BT-Drucksache 15/5254

Verbreitung der Kernwaffen verhindern und die nukleare Abrüstung stärken - die Überprüfungskonferenz 2005 des Atomwaffensperrvertrags (NVV) zum Erfolg führen

Vom 13. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5254
15. Wahlperiode 13. 04. 2005

Antrag
der Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich, Uta Zapf, Gernot Erler, Ute Kumpf, Lothar
Mark, Dietmar Nietan, Johannes Pflug, René Röspel, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Andreas Weigel, Franz Müntefering und der
Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Marianne Tritz,
Claudia Roth (Augsburg), Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Katrin
Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbreitung der Kernwaffen verhindern und die nukleare Abrüstung stärken –
Die Überprüfungskonferenz 2005 des Atomwaffensperrvertrags (NVV)
zum Erfolg führen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Vor 35 Jahren trat der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen
(NVV) in Kraft. Seitdem ist der Atomwaffensperrvertrag der Eckpfeiler in den
weltweiten Bemühungen, die Verbreitung der Atomwaffen zu verhindern und
die nukleare Abrüstung zu stärken. Mit dem Beitritt Kubas im Jahr 2002 und
Timor Lestes 2003 erhöhte sich die Zahl der Vertragsstaaten auf 189. Nur noch
Indien, Pakistan und Israel befinden sich außerhalb des globalen Nichtverbrei-
tungsregimes – Nordkorea hat seinen Austritt erklärt. Trotz aller Defizite und
Schwächen hat der Nichtverbreitungsvertrag wesentlich zur Eindämmung der
nuklearen Proliferation beigetragen. Gleichzeitig stellte er sicher, dass die
Mitgliedstaaten unter Kontrolle und Aufsicht der Internationalen Atomenergie-
behörde (IAEO) die nuklearen Technologien für zivile Zwecke nutzen konnten
und gab den Staaten ein Sicherheitsgefühl in Bezug auf die Kapazitäten ihrer
Nachbarn. Unter anderem haben die Ukraine, Belarus, Kasachstan, Südafrika,
Brasilien, Argentinien, Taiwan und zuletzt Libyen ihre nuklearen Waffen-
programme beendet bzw. darauf verzichtet solche zu entwickeln.
Gleichwohl bleibt festzuhalten: Derzeit werden in fast 60 Staaten Kernkraft-
werke oder Forschungsreaktoren betrieben oder gebaut und mindestens
40 Staaten verfügen grundsätzlich über die industrielle und wissenschaftliche
Struktur, die es ihnen ermöglichen würde, Kernwaffen zu bauen. In Forschungs-
reaktoren von 27 Staaten werden schätzungsweise bis zu 1 300 Kilogramm
hochangereichertes Uran (HEU) gelagert. Es existieren weltweit noch immer
über 28 000 Kernwaffen (davon USA: 10 000, Russland: 17 000), wovon sich
13 000 in ständiger Alarmbereitschaft befinden. In Europa sind weiterhin tak-
tische Atomwaffen stationiert. Die anhaltende Krise um die Atomprogramme
Nordkoreas und des Iran macht zudem deutlich, dass es zusätzlicher Anstren-
gungen bedarf, um das Nichtverbreitungsregime stabil zu halten. Es steht zu
befürchten, dass eine weitere Erosion der atomaren Kontrolle nicht mehr aufzu-

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halten ist und in der ungebremsten Weiterverbreitung nuklearer Stoffe enden
könnte, wenn der NVV nicht von Grund auf revitalisiert wird.
Die Krise der nuklearen Abrüstung führt dazu, dass in mehr und mehr Nicht-
kernwaffenstaaten die Ungeduld über die Säumigkeit der Kernwaffenstaaten in
der Abrüstung atomarer Waffen zur Erfüllung des Artikels VI des NVV wächst –
immerhin beruht der weltweite Konsens über das Fortbestehen des nuklearen
Nichtverbreitungssystems darauf, dass die Kernwaffenstaaten ihr Privileg nicht
als dauerhaft ansehen und in letzter Konsequenz nuklear abrüsten. Eine weitere
Sorge besteht darin, dass einige NVV-Mitgliedsländer heimlich und auf illegale
Weise voll ausgebaute Waffenprogramme entwickeln bzw. alle für nukleare
Waffenprogramme erforderlichen Materialien und Fachkenntnisse erwerben
könnten und damit die Option, sich aus dem NVV zurückzuziehen, sobald sie
einsatzfähige Waffen herstellen können. Aus dieser Sorge heraus wird der Ar-
tikel IV des NVV, der eine Verpflichtung zum Transfer von friedlich genutzten
Atomtechnologien in alle Mitgliedsländer enthält, zunehmend als problematisch
angesehen.
Die globale Nichtverbreitungskrise wird zusätzlich dadurch verschärft, dass es
der internationalen Staatengemeinschaft bislang nicht gelungen ist, überzeu-
gende Konzepte zu entwickeln, wie mit Staaten umzugehen ist, die den NVV
(oder andere multilaterale Abkommen im Bereich der Abrüstung von Massen-
vernichtungswaffen) verletzt haben. Insgesamt gesehen hat die Diskriminierung
der einen bei fortgesetzter Entwicklung und Modernisierung der Kernwaffenar-
senale der anderen zum Entstehen neuer Kernwaffenaspiranten beigetragen.
Durch die US-amerikanische Präventivkriegsstrategie, die Infragestellung der
den Nichtkernwaffenstaaten gegebenen Sicherheitsgarantien, die Entwicklung
neuer Atomwaffen und das Abrücken von der Verpflichtung der Kernwaffen-
staaten abzurüsten, droht eine weitere Schwächung des Vertrags. Auch die Mo-
dernisierung der Kernwaffen in Frankreich, China und Russland beeinträchtigt
die Ziele des Atomwaffensperrvertrags. Dasselbe gilt für die von allen Kernwaf-
fenstaaten außer China beanspruchte Ersteinsatzoption. Es droht der Punkt, an
dem die Aushöhlung des Nichtverbreitungsregimes unumkehrbar werden und
zu einer kaskadenartigen Proliferation führen könnte. Von der imMai 2005 statt-
findenden Überprüfungskonferenz müssen daher dringend Impulse ausgehen,
die zu einer Stärkung und Revitalisierung des globalen Nichtverbreitungsre-
gimes beitragen oder zumindest dessen weitere Erosion verhindern helfen.

II. Der Deutsche Bundestag stellt ferner fest:
1. Der NVV bleibt auch im 21. Jahrhundert das Fundament der nuklearen Nicht-

verbreitung und wichtigste Berufungsgrundlage für weitere Abrüstungs-
schritte mit dem Ziel der endgültigen Abschaffung der Kernwaffen.

2. Die Stärkung des nuklearen Nichtverbreitungsregimes durch einen erfolg-
reichen Abschluss der vom 2. bis 27. Mai 2005 in New York stattfindenden
7. NVV-Überprüfungskonferenz ist ein vorrangiges Ziel deutscher Außen-
und Sicherheitspolitik. Alle Vertragsparteien sollten entschlossen darauf hin-
arbeiten. Den fünf „offiziellen“ Kernwaffenstaaten des NVV kommt in die-
sem Zusammenhang eine besondere Verantwortung zu.

3. Die Einhaltung des bereits heute nahezu weltweit geltenden NVV durch die
189 Vertragsstaaten und die vollständige Universalisierung durch den Beitritt
Indiens, Israels und Pakistans als Nichtkernwaffenstaaten bleibt das wich-
tigste Ziel auch dieser Überprüfungskonferenz.

4. Weitere Fortschritte der nuklearen Abrüstung sind für die Stärkung der nuk-
learen Nichtverbreitung unerlässlich. Systematische Anstrengungen zur
weltweiten Reduzierung der Kernwaffen sind jedoch seit der letzten Überprü-
fungskonferenz nur unzureichend unternommen worden. Die zwischen den

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Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation getroffene Vereinbarung
über die weitere Reduktion ihrer Kernwaffen (SORT) vomMai 2002 ist zwar
zu begrüßen, hat aber Schwächen. Das Übereinkommen stellt die Zerstörung
der Sprengköpfe nicht sicher und verzichtet zudem auf explizite Über-
prüfungsschritte.

5. Ein wichtiger Schritt zur Überwindung der Befürchtungen, dass durch Ar-
tikel IV des NVV garantierte Transfers von Atomtechnologien zu einem spä-
teren Zeitpunkt der militärischen Nutzung dienen könnten, wäre die Ergän-
zung des Artikels IV des NVV durch ein Protokoll, das den Vertragsstaaten
freistellt, ihre Verpflichtung aus Artikel IV des NVV auch durch den Transfer
Erneuerbare-Energien- und Energieeffizienz-Technologien zu erfüllen. Dies-
bezügliche konkrete Vorschläge wurden vom Internationalen Parlamentarier-
Forum über Erneuerbare Energien am 2. Juni 2004 in Bonn beschlossen und
sind vom Weltrat für Erneuerbare Energien ausgearbeitet worden.

6. Mit der fortwährenden Modernisierung ihrer Arsenale stellen nicht nur die
USA, sondern auch Russland, China, Frankreich und Großbritannien die
Abrüstungsverpflichtung aus Artikel VI NVV in Frage und rücken von dem
durch die Überprüfungskonferenz 2000 im Konsens verabschiedeten
13 Punkte-Aktionsplan für nukleare Abrüstung ab. Bislang zeichnet sich
international kein Konsens ab, auf die Option zum Ersteinsatz von Atomwaf-
fen zu verzichten. Trotz gegenteiliger Bekenntnisse im UN-Sicherheitsrat
(SR-Res. 984, 1995) sind immer weniger Kernwaffenstaaten bereit, Zusiche-
rungen des Nichteinsatzes abzugeben und behalten sich weiterhin das Recht
vor, konventionelle, chemische oder biologische Angriffe mit dem Einsatz
von Kernwaffen zu vergelten.

III. Der Deutsche Bundestag erwartet von der Überprüfungskonferenz in New
York vom 2. bis 27.Mai 2005 Fortschritte in den Vertragszielen der Stärkung des
Nichtverbreitungsregimes und der Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung.
Der Deutsche Bundestag erwartet einen Beitrag der Kernwaffenstaaten zur Fort-
entwicklung und Stärkung der Nuklearen Nichtverbreitung, u. a.
1. die Fortentwicklung der Sicherheitsgarantien gegenüber den Nichtkernwaf-

fenstaaten zu einem rechtlich verbindlichen Instrument;
2. die Umsetzung der in Artikel VI eingegangenen Verpflichtung der fünf Kern-

waffenstaaten zu wirksamen Maßnahmen der nuklearen Abrüstung mit dem
Ziel der vollständigen Abrüstung unter internationaler Überwachung;

3. die Bereitschaft zu Transparenzmaßnahmen (z. B. Berichtspflicht im
Rahmen der Überprüfungskonferenzen, Kernwaffenregister, Offenlegung
der Plutoniumbestände, Entwicklung von vertrauens- und sicherheitsbilden-
den Maßnahmen im nuklearen Bereich);

4. insbesondere die Bereitschaft der Vereinigten Staaten und der Russischen
Föderation zur schrittweisen Reduzierung des Bereitschaftsgrades ihrer stra-
tegischen Kernwaffen.

5. auf die hervorragende Vorarbeit der deutschen Delegation im Vorbereitungs-
prozess zur Überprüfungskonferenz aufzubauen. Insbesondere sollte sich die
Bundesregierung weiterhin für die Umsetzung der in den deutschen Arbeits-
papieren enthaltenen Vorschläge zur Kontrolle taktischer Nuklearwaffen und
zur strikteren Einhaltung der NVV-Regeln („compliance“) einsetzen.

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IV. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. darauf hinzuarbeiten, dass für die bevorstehende Überprüfungsperiode ein

aktuelles und verbindliches Handlungsprogramm beschlossen und anschlie-
ßend umgesetzt wird;

2. auf die Staaten, deren Ratifizierung Voraussetzung für das Inkrafttreten des
Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) ist,
einzuwirken, die erforderlichen Schritte zu unternehmen und bis zu diesem
Zeitpunkt keine Atomversuche oder sonstigen Kernexplosionen durch-
zuführen und auch sonst alles zu unterlassen, was die Ziele des Vertrags
gefährden könnte;

3. sich für ein Ende der Blockade der Genfer Abrüstungskonferenz und die
unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen zu einemAbkommen über ein
international verifizierbares Verbot der Produktion von Spaltmaterial für
Kernwaffen und andere Sprengkörper (Cut-Off) einzusetzen;

4. darauf hinzuwirken, dass die drei Länder Indien, Pakistan und Israel, die
noch abseits des NVV stehen, sich den internationalen Normen des NVV
nicht weiter versagen – mit dem Ziel, dass diese Staaten baldmöglichst als
Nichtkernwaffenstaaten dem NVV beitreten;

5. in internationalen Gremien auf eine diplomatische Lösung der Krise um das
nordkoreanische Nuklearprogramm hinzuwirken, die die Wirtschafts- und
Sicherheitsinteressen aller Beteiligten berücksichtigt. Die Bundesregierung
sollte auf Nordkorea einwirken, die Ankündigung des Austritts aus dem
NVV zurückzunehmen und wieder vollständige Sicherungsmaßnahmen der
IAEO zuzulassen;

6. im Verbund mit den Partnern darauf hinzuwirken, dass der Iran bestehende
Zweifel über die hinter seinem Nuklearprogramm stehenden Intentionen
umfassend ausräumt. In diesem Zusammenhang sollte der Iran aufgefordert
bleiben, durch umfassende Kooperation mit der IAEO, die umgehende
Ratifizierung des Zusatzprotokolls zu seinem Sicherungsabkommenmit der
IAEO sowie durch den freiwilligen Verzicht auf alle Anreicherungs- und
Wiederaufarbeitungsaktivitäten internationales Vertrauen wiederherzu-
stellen;

7. sich für eine Erhöhung der Kontrolleffizienz und moderne Verifikations-
regeln einzusetzen. Das Zusatzprotokoll der IAEO sollte zum Standard für
die Erfüllung der Verifikationspflichten nach Artikel III des NVV gemacht
werden;

8. auf eine Stärkung der IAEO hinzuarbeiten und sich dafür einzusetzen, dass
alle NVV-Vertragsstaaten das IAEO-Zusatzprotokoll ratifizieren. Das Recht
der IAEO auf Sonderinspektionen auch von nicht-deklarierten Anlagen
muss gestärkt und ausgebaut werden. Regierungen müssen der IAEO den
notwenigen Zugang zu ihrem Territorium, ihren Kapazitäten und ihren wis-
senschaftlichen Einrichtungen und Personal gewähren;

9. dieMaßnahmen zur Sicherung und zum physischen Schutz vonKernmaterial
in den NVVMitgliedsstaaten zu stärken und auf ein universelles Verbot von
radiologischen Waffen hinzuwirken;

10. sich weiterhin aktiv und mit substanziellen Beiträgen für die Globale Part-
nerschaft der G8 gegen die Verbreitung vonMassenvernichtungswaffen und
-materialien einzusetzen, einschließlich der Aufbringung von bis zu 20Mrd.
US-Dollar bis einschließlich 2012 – darunter bis zu 1,5 Mrd. US-Dollar
deutsche Mittel;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5254

11. sich für die Wiederbelebung der amerikanisch-russischen Abrüstung bei
substrategischen und taktischen Kernwaffen einzusetzen, um diese erheb-
liche Lücke im nuklearen Abrüstungsprozess zu schließen.Wir erwarten die
Einhaltung der gegenseitigen Verpflichtungen aus der „Presidential Nuclear
Initiative“ (Präsidenten Bush/Gorbatchev 1991/1992). Vor allem die takti-
schen Kernwaffen sollten in transparenter und nachvollziehbarer Weise auf
beiden Seiten reduziert und demontiert werden;

12. gemeinsam mit den Verbündeten und Partnern die regionale Konfliktdiplo-
matie zu fördern: Es bedarf gemeinsamer und koordinierter diplomatischer
Anstrengungen der USA, Westeuropas und anderer, um die Bearbeitung
regionaler Konfliktlagen im Nahen Osten und in Südasien zu begleiten. In
beiden Regionen sollten Gespräche über nukleare Abrüstung in die Wege
geleitet werden, die zur Schaffung kernwaffenfreier Zonen in diesen Regio-
nen führen könnten, wie es sie bereits in Lateinamerika, der Karibik, in
Afrika, im Südpazifik und in Südostasien gibt. Die Bundesregierung sollte
v. a. im Zusammenhang mit den neuen Chancen des nahöstlichen Friedens-
prozesses Foren für informelle Gespräche über eine Kern- und Massenver-
nichtungswaffenfreie Zone anbieten;

13. möglichst viele Staaten zu ermutigen, sich der von US-Präsident George W.
Bush gegründeten Proliferationssicherheitsinitiative (PSI) anzuschließen,
die den Transport von Massenvernichtungswaffen, Trägersystemen und für
deren Entwicklung und Herstellung relevanten Materialien und Technolo-
gien vor allem mit mit polizeilichen und strafrechtlichen Mitteln zu unter-
binden sucht;

14. sich gegen die Idee, nur jenen Ländern die Uran-Anreicherung und das Plu-
tonium-Recycling zu gestatten, die solches schon betreiben, auszusprechen.
Der Vorschlag setzt zwar am Kern des Problems an, wäre aber faktisch ein
Kartell einiger Industrieländer (Deutschland eingeschlossen) gegen den
Rest der Welt;

15. die vom Generaldirektor der IAEO Dr. Mohammed El Baradei wieder auf-
gegriffene Initiative zu unterstützen, wonach Optionen für Kooperation bei
multilateralen Ansätzen für die sensitiven Elemente des nuklearen Brenn-
stoffkreislaufs geprüft werden sollten; bei Verzicht auf sensitive Brennstoff-
kreislaufaktivitäten müssten Staaten, die Kernkraftwerke nutzen wollen, im
Gegenzug entsprechende Liefergarantien zu marktwirschaftlichen Bedin-
gungen erhalten;

16. über eine Fortentwicklung des Kündigungsrechts des NVV zu diskutieren,
mit dem Ziel, dass eine Kündigung des Atomwaffensperrvertrages künftig
eine internationale Konferenz voraussetzt, die Raum für Diplomatie schafft
und als Stolperdraht fungiert: Wer sich dem Kontrollregime ohne eine sol-
che Konferenz entzöge, wäre automatisch ein Fall für den UN-Sicherheits-
rat;

17. sich dafür einzusetzen, dass neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Prolife-
ration von Massenvernichtungswaffen sich im Einklang mit dem Völker-
recht befinden und sich auf der Grundlage internationalen Rechts bewegen;

18. langfristig das Ziel eines völkerrechtlichen Verbots des Einsatzes und der
Herstellung von Massenvernichtungswaffen anzustreben. Dies entspricht
auch dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom
8. Juli 1996.

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V. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Wiedergewinnung der politisch-diplomatischen Initiative im Bereich der
Nichtverbreitungspolitik ist noch möglich. Sie setzt allerdings die erneuteWahr-
nehmung einer multilateralen Führungsrolle durch die USA im Bereich der
Nichtverbreitungspolitik voraus. Dies erfordert auch, dass die Europäer stärker
die strategische Relevanz des Nichtverbreitungsthemas in den Vordergrund stel-
len. Die EU-Strategie gegen die Verbreitung vonMassenvernichtungswaffen be-
inhaltet eine wichtige Grundlage für das gemeinsame Handeln der EU und die
Stärkung und Universalisierung der bestehendenmultilateralenAbrüstungs- und
Rüstungskontrollabkommen. Einen entscheidenden Unterschied zwischen den
USA und Europa bei der Verhinderung der Proliferation von Massenvernich-
tungswaffen spielt die Rolle des Rechts. Zwar anerkennen beide Partner, dass
der Einsatz von Gewalt das ultimative Mittel zur Durchsetzung der Nichtver-
breitungspolitik sein kann. Der signifikante Unterschied liegt allerdings darin,
dass sich die USA die Entscheidung darüber als nationale Sache vorbehalten,
falls multilaterales Vorgehen keine aus US-Sicht ausreichende Aussicht auf Er-
folg bietet, während die europäische Nichtverbreitungsstrategie sie grundsätz-
lich in den Kontext von Völkerrecht und Sicherheitsrat stellt.
Gelingt es der NVV-Überprüfungskonferenz 2005 sich auf ein substanzielles
Abschlussdokument zu einigen, wäre dies ein Signal, dass der kooperativen
Rüstungskontrolle bei der Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen wei-
terhin eine wesentliche Bedeutung zukommt. Die Erhaltung und Stärkung des
globalen nuklearen Nichtverbreitungsregimes ist dabei zentrales Ziel deutscher
Außen- und Sicherheitspolitik.

Berlin, den 13. April 2005
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

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