder in keinem sachlichen Zusam-
menhang mit der Petition stehen, werden von der Web-Seite

(9) Die Öffentlichkeit wird im Internet regelmäßig über
den Verlauf des Petitionsverfahrens und über den Abschluss
des Petitionsverfahrens informiert.

Teil IV
Abschluss des Petitionsverfahrens

§ 13
Sitzungen des Petitionsausschusses

(1) Die Sitzungen des Petitionsausschusses sind öffent-
lich, wenn nicht im Einzelfall die Nichtöffentlichkeit be-
schlossen wird. Von der Behandlung einer Petition in öffent-
licher Sitzung soll abgesehen werden, wenn schutzwürdige
Interessen Dritter oder der Person entgegenstehen, für die
die Petition eingereicht wurde. Eine Behandlung in öffentli-
cher Sitzung findet auch nicht statt, wenn die Petentin oder
der Petent oder die betroffene Person der öffentlichen Be-
handlung widerspricht.

(2) Die Protokolle von öffentlichen Sitzungen des Peti-
tionsausschusses werden öffentlich zugänglich gemacht.

§ 14
Einstweilige Regelungen

(1) Bei bevorstehendem Vollzug einer beanstandeten
Maßnahme kann die Bundesregierung oder die sonst zustän-
dige Stelle ersucht werden, den Vollzug der Maßnahme aus-
zusetzen, bis der Petitionsausschuss über die Beschwerde
entschieden hat.

(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen die vollziehbare
Maßnahme einer Behörde des Bundes oder einer Behörde,
die der Aufsicht oder Weisung der Bundesregierung oder
einer obersten Bundesbehörde unterliegt, und ist zu be-
fürchten, dass bei ihrer unmittelbaren Vollziehung die Peti-
tion schon deshalb nicht erfolgreich sein kann, weil danach
das Begehren der Petentin oder des Petenten aus tatsäch-
lichen Gründen nicht mehr durchsetzbar ist, kann der Peti-
tionsausschuss verlangen, dass der Vollzug bis zum Ab-
schluss des Petitionsverfahrens, aber nicht länger als drei
Monate, ausgesetzt wird.

Ein solcher Beschluss des Petitionsausschusses begrün-
det ein erhebliches öffentliches Interesse der Bundes-
republik Deutschland an der Aussetzung der Vollziehung.

§ 15
Entscheidungen über Petitionen

(1) Die Entscheidungen über Petitionen erfolgen durch
Beschluss des Deutschen Bundestages, der mit einer Be-
gründung versehen ist. Hierbei wird eine bürgernahe und
verständliche Sprache benutzt.

(2) Jedes stimmberechtigte Mitglied im Petitionsaus-
schuss ist berechtigt, ein Minderheitenvotum mit schrift-
licher Begründung abzugeben. Diese Voten sind der Ent-
scheidung über die Petition beizufügen.

(3) Bevor der Petitionsausschuss dem Deutschen Bun-
destag empfiehlt, eine Petition der Bundesregierung zur Be-
rücksichtigung oder Erwägung zu überweisen, gibt er der
Regierung Gelegenheit, sich hierzu im Ausschuss zu
entfernt und als „wegen Regelverstoßes gelöscht“ kenntlich
gemacht.

äußern. Will die Regierung einem dahin gehenden Be-
schluss des Deutschen Bundestages nicht entsprechen, so

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/10385

hat sie durch den zuständigen Minister bzw. die zuständige
Ministerin, bei dessen bzw. deren Verhinderung durch den
parlamentarischen Staatssekretär bzw. die parlamentarische
Staatssekretärin, vor dem Ausschuss die Gründe für ihre
Haltung darzulegen. Widerspricht die Regierung nicht auf
diese Weise im Ausschuss, verpflichtet sie sich, die Ausfüh-
rung des Beschlusses des Deutschen Bundestages nachträg-
lich nicht mehr abzulehnen.

(4) Der Petitionsausschuss kann dem Deutschen Bundes-
tag eine einzelne mit Begründung versehene Beschlussemp-
fehlung zur Entscheidung vorlegen. Er muss dies tun, wenn
es sich um eine Mehrfachpetition mit mehr als 20 000 Un-
terstützern handelt oder die Petition der Bundesregierung
zur Berücksichtigung oder Erwägung überwiesen werden
soll. Das Gleiche gilt, wenn die Vorlage von 5 vom Hundert
der stimmberechtigten Mitglieder des Petitionsausschusses
verlangt wird.

(5) Ist ein Anliegen auf Grund einer anderen Petition in
derselben Legislaturperiode bereits behandelt und das ent-
sprechende Verfahren abgeschlossen worden, kann darauf
verwiesen und der Beschluss in der bereits zuvor in der
Sache beschiedenen Petition als Sachentscheidung übermit-
telt werden.

§ 16
Überweisungen

(1) Ist das Anliegen einer Petition begründet und Abhilfe
notwendig, wird die Petition zur Berücksichtigung an die
Bundesregierung überwiesen.

(2) Gibt eine Petition Anlass, ein Anliegen noch einmal
zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu
suchen, wird diese der Bundesregierung zur Erwägung
überwiesen.

(3) Erscheint ein Anliegen geeignet, es in die Vorberei-
tung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen
Initiativen einzubeziehen, wird die Petition der Bundes-
regierung als Material überwiesen.

(4) Eine Petition kann der Bundesregierung und sonsti-
gen zuständigen Stellen überwiesen werden, um sie auf die
Begründung des Beschlusses des Deutschen Bundestages
hinzuweisen oder um sie auf das Anliegen der Petenten be-
sonders aufmerksam zu machen.

(5) Eine Petition kann auch den Fraktionen des Deut-
schen Bundestages zur Kenntnis gegeben werden, wenn auf
das Anliegen der Petenten aufmerksam gemacht werden soll
oder wenn die Petition als Anregung für eine parlamentari-
sche Initiative geeignet erscheint.

§ 17
Weiterbehandlung überwiesener Petitionen

(1) Bei Überweisungen zur Berücksichtigung oder zur
Erwägung (§ 16 Abs. 1 und 2) hat die Bundesregierung
binnen sechs Wochen dem Petitionsausschuss schriftlich zu
berichten, welche Maßnahmen sie ergriffen oder welche
Folgerungen sie auf Grund der Überweisung gezogen hat.

(2) Lehnt es die Bundesregierung oder eines ihrer Mit-

men, ist diese Entscheidung in der nächsten Sitzung des
Deutschen Bundestages zu begründen.

(3) Bei einer Überweisung als Material (§ 16 Abs. 3) hat
eine schriftliche Stellungnahme spätestens binnen sechs
Monaten zu erfolgen.

(4) Auf eine Überweisung ohne besonderen Hinweis
(§ 16 Abs. 4) soll spätestens innerhalb der Frist von einem
Jahr schriftlich Stellung genommen werden.

Teil V
Sonstige Vorschriften und Schlussvorschriften

§ 18
Nicht erledigte Petitionen

Die am Ende einer Legislaturperiode noch nicht abschlie-
ßend behandelten Petitionen gelten auch in der darauffol-
genden Legislaturperiode als eingegangen, ohne dass es
einer erneuten Eingabe durch die Petenten bedarf.

§ 19
Petitionsregister und Petitionsdatenbank

(1) Soweit Petitionen nicht nach § 4 Abs. 4 mangelhaft
sind, werden sie in ein öffentliches Register aufgenommen.

(2) Die Petitionsschrift, die übermittelten Stellung-
nahmen und die wichtigsten Beschlüsse werden unter Be-
achtung der einschlägigen Datenschutzvorschriften in eine
Datenbank eingestellt und öffentlich zugänglich gemacht.

(3) Die Aufnahme unterbleibt, wenn die Petentin oder
der Petent widersprochen hat. Auch ohne Widerspruch hat
der Petitionsausschuss aus Gründen des Persönlichkeits-
schutzes entsprechend zu entscheiden. Hierüber sind die
Petenten zu informieren.

(4) In das Petitionsregister und die Datenbank ist allen
Interessierten direkte oder elektronische Einsichtnahme zu
ermöglichen.

(5) Alle persönlichen Daten, insbesondere die E-Mail-
Adressen, sind sechs Jahre nach Beendigung des Petitions-
verfahrens aus der Datenbank zu löschen.

§ 20
Statistik

Über die eingegangenen Petitionen ist beim Petitionsaus-
schuss eine aussagefähige statistische Erfassung vorzuneh-
men. Diese Statistik muss mindestens Aussagen über das
Bundesland, in dem die Petenten leben, die betroffenen Ein-
richtungen, die Sachgebiete sowie die Art der Behandlung
und Erledigung der Petition enthalten.

§ 21
Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses

(1) Der Deutsche Bundestag nimmt jährlich einen schrift-
lichen Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses ent-
gegen (Jahresbericht). Auf Wunsch von 5 vom Hundert der
stimmberechtigten Mitglieder des Petitionsausschusses ist
glieder ab, dem mit einer Überweisung zur Berücksichti-
gung oder Erwägung verbundenen Begehren nachzukom-

dem Parlament über die Arbeit des Petitionsausschusses
auch darüber hinaus zu berichten.

Drucksache 16/10385 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Über den Jahresbericht findet eine Aussprache im
Deutschen Bundestag statt.

§ 22
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in
Kraft.

Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Befugnisse des Peti-
tionsausschusses des Deutschen Bundestages (Gesetz nach
Artikel 45c des Grundgesetzes) vom 19. Juli 1975 (BGBl. I
S. 1921), geändert durch Artikel 4 Abs. 5 des Gesetzes vom
5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) außer Kraft.

Berlin, den 24. September 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

andererseits die Ausdehnung des erweiterten Informations- det, dass eine Differenzierung zwischen beiden schwierig

rechts auf Bitten anstrebten. Dem schlossen sich weitere In-
itiativen der Fraktion der PDS in der 14. Legislaturperiode
an, die in einem umfassenden modernisierten Entwurf eines

ist. Denn eine Beschwerde enthält in der Regel die Bitte zur
Abhilfe. Eine Trennung hat keinen Sinn. Es wird daher an
der Änderung des Artikels 45c Abs. 2 GG festgehalten, wo-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/10385

Begründung

A. Allgemeines

Artikel 17 des Grundgesetzes (GG) gewährt jedermann das
Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertre-
tung zu wenden. Dieses Recht steht jedem Menschen zu, da-
mit auch Kindern, Geschäftsunfähigen oder nicht deutschen
Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern. Es ist ein Menschen-
recht.

Das Petitionsrecht ist längst kein reines Supplikationsrecht
mehr. Die Eingabe ist immer noch individueller Rechts-
behelf, aber zugleich Ausgangspunkt der parlamentarischen
Bearbeitung, Selbstkontrolle der eigenen gesetzgeberischen
Tätigkeit und demokratische Kontrolle der Exekutive.

Darüber hinaus hat sich das Petitionsrecht bereits in den An-
fängen der deutschen Demokratie als Instrument der Teil-
habe und Mitwirkung an der politischen Willensbildung
etabliert. Begleitend zum Entstehungsprozess der Pauls-
kirchenverfassung 1848/1849 unterzeichneten 2,5 Millio-
nen Deutsche mehr als 20 000 Petitionen. Das Petitionsrecht
ist bis heute das einzige grundgesetzlich verbriefte Recht,
mit dem sich die Bürgerinnen und Bürger auf direkt demo-
kratischem Weg an der politischen Willensbildung beteili-
gen können.

Zur Entstehung des jetzigen Petitionsrechts

Der Herkunft des Petitionsrechts aus der Welt des vordemo-
kratischen Obrigkeitsstaats entsprach es, dass das Informa-
tionsrecht des Parlaments sich im Wesentlichen auf die Bitte
an die Regierung um eine Stellungnahme beschränkte.
Hinzu kam das nach dem Grundgesetz allgemein dem Parla-
ment und seinen Ausschüssen zustehende Recht, Mitglieder
der Regierung zu „zitieren“, ihre Anwesenheit zu verlangen
(Artikel 43 GG).

Die Reform des Petitionsrechts im Jahre 1975 stellte die
Arbeit des inzwischen erfolgreich arbeitenden Petitionsaus-
schusses auf eine verfassungsrechtliche Grundlage und er-
weitert seine Informationsrechte durch bestimmte Befug-
nisse, beschränkte diese allerdings auf die Bearbeitung von
Beschwerden (Artikel 45c GG, Befugnisgesetzes). Die Ar-
beit des Petitionsausschusses und die Rechte der Bürgerin-
nen und Bürger leiten sich seitdem maßgeblich aus Verfah-
rensgrundsätzen ab, die der Petitionsausschuss jederzeit
verändern, abschaffen oder wieder einschränken kann. Das
Befugnisgesetz regelt hauptsächlich Rechte und Pflichten
zwischen dem Petitionsausschuss und der Bundesregierung.

Seitdem gab es mehrere Versuche, das Petitionsrecht zu
modernisieren. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
unterbreitete in der 11. und 13. Legislaturperiode Vor-
schläge, die einerseits auf die Einführung des Amtes einer
Bürgerbeauftragen oder eines Bürgerbeauftragten zielten,

Deutschen Bundestages – Petitionsgesetz – (PetG) münde-
ten (Bundestagsdrucksache 14/5762). Dieser fand keine
parlamentarische Mehrheit, obwohl alle Fraktionen in der
Debatte eine Weiterentwicklung des Petitionsrechts an-
mahnten. So heißt es in der Berichterstattung der Fraktion
der CDU/CSU beispielsweise: „Unabhängig von der Bera-
tung und Beschlussfassung zu den vorliegenden Entwürfen
sollte in der nächsten Wahlperiode interfraktionell über
mögliche Änderungen zum Petitionsrecht und - verfahren
beraten werden.“

In der 15. Legislaturperiode wurden nach erheblichem
Druck vor allem von Bürgerinitiativen drei Neuerungen ein-
geführt. Seit dem 1. September 2005 ist es möglich, Petitio-
nen per E-Mail durch Nutzung eines im Internet abrufbaren
Formulars einzureichen. Zeitgleich wurde ein zunächst auf
zwei Jahre befristeter Modellversuch zur Mitzeichnung von
Petitionen im Internet gestartet, der im Jahr 2007 als perma-
nentes öffentliches Forum in den Regelbetrieb überführt
wurde. Für das Verfahren zur Behandlung der öffentlichen
Petitionen hat der Petitionsausschuss eine Richtlinie be-
schlossen. Eine Neugestaltung der Internetplattform, die
leichter handhabbar und bürgerfreundlicher ist, wurde sei-
tens des Petitionsausschusses befürwortet. Darüber hinaus
wurde durch eine Änderung der Verfahrensgrundsätze fest-
gelegt, dass für Massenpetitionen, die ein Quorum von
50 000 Unterschriften innerhalb von drei Wochen erreichen,
eine Anhörung in einer öffentlichen Sitzung des Petitions-
ausschusses vorgesehen ist.

Im Laufe der letzten zwei Jahre hat sich herausgestellt, dass
die Anforderungen an das Quorum für öffentliche Anhörun-
gen zu hoch sind. Lediglich eine Petition konnte in der fest-
gelegten Zeit diese Unterstützerzahl erreichen. Als demo-
kratischen Fortschritt kann man die seit 2007 übliche Praxis
im Petitionsausschuss bezeichnen, zu bestimmten ausge-
wählten öffentlichen Petitionen fachbezogene öffentliche
Anhörungen unter Beteiligung der Petentinnen und Petenten
sowie der Bundesregierung durchzuführen. Einen Anspruch
auf eine öffentliche Anhörung haben die Bürgerinnen und
Bürger jedoch nicht. Als Erfolg bei der Modernisierung des
Petitionsrechts kann man die Möglichkeit werten, dass eini-
gen ebenfalls ausgewählten Petentinnen und Petenten in
diesen Anhörungen Rede- und Fragerecht eingeräumt
wurde. Dennoch ist man auch hier noch weit entfernt von
einem gleichberechtigten Dialog.

Der aktuelle Gesetzentwurf

Der jetzige Gesetzesantrag stellt ein gesetzliches Mindest-
maß dar. Er unterscheidet nicht mehr zwischen Bitten und
Beschwerden. Diese Unterscheidung spielt in der Petitions-
praxis keine Rolle. Dies ist letztlich der Tatsache geschul-
Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die
Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des

nach ein allgemeines Petitionsgesetz geboten ist, welches
die Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses so-

Drucksache 16/10385 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wie die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem
Petitionsausschuss insgesamt regelt.

Mit dem vorgelegten Entwurf werden die noch immer be-
stehenden Unzulänglichkeiten der Reform von 1975 aus-
geglichen, und die inzwischen erfolgten Veränderungen im
Petitionsrecht berücksichtigt.

Neben der konkreten Hilfe durch Petitionen im Einzelfall
geht es auch um die Weiterentwicklung der Demokratie, um
die Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger, um
die Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle durch
das Parlament und den Petitionsausschuss sowie um die
Herstellung von Öffentlichkeit und Transparenz der Ver-
fahren.

Klare Rechte für Bürgerinnen und Bürger

Gegenwärtig finden sich Vorschriften über die Rechte der
Petentinnen und Petenten verstreut in verschiedensten
Regelungen: im Grundgesetz, im Gesetz über die Befug-
nisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages,
in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, in den
Grundsätzen des Petitionsausschusses über die Behandlung
von Bitten und Beschwerden sowie in den Richtlinien für
die Behandlung von öffentlichen Petitionen des Petitions-
ausschusses. Die Verfahrensgrundsätze enthalten die meis-
ten für Petentinnen und Petenten bedeutsamen Regelungen.
Ihnen fehlt aber der dauerhaft anspruchsbegründende Geset-
zescharakter. Rechtspositionen können unmittelbar aus ih-
nen nicht hergeleitet werden.

Aus diesen Gründen wird die Schaffung eines einheitlichen
Petitionsgesetzes vorgeschlagen, aus dem sich auch die
Rechte der Bürgerinnen und Bürger im Petitionsverfahren
ergeben. Dabei sind nicht nur die Berechtigung zur Ein-
reichung von Petitionen und das Recht auf einen End-
bescheid wichtig. Klar geregelt wird, wie sich der Verfah-
rensablauf nach Einreichung der Petition gestaltet, welche
Informationsrechte den Petenten zustehen und welche Mit-
wirkungsmöglichkeiten sie haben.

Ebenfalls von Bedeutung ist eine bürgernahe und verständ-
liche Sprache. Hierbei sollte sich der Petitionsausschuss
vom Kodex für gute Verwaltungspraxis, erstellt durch den
Europäischen Bürgerbeauftragten, leiten lassen.

Öffentlichkeit und Transparenz

Für die Petentinnen und Petenten selbst, aber auch für an-
dere interessierte Bürgerinnen und Bürger soll das Petitions-
verfahren möglichst transparent sein, um ein Höchstmaß an
Informationen als Voraussetzung für die Mitwirkung an der
demokratischen Willensbildung zu ermöglichen. Außerdem
schafft es Vertrauen in den Ablauf des Petitionsverfahrens.

Zentraler Ausdruck des Transparenzgebotes ist eine grund-
sätzliche Öffentlichkeit der Sitzungen des Petitionsaus-
schusses. Weitere Informationsmöglichkeiten werden Peti-
tionsregister und Petitionsdatenbank bieten, die nach euro-
päischem Vorbild eingeführt werden sollen.

Dass Transparenz nicht zu gläsernen Petenten führen muss

Demokratische Teilhabe

In der parlamentarischen Demokratie ist jede Petition ein
kleines Stück „Mitmachen“ im demokratischen Prozess.
Das gilt umso mehr, wenn mehrere sich zusammenschlie-
ßen, um gemeinschaftlich durch Argumente und durch ihre
Zahl zur Beseitigung von Missständen und zur Durch-
setzung sozialer Interessen beitragen zu wollen. Hier be-
teiligen sich Bürgerinitiativen, Einzelpersonen, politisch
Interessierte und Vereine und Verbände, die oftmals keine
politische Lobby zur Durchsetzung und Artikulation ihrer
Interessen haben.

Die öffentlichen Anhörungen, die ein Rede- und Fragerecht
von Petentinnen und Petenten beinhalten, haben sich als ein
Meilenstein auf dem Weg zu mehr demokratischer Mit-
gestaltung erwiesen. Dennoch müssen diese stärker als Dia-
log verstanden werden, der die glaubwürdige Chance bein-
haltet, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihren vielfältigen
Kenntnissen und Erfahrungen die Handelnden in Politik und
Verwaltung überzeugen. Dabei sollte vor Augen geführt
werden, dass das Petitionsrecht eine besondere Möglichkeit
direkter demokratischer Beteiligungen und Mitwirkungen
der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ist.

Die Möglichkeiten der Mehrfachpetitionen müssen so aus-
gestaltet sein, dass sie keine Einbahnstraße werden. Es
reicht nicht aus, dass viele Menschen einmal schriftlich ihre
Meinung bekunden, dass dann Vertreterinnen und Vertreter
unter Ausschluss der Öffentlichkeit angehört werden kön-
nen und schließlich eine Antwort der parlamentarischen
Repräsentanten erfolgt, auf die eine Erwiderung nicht mehr
möglich ist.

Verbesserung der Informationsrechte

Mit dem Petitionsgesetz werden die unterschiedlichen
Informationsrechte systematisch zusammengefasst und er-
weitert. Das stärkt das Parlament in seinen Kontrollmög-
lichkeiten gegenüber der Exekutive. Wichtig ist auch, durch
unmittelbare Nachfrage an der Stelle, an der sich der Be-
schwerdegrund ergeben hat, als unmittelbare Reaktion
schnelle und effektive Abhilfe zu provozieren.

Bedeutung hat die angestrebte Möglichkeit, förmlich Be-
weis zu erheben, so dass – wie bei parlamentarischen Unter-
suchungsausschüssen – der Verpflichtung zur wahren Aus-
sage durch die Strafbewährung Nachdruck verliehen wird.
Dabei ist keineswegs zu befürchten, dass von diesem Instru-
ment mit der Folge einer Fülle zeitaufwendiger Verfahren
allzu häufig Gebrauch gemacht werden muss. Schon die
Möglichkeit, dass eine Beweiserhebung durchgeführt wer-
den kann, wird in vielen Fällen die Auskunftsbereitschaft
steigern und es so weitestgehend erübrigen, dieses Mittel
der Sachaufklärung auch tatsächlich einzusetzen.

Ausweitung des Gegenstandsbereichs von Petitionen

In einer parlamentarischen Demokratie darf es im Wesent-
lichen keine petitionsfreien Zonen geben. Die zunehmende
Privatisierung von Einrichtungen der öffentlichen Daseins-
vorsorge, die früher der Bund betrieben hat, sowie öffent-
liche Aufgaben, die der Bund heute der privaten Organisa-
tion überlässt, nimmt Bürgerinnen und Bürgern früher be-
und führt, ist durch die gesetzlichen Regelungen zum Da-
tenschutz gewährleistet.

stehende Rechtsbehelfe und dem Parlament Gestaltungs-
möglichkeiten in zentralen gesellschaftlichen Bereichen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/10385

Weitere Privatisierungen sind insbesondere durch Druck
von europäischer Ebene zu erwarten. Mit Hilfe des Peti-
tionsrechts kann das nicht rückgängig gemacht werden.
Wenn öffentliche Aufgaben der öffentlichen Daseinsvor-
sorge an Private übergeben wurden, muss aber eine Peti-
tionskontrolle im selben Umfang möglich sein.

In diesem Zusammenhang wird noch einmal darauf hin-
gewiesen, dass ein schwebendes oder abgeschlossenes
Gerichtsverfahren nicht daran hindern muss, Richtiges und
Vernünftiges durchzusetzen. Unbestritten ist dabei die Un-
abhängigkeit der Gerichte selbst und ihrer Entscheidungen.
Dennoch ist es dem Petitionsausschuss möglich, auf die Be-
teiligten in und nach einem Verfahren einzuwirken, wenn
diese der parlamentarischen Petitionskontrolle unterliegen.

Stärkung der parlamentarischen Kontrolle

Für die Wahrnahme des Petitionsrechts und für das Ver-
trauen von Bürgerinnen und Bürgern in das Parlament und
in den Petitionsausschuss sind wesentlich, dass die Petitio-
nen nicht ohne Wirkung bleiben. Das Petitionsrecht würde
leer laufen, wenn bestimmte Maßnahmen, die Gegenstand
einer Petition sind, so kurzfristig von der Exekutive voll-
zogen werden können, dass die Petitionsentscheidung in
jedem Fall zu spät kommt. Hier ist im Gesetzentwurf mit
§ 14 eine Lösung gefunden worden, die dem Petitionsrecht
Effektivität verleiht, ohne mit dem Grundsatz der Gewalten-
teilung zu kollidieren. In diesem Zusammenhang ist auch
die besondere Stellung des Petitionsausschusses zu berück-
sichtigen, dem ja gerade mit Artikel 45c GG verfassungs-
rechtlich die Befugnis erteilt ist, sich der Probleme der
Menschen mit Regierung und Verwaltung anzunehmen, zu
kontrollieren und Maßnahmen zur Abhilfe zu fordern bzw.
anzuregen.

Der Grundsatz der Gewaltenteilung verbietet es dem Parla-
ment zwar generell, der Regierung verbindliche Weisungen
zu erteilen. Dennoch dürfen Empfehlungen des Deutschen
Bundestages in der Form von Überweisungen zur Berück-
sichtigung oder zur Erwägung nicht wirkungslos bleiben.
Mit § 15 Abs. 3 des Gesetzentwurfs wird eine Verfahrens-
möglichkeit eingeführt, die sich in dem Bundesland Baden-
Württemberg als eine gelungene Dialogform zwischen
Petitionsausschuss und Landesregierung erwiesen hat. Die
Stellung des Parlaments als Repräsentant des Souveräns ge-
bietet es, dass die Regierung ihre Haltung und Auffassung
vor dem Parlament erläutert und zur Diskussion stellt, wenn
sie denn schon seinen Empfehlungen nicht nachkommen
will. Ein solches Verfahren ermöglicht wiederum ein Mehr
an Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger, die derar-
tige Vorgänge in ihre Willensbildung vor Wahlentscheidun-
gen einbeziehen können.

In dem Maße, in dem sich weniger Regierung und Parlament,
sondern häufiger Regierungen und Koalition auf der einen
und Opposition auf der anderen Seite gegenüberstehen, be-
darf das Petitionsrecht der Ergänzung durch Minderheiten-
rechte. Die Loyalität der Parlamentsmehrheit mit der Exeku-
tive darf vor allem einem effektiven Gebrauch der parlamen-
tarischen Informationsrechte nicht entgegenstehen. Deshalb

Dass sich demgegenüber bei Sachentscheidungen Mehr-
heiten durchsetzen, ist Folge des demokratischen Prinzips.

Die Veröffentlichung von Minderheitspositionen einschließ-
lich deren Begründung dient der Transparenz von Entschei-
dungen. Der Petitionsausschuss entscheidet nicht im Ein-
vernehmen, sondern mit Stimmenmehrheiten. Schon aus de-
mokratischen Gründen muss es der Minderheit möglich
sein, abweichende Positionen öffentlich darzustellen.

B. Einzelbegründung

Zu § 1

Zu den Absätzen 1 bis 3

Diese Vorschriften regeln, basierend auf Artikel 17 GG, wer
petitionsberechtigt ist. Die Bestimmung des Absatzes 1
stellt klar, dass dem Grundsatz nach auch Minderjährige,
Geschäftsunfähige und unter Betreuung stehende Personen
selbst eine Petition einreichen können, ohne sich hierzu
eines Vertreters bedienen zu müssen. Die Fähigkeit, eine
eigene Petition einlegen zu können, beginnt bei natürlichen
Personen mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit gemäß § 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Für juristische Personen des Privatrechts gibt es keinerlei
Beschränkungen des Petitionsrechts.

Absatz 2 Satz 2 stellt ausdrücklich klar, dass nach heutiger
Rechtslage auch juristische Personen des öffentlichen
Rechts petitionsberechtigt sind, soweit die Petition den
sachlichen Zuständigkeitsbereich der betreffenden juristi-
schen Person des öffentlichen Rechts betrifft.

Die Bestimmung des Absatzes 3 macht deutlich, dass auch
besondere Unterstellungsverhältnisse keine Beschränkun-
gen des Petitionsrechts rechtfertigen, und die Mitarbeiterin-
nen bzw. die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes bei Peti-
tionsbegehren in dienstlichen Angelegenheiten nicht zu-
nächst auf den Dienstweg verwiesen werden können.

Zu Absatz 4

Es wird, anknüpfend an den Grundrechtscharakter des Peti-
tionsrechts, festgestellt, dass mit der Inanspruchnahme die-
ses Grundrechts keinerlei Benachteiligungen einhergehen
dürfen.

Zu Absatz 5

Petitionen sollen danach nicht nur in eigenen Angelegen-
heiten, sondern auch bei Anliegen, die Dritte betreffen oder
im allgemeinen Interesse liegen, vorgebracht werden
können. Eine persönliche Betroffenheit wird nicht voraus-
gesetzt.

Petitionen für andere Personen sollen nicht von dem Be-
stehen einer Vertretungsmacht abhängen. Allerdings darf
das Petitionsrecht nicht entgegen den Interessen ausgeübt
werden, für die die Petitionen eingereicht wurden.

Petitionen können als Mehrfachpetitionen und auch unter
einem gemeinsamen Namen eingebracht werden.
müssen Minderheiten Maßnahmen zur Sachverhaltsauf-
klärung gegen die Ausschussmehrheit erzwingen können.

Bei Unterschriftenaktionen müssen alle Petenten erkennbar
sein. Es genügt eine eigenhändige Unterschrift.

Drucksache 16/10385 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu Absatz 6

Es wird klargestellt, dass die Vorschriften des § 2 ff. un-
mittelbar nur für die Petitionen gelten, die an den Deutschen
Bundestag gerichtet sind.

Zu § 2

Zu Absatz 1

Diese Vorschrift umreißt den Schutzbereich des Petitions-
rechts. Vorschläge zur Gesetzgebung oder Kritiken an
dieser, Bitten und Beschwerden werden zusammen als Peti-
tionen bezeichnet. Die Abgrenzung von Bitten und Be-
schwerden kann im Einzelfall schwierig sein. Mit Blick auf
Artikel 17 GG ist eine rechtliche Unterscheidung von Bitten
und Beschwerden allerdings unerheblich. Petitionen sind im
Ergebnis Eingaben, die ein bestimmtes materielles Anliegen
zum Inhalt haben und sich von schlichter Meinungsäuße-
rung abgrenzen lassen.

Zu Absatz 2

Die Begriffsdefinition zu Mehrfachpetitionen gibt die bis-
herige Unterscheidung von Sammel- und Massenpetitionen
auf. Alle Petitionen, deren Anliegen sich jeweils decken,
werden als Mehrfachpetitionen angesehen. Dadurch wird
den Unterschriftenlisten im Vergleich zur gegenwärtigen
Praxis mehr Gewicht verliehen.

Öffentliche Petitionen sollen, soweit sie mindestens von
einer weiteren Person unterstützt werden, auch als Mehr-
fachpetition angesehen werden.

Zu Absatz 3

Diese Vorschrift definiert das Institut der „öffentlichen Pe-
titionen“. Die Verbesserung der Transparenz hinsichtlich
der eingereichten Petitionen ist damit gesetzgeberischer
Auftrag. Dies bedingt zugleich eine ständige Evaluierung
und technische Verbesserung dieses Instrumentariums. Ge-
genstand einer öffentlichen Petition können sowohl Bitten
als auch Beschwerden sein.

Zu § 3

Die parlamentarische Petitionsbearbeitung nach Artikel 17
GG bezieht sich vorwiegend auf die Betrachtung des Han-
delns anderer an sich „zuständiger Stellen“. Sie unterliegt
daher nicht der üblichen Kompetenzordnung. Insbesondere
ist eine Überprüfung exekutiven Handelns trotz der Gewal-
tenteilung nicht nur zulässig, sondern für die parlamenta-
rische Demokratie konstitutiv. Grenzen ergeben sich nur aus
den Prinzipien der Bundesstaatlichkeit und aus der Unab-
hängigkeit der Gerichte. Besonderheiten müssen auch bei
der Kontrolle Privater gelten, die in die Wahrnehmung
hoheitlicher Befugnisse und in die Erledigung öffentlicher
Aufgaben einbezogen sind.

Zu den Absätzen 1 und 2

Im Bereich des Deutschen Bundestages können Petitionen
in jeder Angelegenheit geprüft werden, für die der Bund die
Kompetenz besitzt.

wobei Petitionen sich nicht nur auf die Gesetzgebung, son-
dern auch auf schlichte Parlamentsbeschlüsse beziehen kön-
nen. Im Übrigen kann es auch Eingaben zur Tätigkeit der
Bundestagsverwaltung geben.

Die Bundesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden
unterliegen der parlamentarischen Kontrolle und damit auch
der Überprüfung aus Anlass von Petitionen. Das gilt hin-
gegen nicht für die obersten Verfassungsorgane.

Die Behandlung von Petitionen gegen Verwaltungshandeln
von Landesbehörden bei der Vollziehung von Bundesrecht
ist schon deshalb geboten, weil sich aus ihnen Anstöße zur
Verbesserung von Bundesgesetzen ergeben können.

Soweit Privatpersonen oder private Einrichtungen mit
hoheitlichen Befugnissen beliehen oder ihnen öffentliche
Aufgaben übertragen wurden, soll sich das Petitionsrecht
auch auf sie erstrecken. Zugleich sollen angesichts zuneh-
mender Privatisierungen solche Tätigkeiten von Privaten
in den Gegenstandsbereich des Petitionsrechts einbezogen
werden, bei denen es um öffentliche Daseinsvorsorge bzw.
um Infrastrukturgewährleistung geht. Anknüpfungspunkt
für das Petitionsrecht sind hier die Aufsicht oder die Regu-
lierung durch eine Bundesbehörde sowie die Beteiligungs-
rechte der Bundesregierung.

Zu Absatz 3

Im Rahmen der Petitionsbearbeitung darf grundsätzlich
keine Sachbefassung mit der Rechtsprechung durch die
Gerichte stattfinden. Sonst wäre die Unabhängigkeit der
Gerichte nicht gewährleistet. Keine Bedenken bestehen aber
im Hinblick auf die Beeinflussung des Prozessverhaltens
von Prozessbeteiligten, mit denen sich Petitionsarbeit befas-
sen kann. Auch kann im Petitionsverfahren eine bestehende
gesetzliche Regelung aufgegriffen werden, die Gegenstand
von Rechtssprechung ist.

Im Petitionswege können auch Grenzen und Reichweite
des staatlichen Vollstreckungsanspruchs einer parlamentari-
schen Kontrolle unterzogen werden.

Zu § 4

Zu den Absätzen 1 bis 3

Petitionen bedürfen nach Artikel 17 GG der Schriftform.
Durch diese Vorschriften soll die Einreichung von Petitio-
nen von der einzuhaltenden Form her erleichtert und verein-
facht werden. Durch das gesetzliche Zulassen der Unter-
zeichnung einer Petition mit Hilfe einer elektronischen Sig-
natur und durch die Einreichung der Petitionen im Wege
von Onlineformularen werden der Praxis und den Anwen-
dungsmöglichkeiten moderner Kommunikationsmittel
Rechnung getragen.

Die Möglichkeit, Petitionen beim Petitionsausschuss auch
zu Protokoll erklären zu können, soll den Menschen den Zu-
gang zum Petitionsrecht erleichtern, denen es aus den unter-
schiedlichsten Gründen schwer fällt, an Behörden heranzu-
treten.

Zu Absatz 4

Die Vorschrift grenzt die zulässigen Petitionen von den Peti-

Gegenstand der Petitionsbearbeitung des Deutschen Bun-
destages kann die gesamte parlamentarische Arbeit sein,

tionen ab, die mangelhaft sind und daher keiner Bearbei-
tungspflicht unterliegen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/10385

Die Regelungen knüpfen an offenkundige Formerforder-
nisse an. Anonyme Zuschriften sollen beispielsweise aus-
geschlossen sein. Soweit eine Petition auf etwas rechtlich
Verbotenes gerichtet ist, soll ihre Zulässigkeit nicht berührt
sein. Zielt sie jedoch auf eine strafbare Handlung ab, soll sie
nicht mehr dem Schutz des Petitionsrechts unterliegen.

Liegen Mängel vor, die durch die Petenten behoben werden
können, so sind ihnen diese Möglichkeiten einzuräumen.

Zu Absatz 5

Bei Petitionen inhaftierter oder untergebrachter Personen
soll der Schutz der Vertraulichkeit durch besondere Vor-
kehrungen gewährleistet werden.

Zu § 5

Zu den Absätzen 1 bis 5

Das Petitionsverfahren soll für die Menschen transparenter
und verständlicher gestaltet werden. Daher werden An-
sprüche der Petentinnen und Petenten auf Unterrichtung im
Laufe des Verfahrens normiert.

Die Petentinnen und Petenten sollen über den jeweiligen
Umgang mit dem Anliegen und die einzelnen Verfahrens-
stadien der Bearbeitung der Petition in Kenntnis gesetzt
werden.

Zu Absatz 1

Durch eine entsprechende Rückfrage soll zu einem mög-
lichst frühen Zeitpunkt geklärt werden, ob einer öffentlichen
Behandlung der Petition, einer Weitergabe von Informatio-
nen an Dritte und der Aufnahme in das Petitionsregister und
die Petitionsdatenbank widersprochen wird.

Zu Absatz 2

Die Vorschrift stellt klar, dass auch Auskunftsersuchen und
die Bitten um Erteilung von Hinweisen vom Petitionsrecht
erfasst sind.

Zu Absatz 6

Die Petentinnen und Petenten haben hinsichtlich desselben
Anliegens in einer Wahlperiode nur einmal den Anspruch
auf sachliche Befassung und Entscheidung über ihre Peti-
tion. Etwas anderes gilt nur dann, wenn neue Umstände,
Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden oder sich
die Rechtslage geändert hat.

Die Vorschrift soll zugleich sicherstellen, dass alle Peten-
tinnen und Petenten hinsichtlich desselben Anliegens An-
spruch auf erneute Prüfung und Entscheidung haben, wenn
sie ihr Anliegen in einer anderen Wahlperiode erneut vor-
tragen.

Zu Absatz 7

Die Transparenz des Petitionsverfahrens und sein Ergebnis
sollen dadurch erhöht werden, dass allen Petenten ein Recht
zur Einsicht in die Petitionsakte gewährt wird. Dieses Recht
soll ihnen aber erst nach Abschluss des Verfahrens, also
nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages über die

nahmen der informationspflichtigen Stellen übersandt wer-
den.

Zu § 6

Zu Absatz 1

Die Bearbeitung aller an den Deutschen Bundestag gerich-
teten Petitionen soll beim Petitionsausschuss konzentriert
bleiben. Von den Fachausschüssen können Stellungnahmen
eingeholt werden.

Die abschließende Entscheidung über alle Petitionen soll
weiter dem Deutschen Bundestag als Adressaten des Peti-
tionsbegehrens vorbehalten sein.

Bei einer Behandlung von Petitionen im Plenum können zu
der jeweiligen Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses Änderungsanträge gestellt werden.

Zu Absatz 2

Diese Vorschrift sieht ein begrenztes Selbstbefassungsrecht
des Petitionsausschusses vor. Da die Bearbeitung von Peti-
tionen nach Artikel 17 GG auch unter dem Gesichtspunkt
der parlamentarischen Kontrolle erfolgt, ist es sachgerecht,
über den konkreten Einzelfall einer Petition hinaus, auch
Sachverhalte aufzugreifen, die inhaltlich mit in Bearbeitung
befindlichen Petitionen im Zusammenhang stehen. Die Be-
arbeitung erfolgt im Rahmen eines Petitionsverfahrens. Da
darin keine Kompetenzerweiterung zu sehen ist, macht sich
eine Grundgesetzänderung nicht erforderlich.

Zudem geht es im Parlament immer um politische Sachver-
halte, was nahe legt, relevante Sachverhalte aufzugreifen.

Von diesem Selbstbefassungsrecht Gebrauch zu machen,
soll auch von einer Minderheit im Petitionsausschuss gefor-
dert und durchgesetzt werden können.

Zu den Absätzen 3 bis 5

In diesen Vorschriften sind die verschiedenen Ausformun-
gen des Petitionsinformationsrechts aufgeführt.

Zu Absatz 3

Das umfassende Informationsrecht, von dem der Petitions-
ausschuss für den Deutschen Bundestag Gebrauch macht,
ist unumstritten ein Annex des Petitionsrechts nach Arti-
kel 17 GG. Es ist nicht nur als individuelles Grundrecht,
sondern auch als Institut der parlamentarischen Kontrolle zu
verstehen. Dieses Informationsrecht besteht darin, von der
Regierung und weiteren Einrichtungen die erforderlichen
Auskünfte für die ordnungsgemäße Erledigung der Petition
zu erhalten.

Zu Absatz 4

Die Befugnis, die Stellungnahme eines Fachausschusses
einzuholen, stellt eine innerparlamentarische Kompetenz
dar, die Rechte anderer Verfassungsorgane nicht berührt.

Zu Absatz 5

Dem Petitionsausschuss sollen über das allgemeine Peti-

Petition zustehen. Dies schließt nicht aus, dass den Petenten
auch während des laufenden Petitionsverfahrens Stellung-

tionsinformationsrecht hinausgehende weitere Befugnisse
eingeräumt werden, um eine wirksamere Aufklärung der

Drucksache 16/10385 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Sach- und Rechtslage bei der Behandlung von Petitionen zu
ermöglichen.

Zu Absatz 6

Im Petitionsausschuss soll mit qualifizierter Minderheit
durchgesetzt werden können, dass von den Informations-
rechten Gebrauch gemacht wird. Das entspricht den beson-
deren Verhältnissen in einem parlamentarischen Regie-
rungssystem, in dem sich Regierung und Koalitionsfraktio-
nen auf der einen Seite und die Opposition auf der anderen
Seite gegenüberstehen. Die Kontrollfunktion des Petitions-
ausschuss soll durch dieses Minderheitenrecht gestärkt wer-
den.

Zu Absatz 7

Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten dem Petitions-
ausschuss hinsichtlich seines Informationsrechtes die erfor-
derliche Hilfe. Rechtsdogmatisch gesehen ist der Petitions-
ausschuss kein Zug der Exekutive und damit im übertrage-
nen Sinne kein Amt. Umso notwendiger ist eine gesetzlich
klarstellende Hilfeverpflichtung.

Zu § 7

Diese Vorschrift regelt die Berichterstattung als vorberei-
tende Tätigkeit einzelner Mitglieder des Petitionsausschus-
ses sowie deren Informationsrechte.

Zu § 8

Zu Absatz 1

Das Recht, Anhörungen durchzuführen, ist ein verfassungs-
mäßiges Recht des Parlaments, das üblicherweise Aus-
schüssen übertragen ist. Durch die Ladung und Anhörung
von Personen soll die Petitionsbearbeitung förderlich beein-
flusst werden.

Zu Absatz 2

Soweit bei den Anhörungen Mitglieder der Bundesregie-
rung angehört werden sollen, ist das durch Artikel 43 GG
gedeckt. Dies gilt auch, wenn die Sitzungen des Aus-
schusses öffentlich sind.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift stellt eine besondere Verfahrensregelung da-
hingehend dar, dass bei einem Quorum von 20 000 Unter-
stützern eines Anliegens einer Mehrfachpetition zu der
öffentlichen Beratung des Petitionsausschusses zwingend
die Einladung des oder der Petentinnen und Petenten der
Leitakte und eines Vertreters der Bundesregierung zu er-
folgen hat.

Die Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behand-
lung von Bitten und Beschwerden sahen bisher gesonderte
Verfahrensregelungen vor, wenn eine Sammel- oder Massen-
petition bei deren Einreichung von mindestens 50 000 Perso-
nen unterstützt wird oder wenn dieses Quorum spätestens
drei Wochen nach Einreichung erreicht wurde. Dieses Quo-
rum hat sich in seiner praktischen Anwendung als zu hoch er-
wiesen. Durch die Absenkung auf ein Quorum von 20 000

Möglichkeit eingeräumt werden, ihr Anliegen im Petitions-
ausschuss vorzubringen und darüber in den Dialog zu treten.

Zu Absatz 4

Klargestellt wird hier der Entschädigungsanspruch der Pe-
tenten, Zeugen, Sachverständigen und Mediatoren.

Zu § 9

Zu Absatz 1

Die Vorschrift normiert die Informationspflicht gegenüber
dem Petitionsausschuss und benennt die Informationspflich-
tigen. Dabei soll gegenüber dem jetzigen Rechtszustand ins-
besondere die zusätzliche Befugnis geschaffen werden, die
Informationen nicht nur von der Spitze der Verwaltungshie-
rarchie, sondern auch unmittelbar dort abzufragen, wo die
beanstandete Maßnahme getroffen wurde. Dies soll ermög-
lichen, dass Anlässe zur Beschwerde ganz kurzfristig beho-
ben werden können.

Weiterhin wird die Möglichkeit geschaffen, Informationen
von Privaten einzuholen, die der Aufsicht oder Regulierung
durch öffentliche Stellen unterliegen. Soweit eine Aufsicht
des Bundes nicht besteht, soll die Informationspflicht ge-
genüber dem Petitionsausschuss unmittelbar die zuständige
Stelle treffen, die öffentliche Aufgaben des Bundes wahr-
nimmt.

Zu Absatz 2

Die Vorschrift nennt die wesentlichsten Instrumentarien, mit
denen die auskunftspflichtigen Stellen ihrer Auskunfts-
pflicht auf Anforderung nachzukommen haben. Der Infor-
mationspflicht muss vollständig und umfänglich Genüge
getan werden.

Zu Absatz 3

Damit auch die Aufsichts- und Regulierungsbehörden un-
mittelbar hinreichend Auskunft erteilen können, werden sie
ausdrücklich ermächtigt, von ihren Auskunftsrechten ge-
genüber den Privaten aus Anlass eines Auskunftsbegehrens
des Petitionsausschusses Gebrauch machen zu können.

Zu § 10

Zu den Absätzen 1 bis 3

Der Petitionsausschuss soll ein umfassendes Beweiserhe-
bungsrecht entsprechend den Regelungen der Strafprozess-
ordnung erhalten, wie es teilweise die Petitionsausschüsse
der Länder bereits haben. Von häufigem Gebrauchmachen
dieser strafprozessualen Regelungen wird nicht ausgegan-
gen. Es ist vielmehr anzunehmen, dass allein die Möglichkeit
der Beweiserhebung zu einer ganz beträchtlichen Steigerung
der Bereitschaft führen wird, wahrheitsgemäß, umfassend
und vollständig Auskunft zu erteilen.

Zu Absatz 4

Zwangsmaßnahmen im Rahmen des Beweiserhebungs-
rechts können, anders als im derzeit geltenden Gesetz zur
Petitionen soll in stärkerem Maße engagierten Bürgerinnen
und Bürgern und Initiativen die gesetzlich vorgeschriebene

Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des
Deutschen Bundestages, nicht vom Ausschuss selbst be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/10385

schlossen werden. Hier ist das als zuständiges Gericht
bezeichnete Amtsgericht Berlin-Tiergarten anzurufen.

Zu Absatz 5

Für das Verfahren der Beweiserhebung und die Aufwands-
entschädigung gelten die Vorschriften der Strafprozessord-
nung und des Gesetzes über die Vergütung von Sachverstän-
digen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen,
Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen
Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen
und Dritten (JVEG).

Zu § 11

Die Möglichkeit Petitionen, die von allgemeinem Interesse
sind, öffentlich an den Petitionsausschuss zu übergeben und
damit dem Anliegen von Petenten schon bei Einreichung
der Petition eine stärkere Aufmerksamkeit zukommen zu
lassen, soll gesetzlich normiert sein. Die Übergabe kann an
jedes Mitglied des Petitionsausschusses erfolgen. Soweit
keine Verständigung über die Durchführung einer öffent-
lichen Übergabe im Petitionsausschuss stattgefunden hat
bzw. stattfindet, ist eine vorherige Information an die Vor-
sitzende oder an den Vorsitzenden des Ausschusses zwin-
gend geboten.

Zu § 12

Zu den Absätzen 1 und 2

Die formellen und inhaltlichen Anforderungen an öffent-
liche Petitionen werden festgelegt. Es besteht die Möglich-
keit, sich an einer öffentlichen Petition zu beteiligen. Die di-
rekte Beteiligung kann allerdings nur online erfolgen und
setzt eine gültige E-Mail-Anschrift voraus.

Grundsätzliche Zulässigkeitsvoraussetzung einer öffent-
lichen Petition ist, dass das Petitionsbegehren ein Anliegen
von allgemeinem Interesse darstellt. Nur ein solches kann
Gegenstand einer öffentlichen Petition sein.

Wenn Teile des Petitionsanliegens persönliche Angelegen-
heiten darstellen oder beinhalten, ist das Anliegen der Peti-
tion in einen allgemeinen und einen persönlichen Teil zu
gliedern. Der Teil mit dem Anliegen von allgemeinem Inter-
esse ist als öffentliche Petition zu behandeln.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift zählt abschließend die Gründe auf, bei deren
Vorliegen eine Petition nicht als öffentliche Petition zu-
gelassen wird und ein Diskussionsbeitrag zu einer Petition
nicht ins Internet eingestellt wird (Absatz 8).

Zu Absatz 4

Die als Kann-Vorschrift formulierte Norm gibt dem Peti-
tionsausschuss die Möglichkeit, auch aus anderen als den in
Absatz 3 genannten Gründen von einer Veröffentlichung
abzusehen. Die Norm bedarf einer engen Auslegung. Der
durch die Einfügung „insbesondere“ aufgeführte Ableh-
nungsgrund „… wenn der Petitionsausschuss in einer im
Wesentlichen sachgleichen öffentlichen Petition eine Ent-

lichen Erwägungen der Bearbeitung des Petitionsverfahrens
ergeben.

Zu Absatz 5

Die Petenten sollen die Möglichkeit erhalten, formelle oder
inhaltliche Mängel von Petitionen, die einer Behandlung als
öffentliche Petition entgegenstehen, zu beheben. Wurde die
Petentin oder der Petent unter Fristsetzung vergeblich zur
Behebung dieser Mängel aufgefordert, erfolgt die weitere
Behandlung dieser Petition nach den allgemeinen Grund-
sätzen, sofern andere Gründe dem nicht entgegenstehen.

Zu Absatz 6

Die Vorschrift zählt abschließend die notwendigen von den
Mitzeichnern einer öffentlichen Petition anzugebenden und
zu registrierenden Daten für eine wirksame Mitzeichnung
auf. Das Diskussionsforum ist als offenes Forum ausgestal-
tet, so dass hinsichtlich des Diskussionsbeitrages Erkenn-
barkeit der Verfasserin bzw. des Verfassers gegeben sein
muss.

Zu den Absätzen 7 und 8

Die Mitzeichnungsfrist für eine öffentliche Petition beträgt
einheitlich sechs Wochen. Die weiteren Vorschriften dienen
der Sicherung einer sachlichen und am Anliegen der Peti-
tion orientierten öffentlichen Diskussion im Internet. Dem
Petitionsausschuss werden damit notwendige Eingriffs-
rechte bezüglich des Diskussionsforums zur Seite gestellt.
Trotz der Kenntlichmachung der gelöschten Beiträge mit
dem Vermerk „wegen Regelverstoßes gelöscht“ bleibt der
Beitrag für Evaluierungszwecke nichtöffentlich erhalten.

Zu Absatz 9

Das Petitionsverfahren soll bei öffentlichen Petitionen in
hohem Maße transparent gestaltet werden. Die Veröffent-
lichung des Ergebnisses der Petition nach der Beendigung
des Petitionsverfahrens hat zudem auch eine Informations-
funktion.

Zu § 13

Die Sitzungen des Petitionsausschusses sind grundsätzlich
öffentlich. Dies verleiht der Petitionsarbeit ein höheres Maß
an Transparenz.

Soweit schutzwürdige Interessen einer öffentlichen Behand-
lung von Petitionen entgegenstehen können, sind dem durch
die Möglichkeiten des Petitionsausschusses und durch das
vorgesehene Widerspruchsrecht Genüge getan.

Durch die Veröffentlichung der Protokolle der öffentlichen
Sitzungen des Petitionsausschusses soll eine weitere Mög-
lichkeit geschaffen werden, dass jeder Mensch die Tätigkeit
und Arbeitsweise des Petitionsausschusses verfolgen kann.

Zu § 14

Gegenwärtig gibt es von Gesetzes wegen keine verbindliche
Möglichkeit, den Vollzug von Verwaltungsentscheidungen
für die Dauer des Petitionsverfahrens auszusetzen. Insofern
besteht die Gefahr, dass eine mögliche Petitionsentschei-
scheidung getroffen hat …“ verdeutlicht, dass hier lediglich
Ablehnungsgründe erheblich sein dürfen, die sich aus sach-

dung von vornherein gegenstandslos ist, bevor sie über-
haupt getroffen werden kann. Wenn der Vollzug – etwa

Drucksache 16/10385 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

durch eine Abschiebung – vollendete und irreversible Ver-
hältnisse geschaffen hat, bevor eine Petition abschließend
bearbeitet werden konnte, erleiden das Parlament und sein
Petitionsausschuss nicht nur im Einzelfall beträchtlichen
Schaden.

Andererseits ist zu beachten, dass nach den Prinzipien der
Gewaltenteilung die Entscheidung über den Vollzug von
Verwaltungsmaßnahmen grundsätzlich der Exekutive ob-
liegt, die in rechtlicher Hinsicht der Kontrolle durch die
Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt.

Der Wahrung der demokratischen Rechte des Parlaments
bei gleichzeitiger Respektierung der Gewaltenteilung dient
der hier vorgelegte differenzierte Vorschlag.

Zu Absatz 1

In allen Fällen einer Petition gegen die vollziehbare Ent-
scheidung einer Behörde kann die entsprechende Stelle ge-
beten werden, den Vollzug bis zur Entscheidung des Peti-
tionsausschusses in der Sache auszusetzen. Es wird davon
ausgegangen, dass dieser begründeten Bitte im Regelfall
nachgekommen wird und eine entsprechende Mitteilung an
den Petitionsausschuss ergeht.

Zu Absatz 2

Ist aufgrund der zeitlichen Besonderheiten oder wegen der
Weigerung einer Behörde, dem Ersuchen nach Absatz 1
stattzugeben, zu befürchten, dass das Petitionsrecht wir-
kungslos bleiben wird, kann der Petitionsausschuss verbind-
lich verlangen, die Vollziehung auszusetzen. Dies gilt im
Verhältnis zu allen Behörden, die Bundesrecht ausführen.
Die Verpflichtung zur Aussetzung der Vollziehung ist auf
drei Monate begrenzt. Die Behörde kann aber die Voll-
ziehung von sich aus länger aussetzen.

Im Hinblick darauf, dass das Ermessen der Behörden, die
Vollziehung einer Maßnahme auszusetzen, durch Gesetz auf
Fälle besonderer Härte oder eines erheblichen öffentlichen
Interesses beschränkt sein kann, wird von Gesetzes wegen
für den hier vorliegenden Fall das Vorliegen eines erheb-
lichen öffentlichen Interesses festgestellt.

Zu § 15

Zu Absatz 1

Die Vorschrift regelt die Beendigungsmöglichkeit des
Petitionsverfahrens. Die generelle Beendigungsform des
Petitionsverfahrens ist ein Beschluss über das Anliegen der
Petition. Diesem Beschluss ist eine Begründung beizufügen.

Zu Absatz 2

Zu jedem Beschluss über eine Petition kann ein Minder-
heitenvotum mit schriftlicher Begründung abgegeben wer-
den. Soweit die Norm regelt, dass abgegebene Minderheits-
voten und deren Begründung der Entscheidung über die
Petition beizufügen sind, gilt dies auch, wenn die Petitions-

Zu Absatz 3

Die Vorschrift soll dazu dienen, dem parlamentarischen
Wirken im Petitionsverfahren gegenüber der Regierung
stärkeren Nachdruck zu verschaffen um somit das einzelne
Petitionsanliegen wirkungsvoller unterstützen zu können.

Die Regierung soll daher schon vor Beschlussfassung im
Petitionsausschuss über die beabsichtigte Entscheidung in-
formiert werden, wenn der Petitionsausschuss beabsichtigt,
dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, die Petition der
Regierung zur Berücksichtigung oder Erwägung zu über-
weisen. Die Regierung hat damit zugleich die Möglichkeit
und Verpflichtung, sich zu der beabsichtigten Entscheidung
des Petitionsausschusses zu verhalten. Widerspricht die Re-
gierung im Ausschuss nicht, bedingt dies die gesetzliche
Verpflichtung, dem Beschluss des Deutschen Bundestages
Folge zu leisten.

Zu Absatz 4

Diese Vorschrift regelt in Satz 1, dass der Petitionsaus-
schuss jede Petition dem Plenum einzeln zur Entscheidung
vorlegen kann und in Satz 2, welche Art von Petitionen er
vorlegen muss. Satz 3 begründet ein Minderheitenrecht im
Ausschuss zur Durchsetzung einer Vorlage im Plenum.

Zu Absatz 5

Diese Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem Beendi-
gungsgrundsatz des Petitionsverfahrens im Beschlusswege
dar. Von einem förmlichen Beschluss kann abgesehen wer-
den, wenn das Anliegen einer Petition in derselben Legis-
laturperiode bereits behandelt und entschieden worden ist.

Für diesen Fall stellt der Beschluss der schon beschiedenen
Petition zugleich die Sachentscheidung für diese sach-
gleiche Petition dar.

Zu § 16

Hinsichtlich der Überweisungen von Petitionen werden im
Wesentlichen die in der Praxis entwickelten Möglichkeiten
und Abgrenzungskriterien aus den Verfahrensgrundsätzen
als gesetzliche Regelungen aufgenommen.

Zu § 17

Zu Absatz 1

Mit den Überweisungen von Petitionen an die Bundesregie-
rung zur Berücksichtigung oder zur Erwägung wird eine
Berichtspflicht der Bundesregierung ausgelöst. Sie hat
daher schriftlich zu berichten, welche Maßnahmen sie er-
griffen oder welche Folgerungen sie auf Grund der Über-
weisung gezogen hat.

Zu Absatz 2

Im Sinne der Gewaltenteilung haben der Deutsche Bundes-
tag und sein Petitionsausschuss keine Möglichkeit, Einzel-
fälle für die Exekutive rechtlich verbindlich zu regeln. Auch
Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse haben nur
empfehlenden Charakter. Der parlamentarischen Demokra-
tie und ihrem Ansehen wird aber geschadet, wenn diese
entscheidung über eine öffentliche Petition veröffentlicht
wird.

nach sorgsamer Vorarbeit mit Mehrheit getroffenen Emp-
fehlungen von der Regierung mit einer schriftlichen Mit-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/10385

teilung abgetan werden können. Deshalb muss gelten: Wenn
die Bundesregierung vom Parlament beschlossene Überwei-
sungen zur Berücksichtigung oder zur Erwägung nicht posi-
tiv umsetzen will, muss sie das vor dem Plenum erläutern
und ihre Auffassung und Haltung öffentlich zur Diskussion
stellen.

Zu den Absätzen 3 und 4

Für Überweisungen als Material nach § 16 Abs. 3 gilt eine
Frist zur schriftlichen Stellungnahme von sechs Monaten,
beginnend ab dem Zugang des Überweisungsbeschlusses.

Bei Überweisungen nach § 16 Abs. 4 soll spätestens inner-
halb der Frist von einem Jahr die schriftliche Stellungnahme
erfolgen.

Zu § 18

Die Bearbeitung der am Ende einer Legislaturperiode noch
nicht abschließend behandelten Petitionen unterliegt nicht
dem Prinzip der Diskontinuität. Die Petitionen sind auch in
der darauffolgenden Legislaturperiode zu bescheiden, ohne
dass es einer erneuten Eingabe durch die Petenten bedarf.

Zu § 19

Um das Petitionswesen möglichst transparent zu gestalten,
sollen nach dem Vorbild der Geschäftsordnung des Euro-

päischen Parlaments ein Petitionsregister und eine Petitions-
datenbank geschaffen werden.

Die Aufnahme einzelner Petitionen in Register und Daten-
bank unterbleibt, wenn dem widersprochen wurde (§ 5
Abs. 1). Auch werden die Personen, die Petitionen ein-
gereicht haben, nicht namentlich aufgeführt. Damit ist den
Erfordernissen des Datenschutzes Rechnung getragen.

Durch die Veröffentlichung der im Petitionsverfahren über-
mittelten Stellungnahmen und ergangenen Beschlüsse er-
füllt die Datenbank eine wesentliche Informationsfunktion.

Zu den §§ 20 und 21

Durch die gesetzlich vorgeschriebene statistische Auswer-
tung und durch die Berichterstattung mit öffentlicher Aus-
sprache wird für die Petentinnen und Petenten selbst, aber
auch für die interessierten Bürgerinnen und Bürger die
Transparenz der Arbeit des Petitionsausschusses erhöht.
Das erzeugt einen besonderen Ansporn für die Bearbeitung
der Anliegen im Petitionsausschuss. Außerdem unterstützt
das so gestärkte Vertrauen in den Ablauf des Petitionsaus-
schusses die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der
demokratischen Willensbildung.

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