BT-Drucksache 16/10204

Weitergabe von Patientendaten durch eine Krankenkasse an eine private Firma

Vom 8. September 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10204
16. Wahlperiode 08. 09. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Elisabeth Scharfenberg,
Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Christine Scheel, Silke Stokar von Neuforn,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weitergabe von Patientendaten durch eine Krankenkasse an eine private Firma

Seit Anfang des Jahres erprobt die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK)
in Bayern und Baden-Württemberg ein Betreuungsprogramm, das sich unter
dem Titel „Besser leben“ an chronisch Kranke richtet. Dazu hat die DAK einen
Vertrag mit dem Gesundheitsdienstleister Healthways abgeschlossen. Von
Healthways beschäftigte examinierte Krankenpflegekräfte rufen regelmäßig bei
Versicherten an, die an Atemwegsleiden, Diabetes, Herzinsuffizienz und
koronarer Herzerkrankung leiden und beraten diese in Fragen der gesundheits-
bezogenen Lebensführung. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter
Schaar, bemängelt nun, dass im Rahmen dieser Kooperation die DAK ver-
trauliche Patienteninformationen an die Firma Healthways weitergegeben habe.
Dafür gebe es aber aus seiner Sicht keine Rechtsgrundlage.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welchen künftigen Stellenwert misst die Bundesregierung der Beratung
chronisch kranker Patientinnen und Patienten per Telefon oder Internet zu?

2. Werden von anderen Krankenkassen als der DAK entsprechende Angebote
gemacht bzw. sind diese in Planung?

3. Wie viele Versicherte nehmen derzeit an dem Programm „Besser leben“ teil?

4. Auf welcher Rechtsgrundlage wird das Programm durchgeführt?

5. Ist die Anwerbung von Versicherten für die Einschreibung in das Programm
beendet, oder wird das Programm auch weiterhin von der Krankenkasse be-
worben?

6. Wurden oder werden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte der Teilnehme-
rinnen und Teilnehmer in das Programm eingebunden?

Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt, und auf welche Weise?

Wenn nein, weshalb nicht?

7. Wird bei der Bewerbung des Programms explizit darauf hingewiesen, dass
die Durchführung durch einen Dritten erfolgt und eine Übermittlung von
Patientendaten an diesen notwendig oder beabsichtigt ist?

Drucksache 16/10204 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8. Hat die DAK vor Einführung des Programms das Bundesversicherungsamt
als zuständige Aufsichtsbehörde eingeschaltet?

Wenn ja, mit welchem Inhalt hat seinerzeit das Bundesversicherungsamt zu
den datenschutzrelevanten Aspekten des Programms gegenüber der DAK
Stellung genommen?

9. Von wie vielen Versicherten hat die DAK Datensätze an die Firma
Healthways übermittelt?

10. Auf welcher Rechtsgrundlage ist diese Übermittlung erfolgt?

11. Wie bewertet die Bundesregierung, dass die DAK laut eigener Auskunft
ihrem Kooperationspartner Healthways persönliche Daten der in Frage
kommenden Patientinnen und Patienten übermittelt hat, ohne vorab deren
Zustimmung einzuholen?

12. Gibt es Hinweise darauf, dass die DAK der Firma Healthways auch Daten
zur Art der chronischen Erkrankung, Klinikbehandlungen und verordneten
Arzneimitteln der Patientinnen und Patienten übermittelt hat, ohne vorab
deren Zustimmung einzuholen?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung dieses Verfahren?

13. In welcher Form wurde die Einwilligung der betroffenen Versicherten in die
Verarbeitung, Nutzung und Übermittlung ihrer Daten eingeholt, und wur-
den hierbei die Vorschriften des § 67b Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialge-
setzbuch (SGB X) beachtet?

14. Werden durch die Firma Healthways im Verlaufe ihrer Telefonberatung
weitere personenbezogene Daten erhoben?

Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage werden diese Daten erhoben, und
welche gesetzlichen Vorschriften sind ggf. für die Nutzung und Verarbei-
tung dieser Daten durch Healthways zu beachten?

15. Welche vertraglichen Vorkehrungen hat die DAK mit Healthways zum
Schutz der von ihr übermittelten personenbezogenen Daten getroffen, und
wie bewertet die Bundesregierung diese?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die Beauf-
tragung eines Dritten, der nicht an die sozialrechtlichen Datenschutzrege-
lungen oder an die strafrechtlichen Vorschriften für Berufsgeheimnisträger
gebunden ist, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betrof-
fenen Versicherten umgangen wird?

17. Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung des Bundesbeauftragten
für den Datenschutz, Peter Schaar, dass die Krankenkassen nur „administ-
rative Vorgänge“ auf Dritte übertragen dürfen, aber keine Beratungsleistun-
gen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung weiter vorzugehen?

Berlin, den 8. September 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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