BT-Drucksache 15/5633

Klimaschutzprogramm 2000 der Bundesregierung - Anspruch und Wirklichkeit

Vom 1. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5633
15. Wahlperiode 01. 06. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Daniel
Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern),
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Klimaschutzprogramm 2000 der Bundesregierung – Anspruch und Wirklichkeit

Das am 18. Oktober 2000 als Beschluss der Bundesregierung und „Fünfter Be-
richt der Interministeriellen Arbeitsgruppe – CO2-Reduktion (IMA)“ vorgelegte„Nationale Klimaschutzprogramm“ sollte nach Angaben der Bundesregierung
„… die Weichen für den Klimaschutz in den kommenden Jahren (stellen)“. Der
Kohlendioxid-Ausstoß in Deutschland sollte „… bis 2005 um bis zu 70 Mio. t
verringert“ werden. Dazu wurden von der Bundesregierung 64 Einzelmaßnah-
men als „laufende Vorhaben“ oder als Maßnahmen für die künftige Umsetzung
tabellarisch aufgeführt (vgl. Klimaschutzprogramm, Tabelle 24: Politiken und
Maßnahmen zur Verminderung von Treibhausgasemissionen, S. 100 ff.).
Tatsache ist, dass die CO2-Emissionen in den Jahren 2000, 2001, 2002 und 2003jeweils höher waren als im Jahr 1999 und dass die CO2-Emissionen in Deutsch-land sich seit Ende der neunziger Jahre nicht mehr wesentlich verringert haben.
Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW, Wo-
chenbericht Nr. 9/2005, S. 163 ff.) haben sich in Deutschland „die gesamten
Treibhausgasemissionen seit Ende der 90er Jahre … kaum noch verändert …
Unter Einbeziehung des Temperatureinflusses waren die energiebedingten CO2-Emissionen [im Jahr 2004] sogar um 1 Mio. t oder um 0,1 % höher als 2003.“
Während die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in den vergangenen Jahren
mit Zahlungspflichten und Sonderabgaben erheblich belastet wurden (beispiels-
weise durch die Ökosteuer und die Förderung erneuerbarer Energien), die nach
Darstellung der Bundesregierung umweltpolitisch motiviert sind, wurde dem-
nach beim Klimaschutz so gut wie nichts erreicht. Die CO2-Emissionen inDeutschland haben aktuell damit ungefähr den Stand des Jahres 1998 erreicht,
in dem die Regierungsübernahme durch SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
erfolgte.
Nach ihren Angaben im Klimaschutzprogramm 2000 sah die Bundesregierung
„in der Verabschiedung des nationalen Klimaschutzprogramms einen wesentli-
chen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur nationalen Nachhaltigkeits-
strategie… (und beauftragte)… „die IMA ,CO2-Reduktion‘, im Jahr 2003 einen

Drucksache 15/5633 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

weiteren Bericht vorzulegen, der auf der Grundlage der bis dahin eingetretenen
Emissionsentwicklung weitere Maßnahmenvorschläge enthält“ (ebenda, S. 14).
Tatsache ist, dass ein „Sechster Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe –
CO2-Reduktion“ mit weiteren Maßnahmenvorschlägen im Sinne einer Fort-schreibung des „Nationalen Klimaschutzprogramms“ bis heute nicht vorliegt.
Tatsache ist ferner, dass zahlreiche Ankündigungen im o. g. Klimaschutzpro-
gramm der Bundesregierung nach mittlerweile fünf Jahren nicht oder unvoll-
ständig umgesetzt und die dort formulierten Zielvorgaben verfehlt wurden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aus welchen Gründen ist die vom Bundesministerium für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit geleitete „Interministerielle Arbeitsgruppe –
CO2-Reduktion (IMA)“ bis heute dem Auftrag der Bundesregierung nichtnachgekommen, einen weiteren Bericht vorzulegen, der auf der Grundlage
der bis dahin eingetretenen Emissionsentwicklung weitere Maßnahmenvor-
schläge enthält?

2. Wird die IMA einen solchen Bericht noch vor dem absehbaren Ende der
Legislaturperiode vorlegen, und wenn ja, wie ist der gegenwärtige Stand der
Vorbereitungen, und bis wann soll der Bericht vorgelegt werden?

3. Hat die Bundesregierung das im Klimaschutzprogramm 2000 formulierte
Ziel ihrer Selbstverpflichtung erreicht, den Ausstoß der CO2-Emissionen inihrem eigenen Geschäftsbereich um 25 % bis 2005 gegenüber 1990 zu sen-
ken, und wie haben sich die CO2-Emissionen in den einzelnen Ressorts seitdem Jahr 2000 entwickelt (vgl. „Selbstverpflichtung der Bundesregierung“,
Klimaschutzprogramm 2000, S. 12)?

4. Hat die Bundesregierung das imKlimaschutzprogramm 2000 für den Bereich
der privaten Haushalte formulierte Ziel erreicht, den Ausstoß der CO2-Emis-sionen um 19 bis 22 Mio. t (davon 7 bis 10 Mio. t durch Energieeinsparung
im Gebäudebestand) zu verringern (vgl. Ankündigungen 19 bis 22 im Klima-
schutzprogramm 2000)?

5. Trifft es zu, dass die CO2-Emissionen im Bereich der privaten Haushalte so-wohl generell als auch bereinigt in den Jahren 2001, 2002 und 2003 jeweils
nicht geringer waren als in den Jahren 1999 und 2000?

6. Wann wurde die Energieeinsparverordnung, deren Realisierung die Bundes-
regierung im Klimaschutzprogramm 2000 für den Herbst desselben Jahres
angekündigt hatte, tatsächlich ins Werk gesetzt?

7. Welche Aktivitäten hatte die Bundesregierung konkret mit den unter Punkt
10 im Klimaschutzprogramm 2000 angekündigten „Maßnahmen im Bereich
Stromverbrauch sowie insbesondere Stand-by-Verbrauch von Elektro- und
Elektronikgeräten in Haushalten und Büros; Selbstverpflichtungen bzw. Ver-
schärfung und Ausweitung des Energieverbrauchkennzeichnungsgesetzes“
im Blick und welche Maßnahmen, die die Bundesregierung dieser Kategorie
rückblickend zuweisen würde, wurden seither tatsächlich ergriffen, und
wurde die in diesem Zusammenhang angekündigte Emissionsminderung
(5 Mio. t) erreicht?

8. Wurde die unter Punkt 10 im Klimaschutzprogramm 2000 der Bundesregie-
rung genannte Maßnahme „Emissionsorientierte Abgaben Luftverkehr“ rea-
lisiert und wurde das mit dieser Maßnahme verbundene Emissionsminde-
rungsziel von 1 Mio. t erreicht?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5633

9. Wurde die unter Punkt 24 im Klimaschutzprogramm 2000 Bundesregierung
genannteMaßnahme „Verwendung von Leichtlaufölen und Leichtlaufreifen
in neu zugelassenen Pkw“ realisiert und wurde das mit dieser Maßnahme
verbundene Emissionsminderungsziel von 3 bis 5,5 Mio. t bis 2005
erreicht?

10. Durch welche Aktivitäten der Bundesregierung wurden die unter Punkt 35
im Klimaschutzprogramm 2000 der Bundesregierung genannten „Infor-
mations- und Aufklärungsmaßnahmen (z. B. allgemeine Schulung zu einer
energiesparenden Fahrweise)“ konkret umgesetzt, und wurde das damit ver-
bundene Minderungspotential von 5 Mio. t erreicht?

11. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im Bereich der Förderung der
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) seit Vorlage des Klimaschutzprogramms
2000 in genau welcher finanziellen Höhe unternommen, und wurde dadurch
das diesem Bereich zugeordnete Minderungsziel von 10 Mio. t CO2 bis2005 erreicht (siehe angekündigte Maßnahme 52)?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass die Kohlendioxid-
emissionen in Deutschland seit Ende der neunziger Jahre – also seit Regie-
rungsübernahme durch die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – auf
nahezu unverändertem Niveau verharren?

Berlin, den 31. Mai 2005
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Michael Kauch
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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