BT-Drucksache 15/5384

Zurückstellungspraxis bei zivilpflichtigen so genannten Ein-Euro-Jobbern

Vom 20. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5384
15. Wahlperiode 20. 04. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Christel Happach-Kasan, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Michael Kauch,
Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz,
Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Zurückstellungspraxis bei zivildienstpflichtigen so genannten Ein-Euro-Jobbern

In der Vorbemerkung der Antwort der Bundesregierung zu der Kleinen Anfrage
der FDP-Bundestagsfraktion „Auswirkungen so genannter 1-Euro-Jobs auf den
Zivildienst und Formen des bürgerschaftlichen Engagements“ (15/4297) heißt
es: „Anders als bei anderen Formen gemeinwohlorientiertem Engagements
stehen bei der Förderung der Zusatzjobs im Regelfall die Möglichkeiten der
Verbesserung der Chancen für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeits-
markt im Vordergrund.“
Ebenfalls ist in der Arbeitshilfe der Bundesagentur zur Umsetzung der Schaf-
fung von Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetz-
buch (SGB II) vom 20. November 2004 zu lesen:
„Gliederungspunkt A 3) Jugendliche (§ 3 Abs. 2 SGB II)
(1) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, sind unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II
in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln.
(2) Können Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss nicht in eine Ausbildung
vermittelt werden, soll die ARGE/AA darauf hinwirken, dass die vermittelte Ar-
beit oder Arbeitsgelegenheit zur Verbesserung ihrer beruflichen Kenntnisse und
Fähigkeiten beiträgt.
Im Zusammenhang mit den Integrationsbemühungen für Jugendliche gilt in
besonderem Maße, dass Zusatzjobs nachrangig zu einer Ausbildung, zu einer
Einstiegsqualifizierung Jugendlicher, zu Vorbereitung und Hinführung zu einer
Ausbildung einschließlich niedrigschwelliger Angebote sowie zu Arbeit sind
(siehe hierzu auch „8-Punkte Programm“ der BA für Jugendliche – im BA-
Intranet sowie unter www.erfolg.sgb2.info).
Arbeitsgelegenheiten bei jungen Menschen dürfen nur ein Teilschritt auf dem
Weg in Ausbildung und Arbeit sein und sind, soweit es möglich ist, mit weiter-

Drucksache 15/5384 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

führenden und ergänzenden Angeboten sinnvoll zu verbinden und in der Ein-
gliederungsvereinbarung festzulegen.
(3) Bei unveränderter Arbeits- und Ausbildungsmarktlage kann in vielen Fällen
davon ausgegangen werden, dass eine Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung
nicht immer sofort möglich ist und daher eine ausreichende Anzahl von Arbeits-
gelegenheiten für Jugendliche zur Verfügung stehen muss. Für ausbildungswil-
lige/-fähige Jugendliche sind vorrangige Bildungsangebote verpflichtend zu
prüfen. Auch schulmüde Jugendliche sollen möglichst zur Ausbildung motiviert
werden (z. B. Aktivierungshilfen).
…“
Die Bestimmungen der Arbeitshilfe machen deutlich, dass Arbeitsgelegenhei-
ten bei Jugendlichen dann eingesetzt werden, wenn diese besonders große
Schwierigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitmarkt haben.
In der Verfahrensanweisung Nr. 11 des Bundesamtes für den Zivildienst zu den
Verwaltungsabläufen im Rahmen der wohlwollenden Einzelfallprüfung „Richt-
linien zur Einberufung und Umwandlung (EB-RL) und Richtlinien zur Dienst-
leistung (DL-RL)“ heißt es:
„Vorübergehend nicht heranzuziehen sind Zivildienstpflichtige, die eine geför-
derte Beschäftigung in einem Zusatzjob (so genannte „Ein-Euro-Jobs“) nach-
weisen, für die Dauer der Förderungsmaßnahme (in der Regel 6 bis 9 Monate).“
Dies bedeutet, dass zwar der „Ein-Euro-Job“ einen vorübergehenden Nicht-
heranziehungsgrund darstellt, sollte die Maßnahme aber den gewünschten
Erfolg haben, kann dieser schwer vermittelbare Jugendliche wieder dem Ar-
beitsmarkt entzogen werden. Bei diesem Vorgehen ist zu befürchten, dass
schwer vermittelbare Jugendliche gerade nicht aus einem „Ein-Euro-Job“ her-
aus in ein reguläres Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis übernommen werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie begründet die Bundesregierung, dass Zivildienstpflichtige, die eine

geförderte Beschäftigung in einem Zusatz-Job (so genannte „Ein-Euro-
Jobs“) nachweisen, für die Dauer der Förderungsmaßnahme nicht zum
Zivildienst heranzuziehen sind?

2. Wie begründet die Bundesregierung, dass Zivildienstpflichtige, die durch
einen „Ein-Euro-Job“ erfolgreich in eine reguläre Beschäftigung vermittelt
worden sind, nach Ende der Förderungsmaßnahme zum Zivildienst einge-
zogen werden können?

3. Warum wird bei „Ein-Euro-Jobs“ anders verfahren als z. B. bei der Heran-
ziehung von Studenten, die sich in einem der ersten Semester befinden und
zwangsweise ihr Studium unterbrechen müssen?

4. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das Instrument der „Ein-Euro-
Jobs“ zur Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt greifen kann, wenn der
Jugendliche dem Arbeitsmarkt nicht sofort zur Verfügung steht?
Wenn ja, warum?

5. Was spricht nach Auffassung der Bundesregierung dagegen, schwer in den
Arbeitsmarkt vermittelbare Jugendliche von der Dienstpflicht zu befreien,
wenn diese einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsplatz nachweisen kön-
nen, also die Fördermaßnahme erfolgreich war?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5384

6. Existiert eine analoge Regelung für Wehrpflichtige?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 12. April 2005
Ina Lenke
Klaus Haupt
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.