BT-Drucksache 15/5772

Revision der EG-Altöl-Richtlinie

Vom 15. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5772
15. Wahlperiode 15. 06. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub,
Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael
Goldmann, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Revision der EG-Altöl-Richtlinie

Die Europäische Kommission plant die Revision der EG-Altöl-Richtlinie
(Richtlinie 75/439/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 über die Altölbeseiti-
gung (ABl. L 194, S. 23) in der Fassung der Richtlinie 87/101/EWG des Rates
vom 22. Dezember 1986 (ABl. 1987, L 42, S. 43)). Am 4. März 2005 endete
hierzu das öffentliche Konsultationsverfahren der EU-Kommission. Die EG-
Altöl-Richtlinie enthält Vorschriften über die umweltfreundliche Beseitigung
von Altölen. Gemäß Artikel 3 Abs. 1 EG-Altöl-Richtlinie treffen die Mitglied-
staaten die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Behandlung von Altölen
im Wege der Aufarbeitung Vorrang eingeräumt wird, sofern dem keine techni-
schen, wirtschaftlichen und organisatorischen Sachzwänge entgegenstehen.
Nachdem der EuGH in einem Urteil vom 9. September 1999 (Rs. C 102/97)
einen Verstoß Deutschlands gegen Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie festgestellt
hatte, hatte die Bundesregierung zur Umsetzung der Altölrichtlinie eine
Novelle der deutschen Altölverordnung erarbeitet, in der der Vorrang der Auf-
arbeitung von Altöl zu Grundöl rechtlich festgeschrieben wurde. Die Neu-
fassung der Altölverordnung ist nach Zustimmung von Bundesrat und Deut-
schem Bundestag am 1. Mai 2002 in Kraft getreten. Die Bundesregierung
vertrat die Auffassung, dass neben der rechtlichen Förderung der Aufarbeitung
von Altöl zu Grundöl die Aufarbeitung zusätzlich wirtschaftlich gefördert
werden müsse. Sie erließ demzufolge eine „Richtlinie zur Förderung der Basis-
ölproduktion aus Altöl“, die – unter Inanspruchnahme der im Bundeshaushalt
vorgesehenen Mittel – die Subventionierung der Aufarbeitung von Altöl zu
Basisöl für einen Zeitraum von 7 Jahren vorsieht. Im Bundeshaushalt 2005 sind
1,096 Mio. Euro für Zuschüsse zur Förderung der Aufarbeitung von Altöl zu
Basisöl angesetzt.
Unter Zugrundelegung der ifeu-Studie „Ökologische Bilanzierung von Altöl-
verwertungswegen“ vom 24. Februar 2000 war dieses Vorgehen fragwürdig,
denn die Studie kam zum Ergebnis, daß keines der betrachteten Verwertungs-
verfahren wesentliche Vorteile gegenüber den jeweils anderen habe und sich
eine Rangfolge der Verwertungsverfahren aus den betrachteten Parametern nicht
ableiten ließe. DieseMeinung wurde durch das Umweltbundesamt geteilt. Dem-
nach war die Zielrichtung der europäischen Altölrichtlinie infrage zu stellen.

Drucksache 15/5772 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Eine neue ifeu-Studie mit dem Titel „Ökologische und energetische Bewertung
der Aufbereitung von Altöl zu Grundölen: Substitution von primären Grund-
ölen inklusive halbsynthetischer und synthetischer Verbindungen“ vom Februar
2005 kommt nunmehr zu dem Ergebnis, dass die Grundölherstellung aus Altöl
gegenüber der Verbrennung ökologisch günstiger ist.
In den Stellungnahmen zum Konsultationsverfahren wurde unter anderem
gefordert, die Richtlinie ganz entfallen zu lassen, weil die Regelungen der
EG Altöl-Richtlinie durch andere Vorschriften des EU-Rechts weitgehend
abgedeckt seien. Grundsätzlich wurde die Frage aufgeworfen, ob der Vorrang
der Wiederaufarbeitung von Altöl beibehalten werden solle, oder ob sogar die
thermische Verwertung demnächst besteuert werden solle. Auch wurde ange-
sichts der geplanten Strategie für Abfallvermeidung und -recycling der Sinn
einer Debatte über allein die Revision der EG-Altöl-Richtlinie bezweifelt.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vertritt
laut einer Meldung des Deutschlandfunks vom 10. März 2005 die Auffassung,
dass man möglichst wenig in den Altölmarkt eingreifen wolle. Laut einer Pres-
semitteilung des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.
(bvse) vom 21. März 2005 fordern auch Vertreter des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit (BMWA) „möglichst geringe Eingriffe in den Altöl-
markt“. Weiter heißt es, dass das BMWA Gesetzesvorlagen zur Besteuerung
der energetischen Verwertung ablehnend gegenüberstehe.
Mit Urteil vom 29. April 2004 hat der EuGH festgestellt, dass Deutschland
durch die Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Mineralölsteuerge-
setzes vom 21. Dezember 1992 gegen die Verpflichtungen aus Artikel 2 Abs. 2
Satz 1 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmo-
nisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle in der durch die
Richtlinie 94/74/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 geänderten Fassung
verstoßen hat, indem nicht alle Mineralöle, die zum Verbrauch als Heizstoff be-
stimmt sind, der Verbrauchsteuer unterworfen wurden (Rechtssache C-240/01).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Studien zur Frage der ökologischen Bewertung verschiedener Altöl-

verwertungswege (insbesondere Aufarbeitung zu Grundölen, thermische
Verwertung) sind der Bundesregierung bekannt, und was besagen diese
jeweils?

2. Wie bewertet die Bundesregierung jeweils die Ergebnisse, und welche
Schlüsse zieht sie hieraus?

3. Welche Entwicklungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung dazu ge-
führt, dass die neue ifeu-Studie nunmehr zum Ergebnis kommt, dass die
Grundölherstellung aus Altöl gegenüber der Verbrennung ökologisch günsti-
ger ist?

4. Wie viel Altöl wird in Deutschland jährlich seit Inkrafttreten der deutschen
Altölverordnung und der Förderrichtlinie eingesammelt?

5. Wie viel des eingesammelten Altöls wird stofflich und wie viel thermisch
verwertet?

6. Wie lauten die entsprechenden Daten (vgl. Frage 4 und 5) für die EU ins-
gesamt?

7. Wie bewertet die Bundesregierung den Altölmarkt, insbesondere hält die
Bundesregierung gesetzgeberische Eingriffe in den Altölmarkt im Hinblick
auf die Steuerung der Verwertungswege weiterhin für erforderlich, und wie
begründet sie ihre Auffassung?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5772

8. Hat sich die Bundesregierung am Konsultationsverfahren im Hinblick auf
eine Revision der EG-Altöl-Richtlinie beteiligt, und wenn ja, mit welcher
Zielrichtung?

9. Wenn nein, warum nicht?
10. Wie bewertet die Bundesregierung die in den im Rahmen des Konsulta-

tionsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen angesprochenen Fragen, ins-
besondere:
a) Wie bewertet sie die Auffassung, wonach die Regelungen der EG-Altöl-

Richtlinie durch andere Vorschriften des EU-Rechts weitgehend ab-
gedeckt seien und die Richtlinie damit entbehrlich sei?

b) Wie bewertet sie die Forderung, im Sinne von Bürokratieabbau und
Deregulierung die EG-Altöl-Richtlinie aufzuheben?

c) Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit, über die zukünftigen
Regelungen zur Altölentsorgung erst im Rahmen der Auseinander-
setzungen über die thematische Strategie für Abfallvermeidung und
-recycling zu entscheiden?

d) Plant die Bundesregierung ein Gesetz zur Besteuerung der thermischen
Verwertung von Altöl?

e) Hält die Bundesregierung an dem Vorrang und der finanziellen Förde-
rung der Aufarbeitung von Altöl zu Grundöl fest?

11. Inwiefern hat die Bundesregierung dem Urteil des EuGH vom 29. April
2004 (Rechtssache C-240/01) Rechnung getragen?

12. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der weitere Zeitplan für die
Verhandlungen über die Revision der EG-Altöl-Richtlinie auf europäischer
Ebene?

13. Mit welcher Zielrichtung wird sich die Bundesregierung an den Verhand-
lungen über die EG-Altöl-Richtlinie auf europäischer Ebene beteiligen?

Berlin, den 15. Juni 2005
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Michael Kauch
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer

Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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