BT-Drucksache 15/5157

Zukunft der Berufsförderungswerke in Deutschland nach der Hartz IV-Umsetzung

Vom 17. März 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5157
15. Wahlperiode 17. 03. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Hellmut Königshaus, Cornelia Pieper,
Ulrike Flach, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Andreas
Pinkwart, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Zukunft der Berufsförderungswerke in Deutschland nach der Hartz IV-Umsetzung

Berufsförderungswerke in Deutschland bieten eine Aus- oder Fortbildung für
Menschen an, die aus gesundheitlichen Gründen in ihrem ursprünglichen Beruf
nicht mehr arbeiten können oder nach einem Unfall rehabilitiert und in den
Arbeitsmarkt wieder eingegliedert werden möchten. Die 28 deutschlandweit
existierenden Berufsförderungswerke sind in der Arbeitsgemeinschaft deutscher
Berufsförderungswerke zusammengeschlossen und bieten neben der reinen
Ausbildung auf ca. 15 000 Ausbildungsplätzen in über 180 Fachrichtungen auch
fundierte rechtliche Beratung und Vermittlung von Arbeitsuchenden nach der
Rehabilitation an. Im Gegensatz zu anderen Bildungseinrichtungen bieten die
Berufsförderungswerke eine intensive Begleitung durch Ärzte, Psychologen
und Sozialarbeiter, die für ideale Rahmenbedingungen während der Ausbildung
und beim Start ins neue Berufsleben sorgen. Die Kosten der Ausbildungen wer-
den von unterschiedlichen Leistungsträgern, u. a. der Bundesagentur für Arbeit
(BA) übernommen. Seit der Durchsetzung großer Reformmaßnahmen der Bun-
desregierung auf dem Gebiet der Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik wird die
Arbeit der Berufsförderungswerke jedoch stark erschwert.
Das Berufsförderungswerk Weser-Ems in Ganderkesee/Niedersachsen z. B. ist
mit 170 Mitarbeitern ein wichtiger Arbeitgeber der Region. Die Vermittlungs-
quote für dort ausgebildete Rehabilitanden auf demArbeitsmarkt beträgt 70 Pro-
zent. Jedoch kämpft das Berufsförderungswerk mit Schwierigkeiten verschiede-
ner Art: Die Anmeldezahlen des Berufsförderungswerkes haben sich nach der
Umsetzung von Hartz IV um 25 Prozent verringert. Dies liegt nach Aussage der
Beteiligten daran, dass die BA als Leistungsbewilligungsträger die Rehabilitan-
den zum Teil gar nicht über die Möglichkeit einer Aus- oder Fortbildung in
einem Berufsförderungswerk aufklärt, sondern diese eher zufällig von dieser
Möglichkeit erfahren. Außerdem wurden seit der Arbeitsmarktreform die Leis-
tungsbewilligungen der BA für solche Maßnahmen stark eingeschränkt. Um die
vorhandenen Kapazitäten auszulasten, liegen von Seiten des Berufsförderungs-
werkes Vorschläge vor, von den 400 Aus- und Fortbildungsplätzen ca. 60 bis 80

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Plätze an weitere Ausbildungswillige außerhalb der eigentlichen Zielgruppe zu
vergeben. Darauf wurde bisher seitens der BA nicht eingegangen.
Das genannte Berufsförderungswerk bietet deutschlandweit als Einziges eine
Heilpraktikerausbildung an. Während alle anderen Leistungsträger diese Heil-
praktikerausbildung anerkennen, versagt die BA diese Anerkennung. Dabei sind
die Aussichten auf eine berufliche Selbständigkeit als Heilpraktiker in den Zei-
ten hoher Arbeitslosigkeit viel versprechend.
Letztlich wird auch die Vermittlung der durch das Berufsförderungswerk ausge-
bildeten Rehabilitanden in den Arbeitsmarkt erschwert. Moniert wurde in die-
sem Zusammenhang, dass die neu eingerichteten Jobcenter in den Landkreisen
mit Optionsmodell zurzeit noch gar nicht oder nur schleppend die notwendigen
Personendaten von Seiten der BA weitergeleitet bekommen. Hingegen scheint
die Datenweiterleitung der BA an die im ARGE-Modell zusammengeschlos-
senen Arbeitsgemeinschaften reibungslos zu funktionieren. Die Berufsförde-
rungswerke in den Landkreisen mit Optionsmodell bewerten dies als Benachtei-
ligung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Arbeit der Berufsförde-

rungswerke in Deutschland insbesondere unter dem Aspekt der hohen Ver-
mittlungsquote auf dem Arbeitsmarkt bei?

2. Welche Ursachen sieht die Bundesregierung für den starken Rückgang der
Anmeldezahlen der Berufsförderungswerke?

3. In welcher Weise klärt die BA nach Kenntnis der Bundesregierung Rehabili-
tanden über die Möglichkeit einer Aus- oder Fortbildung in einem Berufs-
förderungswerk auf und ist eine umfassende Aufklärung nach Ansicht der
Bundesregierung sinnvoll?

4. Wenn nein, warum nicht?
5. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung eine Aufgabe der BA, den Berufs-

förderungswerken auch Rehabilitanden zuzuweisen, und wenn ja, sieht sie
diese Aufgabe durch die BA genügend erfüllt?

6. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, die Kapazitäten der Berufsförde-
rungswerke auch durch die Vergabe von Aus- und Fortbildungsplätzen sei-
tens der BA an Personen ohne Rehabilitandenstatus zu verbessern?

7. Warum wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Heilpraktikerausbil-
dung des BerufsförderungswerkesWeser-Ems nicht durch die BA anerkannt?

8. Gedenkt die Bundesregierung, eine solche Anerkennung in Zukunft herbei-
zuführen?

9. Ist der Bundesregierung eine mangelhafte Weitergabe von Personendaten
durch die BA an die Jobcenter in Landkreisen mit Optionsmodell bekannt,
und wenn ja, welche Ursache hat dieser Mangel nach Ansicht der Bundes-
regierung bzw. gedenkt die Bundesregierung, diesen Mangel aufgrund geeig-
neter Maßnahmen abzustellen?

Berlin, den 11. März 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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